Es
gibt Bands, die sind so Institution, dass man schon gar nicht mehr
drüber nachdenkt, ob es da nochmal was (ernstzunehmendes) Neues
geben könnte. Pink Floyd, Genesis, Yes – obwohl man sich da
nie sicher sein kann, genauso wie bei den Stones – Beatles, The
Who, Queen, Led Zeppelin – doch halt! The Who? Here we are!
Ein schlicht sensationelles Album! Allein die Existenz ist schon
spektakulär, aber was diese Rocklegende aus ihrem ersten Album
seit 13 Jahren gemacht haben, noch viel mehr. Die Art, wie sich nicht
nur genauso zwanglos des Besten aus ihren eigenen 55 Jahren
Bandgeschichte bedient haben, sondern nebenbei auch mal eben ein paar
neue Kapitel hinzufügen, ist wirklich beeindruckend.
Die ersten vier Songs rocken in bester, klassischer Who-Manier, danach
schalten sie einen Gang zurück, nur um in „Hero Ground
Zero“ ihren Rock gleich mit kompletten Orchester aufzupumpen.
Eindrucksvoll! Ein altersgemäßes „I'll Be Back“,
das im Refrain ein wenig an Albert Hammond erinnert, nur besser, sei
ihnen geschenkt, denn wer denkt, ihr Pulver sei verschossen, sieht sich
geirrt: Sie drehen das Rad noch ein wenig weiter und bringen nach
„Rocking in Rage“ (sic!) dezente Jazz-Anklänge ins
Finale, ohne dabei nicht trotzdem nach typisch The Who zu klingen.
Fazit: Pete Townshend kann es immer noch (8 der 10 Songs nennen ihn als
alleinigen Songwriter, einer hat Josh Hunsacker als Co-Autor und einer
stammt von Petes jüngerem Bruder Simon Townshend, seit 1996
gelegentliches und seit 2002 festes Mitglied der Band), Daltrey auch
– die weiteren Originalmitglieder haben bereits das Zeitliche
gesegnet. So ist das mit dem Alter. Also gilt für die beiden
wichtigsten Protagonisten: Herzlichen Glückwunsch und: Bitte so
weitermachen!
Das Weihnachtsalbum! In der Tat auch hier!
AC/DC, Coldplay, Coolio, Depeche Mode, RATM – dass ihre Songs das
Zeug zum Klassiker haben, ist längst bewiesen. Furnace tauschen
ein paar Textzeilen, Harmonien, Intros und Instrumente und beweisen,
dass sie auch wunderbare Weihnachts-Rock-Hits draus machen können.
„Killing-“ wird „Giving in the Name of“,
“Call me Al” wird „–Santa“ und die Party
kann starten. Die stilistische Bandbreite mag etwas breit gewählt
sein, aber Weihnachten ist ja das Fest, bei dem alle zusammen kommen
sollen…
Eine Würdigung der besonderen Art: Anfang des Jahres nahmen Marillion gemeinsam mit Orchestermusikern, die zu Freunden wurden, ausgewählte Lieder aus ihrem Katalog neu auf. Neun Songs mit einer Spielzeit von fast 80 Minuten. Kein Best-of, sondern ganz persönliche Lieblingssongs der Band, mithilfe eines Orchesters weniger neu arrangiert, als vielmehr neu aufgewertet. Die Songauswahl ist bemerkenswert, die Umsetzung einfach toll. Nicht nur für alte Fans empfehlenswert!
Eigentlich ein Selbstläufer: Nach fantastischen letzten 2, 3 Alben und begeisternder Tournee mit Neu-Mitglied Gavin Harrison dürfte sich jeder Fan und Besucher der letzten Tournee über dieses Live-Album freuen. Zumal sich das Album, wie schon das letzte Studioalbum, wie aus einem Guss präsentiert: Eine hitträchtige Zusammenstellung, die die Nähe zur genialen Mischung aus Hooklines und Komplexität eines Steven Wilsons, bzw. Porcupine Tree verdeutlicht. Erst beim genaueren Hinschauen erkennt man, das 8 der 9 Songs tatsächlich vom letzten Album „Dissolution“ stammen! Hintergrund dieser Maßnahme bleibt wohl Mastermind Bruce Soords Geheimsnis. Vielleicht wollte er nur die Weiterentwicklung dokumentieren: Wesentlicher Unterschied zum Studioalbum ist nämlich die Präsenz der Gitarre, u.a. in den grandiosen Soli und einem etwas raueren Gesamteindruck. Ansonsten steht die Band in Sachen Perfektion ihren Studioalbum in nichts nach.
Kettcar
sind die Band, bei der man bei jedem zweiten Text denkt, das sind
Sätze, die man auf diese kleinen bunten Aufkleber oder
Metallschilder drucken könnte, die sich dann diese ganzen
geschmacklosen Leute in ihre Küche hängen. Früher fand
ich die gar nicht so spannend – von ihrem Klassiker
„Landungsbrücken raus“ mal abgesehen. 2013
verschwanden die Hamburger zunächst um dann nur vier Jahre
später mit dem sensationellen „Ich vs. Wir“
zurückzukommen. Mit dem Album hatten sie mich.
2019 hab ichs auch endlich geschafft sie live zu sehen – beim
Großefehn Open Air 2019... – über das man auch viel
sagen und erzählen könnte – v.a. im Kontrast zum WES
2019 nur eine Woche früher ... Muss man aber auch nicht.
Zurück zu Kettcar in Großefehn: Ein Konzert, das Kettcar
wirklich gut gemacht haben, bei dem sie den Headliner-Slot adäquat
ausgefüllt haben – war ja auch lange genug angekündigt
als solcher. Jetzt gibt es das Live-Album dazu. Nicht in
Großefehn aufgenommen ("Ruhrgebiet, seid ihr mit mir“ (in:
´Der Tag wird kommen´), das Konzert ist aber trotzdem das
gleiche. Nicht dasselbe, live ist schließlich live, aber von der
Songauswahl bis zu den Ansagen waren beide Shows ziemlich identisch.
Was sicherlich nichts Ungewöhnliches ist – unterhaltsame
Ansagen wie diese macht man nicht mal eben spontan. Sie sollten aber so
klingen („Markus, weißt du noch…“) und die
Tatsache, dass sie mit drauf gelassen wurden, macht diese Aufnahme
natürlich ungemein authentisch. Andererseits beweist es aber auch
die Reproduzierbarkeit des Konzerterlebnisses – und
hinterlässt nun auf Konserve doch einen etwas faden Beigeschmack.
Nun wissen wir wieder, warum andere Bands sie für ein Album
einfach wegschneiden.
Deswegen, und überhaupt, v.a. weil sie im Studio einfach
prägnanter sind: insgesamt muss ich feststellen, dass Kettcar live
zwar gut sind – aber auf Live-Platte zumindest nicht essentiell.
Soll heißen: Auf Studioalbum richtig gut, ein Live-Album v.a.
für die, die ein Andenken brauchen. Abgesehen davon: Tolle
Songauswahl, tolle Texte, tolle Attitüde, gute Grooves,
schöne Abwechslung - ich mag sie :-) Und im Januar sind sie schon
wieder live zu sehen!
„Die klingen doch alle gleich“ wetterte Meat Loaf u.a. über all die Alt. Rock Bands – um dann fortfahren zu können mit „Nur ich klinge wie Meat Loaf“ (siehe Interview HIER!). Was oberflächlich betrachtet vielleicht auf manch einen Alternative Rock Act zutreffend ist. Genre-Fans wissen die feinen Unterschiede natürlich durchaus zu schätzen. Und Kyles Tolone macht vieles auf ganz eigene Art genau richtig. Tolle Hooklines, gute Melodien, Sahne-Gesang, der richtige Crunch, die richtige Menge Power, genügend Abwechslung. Abgesehen davon erinnert er wiederholt an Ray Wilson, die Musik entsprechend wechselt zwischen 3 Doors Down und Stiltskin. Also entweder ein Unikat wie Meat Loaf oder einen, der in seinem Bereich alles richtig macht.
Neue
Ideen sind immer willkommen! Maximale Abwechslung auch. Und beides ist,
wofür die Newcomer Sleep Token stehen. Ihre Bandbreite reicht von
leichtem Pop – Dredg könnten hier als Vergleich dienen
– über atmosphärisch-eindrucksvolle Postrock Hymnen bis
zum Djent-Rock und Hardcore-Shouting, auch wenn diese Extreme die
Ausnahme bleiben. Dabei gibt es nicht einen wirklichen
Überfliegersong auf diesem Album, aber als Ganzes überzeugt
das Werk durch seine Atmosphäre, seine Spannung und Abwechslung
und seinen Mut, diesen Spagat einzugehen. Die Zielgruppe ist dabei
nämlich gar nicht so leicht zu definieren, könnte aber durch
die eingängigen, softeren Songs schnell gefunden werden. Rockfans
werden sie derweil v.a. für die Gesamtheit lieben.
