Sie lassen sich Zeit, aber immerhin veröffentlichen sie alle paar Jahre ein neues Album. Und auch ihr neues Werk ist ein Füllhorn an schönen Melodien, tollen Soli und Harmonien, aber so richtig überzeugen wollen die Songs nicht. Es scheint, als haben sie sich dieses Mal fest vorgenommen, sich nicht wiederholen, sich nicht auf die harmonische Neo-Prog-Seite verlassen und lieber mal einen Schritt weiter gehen zu wollen. Dabei gehörten sie eigentlich immer zu den Neo-Prog Vertretern, die das Fettnäpfchen erkannt und einen eleganten Bogen drumherum gemacht hatten – mit Betonung auf elegant. Die die schönsten Momente klassischer Marillion-Melodik mit spätem Collins-Genesis-PopProg-Ansatz verbanden und das alles mit herrlich gefühlvollen Gitarrensoli und Gesangsharmonien garnierten. Beim neuen Album schweifen sie zu oft ab, musizieren zu sehr um den Punkt herum und verzetteln sich dabei das eine oder andere Mal. Das eine oder andere Mal implizier indes, dass dies hier Kritik auf hohem Niveau ist. Wie eingangs erwähnt, zaubern sie auch auf „Distant Monsters“ einen ganzen Reigen an schönen Momenten, die es so momentan von kaum einer anderen Band gibt. Deswegen solltet ihr euch selbst ein Bild machen, vielleicht mal eins der üblichen Portale nutzen, um hier reinzuhören. Es lohnt sich.
Es gibt gute Gründe für ein Wirtz-Live-Album – in
diesem Fall im 2CD + DVD-Format. Die gestiegene Popularität, die
z.B. deutlich an
den beeindruckend größeren Hallen und der fetteren
Produktion und Ausstattung seiner Tour abzulesen war. Die Historie mit
4 Studioalben mit entsprechendem Repertoire an Songhighlights. Der
Erfolg seines letzten Akustikpackages gleichen Formats. Seine
unbändige Energie auf der Bühne – die zweifelsohne in
diesen Arrangements noch viel passender durchzubrechen vermag. Und,
und, und – Kaufgründe gibt es genug. Wie Daniel ja im Interview
feststellte (hier nachzulesen), besteht auch sein zahlenmäßig
größeres Publikum offensichtlich immer noch aus echten
Rockfans, die auch gerne gestandene 2 Stunden lang abfeiern, und die
machen auch die beiliegende DVD zum befriedigenden Erlebnis. Wie schon
beim erwähnten Unplugged-Paket gibt es das komplette Konzert in
Bild und Ton, alle 23 Songs auch auf den 2 CDs, wobei die Unterschiede
hier nicht so extrem sind, weil die Zwischenansagen deutlich
kürzer gehalten sind.
Das intensive Erlebnis einer Wirtz-Live-Show kann dieses Paket bestimmt
nicht ersetzen – aber toll für alle, die beides
genießen wollen, ist es allemal!
“Epic Rock” prangt auf ihrem Platten Info. Ein Genre, das wenig klar definiert ist und mit dem sie sich bewusst fernhalten vom Prog-Genre, in das sie bisweilen gerne gesteckt werden. Aber Prog ist das hier keineswegs, viel mehr bereichern die Augsburger ihren melodischen Rock mit so vielen abwechslungsreichen und cineastischen Momenten, dass man ihnen ein paar gute Soundtrack-Kontakte wünscht, um demnächst in ganz anderen Ligen zu spielen. Die technischen Fähigkeiten haben sie, das kompositorische Geschick allemal. Und wenn es im Opener heißt „Your Blood“ (is not enough), bräuchten die Titelzeile nur durch „This World“ ausgetauscht zu werden, um das perfekte Bond-Titelstück abzugeben. Hier und da spielen sie mit Zitaten, vermischen Metalgitarren mit Pop-Strukturen, werden theatralisch und pompös, sie zelebrieren das Drama, und am Ende des Tages machen sie das so eigenständig, dass man ihnen keinen direkten Vergleich an die Seite stellen möchte. Eine reife Leistung! Da dürfte noch einiges kommen!
Ihre ReRelease-Reihe wird fortgesetzt: Nach „Sparkle in the
Rain“ zum Jahresanfang setzen sie zum Jahresende noch einmal ein
GANZ dickes Ausrufezeichen! Mithilfe eines kleinen Tricks kommen sie
auf einen Stapel von fünf CDs plus DVD und 36-seitigem DinA5-Buch,
remastered und edelst neu verpackt. Hammer. Original vö. im
Oktober 1985, festigte dieses Album den steilen Weg zum Pop-Olymp.
Eingeleitet durch den Sommer-Erfolg mit „Don’t You“
(der es leider nicht mit auf‘s Album geschafft hatte, dafür
in dieser Box erstmals das Album passend begleitet) legten sie mit "All
the Things She Said", "Ghost Dancing", "Alive and Kicking" und
"Sanctify Yourself" gleich vier Hits nach. Vier weitere Songs,
inklusive dem grandiosen Titelsong ergänzten das Album zu einem
(weiteren) Meilenstein ihrer Karriere. Die Box bietet nun alle
(Maxi-)Single-Mixe, B-Seiten und ähnliche Raritäten auf zwei
weiteren CDs, sowie – damit zu dem erwähnten Trick –
das Doppelalbum „Live in the City of Light“, das die
Tournee zum Album mit immerhin 14 Highlights wiedergibt. Bis heute die
einzige offizielle Live-CD der Band und ein Meilenstein für sich.
Die DVD enthält schließlich noch das Album in Stereo und 5.1
sowie die 5 Videos von 1985. Jede Scheibe ist mit eigenem Klapp-Cover
versorgt, also durchweg mit Liebe und Bedacht. Da waren Fans –
oder echte Profis – am Werk!
Wenn ich mir angesichts dieser VÖ-Politik etwas wünschen
darf, dann wäre das vielleicht doch endlich noch ein
vernünftiges Live-Dokument der „Street Fighting“-Tour
in der nächsten Box (und damit meine ich mehr als die Tonspur der
Verona-DVD!)
Jupiter Jones Sänger Nicholas ist zurück! Mit einem Album als musikgewordener Therapie-Marathon: Sehr offen, sehr eindrucksvoll und voller Schwere und Melancholie. Er hatte auf seiner eigenen Seite schon immer sehr offen berichtet, was wahrscheinlich der beste Weg für ihn war, aus der eigenen Sackgasse wieder rauszukommen und sich, seine Trennung von der Band und seinen neuen weg zu erklären. Tobias Schmitz (Komposition & Tasten) heißt sein Duo-Partner, „langjähriger Freund und Mitstreiter im Jones’schen Live-Kader“, wie Müller sagt. Dazu kommt eine lange Liste an Freunden und Gastmusikern, die das Album komplettieren. Ein Album, auf dem er genauso offen berichtet von dem Freud und Leid der letzten Jahre, auf dem er hin und wieder aber auch gern den alten Rocker wieder durchblitzen lässt. Welcome back!
Ts, ts, ts. In der festen Absicht, in das neue Werk der Dänen
hineinzuhören, da mir das trotz Versicherung der Promofirma, es
mir geschickt zu haben, nicht gelungen ist, es auf meiner Festplatte
auszumachen, fand ich es nach googeln auf bandcamp.com. als ich mich
gerade sehr ärgerte, es nicht gefunden zu haben, bemerkte ich zwei
Fehler: Das Album, das ich hörte, war das 2012
veröffentlichte Vorgängeralbum „Pioneers of
Spaceflight“, und das aktuelle soll mir – Sensation!
– als CD vorliegen. Und in der Tat… Bevor ich aber
dazu komme, muss ich noch meiner Begeisterung Luft machen über die
Klängen der Spaceflight-Pioneers: Ein sehr passend benannter Trip
durch Post- und Shoegaze-Rock, abwechselnd instrumental und mit sehr
gutem, angenehmem Gesang ausgestattet, irgendwo zwischen Walls of Sound
und Songstrukturen, zwischen Oceansize, Amplifier und Aerogramme: Sehr,
sehr spannend! Eine Schande, dass ich das erst jetzt entdeckt
habe.
Das neue, dritte Album der Kopenhagener setzt nahtlos an den o.g.
Vorgänger an und startet mit monumentalen
Postrock-Soundwällen. Aufgenommen im Live-Verfahren in einem
Kellerstudio der Heimatstadt, wobei vokale und sonstige Overdubs
später hinzugefügt wurden, zeigt das Album viel von der
immensen Power der Band. Gleichzeitig sind die Songs ausgeklügelt
genug und die Band technisch meisterhaft genug, um immer wieder
für Breaks und Wechsel zu sorgen. Der Stil der Band – und
die bereits angebotenen Referenzen – sind die gleichen geblieben,
an Härte haben sie sogar noch ein bisschen zugelegt.
Größter Unterschied zum Vorgänger ist, dass die
Gesangseinlagen, so man sie noch nennen möchte, stark
zurückgefahren wurden, sie also am ehesten mit Postrock-Namen wie
Maybeshewill, Mogwai, Mono etc. eingereiht werden müssen. Was ich
persönlich ja eher etwas schade finde… aber musikalisch ist
das schon genial hier!
