Kürzer, größere Hallen, mehr Konzentration auf perfekte Shows; das war das Motto der CLOSURE / CONTINUATION-Tour, dem Comeback-Album der britischen Prog-Institution nach mehr als 10 Jahren. Drei Daten waren für Deutschland vorgesehen, bevor sie nach Holland rübermachten. Und hatte ich den Sonntagstermin noch als Ausrede für die nicht vollständig ausverkaufte Show in Oberhausen genannt, war der Termin nur einen Tag später in Amsterdam bestimmt nicht viel besser - die Halle trotzdem komplett voll und die Stimmung grandios. Dafür bekamen sie mit "I Drive the Hearse" auch einen Song mehr, ansonsten eine sehr ähnliche, wenn nicht die gleiche Show. Und die war ein Maximum an ausgefeilter ästhetischer Perfektion: Setlist, Sound und Licht waren so genial abgestimmt, dass man immer wieder erstarrte vor Gänsehaut. Ein absolutes Erlebnis, das berechtigterweise hier noch seine visuelle Zugabe bekommt, bei der man den Musikern Wilson, Barberi und Harrison, sowie ihren Tourneepartnern Randy McStine (g) und Nate Navarro (b) noch einmal auf die Finger schauen kann. Die DVD enthält nämlich eine sehr ausgewogene Mischung aus Totalen und Close-Up Aufnahmen, verzichtet auf zu wilde Schnitte und künstliche Effekte, die manch frühere DVDs von Steven Wilson zum schwer verdaulichen Kunstwerk werden ließen. In leicht zusammengekürzten 100 Minuten fehlen nur die Ansagen, ansonsten ist erstaunlicherweise alles drauf. Mal sehen, wie lange es dauert, bis wir erfahren, ob und wann es eine Fortsetzung geben wird. So würdig diese DVD als Abschluss wäre, so schwer ist es, zu glauben, dass sie es dabei belassen werden.
Zwei Jahre nach dem letzten Album der Hamburger Artrocker Sylvan (One to Zero), erscheint das Solo-Debüt ihres Keyboarders Volker Söhl. Songwriting-Partner ist Sylvan-Gitarrist Johnny Beck, und trotzdem ist dies kein neues Sylvan-Album. Aber es gibt immer wieder starke Parallelen, erst recht, wenn in zwei Songs Sänger Marco Glümann als Duett-Partner auftritt. Ansonsten bereiten die beiden hier das Feld v.a. für die bezaubernde Münchner Sängerin und Synchronsprecherin Caroline von Brünken, die ihren Songs immer wieder die Krone aufsetzt. Daneben ist das Album eine Hommage an Söhls Liebe zur Filmmusik, verstärkt durch den Einsatz von Orchester-Instrumenten (Gäste: Katja Flintsch, Violine & Viola und Otfried Beck, Oboe). Musik und Gesang sind exzellent abwechslungsreich zwischen Artrock und symphonischem Kammerpop und immer wieder einfach wundervoll schön!
Das gab es so auch noch nicht: Seit Jahren angekündigt, seit 12
Monaten eingeleitet: Ein komplettes Album, das zur
Veröffentlichung am 1.12.23 bereits komplett bekannt ist – bzw. sein
könnte all jenen, die es seit Januar verfolgt haben. Und das sogar
in beiden möglichen Versionen, in denen das Album erscheint: Zu
jedem Vollmond gab es bereits eine Single, entweder im Bright-Side- oder im Dark-Side-Mix, zum
Neumond folgte dann die jeweils andere Version. 12 Songs. Und zum 1. Dezember
gibt es die Songs jetzt in ihrer ganzen Pracht versammelt, als
Doppel-CD-Package oder jeweils separat als 2-LP.
Aber
nicht nur das: Auf der zurückliegenden Tour hat er das Album auch
bereits fast komplett live gespielt! Auch das ein Wagnis, zumal viele
der Songs sehr, bzw. relativ ruhig sind. Andächtig. Anmutig. Aber
immer voller verzaubernder Schönheit, getragen von der
faszinierenden Stimme Gabriels. Eingespielt mit seinem bekannten Team
aus Gitarrist David Rhodes, Bassist Tony Levin und Drummer Manu
Katché; ergänzt durch Beiträge an diversen
Instrumenten von diverse Gastmusiker und Gruppen, wie dem Soweto Gospel
Choir, dem schwedischen Männerchor Oprhei Drängar sowie dem
New Blood Orchestra unter der Leitung von John Metcalfe sowie u.a.