Spannung wird übrigens auch die Geheimhaltung der Musiker
gesteigert. Das Platteninfo gibt nichts her, der maskierte Frontmann
nennt sich Vessel und viel mehr ist nicht zu erfahren. Auf ihrer
Facebook-Seite erschien unlängst ein erstes Gruppenfoto, aber
Namen sind aber weiterhin Fehlanzeige. Das könnte sich
ändern, wenn die ersten Live-Auftrite zur Veröffentlichungen
kommen und die Zuschauer sie zu Gesicht bekommen – nach dem 22.11
wissen wir vielleicht mehr.
Es ist jetzt nicht so, dass Ray Wilson nicht schon hier und da eine Songsammlung veröffentlicht hat. Vor allem Live-Alben gab es bereits einige – und so unterschiedlich seine Auftritte sind, so unterschiedlich waren auch die Veröffentlichungen dazu. Mal akustisch, mal mit symphonischer Begleitung, mal als Rock-Band unterwegs, für einen Musiker, der so viel live unterwegs ist, wie er, für alle Beteiligten die beste Art, spannend zu bleiben. Aber auch bei seinen Studioalben wusste man nie, was kommt – und das nicht nur, weil es mal in der Stiltskin-Besetzung härter rockend angelegt war oder auch wie in „Song for a Friend“ komplett ruhig. Mit mittlerweile 9 Studioalben allein seit seiner Zeit bei Genesis hat er mittlerweile eine beeindruckende Songsammlung erstellt – das ist schon mal eine Rückschau wert. Dazu kommen Veröffentlichungen mit Cut und Guaranteed Pure sowie das erste Album mit Stiltskin, die er an dieser Stelle nicht berücksichtigt, aber auch so ist das Spektrum an Songs und unterschiedlichen Ansätzen beeindruckend. 26 Songs hat er für 2 CDs herausgepickt, zwei neue jeweils an den Anfang gestellt und damit eine fast perfekte Werkschau erstellt. Fast perfekt soll heißen, in den allermeisten Fällen hätte ich auch genau diese Albumtracks ausgewählt. Der ein oder andere fehlt… aber ein bisschen Subjektivität bleibt wohl Teil jeder Best-of-Sammlung. Für ihn selbst vermittelt jedes Stück eine Botschaft und repräsentiert einen Moment in seinem Leben. Absolut hörenswert!
Während
die Münsteraner uns mit ihrem überwältigenden Live-Album
gerade mal wieder in Atem halten und damit einmal mehr den Vogel
abschießen, was instrumentalen Postrock angeht, gibt es in der
Tat zum Jahresende ein paar mehr spannende Alben aus diesem Genre, die
um die Gunst der Hörerschaft buhlen. Eins davon kommt von einer in
unseren Breiten höchstwahrscheinlich noch eher unbekannten Band
aus Ungarn: Das Trio Törzs aus Budapest. Ihr neues Album
„Tükor“ ist, verlässt man sich auf ihre
Bandcamp-Seite, das dritte Album der Band, aufgenommen in einer
Höhle im ungarischen Nationalpark Aggteleki CseppkÅ‘barlang unter
im wahrsten Sinne bombastischen Soundbedingungen. Live. Am Stück.
Ohne die Songs in einzelne Spuren zu zerlegen. Und mit ihrem Mut, auch
ganz ruhige Töne zwischen ihre tonnenschweren
PostRock-Soundwälle zu stopfen, können sie auf sehr
eigene Art und Weise überzeugen. Ein Gänsehaut-Album!-Album!
Kein
bisschen weniger faszinierend ist das neue Album der Münsteraner
Long Distance Calling. Nachdem sie sich entschieden hatten, wieder ganz
zu ihrem instrumentalen Sound zurückzukehren, haben sie sich eine
neue Herausforderung gesetzt: Eine speziell bebilderte „Seats
& Sounds“ Tournee, vereinzelt durch ein Cello mit auf der
Bühne begleitet und zum zehnjährigen Jubiläum ihres
zweiten Albums „Avoid the Light“ mit einem speziellen
Rückblick auf dieses Album. Das Konzert in der Kulturkirche Altona
in Hamburg dient jetzt als Grundlage für das erste Live-Album der
Münsteraner (alsoauch "am Stück" aufgenommen). Und was
Törzs an ruhigen Extremen einbauen, lassen es die vier
zwischendurch immer wieder gerne auch mal umso lauter krachen. Was
dieses Album zu einem weiteren Meilenstein in ihrer Diskografie macht!
14 Songs zwischen 6 und 15 Minuten. Was für ein instrumentales
Feuerwerk! Wie könnte man auf diese beiden Alben an dieser Stelle
verzichten?
Sie können und (nur) sie dürfen – aber sie fischen in bekannten Gewässern. Fünf Jahre nach ihrem meisterlichen „Road of Bones“ sind die Briten zurück mit einem neuen Werk – und erneut leben sie sich auf Doppelalbumlänge aus. Die Grundstimmung ist dabei eine Mischung aus ihrem Magnus Opus „Subterranea“ und dem eher düsteren, atmosphärischen des letzten Albums, zusätzlich ergänzt durch ein paar überraschend crunchige Gitarrenparts. Mit Songs wie „Shallow Bay“ und mit Abstrichen auch „Stay Down“ gelingen ihnen auch 2019 wieder echte Gänsehautsongs und allein die beiden Longtracks „For Another Lifetime“ (15) und „The Great Spirit Way“ sind wieder schlicht grandios, können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die richtigen Hooklines fehlen. IQ haben eine sehr eigene und jederzeit hörenswerte Art, Geschichten zu erzählen und in musikalische Monumente zu verpacken, aber manches auf „Resistance“ wirkt ein wenig konstruiert und im ihrer Wirkung willen platziert. Aber ihre „Standard“Qualitäten reichen trotzdem zweifelsfrei aus, um auch ihr neues Album auf dieser Seite zu preisen. Von den o.g. besonderen Momenten ganz abgesehen.
Manchmal braucht man genau das. Die Kalifornier vermischen Pop Punk mit Hard und Post Core zu einem herrlich abwechslungsreichen und ungemein intensiven Hörerlebnis. Das reicht vom ruhigen Beginn in „Drunk“ über hymnische Chöre, die wiederholt an Thirty Seconds To Mars-Großtaten erinnern bis zur Hardcore-Einlage in „Crooked Soul“, „The Color Black“ oder „Gates of Ivory“. Und zwischendurch fährt die Band immer wieder einen Gang zurück – sowohl in als auch zwischen den Songs, bleibt in Songs wie „Already Numb“ relativ ruhig un komplett im melodischen Bereich, nur um im Nachfolgenden wieder umso härter loszubrettern. Aber letztlich ist keiner der Songs nur das eine oder andere, und das macht dieses Album so spannend, intensiv und hörenswert. Manchmal braucht man genau das.
Sie lassen von vornherein keinen Zweifel an ihrer Mission: Rock! Kernig, ohne große Schnörkel und ohne irgendwelche Klischees zu bedienen, starten sie energetisch in ihr drittes Studioalbum und reißen den Hörer von Anfang an mit. Das nachfolgende „More“ lässt es etwas verspielter angehen, nimmt schonmal ein paar „Prog“-Elemente mit auf, behält aber den Energielevel bei. Und so geht es mit jedem Song in leicht unterschiedlicher Weise weiter – oder wie Mike Portnoy es ausdrückt: „Jeder Song nimmt dich mit auf eine entspannte kleine Reise, ohne dass die Gastfreundschaft des Zuhörer überbeansprucht wird.“ Schöne Songs, feine Takt- und Tempowechsel, exzellente Musikerleistungen – vom Gesang Casey McPhersons, über die Soloeinlagen der Morse-Fraktion an Keyboard (Neal) und Gitarre (Steve) bis zu den Drums Portnoys, über denen immer noch der Geist Dream Theaters schwebt. Abwechslung ist reichlich – vom straighten Rocker über bombastische Stadion-Epen bis zum entspannten, funky Groove in „Geronimo“…. aber Innovation ist anders. Jeder dieser Songs hätte auch auf einem der letzten beiden Alben sein können – aber ernstlich stören wird das wohl bei dieser All-Star-Band niemanden, oder?