Na das ist doch mal wieder eine positive Überraschung. Das Cover eher unauffällig, lahm, 80s; der Name eher harmlos, AOR, das Label deutet auf mindestens ferne Verwandschaft zum Prog – immerhin ist Karisma die Heimat von Airbag, Magic Pie und Ossicles – allerdings auch eher im Jam/Rock-Genre verorteten Bands wie Brimstone oder Nordagust. Wenn man aber reinhört, platzt der Knoten (Tie; break; haha) ganz schnell, denn was hier schwungvoll aus den Boxen perlt ist eine mitreißende Mischung aus The Brew und den Kings of Leon. Rock, klar im Blues verwurzelt, aber mit zeitgemäßem Anstrich und vom Verve mit Referenzen an Bands wie Led Zeppelin oder Wolfmother. Letztendlich ist es aber auch die grandiose Rock-Röhre von Thomas Espeland Karlsen, die dieses Album über den Durchschnitt hebt. Sehr cool, sehr eigen. Weiterempfehlen!
Jetzt also akustisch. Mal wieder akustisch, kann man sagen, denn mit “Hindsight” hatten sie ja schon einmal ein Akustikprojekt mit alten Songs vorgelegt. Das war 2008, seitdem ist eine Menge passiert – album- wie erfolgstechnisch. Und so konzentriert sich das neue Album auch auf die Stücke neueren Datums und die der zuletzt wiederveröffentlichten Fine Days-Box. Aufgenommen in der Liverpool Cathedral haben sie sich ein passendes Ambiente für ihre melancholischen, man könnte auch sagen pathetischen Kompositionen ausgesucht. Entsprechend dem feierlichen Setting werden die Songs eben auch nicht mit großem Rockinstrumentatrium aufgeführt, sondern quasi kammermusikalisch: Die Keyboards werden (größtenteils) von Geige und Cello übernommen (Cavanagh steuert hier und da ein paar Tastentöne bei), der Rest ist Akustikgitarre und Schlagzeug. Und was hier nur faktisch dargestellt werden kann, ist der vorsichtige Versuch, zumindest den Rahmen greifbar zu machen – die Majästetik dieses Auftritts kann man derweil kaum beschreiben. Auch in stillem Gewand strahlen diese Songs so viel Kraft und Weite aus, das die weite Halle der Kathedrale das einzig mögliche Raum scheint. Die ausgewählten Songs werden in so mächtiger Weise und mit Archive-ähnlicher Tendenz zur Trance-artigen Wiederholung zelebriert, dass das Publikum kaum wagt, zu klatschen, bis der letzte Hall verklungen ist. Ein tolles Konzert!
Sie sind weder neu, noch einzig, aber die Schweden präsentieren eine Mischung, die Spaß macht. Hong Faux kommen aus Schweden und wandeln auf ihrem zweiten Album „A Message from Dystopia“ auf den Spuren der Foo Fighters. Dabei kombinieren sie Melodien und harte Riffs und geben sich sehr abwechslungsreich. In der ersten Single „Coming through the Rye“ fast poppig wie Mumford & Sons, auf dem Großteil des Albums eher Alternative-Rock-like, zwischendurch aber auch gerne mal akustisch. Manchmal wünscht man sich im Gesang etwas mehr Abwechslung, aber insgesamt geht der Daumen nach oben.
In ihrer kanadischen Heimat konnten sie bereits vor der Veröffentlichung ihrer ersten Single die Erwartungen hochschrauben.
Die Tatsache, dass die Mitglieder dieser „Newcomer“ –
oder sollte man lieber Supergroup sagen? – auf 25 Top-10-Singles
kommen, davon 17 Nr.1-Hits, ließ einiges erwarten.
Interessanterweise klingen Three Days Grace-Sänger Adam Gontier,
Staind-Gitarrist Mike Mushok, Finger Eleven Drummer Rich Beddoe und
Stereomud-Bassist Corey Lowery auf ihrem ersten Album wie
heißhungrige Youngster, keineswegs wie abgebrühte
Vollprofis. Ein Partnerwechsel kann also recht fruchtbar sein!
Vom Elan her erinnern sie an die frühen Pearl Jam, von der
Hitdichte noch nicht ganz, abgesehen vom grandiosen Opener
„Better Place“. Auf jeden Fall eine Band, die die Szene
noch ein bisschen aufmischen wird!
Die Australier um das kreative Duo aus Gitarist Sam Vallen und Sänger Jim Grey, der nebenbei auch den Kollegen von Arcane vorsteht, veröffentlichen ihr drittes Album. Und erneut überzeugen sie mit einer eigenständigen Mischung aus Alternative Rock Riffs und Catchiness und progressiven Arrangements. Waren sie zuletzt noch unterstützt von einer Armada talentierter Musiker, scheint sich die Band mittlerweile auf Quintettgröße gesundgeschrumpft zu haben, was der technischen Raffinesse, Abwechslung und Unvorhersehbarkeit aber in keiner Weise geschadet hat. Das Album glänzt mit tollen Ideen, überraschenden Wechseln in Takt und Tempo und mit einigen fantastischen Soli. Über all dem thront der facettenreiche Gesang Greys, dessen Einschätzung dieses Albums eigentlich nichts hinzuzufügen ist:. “'Bloom' is very special to all of us - it's an album full of colour and life, vibrancy and energy, but one that breathes in and out with a natural ebb and flow”. Ein meisterliches Statement zwischen eingängigem Powerrock und komplexem Prog, mit ein bisschen Tea Party, Muse, Riverside und Opeth – und ganz viel Eigenem.
Das war abzusehen. Von Steve Hackett für seinen Gesang auf dessen Genesis Revisited Alben und Tourneen geadelt als legitimer Früh-Genesis-Song-Verwalter und mit seiner eigenen Band Unifaun und als Frontmann der Agents of Mercy längst als klassische Prog-Stimme bekannt, wurde es dringend Zeit, es auch solo (wieder) zu probieren. Auch davon gibt es Vorläufer, aber 1997 und 2003 veröffentlicht können die nun als Frühwerke gelten. Seine späteren Projekte haben ihn klar positioniert, und wenn es für ihn nicht mehr als ein Job gewesen wäre, hätte er es kaum mit der nötigen Leidenschaft ausführen können. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass sein neues Album ein ausgewogenes Werk zwischen den genannten Künstlern ist. In der Tat wurden zwei der Songs sogar ursprünglich geschrieben für Agents of Mercy, kamen dort aber nicht zur Verwendung. Gemeinsam mit sechs weiteren Songs inklusive eines 22´-Longtracks kommt er so auf 70 Minuten melodischen Progs zwischen 70er und Moderne, die manchmal vielleicht ein wenig rockiger hätten ausfallen dürfen, aber das dürfte Geschmackssache sein. Seine vielfältigen Arrangements sorgten zudem noch für prominente Kontakte, die er für diese Aufnahmen nutzen konnte – Steve Hackett, Roine Stolt, Nick Beggs, Jonas Reingold, Nick D`Virgilio, das macht schon was her. Mit diesem Album dürfte er nun seinen Namen auch bei den Progfans als Solokünstler bekannt machen. Schönes Album!
Dredg-Fans aufgepasst: Dies könnte interessant werden: Ihr Debütalbum schlug 2013 große Wellen, dem Vernehmen nach nicht nur in ihrer schwedischen Heimat… allerdings: Obwohl ich an der norddeutschen Küste wohne, sind die bei mir nicht angekommen. Aber dieses Album ist angekommen. Album Nr. 2, aufgenommen in den Tiefen schwedischer Wälder (in den MapleTone Studios), veröffentlicht auf ihrem mittlerweile selbst gegründeten Label. Was mit Werk Nummer zwei schon ein mutiger Schritt ist. Wellen hin oder her. Damit Zugang zu allen potentiell interessierten Ohren zu finden, ist nicht ganz einfach. Und derer dürfte es durchaus einige geben, denn Benesser finden eine sehr spannende Mischung aus intelligent-anspruchsvollem Songwriting und eingängigen Melodien. Die Gitarren sind knackig, aber nie heavy, die Songs sind abwechslungsreich, ohne ihr Territorium groß zu verlassen – in der Schnittmenge von Muse, U2 und mittelfrühen Dredg könnten Benesser eine neue Rolle spielen. Zweifellos ein großes Album, aber ohne Label im Rücken könnte es fast zu sehr mainstream sein.
Musikjournalisten schubladisieren gerne. Da nehme ich mich gar nicht
aus. Es geht auch gar nicht anders. In Zeiten gießkannenartiger Digitalbemusterung
ist es sehr befriedigend, ja sogar sehr befreiend, ein Album mit
bekannten Bandnamen verbinden oder in irgendwelche Genreschubladen
stecken zu können. Das verkürzt auf der Suche nach neuen
Rohdiamanten und Edelsteinen die qualitative Einordnung und die
fachliche Relevanz. Ein neues Album von Deth Enemy oder Casablanca kann
ich innerhalb kürzester Zeit erstklassig gemachtem Hardrock
zuordnen und ihnen Anspruch und Können attestieren, ohne mich
weiter drum kümmern zu müssen, denn es ist nicht (mehr) ganz
meine Baustelle.