Tochter Melanie mit Backing Vocals. Konnte da noch etwas schiefgehen?
Zwanzig Jahre nach seinem letzten Studioalbum hatten die Songs
genügend Zeit zu reifen und nach den letzten 7 regulären
Alben weiß man, dass Peter Gabriel weiß, was (s)einen guten
Song ausmacht. Und Popstar möchte er auch nicht mehr werden, es
gibt also keinen Grund für unnötige Experimente. Das geht
soweit, dass „Road To Joy” ein wenig sehr zu sehr nach
„Kiss that Frog“ klingt. Das Album startet geheimnisvoll
und mit einer sehr PG typischen Mischung aus schrägen Harmonien in
den Strophen und einem tollen Refrain in „Panopticom“, auch
das ruhige „Playing For Time“ ist wunderschön, genauso
wie der rockige Titelsong. Aber seien wir ehrlich, richtige Highlights
sind nicht zu entdecken. Aber wie gesagt, das hat man in den letzten
elf Monaten ausgiebig verfolgen können. In seiner Gesamtheit kann
man nun endlich eintauchen in das Gesamterlebnis und: Nein, es besteht
kein Grund, das nicht zu machen! Denn während es vorher eine
Sammlung von Songs war, ist es jetzt ein abwechslungsreiches
Gesamtkunstwerk, und mehr als die Summe seiner Teile.
Und wenn ihr euch in Ruhe die beiden Versionen des Albums auf und ab
gehört und verglichen habt – mir ist es ehrlich gesagt schon
mit den Singles kaum gelungen, nennenswerte Unterschiede der Bright und
Dark Mixe zu finden – gibt es sogar noch eine weitere Version.
Sie ist im 3-Disc-Set als Bluray enthalten. Ist das jetzt
übertriebener Geschäftssinn? Mangelnde
Entscheidungsfreudigkeit? Oder das Rundumpaket für Fans? Auf
seiner CD-Rom EVE (1996) konnte der Nutzer / Spieler sogar noch eigene
Mixe anfertigen… wäre hier ja auch noch eine Variante.
Hier ist etwas für Herz und Beine, also etwas weniger kopflastig, sondern eher Hit-orientiert. Obwohl
Hits bislang noch Fehlanzeige sind, sowie die Band an sich bislang noch
nicht sehr bekannt ist. Als Nachfolger der Band Mispers bedienen sie
eine ähnliche Zielgruppe wie die irischen Inhaler um Bonos Sohn
Elijah Hewson.
Die hier vorgestellten zwei EP sind eine Möglichkeit, sich von der
Qualität dieser Band überzeugen zu können. Zweimal sechs
Song mit einer energetischen und mitreißend eingängigen
Mischung aus Rock und hymnischem Pop, quasi allesamt Single-tauglich.
Veröffentlicht im letzten und in diesem Jahr (Bad Habits), kommt
man so ja auch auf Albumlänge. Aber spätestens, wenn man sie
– und vor allem Sänger Jack Balfour Scott – live
erlebt hat, ist man sich sicher, dass diese Band the next big thing
wird. Oder zumindest werden könnte, wenn wir es schaffen diesen
Drive und diese Songqualität zu erhalten. Extrem spannend!
Ich bin eigentlich kein Freund von Instrumentalalben, deswegen kommen Sie an dieser Stelle auch relativ selten vor. Umso mehr muss ein Instrumental-Album anstellen, um meine Aufmerksamkeit zu erregen, bzw. zu halten. Ich gebe zu, dabei hat er dieses Album schon einen gewissen Standortvorteil, denn MMTH kommen aus Aurich. Trotzdem liegt meine Begeisterung für dieses Album nicht an der regionalen Nähe. MMTH schaffen es, mit jedem Song eine neue, gekonnte Hookline aus dem Hut zu zaubern, und verfügen damit also schon mal über den wichtigsten Baustein für einen guten Song. Zwar sind spektakuläre Soli hier eher Fehlanzeige, aber die Songs sind trotzdem abwechslungsreich reich und spannend genug, um zu zünden. Interessanterweise hält sich das Quartett auch explizit fern vom Begriff Post-Rock, auch wenn ihre Musik mit den mächtigen Klanglandschaften einige Parallelen aufweist. Für sie ist es Instrumental Rock mit Groove und Atmosphäre durch Kontraste. „Infinite Heights“ ist nach dem Debüt „Paternoster“ 2017 (Demo des Monats im Visions) das zweite Album der Auricher, mit seinen sechs Titeln und einer Spielzeit von 31 Minuten vielleicht etwas kurz geraten, aber vielleicht liegt genau daran eine Würze.