Auf ihrem zweiten Album versehen die Briten das Große, Mächtige des Postrock von Bands wie Long Distance Calling mit Texten – und landen damit irgendwo zwischen ProgMetal und Alternative Rock. PSOTY ist die Abkürzung ihres früheren Bandnamens Pet Slimmers of the Year, unter dem sie 2014 noch das Debütalbum „Fragments Of Uniforms“ veröffentlicht hatten. Wenn ich mir die Soundbeispiele im Internet anhöre, schien das Album noch mehr Postrock, noch instrumentaler und dezent ruhiger ausgefallen zu sein. Auf „Sunless“ erweitern zwei kurze (und ein langes Post-Rock-)Instrumental die Palette von 5 elegischen Song-Krachern, die sich zwischen 7 und 10 Minuten bewegen. Ambient Post Metal nennen sie das durchaus passend – und haben damit genau das Richtige für Leute wie mich, denen im Postrock ansonsten der Gesang fehlt! Perfekt!
Wow! Hammer! Sie brettern los mit einer energetischen Mishung aus Noise und Alternative-Rock und tischen gerade in der ersten Hälfte des Albums ein paar echte Knallersongs aufs Tapet. Da agieren sie mit der Power der frühen Foo Fighters und haben auch eine ähnliche Hittautglichkeit. Leider lässt die Qualität der Songs im weiteren Verlauf etwas nach, die Songs werden harscher und auch der Gesang verfällt vereinzelt in Screamo-Nähe. Das mag dem ein oder anderen Fan der ersten drei Alben der Band gefallen, mir sagen die ersten 5 Songs mit ihrer melodischeren Ausrichtung deutlich mehr zu. Textlich ist das indes durchaus passend, denn inhaltlich lassen die vier Briten aus Leeds ihrem Unmut über die derzeitigen gesellschaftlichen Probleme hier freien Lauf. Und entsprechend des Albumtitels haben sie letztlich auch ein paar gute Ratschläge parat.
Wem die Newcomer Giant Rooks um
ihren grandiosen Sänger Frederik Rabe eigentlich gefallen, aber
letztlich doch zu mainstream und zu pop sind, der sollte zu Last Train
übergehen. Die machen`s mit ähnlichem Ansatz, legen aber ein
paar Schippen Dreck mit drauf. Sie landen damit irgendwo zwischen
Classic Rock, Seventies Jam, Lenny Kravitz Groove, Deep Purple Power
und Neil Youngs Schrammel-Gitarrensoli – und bereichern damit den
Retro Rock um eine weitere Nuance. Ihre Songs sind hookline-orientiert
und abwechslungsreich, gehen gerade im zweiten Teil des Albums auch mal
softere Wege aber machen immer wieder klar, dass die Franzosen in
erster Linie eine Rock-Band sind. Und gerade hier entstehen die
größten Momente, wenn sich Songs wie „Tired Since
1994“ oder „Right Where We Belong“ immer mehr
steigern, und sich im abschließenden Titelstück in bester
Led Zeppelin-Manier 10 Minuten Zeit lassen um durch alle Spielarten des
Rock zu treiben.
„The Big Picture” ist das zweite Album der Jungs, die mit
ihrem ersten Album “Weatherin” über 350 Konzerte in
Frankreich, Asien und den USA gespielt haben. Mit ihrem neuen Album
sind auch Konzerte in Deutschland geplant. Und ich glaube, die Clubs
sollten nicht zu klein geplant werden: Hier rollt etwas Großes
auf uns zu!
Noch so ein Überraschungscoup! Das Debütalbum eines Duos aus Philadelphia mit wunderschönen Songs und Melodien und mit einer tollen Gesamtstimmung. Auch wenn es nicht direkt Prog ist, deutet das Label schon an, dass sich ein genauerer Blick lohnt. Brett William Kull (Gitarre, Bass, Keyboards, Percussion, Gesang) lernte J.B. Beck (Piano, Gesang) bei den Aufnahmen seiner Band The Scenic Route kennen und fing sofort Feuer aufgrund seiner Stimme. Die Sympathie beruhte auf Gegenseitigkeit, Kulls Erfahrung und Vergangenheit in Bands wie Echolyn, Grey Eye Glances and Francis Dunnery’s New Progressives sprachen ohnehin für sich und dies ist das Ergebnis ihrer ersten Zusammenarbeit. Man könnte es als anspruchsvollen Rock bezeichnen, ein wenig John Mitchell, ein wenig Dunnery, Mike & The Mechanics oder Kevin Gilbert, und die Stimme erinnert immer wieder an Jeff Buckley – was für Kull übrigens der Hauptgrund war, weswegen er unbedingt mit Beck arbeiten wollte. Das Album ist angenehm abwechslungsreich und doch wie aus einem Guss – vielleicht zu oft zu langsam; da hätte man hier und da viellecht etwas mehr Pepp einbauen können – aber mit Songs zwischen 3 und sechs Minuten mit genügend Details, die es zu entdecken gilt. Super!
OK, es gibt sie also doch noch, diese Überraschungen aus dem Nichts. Ein Album, überraschend in der Post, von einer neuen Band, die bislang nirgends in Erscheinung getreten zu sein scheint. Sänger und Texter Tobias Schröder bezeichnet die Band als „neue Progmetal Band aus Hannover“, womit sie ihre Vergangenheit offensichtlich als überholt ausblenden, immerhin belehrt einen das Internet schnell, dass es bereits ein Vorgängeralbum gibt. Aber sei`s drum, „Dark Green Glow“ stellt einen Neuanfang dar, und von mir aus kann man den auch so betrachten. Produziert von Matin Schnella, der auch alle Gitarren auf dem Album eingespielt hat, wird schnell der Anspruch klar, den die Band hat. Auch die Story, ein Konzeptalbum über einen mysteriösen, grün leuchtenden Wald“, unterstreicht diese Ambitionen. Das Ergebnis ist Melodisch-symphonischer Prog mit dezenter Härte, immer wieder eingestreut, was sehr positiv zur Abwechslung beiträgt. Die Instrumentalleistungen sind allesamt hörenswert, aber es ist vor allem der Frontmann Tobias Schröder, der das Bild beherrscht. Womit man Issun umso mehr mit Oliver Philipps Everon vergleichen kann: Sowohl seine Führungsposition, als auch seine Stimme und die musikalische Ausrichtung der Band erinnern mich immer wieder an die Krefelder, ohne dass es sich so anhört, als ob sie das in irgendeiner Weise beabsichtigt oder forciert hätten. Und da die seit mehr als zehn Jahren kein neues Lebenszeichen von sich gegeben haben, ist diese Nachfolge ohnehin mehr als legitim, respektive überfällig!
Es ist beeindruckend, wie Justin Sullivan und seine Mitstreiter dieses Schiff auf Kurs behalten und Platten produzieren, die keine Abnutzungserscheinungen erkennen lassen. Spätestens seit ihrem Album-Double „Between Dog and Wolf“ / „Between Wine and Blood” ernten sie nur Begeisterung für ihre Alben und auch das neue Werk setzt diese Qualität fort. So sehr sie ihren eigenen Sound erschaffen und weitergeführt haben, so zeitgemäß wurde er immer wieder modifiziert. Die Punk-Elemente ihrer frühen Tage sind weitgehend eliminiert, wo früher Hits wie „51st State“, „Stupid Questions“ oder „Vagabonds“ für den typischen Sound der Band standen, dominiert heute viel mehr Atmosphäre, Melodik und Intensität. Songs wie „Green and Grey“, um mich jetzt mal auf dieselbe Ära zu beziehen, waren damals eine Ausnahme, „From Here“ ist voll solcher Highlights. Die Tour folgt im Oktober, das Konzert am 11. in der Hamburger Markhalle ist bereits ausverkauft.
Er hat eine fantastische Stimme, schreibt großartige Songs im Spannungsfeld zwischen Singer/Songwriter-Hookline, Power-Pop und Indie-Rock. Da scheinen die 90er durch, fühlt man sich an Frank Turner, Belasco oder Starsailor erinnert und freut sich, dass diese Art von Musik immer wieder neue Größen an die Oberfläche spült. Dabei ist John Van Deusen kein Neuer. Er war 10 Jahren lang Sänger von The Lonely Forest, die immerhin vier Alben veröffentlicht haben und vor allem mit ihrem dritten Werk “Arrows” (2011) für Aufsehen sorgen konnten. Vom NPR als “Best New Artist” ausgezeichnet, van Deusen vom Seattle Weekly als “best male vocalist” bezeichnet, ist das nicht so wenig. Seine Soloalben untertitelt er mit “(I Am) Origami”, was seine Vielseitigkeit unterstreichen soll. Für den dritten und vierten Teil dieser Serie nahm er 24 Songs auf, in denen er einmal mehr sein Innerstes nach außen kehrt und uns konfrontiert mit seinem ewigen Kampf und der Hoffnung, ein Leben zu führen, das sich irgendwie richtig anfühlt: “It’s okay to not be okay!” Zehn davon gibt es jetzt auf „A Catacomb Hymn“. Abwechslungsreich, spannend, in Teilen geradezu crunchy – wunderbar!