Umso erfreulicher, wenn ein Name wie Chemia, von dem man schon mal
wenig auf die musikalische Ausrichtung schließen kann, sich nicht
nur als neuer Rohdiamant entpuppt, sondern die Sinne extrem
schärft, weil sich hier nichts so recht in Klischees einteilen
lassen will. Die Stimmung schwankt zwischen Hard- und Alternative Rock
und nimmt nebenbei ein paar Stoner-Elemente mit, auf die Stimme
erinnert am ehesten an Audioslaves Chris Cornell, allerdings weniger
angestrengt und deshalb viel entspannender zu hören und die Songs
überzeugen großteils mit Abwechslungsreichtum und hohem
Niveau, ohne sich in einer der bekannten Kategorien festnageln zu
lassen. Rock. Genauso klassisch wie zeitgemäß, packend und
dynamisch, der von Produzent Mike Fraser (AC/DC, Aerosmith, Metallica)
in die richtigen Bahnen gewiesen wurde. Fett! Die Band kommt
übrigens aus Polen, „Let Me“ ist nach „The One
Inside“ ihr zweites Werk, und ich denke, dass man von diesen
Jungs noch weiter hören wird. Wenn es gerecht zugeht.
Gestartet mit einer Mischung aus ProgMetal und Alternative Rock gehörten die Polen zu den ersten Bands, die es schafften, Fans aus beiden Lagern zu vereinen. Nach ihrer initialen Album-Trilogie änderten sie zusehends ihren Stil in Richtung Artrock und nahmen vor allem immer mehr Härte aus ihren Songs. Zwar, ohne ihre faszinierende Spannung aufzugeben, trotzdem mag der eine oder andere Fan sich mitunter hilfe- und härtesuchend in andere Richtungen orientiert haben. Das neue Album ist in mancherlei Hinsicht eine Rückbesinnung. Immer noch mit viel Melancholie angereichert setzen die Gitarren wieder einige hörbare und hörenswerte Akzente, überzeugen die Songs mit großem Abwechslungsreichtum und einer Qualität wie schon lange nicht mehr. Einzig der Gesang von Bandleader und Songwriter Mariusz Duda kehrt nicht zu alter Härte zurück, sondern überrascht vielmehr mit manch poppiger Note. Was dem Ganzen als teilweise gelungenem Kontrast noch eine zusätzlich besondere Note verleiht. Ein tolles Album ohne Schwachstellen!
Hatte irgendjemand gesagt, er wäre gemäßigter
geworden? Ausgeglichener? Sanft gar? Und hatte womöglich noch nach
vermeintlich logischen Erklärungen gesucht, sowie seine neue Rolle
als Vater, die ihn harmoniebedürftiger gemacht hätte? Nun,
mit seinem neuen Album stellt er die Dinge wieder richtig und zeigt,
dass er auch immer noch genauso sperrig und komplex sein kann, wie er
es in der Vergangenheit immer wieder gezeigt und bewiesen hatte.
„fragmentropy“ ist ein Album, dass alle
melodischer-komplexer-sperriger-oder-zugänglicher-als-Vergleiche
obsolet macht, denn es ist so typisch "t", wie es nur sein könnte.
Er spielt alle Stärken aus, gibt sich mal wuchtig, mal
spartanisch, mal wild, mal harmonisch und auf jeden Fall immer wieder
überraschend! Es wird eine Weile dauern, bis man sich dieses Album
in Gänze erschlossen hat, aber es besteht von Anfang an kein
Zweifel, dass es die Sache wert ist.
Wie schon auf dem letzten Album auffallend, bleibt auch 2015 sein
1-Buchstaben-Kollege, Marillion-Sänger, Steve "h" Hogarth die
Hauptreferenz für "t", um nicht zu sagen, dies ist das Album, das
sich alle Marillion-Fans von h solo wünschen würde.
Experimentell, unvorhersehbar, hymnisch und durchweg spannend.
Adjektive, die h bislang auf seinen Alben zu sehr vermissen ließ.
In dem Sinne: Wartet nicht länger, sondern steigt lieber gleich
auf t um.
Zwölf Studioalben in 18 Jahren: earMUSIC startet die Wiederveröffentlichung aller Alben dieser Zeit, wobei
alle zwei Monate chronologisch zwei Alben erscheinen. Den Beginn macht
The Beginners Guide to Throwing Shapes und The Security of Illusion,
neu gemastert (2015) und mit jeweils zwei Live Bonus Tracks (Live in
Hamburg, 2015).
„The Beginners Guide…“ (VÖ 1989) war seinerzeit
kein sehr populäres Album, u.a. weil es die Sorge mit sich
brachte, dass Saga sich in ihren soundtechnischen Experimenten
verzetteln könnten. Aus heutiger Sicht und mit der Sicherheit
ihrer Rückkehr zum klassischen Sound kann man eigentlich nicht
anders als ihnen zum Mut – und dem gewonnen Erfahrungsreichtum
– gratulieren. Das ist zumeist typischer Saga, als man damals
zugeben wollte. “The Security…” (VÖ 1993)
markiert die Rückkehr von Jim Gilmour und Steve Negus, die Saga
wenige Jahre zuvor verlassen hatten – und war ergänzt durch
ein paar härtere Elemente wieder stark am klassischen Sound
orientiert.
Jetzt
hat er also zwei davon: Ted Leonard singt allen Ernstes in gleich zwei
Prog-Bands von Superstarstatus. Gut, zugegeben, Enchant haben nie die
Welt gleichsam von ihren Qualitäten überzeugen können,
Insider sind ihnen aber ähnlich erlegen wie den
Topgrößen der Szene. Und nachdem sie endlich, nach 10 Jahren
Funkstille geschafft haben, ihr neues Album zu veröffentlichen,
müssen sie, nein: dürfen sie wieder zum Kreis der Aktiven
gezählt werden. Was ihren Frontmann und Sänger, von
vielen erklärtermaßen einen der besten seines Faches, nicht
daran hindert, auch bei Spocks weiter voll mitzumischen. Warum sollten
die sich auch mit weniger zufriedengeben? Seit dem Weggang ihres
Innovators Neal Morse durch so manches Tal gewandert, haben sie
spätestens mit ihrem 2010er Album „X“ bewiesen, welch
kompositorisches Potential in ihnen steckt. Ein günstiger Moment
für Leonard übrigens, einzusteigen! Das folgende
Leonard-Debüt „Brief Nocturnes…“ bewies 2013
bereits, dass sie zurück in der Spur sind - und mit dem
kalifornischen Sunnyboy am Mikro sogar ideal verstärkt.
Jetzt gibt es Nachschlag. Einem Rausch der Sinne gleich, gelingt es
ihnen, das gesamte Spocks-Universum vor uns auszurollen – die
pathetischen Intros, die großen Melodien, die gewitzten
Spielereien in Sound und Tempo, die komplexen Rhythmen, die
majestätischen Instrumentalpassagen und die professionellen
Gesangseinlagen – solo wie im Duett. Dabei blitzen immer wieder
glänzend verbaute Zitaten auf, eigene genauso wie fremde. Der
Gesamtheit ihres immensen Soundspektrums fügen sie dabei freilich
nicht viel hinzu, verbauen aber die Elemente erneut auf so geniale Art
und Weise, dass ihr neues Album zu ihren absoluten Großtaten
gezählt werden kann. Ein weiteres Meisterwerk und - zugegeben
einmal mehr - ein Anwärter auf das Album des Jahres!
2007, 2009… 2015! Es hat eine Weile gedauert, aber nun gibt es ein neues Album der Amis um Joshua Theriot und Kenneth Wilson. Hatte ich – und ehrlich gesagt nicht nur ich – ihrem Debüt damals noch eine starke Nähe zu Porcupine Tree nachgesagt, hatte ich das Gefühl, sie hätten diese unmittelbare musikalische Verwandtschaft etwas abgelegt. Leider zu Lasten der Qualität. Dem bärenstarken Debüt folgte ein etwas schwächerer Nachfolger. Was auch immer die Gründe waren für die lange Unterbrechung – ihre Homepage gibt leider extrem wenig Informationen preis, ihr neues Album stellt die Dinge wieder klar. Die Verwandtschaft zu Steven Wilson liegt ihnen im Blut, das ist nicht kopiert oder nachgeahmt, sie verwenden schlicht die gleichen chemischen Bausteine. Atmosphärischer Rock, oft mit flächigen Keyboards gestützt, der Wechsel aus lauten und leisen, soften und starkstromgeführten Passagen, der passende Einbau fantastischer Gitarrensoli unterschiedlichster Kulör und nicht zuletzt der weiche, melancholische Gesang, das alles in gute bis sehr gute Songs verpackt – dieses dritte Studioalbum kann erneut jedem Fan der Musik von Steven Wilson empfohlen werden, auch und gerade weil es nie abgekupfert oder unoriginell klingt.
Acht
Studioalben haben die Iren in 25 Jahren veröffentlicht (flankiert
von ein paar EPs und Live-Alben), das letzte, „The Cost“
ist bereits 9 Jahre alt. Insofern wäre es auch dringend Zeit
gewesen für ein neues Album, aber jetzt feiern sie ihr
Jubiläum zunächst mal mit einer Retrospektive. 25 Jahre
zwischen Rock, Artrock und Folk, zwischen Stadion, Indie und LoFi,
zwischen Radiohead, Oasis und Waterboys.
Die Songs dafür hat die Band selbst ausgewählt, und da ist so
manches Highlight dabei. Nachdem ich zum letzten Album angemerkt hatte,
dass sie am besten sind, wenn sie die 5-Minuten-Marke
überschreiten, beweisen sie hier, dass sie auch in dreieinhalb bis
viereinhalb Minuten grandiose Hymnen schreiben können, dabei
zelebrieren sie abwechselnd das Wechselspiel aus laut und leise –
wie im aufwühlenden Opener „God Bless Mom“ und dem
(Peter) gabrielesken „Seven Day Mile“, geben sie mal
leichter („Happy“) oder rauher („Revelate“).