So abseits des Mainstreams er für den Großteil der
Öffentlichkeit stattfindet, so unüberschaubar groß ist
das AOR-Genre selbst für Insider und Fans. Der europäische
Markt wird dabei u.a. von Frontiers Records vorsortiert bedient und
immer noch laufen viele der Bands Gefahr, in der Beliebigkeit und Masse
der Veröffentlichungen zu versinken. Nur wenige Bands schaffen es
da, wirklich hervorzustechen. Es gibt ein paar große Namen,
daneben ein
paar weitere, die sich über die Jahre etabliert haben, aber
letztlich viel Ausschussware in den Augen derer, die nicht zu den
hartgesottenen Fans zählen, also Leute wie mich. U.a. Journey
können mich immer wieder überzeugen, Dean Castronovos
Revolution Saints sorgten für die erste ernstzunehmende
Alternative, bzw. mit mittlerweile vier veröffentlichten Alben
für ein gutes Paralleluniversum.
Und jetzt kommt Hugo´s Voyage. Über den Namen könnte
man jetzt verzweifeln, aber Voyage – Journey –
Nachtigall… ist wohl kein Zufall. Als Tributeband aus New York
und Boston gestartet und mit großem Erfolg in den USA unterwegs,
veröffentlichen sie jetzt ihr Debüt. Und mit seiner extrem
Steve Perry-ähnlichen Stimme sorgt Hugo Valenti für eine
große Ähnlichkeit, seine Kollegen ergänzen das Ganze
mit der richtigen Mischung aus Rockern, Midtempo-Hymnen und Balladen.
Viel mehr muss man dazu gar nicht sagen. Meinen Segen haben sie, wenn
ihr Journey-Fans seid, solltet ihr „Inception“ hören!
Der Mann, der den Sound von Yes in den frühen Achtzigern neu definierte, und mit „Owner of a Lonely Heart“ und „Changes“ ganz neue Türen aufstieß. Mehr oder weniger zufällig kommt er genau 40 Jahre nach dem „90125“-Erfolgsalbum mit einem Soloalbum, und das hat einige Parallelen zu 90125. Nachdem der gebürtige Südafrikaner in den letzten Jahrzehnten neben zwei Soloalben in seiner Wahlheimat Kalifornien v.a. Filmmusik komponiert hat (u.a. Con Air, Armageddon, Deep Blue Sea), ist das Album eher eine Sammlung von Songs, die er gerne ein weiteres Mal mit Jon Anderson aufgenommen hätte. Da sich das aber nicht abzeichnete, nutzt er das Jubiläum für ein Soloalbum. Es gibt jede Menge dieser typischen Soundmerkmale, mit denen man ihn in Verbindung bringt („Big Mistakes“, „Push“, „Paradise“, „Thandi“). Daneben wird es vereinzelt ein wenig seicht, erinnert ein wenig an Albert Hammond oder ähnliche Banalitäten, und wenn dazu noch die Pedal Steel Gitarre mit seinem unvermeidlichem Country Touch mit reinkommt, wird die Toleranz bisweilen etwas auf die Probe gestellt. Aber es gibt auch deutlich anspruchsvollere Momente, die das locker entschädigen und für ein abwechslungsreiches Hörvergnügen sorgen. Und wer sich mit den Texten beschäftigen möchte: Neben „Goodbye“, einem Abschiedsbrief an seine zwischenzeitliche Heimat England, sticht v.a. „Oklahoma“ ins Auge. Was auf den ersten Blick wie eine Hymne für das Land scheint, ist eher ein Kommentar auf den Anschlag auf das Regierungsgebäude 1995 („We learned nothing“, „we lost our innocence“). Toller Song, tolles Album!
Spock´s Beard machen eine Pause, das macht aber nichts: PSA springen ein. Ohnehin aus dem SB Umfeld kommend und mit Dave Meros am Bass, sorgt nicht zuletzt Ted Leonard am Gesang für Vergleichbarkeit. Wobei, das hatte er PSA schon mit dem letzten Album bewiesen, der Ansatz hier etwas weniger progressiv ist. Vor allem die ersten Songs sind deutlich straighter und mainstreamkompatibler. Aber trotzdem gut! Die Hitkompatibilität, die ich ihnen noch mit dem Vorgänger "Only Passing Through" attestiert hatte, lassen sie hier ein wenig vermissen, dafür gibt es im weiteren Verlauf auch längere und komplexere Songs, wobei komplex sich mehr auf die Integration verschiedener Phasen und Elemente bezieht, als auf frikkeliger oder progressiver Kopfmusik. Instrumentalpassagen und Soli werden hier ohnehin deutlich weniger Gewicht zugeschrieben. Gelungen sind die Songs trotzdem - und die Umsetzung ohnehin. Mehr als ein Spock`s Beard Ableger!