Ganz ungewohnte Klänge an dieser Stelle. Aber dieses Album lässt einen schwerlich kalt: Rayland Baxter zollt mit neuer EP Tribut an Mac Miller. Ersterer kommt aus dem Folk- und Americana-Genre, Mac Miller ein 2018 im Alter von 26 Jahren verstorbener US Rapper. Die beiden haben sich nie persönlich getroffen, und doch wurde Miller eine der wichtigsten Inspirationsquellen für Baxter. Sein letztes Album “Wide Awake” soll immens von ihm beeinflusst worden sein, nachdem Rayland Mac Miller 2016 für sich entdeckte, als er ihn auf dem Okeechobee Festival live gesehen hat. Danach wühlte er sich immer weiter in die Tiefe von Mac Millers Musik. Besonders seine Texte beeindruckten ihn - die ehrliche und direkte Art, alltägliche Beobachtungen zu beschreiben und Probleme wie “mental health”, Sucht und Optimismus zu behandeln. Rayland Baxter hat sich hier seine 7 Lieblingssongs vorgenommen, bedient sich dabei der ganzen Bandbreite Macs Veröffentlichungen, baut Jazz, R’n’B und Funk ein und verbindet das mit Anklängen seines eigenen Folk und Americana-Ansatzes. Das Ergebnis ist eine Offenbarung. Hochemotional und faszinierend. Wunderbar!
Alle Einnahmen der EP gehen an den Mac Miller Legacy Fund von MusiCares, dem Hilfsfond für junge Erwachsene, die mit Sucht und (mentalem) Missbrauch zu kämpfen haben.
Der Name John Boegehold ist vor allem Spocks Beard Fans bereits ein Begriff – sprang er doch seinerzeit als Ersatz für den ausgeschiedenen Neal Morse als Songwriter für die Kalifornier ein. Ansonsten wird er auch als Filmkomponist geführt, auch wenn er dadurch noch nicht zu Weltruhm gekommen ist, weil die Filme bislang alle nicht der große Wurf waren. Auch Produktion scheint ihm zu liegen. Jetzt tritt er auch noch als Musiker auf (was er für die o.g. Tätigkeiten offensichtlich ohnehin war und sein musste) – und als Gründer einer Band mit prominenten Mitstreitern. Während er selbst die Keyboards übernimmt, tritt Ted Leonard als Sänger und Gitarrist in Erscheinung. Seine Qualitäten als Frontmann sind weithin bekannt, dass er auch ein exzellenter Gitarrist ist, hat er bislang erfolgreich verschwiegen und diese Rolle seinen Bandkollegen bei Enchant und Spocks Beard überlassen. Dave Meros ist die sichere Bank am Bass und mit Jimmy Keegan taucht ein weiterer ´Beard´ wieder auf. Musiker, deren Vorzüge Boegehold gut bekannt sind und die ihm als erstes in den Sinn kamen, als er die Vision für diese neue Band hatte. Musikalische Ähnlichkeiten mit Spocks Beard sind somit nicht überraschend, sind aber nicht das Einzige, womit P-S A punkten können. Ziel von Boegehold ist es, anspruchsvolle Songs zu schreiben, die eingängig ist. Und das gelingt ihm in erfrischend abwechslungsreicher Art und mit Songs zwischen 3 und 10 Minuten. Instrumentalpassagen gibt es, in den drei 10-Minütern offensichtlich mehr als in anderen Songs, ausufernde Frickelei zum Selbstzweck findet hier nicht statt. Leider ist nicht jeder der 9 Songs der ganz große Wurf, aber mit dem Longtrack-Opener und –Closer sind schon mal zwei Highlights dabei, dazu kommen mit No one ever died“ und „No Man`s land“ auch unter den kürzeren Songs kleine Perlen, die nicht nur Spock`s Beard Fans gefallen sollten. Ursprünglich nur als Studioprojekt geplant ist mittlerweile offensichtlich nicht nur eine Live-Umsetzung in Planung sondern auch bereits die Arbeiten am Nachfolger im Gang!
Er ist nicht zu stoppen. Meinte man noch, das letzte Studioalbum „The Great Adventure“ noch gar nicht richtig verdaut zu haben, da legt er schon wieder nach mit einem neuen, 110-minütigen Monumentalwerk. Was nur dadurch zu erklären ist, dass er seit vielen Jahren parallel daran gearbeitet hat. Entsprechend ist dieses Album auch nicht einfach ein weiteres neues Album, sondern ein Musical – bzw. streng genommen eine Rock Oper, denn es wird ja nur gesungen, nicht gesprochen zwischendurch – über das Leben Jesus. De facto also weit mehr als nur eine neue Sammlung von Songs. Was musikalisch noch gar nicht so extrem anders ausfällt als das, womit Neal Morse auf seinen letzten Konzeptalben begeistern konnte. Immerhin stammen die Kompositionen wieder von ihm und wird er begleitet von seiner Band, ausgenommen Mike Portnoy. Dafür kam eine Reihe weiterer prominenter Musiker an Bord – und Sänger. Und das ist der Hauptunterschied zu seinen Soloalben, denn der Gesangsanteil von Neal Morse ist relativ gering obwohl er gleich 3 kleinere Rollen übernommen hat (Pilatus, Dämon 1 und Schüler 1). Die Hauptrolle – Jesus – übernimmt Ted Leonard. Dazu kommen u.a. Nick D'Virgilio, Jake Livgren (Protokaw), Matt Smith (Theocracy) und Neals Sohn Wil Morse. „Ich war fasziniert von der Idee, über Jesus zu schreiben – und über seine Rolle als Teufelsaustreiber, die noch gar nicht so bekannt ist. Das passierte einfach so. und macht eine gute Geschichte“, freut sich Neal über seine Version der Geschichte des Mannes, der ihn seit knapp zwei Dekaden leitet. Die Chöre, die ganz Musical-Style-mäßig vereinzelt auch vorkommen, könnten jetzt dem ein oder anderen ein wenig over-the-top vorkommen, sind aber letztlich keine komplett neue Seite von ihm. Fans sollten sich auf ein neues Werk freuen, das einmal mehr seine vielseitige Diskographie um eine neue Variante erweitert.
Nur eine EP, aber definitiv eine Erwähnung wert: Awaken I Am machen das Beste ausdem Schicksalsschlag, der ihnen widerfahren ist. Im vergangenen Mai starb der Gitarrist der Band, Connor Verner-Oakley, durch einen Unfall. “Indifference” war neben „By Your Side“ das letzte Stück, an dem sie gemeinsam gearbeitet haben und ist der Song, den sie jetzt als Single ausgewählt haben. Gemeinsam mit drei weiteren Songs, die nun ihm gewidmet sind, ergibt sich eine EP von Songs, die die Australier von einer extrem eingängigen und knackigen Seite zeigt. Kernig, energetisch, mit guten Hooklines ausgestattet haben alle 5 Songs der EP einen gewissen Hit-Appeal. Der Prog Faktor tritt da mit Songlängen von 3:10 bis 3:47 verständlicherweise deutlich in den Hintergrund, vertrackte Rhythmen, Breaks und Tempowechsel gibt es aber trotzdem – und der Begeisterungsfaktor ist ungebrochen hoch. Das erinnert an Bands wie The Intersphere, Thrice oder 22. Mal schauen, inwieweit das auch die Richtung für ihr nächstes Album wird… VÖ Termin war Oakleys Geburtstag, 27.4.2019.
Ist dies der Soundtrack zu einem Film – oder gibt es einen gleichnamigen Spielfilm zum neuen 17 Songs starken Album der Schotten? Man könnte es Ansichtssache nennen. Einerseits würde der Spielfilm, geschrieben von Biffy Clyro-Frontmann Simon Neil zusammen mit Regisseur Jamie Adams, ohne diesen parallelen Soundtrack wahrscheinlich keine großen Wellen schlagen. Gedreht vergangenen Sommer in Schottland, mit einer amerikanischen Studentin als Hauptperson, die nach einem Schicksalsschlag ihr Leben und ihren Freundeskreis auf den Prüfstand stellt, wird man sehen, ob der Soundtrack hier zu Popularität verhelfen kann. Das Album haben Biffy Clyro jedenfalls begleitend zum Film geschrieben. Und der Großteil des Albums besteht aus neuen Stücken, die so auch ohne Film als neues Album hätten veröffentlicht werden können und die mal eben das gesamte Spektrum der Band abdecken – vom teilweise harten, eher vertrackten Rocksong „Sunrise“ oder „Touch“ über die Charts-kompatiblen Pop/Rock-Hymnen „All Singing And All Dancing" und "Tunnel And Trees" bis zur Pop-/Charts-orientierten Ballade „Colour Wheel“, und das alles in einer gleichbleibend hohen Qualität. No fillers, just killers, sozusagen. Alles andere ist Zugabe. Das sind zum einen die ruhigeren Songs, die in seiner Fülle so vielleicht nicht auf einem Album gelandet wären und drei „stimmungsgebende Instrumentals“. Soundtrack-Songs eben. Dazu gibt es noch eine Studioaufnahme von "Different Kind Of Love", das bereits auf dem letzten "MTV Unplugged"-Album zu finden war. Insgesamt ein klasse neues Album, das eine gute Grundlage mindestens für die anstehenden Festival-Konzerte darstellt – u.a. beim britischen Isle of Wight und beim Deichbrand (20.6., Cuxhaven).