Natürlich haben sie auch die Longtracks nicht ganz außen vor
gelassen: „Fitzcaraldo" und “People Get Ready” sind
exzellente Beispiele dafür. Und auch das abschließende
„None But I“ ist nicht nur ein weiteres Highlight, sondern
auch der einzige neue Song auf dem Album, der beweist, dass eine
Sammlung neuer Kompositionen auch eine Spitzenidee gewesen
wäre…
Schon ihr Debütalbum „New Gold“ 2013 konnte begeistern mit seiner Mischung aus Kings of Leon und Stereophonics, mit seinen coolen Hooklines und frecher Rock-Attitüde. All diese Dinge haben sie beibehalten und dabei noch weiter verfeinern können. Sie haben den Bogen raus: Auch auf ihren zweiten Album können Ihre Songs gekonnt zwischen Indie-Attitüde, Pop-Charme und Rock-Elementen punkten. Vom augenzwinkernden Opener "006" über die potentiellen Hits "The Party", "Purple Hearts" oder das Titelstück bis zum 10-minütigen Psychedelic Jam "WDYW" und die grandiose Abschlussballade "You Are The Sun" hält das Album manches Highlight parat. Dass Sänger Christian Vium immer noch wie eine Mischung aus den Frontmännern der beiden o.g. Bands klingt, ist ja nun nicht seine Schuld – und verleiht ihrer Musik einen zusätzlichen Kick! Top!
Das
ist ekelig! Das will gar keiner sehen. Schon Arenas Meisterwerk
„Immortal“ scheiterte an diesem Versuch, die
Perversität des Albumkonzeptes schon im Coverartwork anzudeuten.
Kauft doch kein Mensch! Dumm gelaufen. Gut, glücklicherweise haben
die Leipziger zumindest auf ihrem Cover auf schlimmere Details
verzichtet, aber die Posterbeilage mit diesem Schwabbelbauch…
ich verzichte auf weitere Einzelheiten.
Dabei haben sich die Jungs um die beiden Multiinstrumentalisten Marek
Arnold und Martin Schnella hier einmal mehr ein Album zusammen
geschraubt, das volle Aufmerksamkeit verdient hat! Fantastische
Instrumentalleistungen, Abwechslungsreichtum und ein Reigen von 8
Vokalisten, die das Gespann Lars Köhler und Anne Trautmann
ergänzen (darunter Arno Menses; Subsignal). Wobei ihr Anteil
überschaulich bleibt, was den immensen Vorteil hat, dass das
Ergebnis keineswegs stimmlich überfrachtet ist. Köhler und
Trautmann bleiben, was den Gesang angeht, Tonangebend im wahrsten Sinn
des Wortes. Die Musik ist ein klasse Beispiel zeitgemäßen
Progressivrocks – prächtig abwechslungsreich zwischen
melodischen Rockpassagen, verspielten Jazzarrangements und ruhigen
Breaks, ergänzt durch Takt- und Lautstärkewechsel, kurze,
frickelige Prog-Intermezzos oder feine Soli sowie fette Finale.
Ursprünglich als Seitenprojekt von Toxic Smile gegründet,
haben sich SSTTGD mit ihrem mittlerweile 4. Album als ernstzunehmender
Act in der deutschen Progszene etabliert.
Nach der jüngsten Ehrung im Reigen der
“Top150Konzeptalben” des Eclipsed Magazins auf Platz 21 zu
landen (Heft 109, April 2015), kommt diese Wiederveröffentlichung
ja wie gerufen. Auffallen, anders sein und sich abheben von der breiten
Masse war seit jeher ein credo des Musikers, der mit Pink Floyd
Rockgeschichte schrieb und sich auch solo nie auf seinen Meriten
ausruhen wollte. „Amused To Death“ ist ein
Konzeptalbum über das bequeme und distanzierte Beobachten der
Kriege und Konflikte in der Welt. Der Affe auf dem Originalcover, der
auch textlich (z.B. in „Perfect Sense“) vorkommt, der
stellvertretend für die Menschheit als Beobachter vor dem
Fernseher sitzt, wurde auf der Wiederveröffentlichung durch ein
Kind ersetzt, vergleichbar unfähig, an der Situation irgendetwas
ändern zu können. und es ist unbestritten, dass die
provokante Thematik des Albums auch über 20 Jahre nach seiner
Originalveröffentlichung nichts von seiner Gültigkeit
verloren hat, wenn nicht sich sogar dramatisiert hat. Musikalisch setzt
das Album an den großen Pink Floyd Momenten an, ohne eigene
Song-Höhepunkte zu setzen. Was aber auch nicht notwendig ist, denn
dieses Album überwältigt am meisten in seiner über
70-minütigen Gesamtheit. Ein Epos, ein Manifest, das nicht umsonst
seine o.g. Ehrung erhielt, klanglich aufgewertet durch das Remastering
des langjährigenWaters/Floyd-Mitstreiters und Co-Produzenten Jamie
Guthrie.
Abzug in der B-Note nur für das Coverformat: „Auffallen,
anders sein und sich abheben“ macht es in diesem Fall leider
etwas schwierig, die CD im Regal unterzubringen…
Gewusst wie! Dem Albumnamen folgend kann man annehmen, dass Dave Penn und Mike Bird durch die Archiv-Kollaboration seit „Lights“ längst die Soundgeheimnisse kennengelernt und verinnerlicht haben. Auf seinem 3. “Soloalbum” verwendet das Duo fast mehr klassische Archive-typische Merkmale, als das progressive Londoner Kollektiv selbst. Electro-Pop, der nicht zuletzt durch seine Wiederholungen und Endloschleifen immer wieder hypnotisierende Wirkung entfaltet, mal dezenter, mal aggressiver, mal laut, mal leise. Dabei überwiegen die Gemeinsamkeiten mit ihrer Hauptband gegenüber den Unterschieden. Der Gesang muss z.B. ohne die kongeniale Duett-Partnerin Maria Q auskommen – was aber keinesfalls negativ ins Gewicht fällt; es ist nur anders. Das Ergebnis ist eine grandiose Sammlung von Songhighlights, die Archive Fans sich nicht entgehen lassen sollten.
Vier Jungs aus Brighton, UK, mit dem Traum Rockmusiker zu werden – wenn das nicht nach idealen Voraussetzungen klingt für “the next best thing”. Das ist ihnen vielleicht mit ihrem Debütalbum noch nicht ganz gelungen, dafür fehlt es noch an durchschlagendem Hitpotential, aber viel fehlt nicht. Denn die Songs besitzen ansonsten alles, was sie zu einem großen Album beitragen können. Abwechslungsreichtum, Hymnencharakter, Drive und Verve. Das Ergebnis ist beeindruckender Power-Pop/Indie-Rock, der mit Sänger Jason Danzelmann einen Frontmann präsentiert, der es schaffen kann, diese Band eine Stimme zu geben. Diese Band sollte man sich merken!
Ich persönlich hatte mich schon gewundert, wie eine solche Knallerband wie Oceansize so einfach von der Bildfläche verschwinden kann – ohne offensichtliches weiteres Lebenszeichen. Was ja a) nicht ganz hinkam, denn bei Amplifier und Biffy Clyro z.B. tauchten einzelne Namen ja wieder auf und b) gab es solche Fälle in der Vergangenheit ja durchaus auch schon. Aber Mike Vennart ist jetzt jedenfalls wieder da. Erste Ideen wurden aufgenommen in Hotelzimmern, während er mit Biffy Clyro unterwegs war, und während die meisten davon in der Schublade verschwanden, ebnete sein alter Partner-in-crime (und jetzt Amplifier-Gitarrist), Steve Durose anderen zu Demo-Status. Oceansize-Keyboarder Richard ‘Gambler’ Ingram sowie Drummer Denzel standen ihm schließlich bei den Aufnahmen bei und fertig war ein Album, das atemberaubend abwechslungsreich, frisch und energetisch ein Füllhorn an Ideen darstellt. Das Album erinnert vereinzelt an Kino, bzw. John Mitchell, im nächsten Moment kommt eine beschwingte Melodie daher, die fast Hitpotential aufweist („Doubt“), bevor alte Oceansize Zeiten durchbrechen, wie in „Infatuate“ (das mit 5 Minuten längste Stück) oder „Duke Fame“. Auch wenn die Walls of Sound des letzteren die Ausnahme bleiben, Rock in seinen abwechslungsreich verschiedensten Ausführungen – mal heavier, mal komplexer, mal lieblicher – dominiert das Album durchgehend. Es mag an der Abwechslung liegen oder aber an der durchgehend hohen Songqualität, mit seinen 42 Minuten ist das Album viel, viel zu schnell zu Ende. Aber besser ein Ende mit Schrecken…. Hören! Kaufen! Welcome back, Mike!
Theres been a lot of talk about this …[album], maybe, maybe
too much talk… (Bono, so ähnlich, Under A Blood Red Sky,
1983).