Hatte ich mich eigentlich schonmal ans Bruce Hornsby Fan geoutet?
Sein letztes Album "Flicted" war sehr ungewöhnlich Pop-lastig und
experimentell, mit schwachen Songs und v.a. sehr wenig Klavier! Ein
Griff ins Klo. Sorry.
Eins seiner Highlight-Alben erfährt jetzt nach 25 Jahren eine
Wiederveröffentlichung. Und die hat es vor allem für
seine Fans außerhalb der USA in sich. Denn nur in der USA war das
Album schon 1998 eine Doppel-CD, ansonsten beschränkte man sich
auf eine Auswahl auf einer CD. Kann man machen, entsprach dem Bild, das
man von Hornsby hatte, so wahrscheinlich noch am ehesten, spiegelte
aber die große Vielfalt dieses Albums deutlich weniger
erfolgreich. Denn neben Piano-Pop-Perlen wie "Resting Place" und "Swan
Song" gab es Rock, Jazz, Funk, Folk und Experimentelles. So frei, dass
ich diesem Album das Label Jazz Pop geben würde, womit er hin und
wieder nahe an Sting lag - und das erstaunlicherweise auch gesanglich!
Interessanterweise war das sechste Hornsby-Album das erste, das es
nicht in die Top-100 schaffte. Lag es an der o.g.
Veröffentlichungspolitik oder am seltsamen Covermotiv (auf dem
sein Onkel Charles Hornsby seinen Humor bewies)? Die Single "Great
Divide" war wahrscheinlich vielen zu Folk-lastig, einen Hit konnte er
jedenfalls nicht landen. Unter seinen Fans gehörte dieses Album
aber immer zu den Highlights und auch Hornsby selbst hält es
für eins seiner besten Werke. Gute Gründe für eine
Wiederveröffentlichung. Zumal es noch vier Fundstücke aus der
Zeit gibt, die hier zum ersten Mal veröffentlicht werden. Ein
weiteres Live-Album rundet die Sache ab. Noch Wünsche offen?
Nach “Paint The Sky” vor zwei Jahren hat sich der französische Keyboarder Vivien Lalu auch für sein viertes Album wieder die Unterstützung von Ausnahmesäger Damien Wilson sichern können. Und der zeigt sich bei diesem tollen Progressive Rock mittlerer Härte von seiner besten Seite, sprich in diesem Sound und diesem Härtegrad ist er definitiv am besten aufgehoben. Richtige Kracher Songs sind nicht dabei, abgesehen vom wunderschönen Longtrack „Amnesia“, aber es gibt die komplette Palette von eingängig bis progressiv und erinnert damit vor allem an die Wilsons Phase von Landmark (Album 1-3): Aber auch Querverweise zu Kino oder It Bites machen dieses Album zum Vergnügen!
Dieses Album bringt mich zu der Frage, gibt es Künstler die man
nicht kopieren kann beziehungsweise vielleicht sogar gar nicht kopieren
darf? Künstler, die so einzigartig sind, dass eine Kopie per se
ein wenig lächerlich anmuten würde? Künstler die so sehr
viel
von ihrer eigenen Persönlichkeit in ihre Kunst bringen, dass eine
Kopie ihres Stils eher zum Theaterstück mutiert? In der
Malerei würde mir dazu z.B. Dali einfallen, der eben nicht nur
einen Stil kreiert hat, wie z.B. Vincent van Gogh. In der Musik ist das
Meat Loaf. Stimmlich ein Phänomen, optisch eine Erscheinung,
stilistisch einzigartig. Das täuschte sogar darüber hinweg,
dass seine Texte schon manchmal ein wenig abenteuerlich waren. Diese
„Bat out of Hell“-Idee hat er ja ansprechend umgesetzt,
aber ehrlich: Von Monstern und ähnlichen Erscheinungen zu singen,
ohne sich selbst lächerlich zu machen, ist ja auch schon eine
Herausforderung.