Zum 25jährigen Jubliläum wird es wohl mal Zeit für ein best-of Album – sagten sich die Herren von Archive und begaben sich auf die Suche nach der Essenz ihres Schaffens. Mit 12 Studioalben gab es dabei schon mal einen reichen Fundus, mit ihrer Bandgeschichte einen Abwechslungsreichtum, den es zu dokumentieren gab. Da sie es zudem gerne mal opulent mögen und mehrere ihrer größten „Hits“ die Singles Laufzeit weit übersteigen – Again (16:19), Controlling Crowds (10:08), Finding It So Hard (13:47) und Lights (18:29) würden die Kapazität einer CD ja schon alleine fast füllen – war an eine Einfach-CD schon mal nicht zu denken. Wenn man dann zu diesem Anlass noch 8 neue, bzw. unveröffentlichte Songs mit einbringen möchte – inkl. "Heart Beats" (14:46) – die allein 50 Minuten ausmachen, wird es auch auf einem Doppelalbum sehr eng. Lange Rede, kurzer Sinn: Diese Sammlung wird erst komplett in seiner XXL-Version: Als Boxset mit 43 Tracks auf 4 CDs in viereinhalb Stunden, inkl. 160-seitigem Buch mit Interviews mit aktuellen und ehemaligen Bandmitgliedern und Fotos aus den privaten Sammlungen. Die Standardversion verzichtet auf zwei CDs und u.a. auf die Hälfte der neuen Songs, geht aber ansonsten, seien wir ehrlich, als gelungene Übersicht und vertretbare Best-of-Kopplung auch durch.
Fette Melodien, crunch Gitarren, anspruchsvolle Rhythmen, guter Gesang und vernünftige Texte: Die Norweger Rendezvous Point verbinden Elemente des Melodic Rock mit ProgRock zu einem genauso eingängigen wi anspruchsvollen Ganzen, das Fans aus verschiedenen Rock-Genres zusammenführen sollte. Bereits ihr erstes Album “Solar Storm” (2015) konnten sie die Kritiker von sich überzeugen, das neue Album soll etwas flächendeckender einschlagen. Und das könnte durchaus gelingen. Fans von Anathema, Haken, Saga etc. dürften mit ihrem Sound etwas anfangen können. Die Songs sind abwechslungsreich, nie zu pathetisch, zu heavy, zu progressiv oder zu seicht. Zwar gibt es auch keine wirklichen Überfliegersongs, aber ein paar kleine Highlights und keinen Schwachpunkt. Ich find`s gut!
Das erste Album der Briten seit 8 Jahren! Und sie sind und bleiben die ungekrönten Könige des Hardrock. Mit über 20 Mio. verkauften Alben eine der erfolgreichsten 80er Hardrock Bands zeigen sie auch mit diesem Album einmal mehr, wie sehr sie ihren eigenen Sound definiert haben und legen einmal mehr eine Sammlung vor, die einen kaum kalt lässt. Auch wenn ich dieser Art von Musik seit Jahren abtrünnig geworden bin, ist es die Stimme von David Coverdale, die fantastischen Soli der Herren Joel Hoekstra und Reb Beach und der enorme Abwechslungsreichtum, der dieses Album im Prinzip für jeden Rockfan etwas in petto haben sollte. Zwar sind letztlich keine Megahits des Kalibers ihres Meistewerkes 1987 dabei, aber es gibt einige Songs, die einfach so typisch fette Whitesnake-Rocker sind und die dem 1987-Album auch voll zu Ruhm und Ehre gereicht hätten. Entsprechend knüpft dieses Album an die besten Momente ihrer Karriere an. Respekt!
Prog
aus Italien – das kann schon mal speziell sein. Mir fallen da
spontan positive Beispiele wie Mangala Vallis oder The Watch ein,
genauso wie die Extremprogger Devil Doll sowie die unzähligen
– und in der Mehrzahl unrühmlichen Bands des
WMMS-Labels… Neo-Prog mit grenzwertig akzentbelastetem Gesang
– da wird man schon mal vorsichtig. Diese Angst kann ich euch
nehmen bei Eveline`s Dust. ´Von GEP gesignt´ bürgt per
se für eine gewisse Qualität. Und mit ihren ersten beiden
Veröffentlichungen (Time Changes, EP 2012) und „The
Painkeeper“ (2916) konnten sie ja schon einigen Staub aufwirbeln.
Das Quartett aus Pisa bewegt sich zwischen King Crimson und Joe
Jackson. Soll meinen: Schon komplex, in manchen Momenten ansatzweise
frickelig, aber nie zu extrem verkopft. Der Song bleibt im Zentrum, die
Stimmung wechselt zwischen entspannter Jazz-Bar und Rock-Konzert.
Exzellente Musikerleistungen, guter, weitgehend akzentfreier Gesang,
blitzsaubere Produktion – das Album haut mich jetzt nicht
komplett aus den Socken, ist aber spannend genug, um sich noch
dauerhaft wiederholte Plays zu sichern – mit der Gewissheit, dass
es weiter wachsen wird, wenn man die Songs besser kennt, und das wird
noch eine Weile dauern!
Sie machen das Beste draus. Im vergangenen Mai starb der Gitarrist der Band, Connor Verner-Oakley, durch einen Unfall. “Indifference” war neben „By Your Side“ das letzte Stück, an dem sie gemeinsam gearbeitet haben und ist der Song, den sie jetzt als Single ausgewählt haben. Gemeinsam mit drei weiteren Songs, die nun ihm gewidmet sind, ergibt sich eine EP von Songs, die die Australier von einer extrem eingängigen und knackigen Seite zeigt. Kernig, energetisch, mit guten Hooklines ausgestattet haben alle 5 Songs der EP einen gewissen Hit-Appeal. Der Prog Faktor tritt da mit Songlängen von 3:10 bis 3:47 verständlicherweise deutlich in den Hintergrund, vertrackte Rhythmen, Breaks und Tempowechsel gibt es aber trotzdem – und der Begeisterungsfaktor ist ungebrochen hoch. Das erinnert an Bands wie The Intersphere, Thrice oder 22. Mal schauen, inwieweit das auch die Richtung für ihr nächstes Album wird… VÖ Termin war Oakleys Geburtstag: 27.4.2019.
Album No. 3 seines „Soloprojekts“, in dem sich der Brite John Mitchell (v, g, k, b) austoben kann, ohne wie bei It Bites oder Kino auf das Mitspracherecht seiner prominenten Mitstreiter achten, geschweige denn hören zu müssen. Trotzdem hat er mit Steven Wilson-Drummer Craig Blundell und Steve Vantsis als zusätzlichem Bassisten auf knapp der Hälfte der Songs auch hier prominente Mitstreiter. Aber er beweist gerne und zum dritten Mal in Folge, dass er seine Erfolgsformel für gute Songs gefunden hat. Rhythmisch verspielt, bisweilen vertrackt, aber selten übertrieben verwirrend, sprich gewollt progressiv, steht der Song im Mittelpunkt, und der wird durch seine herrlich raue Stimme veredelt. Melodisch, atmosphärisch, ein wenig dramatisch könnte man meinen, dass da auch Potential für größere Erfolge vorhanden ist – aber das sieht man als Prog-affiner Hörer vielleicht auch etwas zu sehr durch die eigene Brille. Trotzdem versucht Mitchell, z.B. in „Icarus“ auch mal mehr Pop-angelegte Stücke – nachdem das schon bei Steven Wilsons „Permanating“ nur mit bescheidenem Erfolg beschieden war, kann ich mir nicht vorstellen, dass es in diesem Fall anders werden wird. Auch balladeskere Songs, wie das Titelstück sind einfach nur großes Kino. Highlights aber sind die Songs 2, 5, 7, in denen er die o.g. Qualitäten ausspielt und die den Reigen an großen Momenten, die er unter diesem Bandnamen produziert hat, fortsetzt. Die Trilogie um seinen einsamen Raumfahrer ist beendet, der Astronaut wurde in Ruhestand geschickt, man darf gespannt sein, auf welche Reise Mitchell dieses Baby als nächstes schicken wird! Zunächst träumt er davon, seine drei Alben auf die Bühne zu bringen – als großes Finale für vier Jahre Arbeit.