Ein neues Muse Album ist immer etwas, über das man reden sollte,
die Frage ist, ob an dieser Stelle ein verfrühter Hype richtig
platziert ist. Nachdem sie mit den letzten beiden Studioalben in
bombastische Höhen aufgestiegen waren, sind sie dieses Mal einen
Schritt zurück gegangen. Mehr Rock-Erdigkeit, weniger
Elektronik-Spielereien, ein paar Samples, ein paar vertrackte Rhythmus
Spielereien und eine Konzeptstory, wenn man sich denn die Mühe
machen möchte, sich damit auseinanderzusetzen (hört heute
überhaupt noch jemand Alben so intensiv?).
Muse 2015 heißt: Keine großen Hymnen, eher sperrig, zum
Ende balladesk. Die beiden Opener „Dead Inside“ und
„Psyho“ sind beste Beispiele hierfür und offenbaren
ihre wahre Klasse erst beim 3., 4., 5. Durchgang. Was grandios ist.
Andere Alben sind beim 3. Durchgang schon wieder so uninteressant, dass
sie in der nächsten Ecke landen. Mit „Defector“ gibt
es ein richtiges Highlight, mit "Revolt" vielleicht einen Hit,
Ausfälle gibt es nicht zu vermelden. Um einen Hype kommen Muse bei
einem neuen Album nicht mehr herum, daran wird auch ein (für sie)
durchschnittlich gutes Album wie dieses nicht ändern.
Liegt`s
an den Erfahrungen (und Erfolgen) mit dem Unplugged Album oder an der
neuen Bekanntheit durch Pro7 - oder einfach nur am Alter?
Das neue Album des ex-Sub7even Frontmanns erscheint mir deutlich
gemäßigter als seine früheren Alben (Ausnahmen
bestätigen die Regel). Was gleichzeitig einen deutlichen Anstieg
der potentiellen Hits zur Folge hat. Anders ausgedrückt: Dieses
Album verbindet seine Fähigkeit, gute Hooklines zu kreieren mit
einer bemerkenswerten Eingängigkeit. Hammer!
Ausfälle sind nicht zu verzeichnen, lediglich „Freitag
Abend“ ist fast schon zu hittig! Es sollte mit dem Teufel
zugehen, sollte dieses Album nicht sein 2. Frühling werden (den
ersten hatte er ja schon viele Monde zurück mit
Sub7even...). Mit neuem, Pro7-gefördertem
Popularitätsvorschub und einem Album, das gemäßigter
und Hit-gefüllter ist, als alles, was er bisher gemacht hat,
sollte das hier sein endgültiger Durchbruch als Solokünstler
sein. Ein echtes Super-Album!
VÖ digital 24.4., physisch 26.6.
Da
ich an anderer Stelle schon darauf hingewiesen habe, dass ich immer
wieder gerne Bands abseits der Mainstream-Pfade entdecke, stelle ich
euch hier mit Vergnügen eine Band aus Dänemark vor. 2004
gegründet, hatte ich 2010 schon mal mit ihrem Drittwerk „The
Collibro“ zu tun. Eine etwas verschwurbelte, nicht ganz einfache
Mischung aus Indie-, Post- und Prog-Rock mit wunderbar erhellenden
Momenten! „Empirical Ghost“ ist ihr fünfter Longplayer
und an der prinzipiellen Ausrichtung hat sich nichts geändert
– an ihrem Status in Deutschland aber leider auch nichts.
Vereinzelt klingt eine Metal-angelehnte Schwere im Stile Anathemas an,
der Sänger klingt mitunter wie David Bowie in seinen besten
Zeiten, die Verquickung von Alternative/Indie Rock-Attitüde und
theatralischen / klassischen Passagen erinnert wiederholt an Muse und
immer wieder gibt es massive Keyboardwände im besten
Progrock-Stil. In letztere Kategorie fallen auch die Tempowechsel und
spannenden Arrangements, die im Longtrack „Zenith“ stark an
Gazpacho erinnern, wenn auch mit deutlich rockigeren Zügen. Im
vorletzten „Precognition“ wird’s instrumental im
Mogwai-PostRock Stil; hier ist sehr viel drin, viel zu entdecken und
mit vielfältigen Referenzen ausgestattet, und doch ist das alles
sehr, sehr eigen. Entsprechend schwer zu verorten, am ehesten aber wohl
im Prog/Artrock, aber nicht nur für Insider. Spannend!
Möchte fast sagen, er wird immer besser. Oder hieße das, dass seine bisherigen Alben schlechter waren? Nur bedingt. Denn was der ehemalige Raab-Zögling und „Can’t wait until Tonight“-ESC-Teilnehmer an musikalischen Wandlungen durchgemacht hat, verbietet eigentlich jeden Vergleich. Nach Singer/Songwriter-Pop, mal mehr mal weniger anspruchsvoll und/oder mit Jazz-Elementen versehen bewies er Chuzpe mit dem eher cluborientierten, Electronic-getriebenen „Home Work Soul“ (2010) bevor er mit Gästen wie Klaus Doldinger, Thomas D, Cassandra Steen oder Götz Alsmann komplett zum Jazz zurückkehrte („Durch Einander“, 2012). Seit dem ist seine Goldene Stimmgabel und 1Live Krone flankiert vom Platin Jazz Award, vom Wirbel in der gesamten Jazz-Szene ganz zu schweigen. 2015 geht er wieder einen Schritt weiter und veröffentlcht ein Album, an dem er seit vier Jahren arbeitet. Entsprechend vermischt „MAX“ alle bisherigen Experimente zu einem selbstbewussten, genauso eingängigem wie anspruchsvollen und genauso professionellem wie verspieltem Ganzen und präsentiert einen vielseitigen Songschreiber und Sänger, der mit beneidenswertem Selbstverständnis sein (nun doch: ) Karriere-Highlight aufgenommen hat.
Ok,
hier mal wieder was für Szene-Kenner. Was die Norweger auf ihrem
5. Album auftischen, dürfte selbst für Prog-Puristen anfangs
ein schwerer Brocken sein. Komplex, sperrig, technisch und
disharmonisch braucht es einen Moment, bis man sich eingefunden hat in
ihrem Sound. Dazu ein Gesang, der anfangs fast etwas hoch erscheint,
und ein wenig an Rush und Tiles erinnert, da weiß man
zunächst nicht, ob man richtig aufgehoben ist. Aber je länger
– und genauer – man hinhört, desto spannender
wird‘s!
Erstes Highlight ist #4, „The Flood” und spätestens in
der zweiten Hälfte des Albums, u.a. mit dem Songtrio
“Red”, “Slave” und “Moon” haben
Leprous den Hörer in ihren Bann gezogen. Hammer!!!
Einfallsreichtum, Abwechslung, unerwartete Spannungen und Wechsel in
Rhythmus und Geschwindigkeit, auch der Gesang wird abwechslungsreicher
(und damit erträglicher) – ein absolutes Meisterwerk. Und
ein Album, das für die Essenz des Prog steht, denn wer schon beim
ersten Hören mitsingen können will, hört Radio.
Spätestens mit dem 3. Durchgang flutschen auch die ersten Songs
und tragen zur Faszination des Werkes bei. Sehr abenteuerlich, sehr gut!
Das
Pech des Spätgeborenen: Lapko aus Finnland machen Indierock mit
packendem Drive, prägnanten Hooklines und progressiven
Einsprengseln, ihr Sänger Ville Malja hat ein relativ hohes,
klares Organ – das sind Dinge, die sie mit ihren britischen
Kollegen Muse gemein haben. Und auch wenn sie seit mittlerweile 20
Jahren dabei sind, 6 Alben veröffentlicht haben, die
Vergleichbarkeit mit den deutlich erfolgreicheren Jungs um Matt Bellamy
wird immer einen Schatten auf sie werfen. Wer sie auf dem Schirm hat,
wird sich auch beim neuen Album über grandiose Songs und gute
Texte freuen. „Geeky Moron“, „Money For
Nothing“ oder „Run Boy Run“, das sind Hits (in einer
gerechten Welt)!
„Hello world, what can you offer me today?“ fragt er im
Opener. Man möchte es ihne wünschen – sie selbst
haben jedenfalls der Welt mit diesem Album mal wieder einiges zu
bieten!
“We dance round a ring and suppose, but the secret sits in the middle and knows” (Robert Frost, 1942). Nettes Zitat! Das als Grundlage für seinen Bandnamen zu nehmen ist ganz schön cool. Und es zeugt von einem gewissen Anspruch. Was man jetzt wieder auf die Musik der Kölner beziehen kann. Denn sie legen hier ein Album vor, dem man sich nur schwer entziehen kann (und auch gar nicht sollte!). Sie kombinieren Pop mit Prog-Jam-Psychedelic, erinnern mal an Radiohead, mal an Archive, besitzen aber mehr Rock, als beide zusammen. Und sie überzeugen mit exzellenten Melodien und einer klanglich perfekten Produktion. Eigentlich gibt es gar nichts auszusetzen an diesem Album, zumal es v.a. als Ganzes überzeugt, weil es unheimlich stimmig, vielschichtig und abwechslungs- und ideenreich ist.
Ursprünglich aus dem Hardrock-Genre kommend, haben die Norweger ihren Sound über die Jahre und verschiedene Besetzungswechsel aufgepimpt, erweitert und zeitgemäßer gestaltet. Will heißen, dass ich sie heute eher dem Alternative Rock zuordnen würde. Auf ihrem neuen, mittlerweile sechsten Album tischen sie hier eine zeitgemäß fette Rock-Mischung zwischen Foo Fighters und Biffy Clyro auf. Gekonnte Hooklines macht es leicht, sich mit dem Album anzufreunden, ein bisschen Metal-Crunch geben dem Ganzen ein eindeutig eigenes Gesicht, ein paar Prog-Taktwechsel und Tracklängen bis zu knapp 9 Minuten machen es zusätzlich spannend und auch für Freunde anspruchsvoller Klänge interessant. Amplifier, Oceansize ließen sich hier als Referenz ergänzen, wie sicherlich auch noch ein paar weitere Namen. Hier wird kein Rad neu erfunden, aber die 9 Songs sind grandiose 47 Minuten Musik! Brauchts mehr?