Und an dieser Stelle kommen Creeper ins Spiel. Versuchen sie es auf
mehr oder weniger eigenen Wegen? Nein eigentlich versuchen Sie, das von
Meat Loaf selbst verwaiste Feld neu zu beackern mit sehr ähnlichen
Mitteln. Das beginnt mit dem knapp zehnminütigen Opener, der
musikalisch schon recht gelungen ist, bei dem man sich aber noch fragt,
wie viel Eigenes von den Musikern hier zu hören ist. Stimmlich
gibt es gewisse Ähnlichkeiten, textlich und stilistisch die oben
erwähnten Parallelen. Glücklicherweise bringen die Briten im
weiteren Verlauf auch noch andere musikalischen Zitate unter und
Stilistiken ein, mal Rock´n´Roll, Gothic oder Musical, in
„The Abyss“ auch mal relativ Pop-affine Arrangements.
Trotzdem bleibt Meat Loaf immer wieder Ankerpunkt, auch wenn es seine
epische Seite nur im Opener gibt und als Finale eine schöne
Ballade. Richtig befriedigend ist es vor allem deswegen nicht, weil die
Songs nie besonders gut sind. Wer trotzdem die Kunst und das Schaffen
Meat Loafs vermisst, kann hier ja mal einen Test wagen.
Die Unterschiede sind interessanterweise eher im Detail, der Opener ist ein wenig länger, das folgende „Mr. Daisy“ noch deutlich langsamer… aber es gibt 4 neue Songs! Und wer das Album noch einmal in alternativen Versionen oder aber überhaupt endlich für sich entdecken will: Es lohnt sich! Ein Meisterwerk, eher ruhig, aber unglaublich intensiv. Und wenn ihr euch schon immer gefragt habt, warum eurem Handy eigentlich diese Kopfhörer beilagen: Probiert sie mit diesem Album aus Unbedingt!!
Das Label stuft ihn ein unter „Neo-Klassik, Outernational, Folk“, ich würde noch Kammer-Pop hinzufügen. Wunderschöner, sanfter Sound David Sylvian & Curtis Stigers, der hin und wieder aber auch gerne lautere Töne anschlägt ("Pomawsuwinuwok Wonakiyawolotuwok"; "Ancestors Too Young"). Der Kanadier veröffentlicht mit Motewolonuwok sein erstes Album, auf dem er auch auf Englisch singt. Als Teil der Wolasotqey Nation und sang auf seinem 2018er-Debüt „Wolastoqiyik Lintuwakonawa“ in der Sprache seiner indigenen Vorfahren. Damit konnte er in Kanada hohe Wellen schlagen, die renommierten Polaris und Juno Awards gewinnen und sogar eine TV-Karriere starten. Nun wird sich zeigen, wie ofen die Welt für seinen Sound ist.
Albumtitel
sind nicht oft so eindeutige Hinweisgeber auf den Inhalt. Auch der
Brite hat sich da meistens eher kryptisch gehalten. In Fall des neuen
Albums würde ich aber dem Titel Recht geben. Abgesehen davon, dass
es ein Songtitel auf dem Album ist, dürfte auch das Album
als überraschend harmonisch durchgehen. Der Titelsong, ein
sphärischer, Filmmusik-ähnlicher Instrumentalsong, der mit
Sprachsamples erweitert ist, die entfernt an das „Hand. Cannot.
Erase.“-Album erinnern, steht da nur stellvertretend. Insgesamt
relativ ruhig sind es v.a. viele verschiedene elektronische Elemente,
die man auf "The Harmony Codex“ findet. Was aber, keine
Angst, nicht heißen soll, dass es nicht auch Rock- und andere
Elemente auf dem Album zu finden gibt. „Actual Brutal
Facts“ und das abschließende „Staircase“ bringt
ein paar coole Grooves und Gitarren mit ins Spiel, das gut
10-minütige „Impossible Tightrope“ packte dezente
Jazzverweise aus. Und Track 5 heißt gar „Rock Bottom”
– wird aber zum Highlight nicht durch ein Metal-Inferno, sondern
durch das immer wieder gerne genommene Duett mit der Ausnahmestimme
Ninet Tayeb. Weitere Gäste auf dem Album sind Craig Blundell und
Adam Holzman, sowie Jack Dangers (Meat Beat Manifesto) und Sam Fogarino
von Interpol.