Heidi Solheim, kreativer Kopf und beeindruckend wandelbare Sängerin der Band war wieder kreativ und präsentiert einen neuen Stapel Songs. Ein Dutzend, um genau zu sein. Und wie schon beim Vorgängeralbum „Ninja“ (das sie an einem einzigen Tag aufgenommen hatten, wie lange sie für das neue Album brauchte, ist nicht überliefert) bietet „Road back to Ruin“ wieder maximale Abwechslung. Der Opener „Sinnerman“ ist der perfekte Rock-Opener, der Titeltrack die Dampfwalze, die man mit Retro-Rock verbindet. Auch „Blind Spot“ ist einer dieser Longtracks, mit dem die Norweger an Bands wie Purple oder Zeppelin erinnern, ohne ihnen schlicht nachzueifern. Dazwischen stehen kürzere Songs zwischen Retro, Rock und Ballade – gern auch mal mit 20-köpfigem Streichorchester („Cause & Effect“). Und als würde ihnen ihr guter Live-Ruf nicht ohnehin schon vorauseilen, liefern sie mit der abschließenden Live-Aufnahme von „Ghost Chase“ das i-Tüpfelchen. Auf „Ninja“ noch 4 Minuten lang, zelebrieren sie den Song hier in siebeneinhalb Minuten bis zur Ektase. Mehr davon gibt es im Mai bei 17 Daten quer durch Deutschland - am 17.5. z.B. im Cadillac, Oldenburg!
Der
Mecklenburger Künstlers Philipp Nespital hatte unter dem
Projektnamen Smalltape 2017 sein Solo-Konzeptalbum „The
Ocean“ veröffentlicht, mit dem er sich langsam aber sehr
erfolgreich seinen Weg über die Insider-Musikmagazine in die
Köpfe der Fans von Progressive / Melodic / Artrock gebahnt hat.
Nebenbei hatte er mit Alexandra Praet (voc/bass) und Christopher
Zitterbart (voc/git) die Band Mt. Amber gegründet, zu dem 2018
auch noch der Keyboarder Josip Duvnjak dazustieß. „Another
Moon“ ist ihr Debütalbum.
Smalltape soll es weiterhin geben, bei Mt. Amber stehen der Song sowie
der mehrstimmige Gesang der drei Bandgründer mehr im Mittelpunkt.
Gleichzeitig hört man die Liebe zu Pink Floyd genauso wie zu
moderneren Acts der Progressive Rock Szene heraus, in die auch dieses
Debüt vorrangig zielt. Trotzdem würde ich es in erster Linie
als atmosphärischen Rock bezeichnen. Es gab eine Zeit, in der man
das Neo-Prog genannt hätte: Lange, sphärische Intros &
Outros, dezente Rhythmus- und Tempowechsel, Breaks, ausschweifende
Instrumentalpassagen, selten zu komplex oder abschreckend, aber
jederzeit anspruchsvoll arrangiert. Dazu melodischer Gesang, Gitarren,
die auch gerne mal kerniger zu Werke gehen – alles sehr passend.
Schöne, abwechslungsreiche Musik, ohne großartig
überraschend zu sein. Herzstück des Albums ist der gut
30-minütige, namensgebende Long- und Konzept-Track, unterteilt in
7 (mal mehr, mal weniger) „Songs“, eingerahmt von gut 20
weiteren Minuten Musik in drei Stücken. Das Album überzeugt
durch seine atmosphärischen Aufbau vor allem als Ganzes, und
denke, genauso war es von den Vieren auch geplant.
Brian
Josh hatte diese Band gegründet, um seine melancholischen Gedanken und
Songideen in Songs zwischen Irish Folk und Stadionrock zu verpacken.
Das war über die letzten gut 20 Jahre immer wieder mit einzelnen
Besetzungswechseln verbunden, hat sich von der prinzipiellen
Ausrichtung aber nicht groß verändert. War es in den Anfangstagen die
bezaubernde Heather Findlay, die ihm privat und auf der Bühne zur Seite
stand, ist es heute Olivia Sparnenn-Josh, die seine majestätischen
Kompositionen veredelt. Zumindest einen Teil davon. Zunächst geht es in
typischer Brian Josh-Manier los, mit dem typischen Aufbau aus langsamem
Beginn, stetiger Steigerung bis zum rockigen Finale mit epischem
Gitarrensolo. Seine Frau kommt erst im dritten Song „Burn“ mit ins
Spiel, und das ist für Rockfans schon etwas speziell. Klassische
geschult, bringt sie eine gewisse Musical-Note mit rein, in „Western
Skies“ erinnert es auch an die bombastischen Songs von Celine Dion.
Eine sehr professionelle, klare und kräftige Stimme hat sie, keine
Frage, aber eben gewöhnungsbedürftig. Wobei sie auch anders kann, wie
sie im weitgehend akustischen „The Undertow“ zeigt – was im Übrigen
eine weitere, neue Soundfacette dieses Albums ist. Insgesamt ein
abwechslungsreiches Rockalbum zwischen Irish Folk-Elementen und David
Pink Floyd Gilmour-Gitarre, mit einer tollen Mischung aus laut &
leise, ruhig & rockig, zart & bombastisch! Dem rund
einstündigen Album wird mit dem fast 20-minütigen Titelstück die Krone
aufgesetzt, auf dem sich die beiden Frontleute den Gesang teilen und in
dem Mostly Autumn sich auch progressiver geben, als sonst üblich.
Und noch ein dritter Name in dem Reigen, der im letzten Sommer mit den Münchenern Blackout Problems so großartig begann. Anfang des Jahres legten bereits die Essener Breathe Atlantis nach, nun kommt das Los Angeles-Pendant und zeigt, wie man es auf amerikanische Art macht. Und mit entsprechender Plattform und deutlich hitträchtiger Mischung schlagen sie auch entsprechend erfolgreich auf. „OK, I´m sick” ist das Debütalbum des kalifornischen Quartetts, das sie Anfang April auch einmalig live in Deutschland präsentierten. Nachschlag wird kommen, da bin ich mir sicher. In ihrer Mischung aus Pop, Punk und Rock vereinen Badflower die Qualitäten der erwähnten Blackout Problems mit Maroon 5 und zaubern einen wahren Reigen an Highlights aus dem Hut, das dürfte nicht lange abseits der großen Bühnen passieren.
Manche schreiben Bücher, manche machen Filme, manche machen Musik. Und manche machen Musik die sind wie Bücher. Oder Filme Kommt nicht so oft vor, aber Thomas Thielen ist jetzt auch nicht jemand, der sich mit anderen vergleichen lassen möchte. Auch wenn seine Musik Referenzen aufweist. Von denen will er aber gar nichts wissen. „t“ ist Multiinstrumentalist, Sänger, Produzent und Perfektionist von mittlerweile 7 Solo-CDs, die so gar nicht nach solo klingen. In akribischer Kleinstarbeit bastelt der hauptberufliche Gymnasiallehrer dutzende, manchmal auch hunderte von Spuren übereinander, spielt die Instrumente nacheinander ein, schiebt Sounds und Effekte ein, bis er meint, der Song ist fertig – ein Perfektionist halt. Sein neues Album beginnt mit einem und endet mit zwei Songs von exakt 14:27 Länge, dazwischen gibt es in 4 weiteren Songs 36 Minuten Musik, die alle eines eint: Sie führen den Hörer, so hat man das Gefühl, immer weiter. Wie eine Reisedokumentation. Mit einer immer wieder faszinierenden, manchmal atemberaubenden Tour durch die schönsten Plätze, die die (melodisch-progressive Musik-)Welt zu bieten hat. Einige dieser Orte sind von Bands wie Marillion (eine der Hauptreferenzen, s.o.) schon mal besucht worden, aber t benutzt andere Blickwinkel, neue Gassen, also keine Angst, es wirkt alles neu. Hin und wieder tauchen Charaktere erneut auf, von eingängigen Motiven kann man allerdings nicht sprechen, Es geht immer weiter, ein Ziel ist nicht definiert, der Weg ist das Ziel. Irgendwann endet die Reise, verläuft sich fast der Weg. Kein bombastisches Finale, kein Happy End, kein Rückflug. Zeit ist um, Urlaub zuende. Man bleibt zurück mit einem Riesenhaufen an Eindrücken, freut sich darüber, dass man wie in „Total Recall“ einfach die Repeat-Taste drücken kann und weiter schwelgen bis zum nächsten, neuen Urlaub. Unglaublich, dass Thielen nach 20 Jahren und ausgerechnet nach so einem Album die Lust am live spielen wieder packt. Man darf gespannt sein, wie das umsetzbar ist.