2003 als All-Star Projekt u.a. mit Flower King-Mastermind Roine Stolt gestartet, schienen sie zunächst der britische Gegenentwurf zur globalen Prog-Supergroup Transatlantic. Die Wahrheit ist, dass Andy Tillison mit prominenter Unterstützung nur endlich ein Bandprojekt gefunden hatte, dem die Aufmerksamkeit geschenkt wurde, die er schon mit seiner Vorgängerband Parallel Or 90 Degrees längst verdient hatte. Die beteiligten Musiker brachten ein paar neue Klangfarben hinein, ansonsten hatte sich an der Grundausrichtung nicht so viel geändert. Klassischer Prog mit Verweisen zu den Klassikern wie Yes und Genesis aber mit einem sehr zeitgemäßen Sound, eigenständig erweitert u.a. durch Jazz-ähnliche Elemente. Ihr 2003er Debüt „The Music That Died Alone“ wurde zum Meilenstein im britischen Progressivrock, die Band zum Big Player. Die prominenten Namen gingen, bzw. wechselten mit den Jahren, die Qualität der Alben blieb und bescherte dem kauzigen Sänger und Songwriter einiges an positiver Presse. Mit dem Ergebnis, dass er sein Dasein als Musiker nicht mehr ganz so hoffnungslos sieht und es für ihn Zeit war, sein Debüt-Statement weiterzuspinnen. Deswegen trägt sein neues, achtes Album den Untertitel „The Music That Died Alone Vol. 2“ und nimmt uns wieder mit auf eine Achterbahnfahrt durch 70s-Prog, brillante Melodien und modernen Sounds. Neu ist das Thema Amerika in Text und Sounds, besonders deutlich im Longtrack "The Celluloid Road" – ein Schelm wer hier Kalkül vermutet…
Seine Plattenfirma nennt ihn die Reinkarnation des einzig wahren amerikanischen Gitarristen und bezieht sich damit auf die Tatsache, dass er einerseits ständig unterwegs ist und andererseits seine Guild D-35 Gitarre schon ein ums andere Mal Zeit beim Pfandleiher verbracht hat. Ein Musiker also, der sein Herzblut gibt für seine Musik, die ihn bislang noch nicht sehr weit (nach oben) gebracht hat (auf der Erfolgsleiter). Wenn es Gerechtigkeit gibt auf der Welt, dann ändert sich das mit diesem Album. Walkers Band ist eine Mischung aus altem und neuem Talent aus Chicago, aus Veteranen des Post-Rock und der Jazzkreise genauso wie eifrigen, wissbegierigen Jungspunden. Die erweitert seinen Singer/Songwriter-Akustiksound genauso faszinierend wie fesselnd mit Americana-, Rock- und Jazzelementen, mit Folk und Psychedelic, mit Sonnenschein wie Düsternis. Ein Album, das glorreich an eine Mischung aus Jeff Buckley und Dave Matthews erinnert, klangliche Abstecher zu den Doors und Van Morrison macht und ein wahrlich außergewöhnliches Gesamtwerk darstellt. Super!
Sie sind noch immer eine aufsteigende Größe, was ein seltsamer Ausdruck ist, wenn eine Band seit 25 Jahren unterwegs ist und seit gut zwanzig Jahren Platten veröffentlicht. Warum es bei Anathema legitim ist, liegt an ihrer Wandlung(sfähigkeit). Gestartet als Doom-Metal-Band gibt es wenig, was heute noch an ihre Anfänge erinnert. Die Melancholie vielleicht. Und „diese besondere Art, einen Song bis in die Unendlichkeit aushallen zu lassen“, wie es das Platteninfo zu ihrem 1996er „Eternity“ Album ausdrückte. Ein Album, das den Willen zum Wandel offensichtlich machte, das aber immer noch starke Metalelemente besaß. Für das Gitarrist Vincent Cavanagh den Sängerposten (mit-)übernommen hatte und das ihre Pink Floyd Affinität zutage treten ließ.
Deutlicher wurden die Veränderungen auf den Alben, die ab Ende der 90er folgten: „Judgement“ (1999), „A Fine Day To Exit” (2001) und „A Natural Disaster“ (2003) hatten die harten Gitarren auf ein Mindestmaß zurückgefahren und wurden nur in einzelnen Songs (als Reminiszenz?) angeschlagen, die meisten wurden v.a. atmosphärischer, ausufernder, „artrockiger“. Und nachdem das legendäre Metal-, Rock- und Prog-Label Music For Nations wieder zu Sony Music zurückgekehrt ist, erscheinen nun diese drei Alben als 3CD+DVD-Booksets (oder wahlweise auch als 180 Gramm Vinyl mit zusätzlicher CD) in „digital optimierter“ Form und mit neuen Liner Notes. Das „AFDTE”-Album enthält zudem einen Bonustitel und eine geänderte Titelliste. Die DVD zeigt die komplette (75-Minuten) Show vom 31.01.2004 (zuvor vö als „Were you there?“), also sozusagen `the topping on the ice´ dieser drei Alben. Und in der Tat gibt es einen Reigen aus Songhighlights, verfeinert durch erweiterte Soli Feedbackeinlagen, die am ehesten an ihre Landsmänner Amplifier erinnern. Leider schmälern die Lautstärkeschwankungen den Hörgenuss. Dazu gibt es ein Gänsehaut-Akustikset mit Streichquartett, einen Videoclip zu „Pressure“ und einen Bootleg-Mitschnitt von „A Natural Disaster' aus Hamburg. Eine entscheidende Phase in der Bandbiographie, die es wert ist, erneut in den Fokus zu rücken! Vielen Dank dafür!
Ein neuer Name aus Osnabrück: Bereits mit ihrer selbstbetitelten Debüt-EP ließen sie aufhorchen, denn da gab es acht sensationelle Songs, die mit ihrer Mischung aus Alternative-/Indie-Rock und Prog und einem extremen Wechselspiel aus laut und leise am ehesten an die Mannheimer The Intersphere erinnerten. Die Bezeichnung EP bezog sich dabei wohl weniger auf die Spielzeit – 8 Songs in 48 Minuten schaffen viele Bands nicht einmal auf einem Longplayer – sondern eher auf die Wertigkeit, was sich v.a. in der eher simplen Produktion widerspiegelte. Dieses Manko wurde auf dem ersten offiziellen Longplayer ausgemerzt, die 11 neuen Songs (auf 64 Minuten) bieten volle Breitseite – produktions- wie spieltechnisch, kompositions- wie abwechslungstechnisch sowieso! Das Album greift vereinzelt das o.g. Wechselspiel wieder auf, u.a. auch die erste „Single“ „Erase“ ist eher als bandtypischer Song denn als Radioaspirant ausgesucht. Mit sechseinhalb Minuten Länge und immer wieder hereinbrechender Gitarrenwand dürften hier v.a. Intersphere / Porcupine Tree / Opeth – Fans angesprochen werden. Aber auch die soll es ja geben – und das in immer größerer Zahl. Zusätzlich gibt es ein paar „einfachere“ Songs, die das Spektrum der Band zusätzlich erweitern; alles gut! Bleibt zu hoffen, dass sie schaffen, sich Gehör zu verschaffen. Im Mai startet die nächste große Tour durchs Land und wer auf ihrer Homepage durch die Konzert-Historie scrollt, ahnt, dass ihnen das durchaus liegt.
Drei Jahre nach dem letzten Lebenszeichen von It Bites kommt Gitarrist Sänger und Komponist John Mitchell mit einem neuen Projekt. Ein Album, das seine Qualitäten wie seine Einflüsse bündelt und Fans seiner bisherigen Bands und Projekte gleichermaßen begeistern sollte. Arena, The Urbane, KINO, It Bites – alles Namen, die einem im Verlauf dieses Albums in den Sinn kommen. Kein Wunder, denn alle diese Bands tragen seine Handschrift, wurden von ihm mit- oder allein-gestaltet, da darf man keine Revolution erwarten. Aber Mitchell hat die Gabe der einzigartigen Kombination aus Pop-Hooklines, (Alternative-)Rock-Breitseite und Pink Floyd Momenten. Und wenn dann noch Sängerinnen wie Heather Findlay (ex-Mostly Autumn) oder Rebecca Neew-Menear (in Deutschland noch nicht so bekannt, in GB mit dem Rock-Act Anavae unterwegs, vgl. Interview) mit ins Spiel kommen, reden wir hier von – zumindest theoretisch – Radio- und Chart-relevanten Songs (was natürlich nicht vorkommen wird, weil die entsprechenden Verbindungen fehlen). Macht nichts. Wir können es auch so genießen, uns über ein großartiges Album freuen und hoffen, dass es genügend Leute merken, die Scheibe kaufen und so die Chance auf eine Tournee ermöglichen.