Mit seinem enormen Abwechslungsreichtum und seinem Streifen durch viele
verschiedene Genres ist „The Harmony Codex“
glücklicherweise nicht die Fortsetzung des „Future
Bites“ Desasters. Wer allerdings nach dem Porcupine Tree
Intermezzo auf eine komplette Kehrtwende gehofft hatte, dessen
Erwartungen dürften enttäuscht werden. Trotzdem: Wenn man dem
Album erstmal ein bisschen Zeit lässt, wenn man sich von seiner
Erwartungshaltung verabschiedet hat (bei Steven Wilson immer eine nicht
irrelevante Entscheidung!), wenn man sich dem zeitweisen
Elektronik-Anteil angefreundet hat und die wahren Rock- und
Prog-Anteile identifiziert hat, dann muss doch festgehalten werden,
dass hier einige atemberaubende Harmonien (sic!) und Momente in Songs
gegossen wurden, die so Wilson-typisch sind, wie immer.
Seinem
Geschäftssinn bleibt er treu: The Harmony Codex erscheint auch als
limitiertes 3-Disc-Deluxe-Set mit 100-seitigem Buch, einer CD mit
alternativen Versionen und Remixen (von u.a. Manic Street Preachers,
Roland Orzabal, Mikael Åkerfeldt und Interpol sowie eine Disc mit
BluRay Hires-Sound, 5.1 Surround und Dolby-Atmos-Mixe sowie weiterem
Material.
Fünf Jahre haben sich die Münchener seit „La Muerta“ Zeit gelassen, um an ihrem neuen Studioalbum zu feilen. Und auch Nummer 6 schöpft entsprechend aus dem Vollen: Tolle Songideen, geschmeidige Arrangements, klangliche Abwechslung, mitreißende Gesangsarrangements und Soli und immer wieder überraschende Elemente. Bisweilen möchte man meinen, dass die Band um Gitarrist Markus Steffen und Sänger Arno Menses wieder vermehrt in progressiveren Gefilden unterwegs ist. Das deutete die erste, fantastische Single „Silver“ schon an – und ist eine Art Rückkehr zu ihren Anfängen bei der gemeinsamen Band Sieges Even, allerdings in diesem Fall nicht so kopflastig frickelig anstrengend, sondern einfach nur abwechslungs- und einfallsreich und nur hin und wieder auch etwas komplexer. Zudem bringen sie mit den erwähnten Überraschungen so großartige Ideen, Sounds und Genres mit ein, dass es nie langweilig wird. Dazu noch umwerfende Harmonien wie in der Ballade „A Wound is a Place to let the Light in“: Ein Album, das durchweg begeistert – und zudem mit seinen Referenzen an Porcupine Tree oder Kansas auch eine sehr publikumswirksame Schnittmenge ansprechen dürfte. Unbedingter Hörtipp!
White Knight Records bietet
auf Bandcamp einen Sampler an, den man sich auch kostenlos runterladen
kann: 17 Songs und Künstler, die das Treiben des britischen Labels
sehr schön beleuchten. Highlights für mich: Kite Parade und
Eden Shadow. Die beiden Longplayer der Band um Ryan Mark Elliott, der
auch für das Songwriting verantwortlich ist, sind schon ein paar
Jahre älter, aber manchmal dauert`s eben ein bisschen länger…
„Phases“ (2014) bietet einen wunderbaren Sound zwischen Prog und härteren Gitarren, mit
komplexen Anteilen, ohne zu übertreiben und erinnert wiederholt an
Porcupine Tree, auch wenn die Kompositionen nicht ganz an die eines
Steven Wilson heranreichen können. Aber ich mag den Härtegrad
und den musikalische Ansatz! „Melodies For Maladies”
(2016) ist da schon einen ganzen Schritt professioneller: Gute
Hooklines, geniale Breaks, immer wieder überraschende Wechsel,
gute Songs. Hier und da gibt es progressive Elemente, die vielleicht
nicht immer unbedingt songdienlich sind, aber vor allem an den beiden
abschließenden „Introspect Part 2“ (18:59 min!) und
„Logos“ 06:19 gibt es wenig auszusetzen. Eden
Shadow war Elliott „University Project” und nach diesen
ersten Schritten machte er solo, bzw. v.a. unter eigenem Namen weiter.
Das ermöglichte ihm, wie er sagt, eine größere
musikalische Bandbreite und auch Kollaborationen. Die Grundausrichtung bleibt
die gleiche, auch hier gibt es immer wieder schönen Steven Wilson
Verweise, bzw. Parallelen, aber die Songs sind deutlich unprogged,
also entschlackt. Ich empfehle da mal das aktuellere „Head Above Water”
(2022), ein tolles, melodisches Rock-Album mit durchaus Prog-typischen
Anleihen, wie z.B. in „Restlessness (7:26) oder
„Hallucinogen” (10:04). Aber auch „Between a Disillusion and a Resolution" (2020) ist, sorry!, eine ebensogute Wahl! Ach, und apropos die eingangs erwähnten Kite Parade (siehe auch CD der Woche KW 15/2022 ("The Way Home"):
Mit deren Andy Foster steht Elliott in engem Kontakt und tourte mit der
Band als Gitarrist – weitere Aktivitäten sind geplant.