Nun also mal wieder ein Songalbum. Nach mehreren Konzeptalben in Folge direkt eine Wohltat. Dass dann „Songs“ bei den Münchenern Epen in sich sind, dürfte klar sein. Schon der Opener „A New World“ beginnt das Album in bester „Hole in the Sky“-Manier, also dem Song, mit dem als Opener ihres Debüts „God has Failed“ der gesamte RPWL Reigen vor knapp 20 Jahren begann. Und auch der weitere Verlauf ist geradezu klassisch mit der Art Songs und Sounds, mit denen sich rpwl ihren Status und ihre Fanbasis erspielt haben. Mit „What I really need“ hauen sie einen „Hit“ raus, der genauso locker auch auf Pink Floyds letztem Studioalbum „Division Bell“ hätte Platz finden können. Aber während sie beim letzten, derartigen Versuch mit „Roses“ noch versucht hatten, mit Ray Wilson zu punkten, was die Sache auch schon nicht viel erfolgreicher hatte werden lassen, wird hier die Achillesferse der Band am deutlichsten. Die zwar angenehme, aber letztlich zu deutsche Stimme Yogi Langs wird nicht reichen, um der Band zu größerer Popularität, geschweige denn einem Hit zu verhelfen. Dann punkten sie lieber wieder bei ihrem Stammpublikum mit dem folgenden „Give Birth to the Sun“, das die jederzeit durchblitzende Fähigkeit, eingängige Songs zu schreiben, um ein paar exzellente instrumentale Soloeinlagen erweitert. Es sind diese Mini-Epen, die dieses Album zu einem weiteren Highlight in ihrer Diskographie machen.
Da schlummert so ein Ordner auf der Festplatte und reißt einen
direkt nach dem relativ belanglosen Singer/Songwriter-Download von
Kevin Garret aus der was-haben-wir-denn-hier-Lethargie. Vor Wochen
bereits runtergeladen, löste die Ankündigung
„five-piece progressive/alternative metal band from Athens,
Greece“ noch keine große Erwartungshaltung aus. Darauf
hätte man im Bemusterungsanschreiben schon etwas euphorischer
vorbereiten können. Dieses Album ist der Hammer!
Nach relativ harmlosem, aber in 6 Minuten zumindest schön
ausgebreitet atmosphärischem Beginn („Amber“) kracht
„Rite“ schon deutlich kräftiger, ohne jemals in
Prog-Metal-Gefilde abzudriften. Riverside und vor allem Anathema als
Referenz sind ständige Begleiter, ohne dass Mother of Millions
ihnen wirklich zu nahe kommen würden – dafür haben sie
zu viel Eigenes. Aber wie bei den oben Genannten ist auch bei den
Griechen der „Prog“-Faktor relativ gering. Kraftvolle
Post-Rock-Passagen, atmosphärische Longtracks, zwischendurch immer
mal wieder härtere Passagen, mit dem instrumentalen
„Anchor“ ein ebensolcher als ruhiges Keyboardspiel; sehr
ausgewogen, sehr abwechslungsreich – und sehr gut!
Im Info lernen wir, es ist ihr drittes Album… es gilt also mal
wieder etwas aufzuarbeiten. Aber mit diesem Album anzufangen wäre
schon mal der richtige Anfang! Das finale Titelstück bringt es
schließlich auf 10 Minuten und drückt die Repeat-Taste fast
wie von selbst. Well done!
Sie machen es dem geneigten Rezensenten wirklich einfach. Sie benennen das Herzstück ihres Debütalbums einfach nach sich selbst! Schon mit ihren ersten EPs „The Path“ und „The Divide“ hatten sie uns ja schon heiß gemacht und eingeladen: Jeweils drei Stücke wie aus einem Guss, mit einer mitreißenden Mischung aus fettem, bodenständigem Rock, komplett mit eingängiger Hookline und instrumentalen Spielereien ausgestattet und fertig zum Einziehen eingerichtet. Nur mit drei Stücken eben noch etwas klein geraten, um es als festes Zuhause erklären zu können. Das holen sie mit ihrem Album nun nach. Sieben Stücke, 50 Minuten, darunter drei um die 10 Minuten lang, auf denen sie sich austoben können. Wie im oben genannten „Wheel“, in dem sie sich 2:34 instrumentale Minuten Zeit lassen, um die Grundstimmung des Songs herzustellen und dann im weiteren Verlauf ihr Spektrum von heftigen Rumpelgitarren über Breaks und ruhigere Phasen bis zu Steigerungen und Soli ausbreiten. Sie lassen es mal heftiger angehen, können aber auch leise, werden selten wirklich zu hart und haben va.a aber auch mit Sänger James Lascelles immer ein ausgleichendes Element. Der Brite, der nach Finnland auszog, um seine Band zu gründen, kann durchaus auch mal rauer werden, hat aber die meiste Zeit über eine angenehm ruhige, melodische Alternative-Rock-Stimme. Die Musik? Der Albumtitel deutet es an: „Moving Backwards“ ist Retro Rock, der Bands wie Purple, Zeppelin oder Sabbath Referenz erweist, aber keine von ihnen zitiert. Ist ProgRock, ohne kompliziert oder gar frickelig zu werden, sondern einfach nur mit verschiedenen Stimmungen spielt und v.a. mit fantastischen instrumentalen Spielereien aufwartet. Und ist Alternative Rock ohne deren Klischees zu bedienen. Ein tolles Album! Eine Tournee mit Soen ist angekündigt – was für ein grandios passendes Package!
Ein neues Album von Neal Morse ist immer ein Ereignis. Wenn es dann noch wird „The Great Adventure“ heißt, darf man Großes erwarten. Und nicht weniger ist dieses Doppelalbum. Bei den ersten Durchgängen mag man noch etwas ernüchtert sein, weil es nichts gibt was es nicht schon ähnlich gegeben hätte. Aber je tiefer man einsteigt in dieses Album, desto mehr glänzen die fantastischen Melodien und die Extreme, die Neal Morse und seine Mitstreiter hier ausleben. Größtmögliche Abwechslung zwischen und in den Songs und eine atemberaubende Vielfalt sorgen einmal mehr für eine echte Achterbahnfahrt. Das reicht von kompletter Ruhe über Elemente, die auf einem Rockalbum doch eher ungewöhnlich sind bis zu Metalgitarren. All das steht so problem- und übergangslos nebeneinander, das sich manches Mal die Haare aufstellen. Eingängige Melodien, abgerundete Songs und trotzdem immer wieder völlig abgefahrene Soli; mehr Abwechslungsreichtum geht nicht. Und so stellt sich schnell die Frage: Wenn das alles nicht neu ist, warum halten die beiden CDs seit gut einer Woche beide CD Player in Beschlag, so dass ich gar nicht mehr dazu komme, in irgendeine andere CD reinzuhören? Und warum entdeckt man bei jedem Hördurchlauf immer wieder neue Facetten und freut sich immer wieder neu über tollwitzige Freaks und Wendungen? Immer wieder fanden. Kürzere Songs, die perfekt funktionieren, Longtracks, bei denen man einfach nur begeistert zuhören kann, grandiose Momente, atemberaubende Solos und geniale Passagen, die jeden Prog-Fan mitreißen dürften. Einmal mehr ein Highlight des Jahres!
Sie rocken zwischen Hardrock, Retro-Rock und Grunge, zwischen Led Zeppelin, Wolfmother, Thunder und Pearl Jam. Und das deutet schon an, dass sie so abwechslungsreich sind, dass man sie schwer festnageln kann. Sogar die Stimme von Frontmann Jay Buchanan klingt mal nach Shouter, mal nach Blues-Röhre, die Songs winden sich allesamt um eine griffige Hookline und hätten früher jede Rock-Disko zum Wackeln gebracht. Und mit einem Song wie „All Directions“ klingen anfangs so zeitgemäß, dass man sich genau dahin wieder wünscht, während der Song sich zum Ende hin im bester Robert Plant-Manier steigert. Wer trauert den alten Recken nach, wenn es die neuen genauso gut machen? Im Februar/März live in Deutschland! (u.a. 1.3.19 Hamburg, Docks)
Man, was sehen die Jungs retro aus. Dabei ist ihr Sound meist so zeitgemäß – oder zeitlos – dass man denkt, sie stellen ihr Licht unter den Scheffel. 2017 erschien ihr Plattenlabel-Debüt – nachdem sie ihre ersten drei Alben selbst vermarktet hatten und sich den Allerwertesten abgetourt und dabei einen Ruf erworben haben, der ihnen weit voraus eilte. Joe Bonamassa, Deep Purple, Beth Hart – das UK Trio hatte schon ein paar große Namen vorzuweisen, mit denen sie die Bühne geteilt hatten. Und jenes Debüt „Grow“ ließ keinen Zweifel daran, dass diese Jungs für die große Bühne geschaffen waren. Unglücklicherweise konnten sie diesen Coup mit dem nachfolgenden „Steal“ nicht wiederholen. Und auch beim neuen Album denkt man zunächst noch, dass sie das Besondere des Debüts offensichtlich irgendwie verloren haben... – aber spätestens mit dem 3. Song „Victim oft he Night“ hört man wieder, das der Sound von Wille &tB etwas ganz Besonderes ist! Blues, ja, aber gepaart mit Jam Rock. Und wenn sie sich dann richtig gehen lassen, klingen sie wie Dave Matthews in den besten Zeiten. Ohne einzelne Highlights herausheben zu können – es sind letztlich v.a. die längeren Stücke, die ihre wahren Stärken hervorholen – ist das komplette Album ein Glanzstück.