Warum
kleckern? Halbe Sachen gibt es schon genug. Wer sich interessiert, hat
die CDs längst gekauft und im Schrank stehen, jetzt wird der Rest
verführt… Seine aktuelle Veröffentlichungspause nutzt
der Schotte für ein (weiteres) Paradebeispiel für
Sparsamkeit: Nach Veröffentlichungsideen wie
Neues-Stiltskin-Studioalbum-inklusive-Live-Genesis-Album oder
Doppel-Album-plus-DVD gibt es schon wieder etwas Neues: Alle acht
Studioalben seiner Karriere, für die er in den letzten 20 Jahren
verantwortlich war (also ohne die beiden Hitalben mit Stiltskin und
Genesis). Darunter ein Album, dass es – rückblickend
betrachtet: überraschenderweise! – nie zu Popularität
gebracht hat, u.a. weil es viel zu lange nicht mehr erhältlich
war. Sein Debüt „Swing Your Bag“ unter dem Namen
Guaranteed Pure, das schon all seine Qualitäten vereinte.
Allerdings, bei dem Cover und dem Titel darf man sich über
ausbleibenden Erfolg…
Nur in Deutschland halbwegs erfolgreich – und bei Virgin
Deutschland erschienen auch nur hier kurzzeitig problemlos
erhältlich – war das grandiose „Millionairhead“
Werk unter dem Namen Cut, sein zweites Album gemeinsam mit seinem
Bruder Steve. wie hier inklusive drei Bonus Tracks und
überhaupt endlich wieder erhältlich. Auch sein Solodebüt
„Change“ gibt es in der „Special Edition“
inklusive drei Bonus-Tracks. Extras, die den folgenden
Veröffentlichungen fehlen, u.a. weil der „Maxi-Single“
Markt irgendwann eingebrochen war. Aber die Dreingabe der –
ohnehin randvollen – weiteren fünf Studioalben unter seinem
eigenen oder dem Namen Stiltskin sollten schon Argument genug sein:
Eine (weitere!) beispiellose Veröffentlichung!
Ein Interview mit Ray Wilson zur 8-CD-Box gibt es hier!
Der
König ist tot, lang lebe der König! Wie es aussieht, sind
Porcupine Tree wohl Geschichte, allein es stört niemanden, weil
Wilson solo das Ganze mindestens genauso gut kann. Zumal er ja nicht
alleine ist, sondern exzellente Mitmusiker an Bord hat. Wie Guthrie
Govan, Marco Minnemann, Nick Beggs oder Theo Travis. Und den Rest macht
er eh alleine. Songideen entwickeln, Geschichten schreiben, Alben
produzieren… Dinge bei denen er sich gerne helfen lässt, wo
es nötig ist, bei denen er die Fäden aber gerne in der Hand
behält.
Hier ist es also, der Nachfolger zu seinem umjubelten Wunderwerk vor
zwei Jahren. Ein Konzeptalbum mit einer fiktiven Geschichte zu einer
realen Person: Joyce Vincent, eine junge, attraktive, beliebte Frau lag
drei Jahre tot in ihrer Londoner Wohnung, bevor sie gefunden wurde
– ein Drama über zunehmende Anonymität und
Vereinsamung. Eine exzellente Geschichte für ein exzellentes Album
– mit nur einem Haken.
Alles fügt sich in atemberaubender Harmonie und Abstimmung
zusammen – inklusive der komplexeren und verqueren Passagen, von
denen es v.a. in den Longtracks durchaus einige gibt. Aber sie wechseln
sich ab mit den melodischen und harmonischen Passagen und tragen zum
perfekten Bild bei. Nichts scheint zu (lange) einfach, nichts zu
verkopft kompliziert, nichts zu gleich einem anderen Part oder Songs.
Ein weiteres Meisterwerk. Mit nur einem Haken. Seinem Vorgänger.
Der war zu grandios, um hier erneut in verzückter
Überraschung niederzuknien. Aber wer erwartete das denn?
Ich habe mich an anderer Stelle schon über meine Begeisterung für die Simple Minds ausgelassen, auch die Treffen und Interviews mit Jim Kerr als einem der Helden meiner Teens & Twens gehörten eher zu den Highlights meiner Tätigkeit als Musikkritiker. In den letzten Jahren sind meine Töne dazu etwas leider geworden aus dem einfachen Grund, dass ihre neuerliche Rückkehr zum Wave(-Pop) nicht ganz meinem Idealbild der Simple Minds gehört. Das war vereinzelt spannend, oft noch gut, aber eben auch nur bedingt meine Baustelle. Das aktuelle Album „Big Music“ setzte schließlich ihrem aktuellen Trend die Krone auf und reihte sich ein in die kreativen Tiefpunkte „Neapolis“ und „Neon Lights“, indem es den Wave-Pop in Disko-Pop transformierte – simpleste Rhythmen inklusive. Das ließ sich in den Interview-erklärungen der Documentary, die der Box-Veröffentlichung ihres Albums beilag, fast noch nachvollziehen, war aber nicht allen Ernstes ihrem Ruf und Alter angemessen.
Umso erfreuter war ich, als ich von der Wiederaufbereitung ihres Backkatalogs vernahm: Anfang der Achtziger unternahmen die Schotten einen Richtungswechsel: Weniger Wave, mehr Gitarre(nrock) und die zunehmend hitkompatiblen Ideen wurden in vermehrt stadiontaugliche Arrangements verpackt. Das begann 1982 mit „New Gold Dream“ und setzte sich nur 17 Monate später mit „Sparkle in The Rain“ fort. Mit Krachern wie „Up on the Catwalk“, “Book of Brilliant Things“, “Speed Yor Love To Me” und natürlich “Waterfront” begannen sie ihren Siegeszug, der ihren Namen in der Musikwelt manifestierte und der bis 1995 noch so manch grandioses Album ans Tageslicht beförderte. 25 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung erscheint das Album nun erneut in remasterter Fassung in verschiedenen Versionen. Als Doppel-CD u.a. mit den Extended Versionen und Single-B-Seiten, in der aufwändigeren Version auch mit Surroundmixen sowie einem Live-Konzert von 1984. Für November sind schon wieder neue Live-Termine anberaumt… wenn sie nun die Folgealben in ähnlicher Grandezza feiern, könnte noch alles wieder gut werden!
Warum in die Ferne schweifen? Hier gibt’s fetten US-Alt.Rock mit Referenzen an die üblichen Verdächtigen zwischen Creed und 3Doors Down, den ich nicht zuletzt wegen der Stimme am ehesten mit Alter Bridge vergleichen würde. Dazu kommt ein latenter Hang zu komplexerer Kompositionskunst à la The Intersphere / Dredg, wie im Highlightsong „The Mirror“. Der Knaller ist aber, dass das Ganze erstens weder aus Amerika noch England, sondern aus Osnabrück kommt und zweitens dass man erst neuerdings von einer Band sprechen darf, denn komponiert, strukturiert und aufgenommen hat die CD Sänger, Songwriter, Produzent und Multinstrumentalist Marco Meyer alleine! Und das hört man definitiv nicht heraus. Hammer! Das Album rockt ausgezeichnet, kommt fast ohne die obligatorischen Balladen aus: Lediglich „Stay“ und „If Anyone Cared“ sind etwas v.a. anfangs gemäßigter und könnten potentielle Singles abgeben. Ansonsten ist das Album abwechslungsreich, aber eher kernig – und extrem gut! Mittlerweile ist One I Cinema.durch Hannes Kelch (guitar), Ilja John Lappin (bass) und Phillip Steven Albright (drums) zur vierköpfigen Liveband angewachsen, jetzt dürfte also spannend sein, zu beobachten, wie sich die Jungs weiter darstellen.
Warum in Konkurrenz treten, wenn man noch viel besser Synergien nutzen kann? Der Nordsüd-Gipfel des deutschen Artrock ist in Allianz getreten – die Hamburger Sylvan veröffentlichen jetzt auf dem RPWL-eigenen Label Gentle Art of Music. Womit man für die zwei wichtigsten deutschen Bands nicht nur plattentechnisch nur noch auf eine Adresse achten muss, auch auf dem Konzertsektor könnte es da in Zukunft einige interessante Kollaborationen geben.
Auch 2015 setzen Sylvan auf das Thema Konzeptalbum, führen ihre Hörer durch die Geschichte einer Protagonistin, die sich durch ihre Kindheit arbeitet – mit positiven wie negativen Erinnerungen, Zweifeln und Ängsten. Glänzende Vorlagen für ein episches Werk voller Abwechslung, Dramatik und Bombast. Was die Hamburger mit den ihnen zur Verfügung stehenden, meist bandtypischen Mitteln exzellent in Szene zu setzen weiß. Besonders die symphonischen Töne geben dem Ganzen besonderes Gewicht – in Kombination mit den Gitarrensoli von Gast Jonathan Beck ein echtes Erlebnis! Fans von Referenzbands wie Marillion, Genesis oder Pink Floyd werden hier bestens bedient. Lediglich die rockigen, v.a. schnelleren Parts sind im Vergleich zu früheren Sylvan-Werken nominell etwas reduzierter vertreten - was der einzige Kritikpunkt meinerseits an dieser CD wäre.