Es gibt Bands, die sind, wenn sie im richtigen Moment auftauchen, so belebend wie die Luft zum Atmen. Ein Gefühl, das ich z.B. hatte, als ich zum ersten Mal The Intersphere gehört habe oder die Blackout Problems. Kommt also selten, aber trotzdem durchaus hin und wieder vor. Jetzt also die Norweger Fixation mit ihrer explosiven Mischung aus elektronischen Elementen, Stadionrock und Post-Metal. Nach einer EP und diversen Festivalauftritten, mit denen sie bereits für einige Aufmerksamkeit sorgen konnten, ist „More Subtle Than Death“ jetzt ihr Debütalbum – und es dürfte der Startschuss für eine große Karriere sein! Dieser Band gehört die Zukunft. 9 Songs, die dich mitreißen wie im Rausch – und viel zu schnell vorbei sind. Eine Achterbahnfahrt aus Melancholie und Aggression, aus Referenzen an Bring Me The Horizon, Thrice und Thirty Seconds To Mars – mit einem atemberaubenden Sänger Jonas Hansen.
Eigentlich sollten an dieser Stelle nur ein paar Zeilen zum neuen Album des Trios aus
Kentucky stehen: „American Mystic“ ist das erste Album seit
dem 2016er „Beneath The Dark Wide Sky”, weshalb man sich
schon wundern durfte, warum es dieses Mal so lange gedauert hat. Bei
den Vorgängern hatten sie nämlich bislang jeweils nur 2 bis 3
Jahren gebraucht. Nun, ein Grund könnte die
Wiederveröffentlichung ihres 2008er Pre-Debütalbums
„The Giants' Newground“ sein. Offizielle Statements dazu
von der Band sind rar im Netz. Das Album stammt aus der Zeit vor der
offiziellen Bandgründung und galt lange als verschollen.
Geschrieben von Sänger und Gitarrist Matt Page und Drummer Joey
Waters wird auf der neuen Version aber auch Bassist Chris Tackett
zumindest als beteiligter Musiker aufgeführt. Und während die
Band ihre Richtung schon hier weitgehend definiert, zeigen schon die
Setlist von 16 Songs und die Tatsache, dass 10 davon unter 5 Minuten
lang sind, dass sie hier ein wenig straighter agieren. Die 6 Songs
zwischen 5:29 und 7:17 ziehen dann aber auch bereits alle Register, die
sie auf ihren weiteren Alben etabliert haben.
Was uns zum neuen Album bringt: “American Mystic” startet
dann auch genauso, wie man es von ihnen liebt: „Beyond
Repair“ bringt es inklusive Intro auf gut 6 Minuten und sorgt
für erste extatische Explosionen, die im folgenden „Forged
in the Furnace“ trotz kompakter Single-Länge gar nicht
abebben wollen. Wenn ihr also auf eine Dreiviertelstunde Gänsehaut
steht, solltet ihr dieses Album laut hören! Die Jungs produzieren
noch immer einen Sound, der einem Orchester näher kommt, als man
es einem Trio zutrauen würde. Grandioses Hooklines, perfekter
Sound, eine wuchtige Rhythmusfraktion und cleane Gitarren sowie geniale
Gesangsarrangements. Rock in Stadion-Breitwandformat, der mal nach
Angels & Airwaves, mal nach Anathema, mal Mystery, Journey oder
Kansas klingt. 8 Songs plus Intro zwischen drei und zehn Minuten, die
es auf eine Spielzeit von einer Dreiviertelstunde
Wall-of-Sound-Rock-Vollbedienung bringen. Ein weiteres Mega-Album!
Die einen feiern immer noch Inhaler, die Band um Bono
Vox-Sprössling Elijah Hewson, für ihr Debütalbum
„Cuts & Bruises“
als die Neuentdeckung des Jahres. Ich hab schon mich wieder neu
verliebt: Movements aus Kalifornien, gegründet 2015 mit ihrem
dritten Album „Ruckus“. Ich gebe zu, es ist in erster Linie
der Song „Tightrope“, der so eine perfekte Balance aus
Hookline, Melancholie und Kante liefert, das man den Rest einfach nur
mitzelebrieren kann. Ein Song, der in seiner Intensität an Lewis
Capaldi erinnert. Aber letztlich gibt es keinen Schwachpunkt, deshalb
lohnt sich auch insgesamt ein genaueres Hinhören.