Der Mann hat`s ganz schön eilig. Unglaublich, dass er im Alter von fast 70 Jahren so ein Tempo vorlegt… er scheint einfach noch eine Menge sagen zu wollen. Dass die Quantität nicht zulasten der Qualität geht, könnte daran liegen, dass er vielleicht auch einfach nichts anderes lieber macht, also genug Zeit hat, sich genau darum zu kümmern. Das neue Album ist zudem einmal mehr eine spannende Reise durch ein im Prinzip Hackett-typisches Klanguniversum, ohne dass er sich irgendwie wiederholen würde. Er beginnt - und endet - fast klassisch, bzw. Soundtrack oder Musical-ähnlich und verbindet diese seiner Seiten mit der gewohnten Rock-Seite. Dabei tauchen diversen Highlights auf- „Beats of Time“, „Underground Railroad“ oder das mehr als 11-minütige “Those Golden Wings”, inklusive Symphonie-Orchester(-Sound) und tollem Gitarrenteil. Was nicht impliziert, dass alles gut ist. Ich steh gar nicht so auf orientalische Sounds („Shadow and Flame“) und auch der „Moonlight Shadow“-Ripoff („Hungry Years“) ist nicht so spannend. Aber das macht er wett mit einer extrem großen Abwechslung an Sounds, wie Iona/Bainbridge-Folk-Elementen, Choräle und immer wieder tollen Gitarrenparts von akustisch bis zum elegisch. Ein Album zum Satthören!
Mein Live-Tipp des letzten Jahres – und CD der Woche im Juni – waren die Münchener Blackout Problems. Neues Jahr, neue Band, ähnliche Richtung: Breathe Atlantis kommen aus Essen und sind genauso wenig neu wie die Blackout Problems. Die hatten nämlich auch schon ein Vorgängeralbum veröffentlicht, Breathe Atlantis sogar schon zwei: „Shorelines“ 2014 und „Futurestories“ 2016. “Soulmade” ist ihr neues Werk, und ein rundum gelungenes dazu. Zwischen Alternative Rock und Post-Hardcore, eine eingängige Mischung aus Hooklines, Rhythmen und elektronischen Elemente auf der einen und deftigen Rockgitarren und dramatischem Gesang auf der anderen Seite. Die Songs wechseln spielend zwischen Wall-of-Sond-Breitseite, ruhigen Breaks und energetischem Drive, und Frontmann Nico Schiesewitz passt sich jederzeit passend an und legt eine Menge Emotionen in seinen Beitrag. Und dass es keinen Schwachpunkt gibt, erklärt Schlagzeuger Markus Harazim einleuchtend: „Wir haben aus über 30 Tracks die Top Elf ausgewählt. Es gibt also keine Filler - sondern nur potentielle Singles." Kann ich bestätigen!
Live-Alben stehen immer vor dem Konflikt, dass man einerseits möchte, dass die Songs nicht eins-zu-eins wie im Original gespielt werden, und andererseits aber qualitativ genauso gut klingen sollen wie das Original. Im Idealfall werden Songs erweitert, verlängert, variiert oder auf andere Weise verbessert. Manche Bands sind live eine Wucht, weil sie Spaß machen, weil es ein Erlebnis ist, sie zu sehen und zu erleben. Hört man sich hinterher ihre Konzerte ohne Bild an, wundert man sich manchmal selbst. Schonmal eine Coldplay-DVD ohne Bild gehört? Eben. So schlimm ist es im vorliegenden Fall nicht, aber auch Skunk Anansie sind im Original deutlich besser. Vor allem anfangs ist man noch etwas irritiert ob der hohen, fast hysterischen Stimme der kahlköpfigen Frontfrau Deborah Anne Dyer (Skin). So sehr sie als Power-Frontfrau für die Live-Qualitäten der Band steht und da als solche jederzeit überzeugen kann, so gewöhnungsbedürftig ist ihre Live-Stimme. Im weiteren Verlauf des Albums legt sich dieser Eindruck ein wenig, vor allem die ruhigeren Songs sind ähnlich überzeugend wie man sie im Original kennt. Der Schwerpunkt des Albums liegt aber deutlich auf den schnelleren Songs. Eine herrlich energetische Mischung, 25 Songs lang und mit allem was dazugehört. Das erste Live-Album der Briten zum 25. Band-Jubiläum - die rund 8-jährige Unterbrechung außer Acht gelassen – ist jedenfalls die gelungene Vollbedienung für alle Fans und eine schöne Ergänzung in ihrer Diskografie. Für diejenigen, die die Band noch nicht live gesehen haben, könnte aber ein Studioalbum doch die bessere Alternative sein.
Und noch ein spannendes Album gleich zum Jahresanfang: Die vier Amis haben eine feine Sammlung fetter Alternative Rock Hymnen zusammengestellt, die definitiv Aufmerksamkeit verdient. Einige der Jungs spielten zuvor bei Movements und Hotel Books, gemeinsam veröffentlichten sie zunächst die Single “Fathers” und später “Vinyl”, beide Songs sind nu n auch auf diesem Debütalbum zu finden. Rock mit gelegentlicher Punk und PostRock-Kante, vom Ansatz erinnert es an das superbe Debüt von Lonely The Brave. Beim Nebenbeihören mag das Album zunächst fast ein bisschen zu wenig Abwechslung bieten, aber die Unterschiede werden deutlicher wenn man zuhört. Leider meinte es das Schicksal nicht so gut mit der Band. Ohnehin schon mit argen Logistikproblemen ausgestattet, weil sie von West Virginia über Arizona bis Californien verteilt sind, was es nicht immer ganz einfach machte, die nächsten Schritte zu planen, kamen noch einige unerwartete Umstände hinzu. Obendrein schien Sänger Tyler St. Clair derart mentale und/oder gesundheitliche Probleme gehabt zu haben, dass die Veröffentlichung von Oktober ins neue Jahr verschoben werden musste. Wir wollen hoffen, dass die Jungs mittlerweile alles Nötige zur Veröffentlichung zusammentragen konnten, inklusive Videodreh, Tourneebuchung, dass es nun endlich losgehen kann.
Man könnte meinen, es gibt da jemanden, der auf solche
Knaller achtet, sie herausnimmt und sorgsam ihre Veröffentlichung extra auf den
Jahresanfang legt. Denn dieses Album ist etwas ganz Besonderes, das einen
jungfräulichen Veröffentlichungskalender verdient hat. Und ich habe keine
Ahnung, ob das auch schon auf die ersten beiden Album von Scarabæusdream
zutraf, aber "Crescendo" ist so ein Knaller. Ein Meisterwerk. Etwas
ganz Eigenes.
Das beginnt bereits mit der Besetzung: Hannes Moser am
Schlagzeug und Bernd Supper an Klavier und Stimme ist alles, was es braucht, um
dieses Kleinod zu schaffen. Was man gar nicht glauben kann, wenn man - wie ich
(wie meistens) - erst das Album ein paar Male gehört hat, bevor ich mich mit
derlei Informationen beschäftige. Denn mit diesen zwei Instrumenten erschaffen
sie Arrangements von erstaunlicher Klangfülle. Dazu kommt eine Abwechslung, die
ein wiederholtes Hören unausweichlich macht. Womit wir beim Wichtigsten dieses
Albums wären, der Musik. Die aber zu beschreiben extrem schwer ist. Intro
fasste das gewaltige Universum des Duos zusammen als von episch-orchestraler
Klassik über Posthardcore-Geschrei bis hin zu Pop reichend. Und in der Tat
wechseln meterdicke Soundwände mit ganz leisen Momenten, freut man sich über
eingängige Pop-Melodien, die im nächsten Moment von aggressiven Screamos
flankiert werden (was glücklicherweise die Ausnahme bleibt), stapeln sich
zunächst scheinbar einfache Ideen zu komplex verschachtelten Kunstwerken in bester
Prog-Manier. Drei Songs zwischen 7 und 9 Minuten sind deswegen auch die
Highlights des Albums. Entsprechend schwer ist es, diese abwechslungsreiche
Scheibe einem bestimmten Zielpublikum zuordnen zu wollen, aber mögliche
Orientierungspunkte sind Radiohead oder A Perfect Circle. Oder Supertramp. Oder
Gazpacho. Oder Prince. Oder t (Thomas Thielen). Wer zuhören und sich mit Musik
beschäftigen kann und möchte, der sollte es probieren!