Einem Goldesel gleich darf man sich auf jedes neue Produkt aus dem Hause, bzw. mit der Beteiligung Neal Morses freuen. Umso mehr, als er offensichtlich gerade mal wieder einen (weiteren) Lauf hat. Nach einem unglaublich produktiven Jahr mit Transatlantic-Album, Tour und Live-Album, Flying Colors Album und Tour sowie einem eher songorientierten Soloalbum ist er auch 2015 wieder zurück in seinem progressiven (Solo-)Element. „The Grand Experiment” bezieht seinen Titel aus einem der kürzeren Songs, einem straighteren Rocksong, der an ebensolche aus der SpocksBeard-Hoch-Zeit erinnert. Highlights des Albums sind allerdings eher der grandiose 10-minütige Opener „Following The Call“ sowie das Abschluss-Epos „Alive Again“, ein Song der dem Titel entsprechend alle Morse & Spocks-Fans mal wieder von den Stühlen blasen dürfte. Wo nimmt dieser Mann all diese Inspiration und diese grandiosen Ideen her. Natürlich hat er sein bestimmtes Equipment an Sounds und Variationen, das die Songs seiner Karriere wie ein roter Faden durchzieht, aber trotzdem hat jeder Song und jedes Album seine Eigenheiten. 2015 darf es gerne zwischendurch wieder etwas lauter werden, die Gitarren etwas crunchiger rocken, wie zuletzt auf „Sola Scriptura“ und „Lifeline“ – aber letzten Endes dürfte dieses Experiment niemand mit enttäuschten Erwartungen wieder aus dem Player nehmen. Genial!
Und für das Cover wünscht man sich fast alte LP-Zeiten zurück...
Bands
aus Holland haben es nicht leicht in Deutschland. Während sich die
Regel des „Propheten im eigenen Land“ hier nicht mehr so
recht bewahrheiten will, wenn ich mir den immensen Erfolg einheimischer
Künstler und Bands hier so anschaue (richtig so!), so gilt diese
am ehesten für holländische Propheten in unserem Land.
Nachdem schon Kane vor ein paar Jahren mit einer Supporttournee der
Simple Minds und zwei Alben auf Granit gebissen haben, während sie
daheim in Stadien auftreten, versuchen es jetzt Kensington.
Zwei Alben („Borders“ & „Vultures“) haben
sie bereits veröffentlicht, große Erfolge haben sich aber
bislang nur im eigenen Land einstellen können. Aber das soll und
das könnte sich jetzt ändern. Ihr Album überzeugt mit
einer spannenden Mischung aus prägnanten Hooklines und griffigem
Rock, und zumindest die Kings of Leon dürften sich bei jedem
Hörer früher oder später als Parallele einstellen, Namen
wie U2, Editors oder Killers sind die obligatorischen Alternativen
für die, denen erstere nicht so geläufig sind. Will meinen,
hier wird das Rad nicht neu erfunden, aber mit einigem Schwung gekonnt
weitergedreht. Ein Album das Spaß macht und vielseitig einsetzbar
ist. Mal schauen, ob’s in Deutschland jemand merkt!
Immer
noch ein Erlebnis: Eine dieser CD/DVD-Boxen zu öffnen,
aufzuklappen und ehrfürchtig auf die edel in schwarz gehaltenen
Discs, die Tracklist, die credits und beteiligten Musiker zu schauen.
Wenn dann noch der Inhalt stimmt, wie hier, dann passt alles zusammen.
Eine für Unplugged-Verhältnisse relativ große Band mit
Streichern auf der Bühne, ein langsames Intro bis Daniel Wirtz
selbst die Bühne betritt und sich sicht- und hörbar freut. Er
war selbst überrascht vom Erfolg seiner unplugged CD und Tour.
Dieser Mitschnitt zeugt von der überwältigen Kraft seiner
Songs und Show auch ohne elektrische Gitarren. Die Texte, die mehr
Aufmerksamkeit durch eine ruhigere Plattform verdient haben, der
schonungslose Einblick des Frankfurters in sein Innenleben: Nichts
gegen seine Rockalben, aber selten war ein Unplugged-Neuarrangement
dieser Songhighlights passender. Wie es aussieht, wird ihn diese
Version auch noch eine Weile beschäftigen: Ab September gibt es
noch eine Fortsetzung dieses Tourformats. Mal sehen, was er sich bis
dahin noch so einfallen lassen wird…
Die 2CD-version enthält das komplette Konzert, reduziert auf die
Songs, die DVD enthält das komplette Konzert inklusive aller
Zwischenansagen – eine gut gewählte Variante!
Die Amis können nur groß: Man erzählt nichts Neues, wenn man sagt, dass die Kalifornier um Sänger Jacoby Shaddix den fettesten Alternative Rock Sound des Universums produzieren. Auch nach 15 Jahren Bandgeschichte liefern sie auf ihrem mittlerweile 8. Album einen Stapel Songs ab, die einem bestens die Gehörgänge durchpusten. Dabei beschränkt sich das Gekeife Shaddix auf ein vereinzeltes, punktuelles Akzentuieren, mit u.a. „Devil“ gibt es sogar vereinzelt balladeskere Töne. auch Rap kommt lediglich im – sehr gelungenen – „Gravity“ vor. Den Genrezusatz „Crossover“ kann man also genauso streichen, bzw. klein schreiben, wie die alte Bezeichnung NuMetal; eine Entwicklung, die sich bereits auf den letzten Alben abzeichnete und immer mehr verstärkte. Man wird ja auch älter. Und weiser. Der eine mehr, der andere weniger… Aber die Songs sind immer noch grandios, wie gewohnt kraftvoll und hitkompatibel zugleich. Kurz: Wer von diesem Sound weiter nicht genug bekommen kann, der ist auch mit ihrem neuen Album bestens bedient. Neue Mauern werden sie – einen Überraschungshit mal ausgeschlossen – nicht einreißen.
Neuer Name, neue Mischung: UKs next big thing! Während die Plattenfirma sie noch ins Punk Genre stecken möchte, sind sie dem längst entwachsen (falls sie da je hingehörten). Soll heißen: 2013 hatten sie ihr Debüt „Signals“ veröffentlicht, tourten mit Don Broco und A Day To Remember, spielten u.a. beim Reading Festival und platzierten sich auf Platz 33 der UK Charts. Nun haben dieses Quintett rund um Sänger Mikey Chapman ihr zweites Album fertig, in den UK bereits veröffentlicht und machen sich nun bereit für den Sprung aufs Festland. Macht euch bereit, sie aufzufangen und entsprechend zu begrüßen! „Ghost in The Mirror” ist ein grandioses Alternative / Indie Rock- Album. Energie, Drive, Verve, Hooklines und eine gute Stimme – sowie die nötige Prise Pop, um dem Ganzen beste Chart-Chancen zu gewähren! Das wird was!
Nach jahrelanger Singer/Songwriter-„Stille“ kehrt der ex-MyBalloon-Sänger zurück zum Bandsound. Was sich auf seinem letzten Album „Lights“ schon andeutete und im tollen Duett „We Are One“ mit Silbermond-Frontfrau und seit jeher erklärter MyBalloon-Fan (und früher auch mal -Übungsraum-Nachbarin und Tourpartnerin) Stefanie Kloß gipfelte, ist nun noch weiter ausgearbeitet. Zum Titel sagt der Berliner: „Meine Songs entstehen sehr reduziert und oft höre ich das Orchester dazu. Diesmal sollte es mitspielen“. Gute Idee! Entsprechend lebt der Großteil des Albums vom Bandsound-Arrangement – und soll auch die kommende Tournee ab März mit Band stattfinden. Das ist ( im Studio noch?) nicht die Rückkehr zum alten MyBalloon-Rock, aber spannender und abwechslungsreicher als zuletzt allemal!
„Ladies and Gentleman, the king is back, hier komm ich, euer Boogieman“ singt er, „hab den Rhythmus verloren und das Tanzen verlernt“. Was – selbst wenn es nicht autobiografisch gemeint ist – verdeutlicht, dass Tanzen und Rhythmus gar nicht das ist, wofür ihn seine Fans lieben. „Feelings aus der Asche“ ist sein sechstes Studioalbum und er weiß, dass er in erster Linie Songwriter, Geschichtenerzähler und Entertainer ist, gerne direkt und ohne Umschweife, gerne auch etwas selbstironisch. Entsprechend präsentiert er sich hier und da in neuem Gewand aber doch in alter Frische, mit einem Bandalbum mehr als in Singer/Songwriter-Manier, vereinzelt gar düster, insgesamt melancholischer als gewohnt, aber mit tollen Songs. Im März dann auf Deutschland-Tournee, u.a. am 31.3. im Bremer Modernes!
Das
Jahr fängt gut an. Mit einem Veröffentlichungstermin 2.1.2015
eine der ersten CDs des Jahres, präsentiert sich hier spannender
Newcomer. New Yorker Rockband, israelische Sängerin, das sorgt
schon mal für Aufmerksamkeit. Zumal die Dame, namentlich Rony
Corcers und damit Namensgeberin der Truppe, zudem ein Allroundtalent
ist: Komponistin, Leadgitarristin, Sängerin und Produzentin in
Personalunion, zudem mit einer sehr angenehmen Stimme ausgestattet
– das kann was werden! Ihre Musik ist mal rockiger, mal
balladesker – und gerne überraschend. Da bekommt eine
melancholisch-ruhige Ballade wie „Untouchable“ auch schon
mal ein rockiges Finale angehängt. Davon hätte es von mir aus
auch gerne noch etwas mehr sein dürfen, aber auch so kann ihre
Fähigkeit, in softere Songs ein gewisses Flair hineinzubringen,
durchaus überzeugen. Ein schönes Album!