Das Album beginnt mit „You're One Of Us Now” relativ wild
zwischen Indie Rock und Punk, danach wird es erst einmal
gemäßigter. Im vierten Song, „Heaven Sent“ sind
sie fast im Pop angekommen, bevor sie mit dem folgenden
„Tightrope“ ihren Song für die Ewigkeit geschrieben
haben. Danach wird es auch wieder lauter – mit einer sehr
mitreißenden und bunten Mischung aus Indie Rock und
Post-Hardcore-Momenten, die aber immer wieder mit genialen Hooklines
punkten. Ein tolles Album! Um den Bogen zum Anfang und zu Inhaler
zurückzuschlagen: Ähnlich wie die Iren erinnern sie
wiederholt an U2, bringen aber anstelle der manchmal zu großen
Pop- eher Indie-Rock-Anteile mit rein, die dann an Acts wie We Were
Promised Jetpacks erinnern.
Zwei Mal Neal Morse innerhalb eines Monats: Nachdem er am 14.7. sein neues (3-CD-)Live Album „An Evening of Innocence & Danger: Live In Hamburg“
veröffentlicht hat, schickt er am 11.8. noch ein neues Studio
Album nach. Also der Reihe nach: Auf seinem neuen Live Album beweist
Neal Morse einmal mehr seine Live-Qualitäten. Mit technisch
brillanter Band, dem kompletten „Innocence &
Danger“-Album sowie einem „Great Similitude Medley“,
mit dem er zeigt, dass er nicht nur genial komponieren, sondern auch
noch genauso gut re–arrangieren kann.
Und apropos genial komponieren: das beweist er wiederum mit seinem
neuen Studio Album, „The Dreamer - Joseph: Part One”, einer
Fortsetzung seiner „Jesus the Exorcist“ Albums. Also
Vorsicht: Es wird mal wieder ein wenig kirchlich-orientierter.
Inklusive Halleluja, Heaven und Hell, aber genial arrangierten
Chören. Wem der kirchliche Bezug also nichts ausmacht und einmal
mehr all das hören möchte, was wir an den frühen Spock`s
Beard Kompositionen und Alben geliebt haben, inklusive
Stimmungswechseln, Laut-Leise-Dynamik, variablen Gesangsarrangements,
atemberaubenden Gitarrensoli und einmal mehr Ted Leonard und Talon
David als Gastsänger_innen, dem sei dieses Album empfohlen!
Ich
muss zugeben, dass ich nicht vertraut war mit der Musik von Nick Drake.
Versuch einer Entschuldigung: 1974 nach drei heute als legendär
bezeichneten Alben im Alter von 26 Jahren (an einer Überdosis
Antidepressiva) gestorben fand seine Karriere deutlich vor meiner
musikinteressierten Zeit statt. Zugegeben, ein Blick in wikipedia
verdeutlicht, dass es in den letzten Jahr(zehnt)en wiederholt
Gelegehnheit gegeben hätte, auf ihn aufmerksam zu werden. Aber: Es
ist nie zu spät - und schön, wenn sich wie in diesem Fall
Künstler an sein Oevre erinnern – und verdeutlichen, warum
seine Alben heute als legendär gelten. 25 Songs von so
unterschiedlichen Künstlern wie (den mir bekanntesten) David Gray,
Bombay Bicycle Club, Ben Harper, Emeli Sandé, Liz Phair oder
Philip Selway decken eine beachtliche Stilbreite ab, haben aber eins
gemein: Sie sind unglaublich schön! Anders lässt sich das gar
nicht sagen. Dabei fängt es noch harmlos an, wird aber immer
besser! Spätestens ab dem Titelsong (bzw. dem Song, in dem die
Titelzeile vorkommt, Let s Eat Grandmas „From The Morning“
sind die Songs magisch bezaubernd.
Tolle Songs, toll Künstler, tolle Versionen, tolle Abwechslung.
Wenn ich einen vergleichbar gelungenen Tribute-Sampler anführen
sollte, würde ich „Two Rooms“ (Elton John)
anführen. Wobei da deutlich größere Stars ihr
Stelldichein gegeben haben. Völlig unnötig: „The
Endless Coloured Ways” hat keine großen Namen, ist aber
großes Kino!
There`s been a lot of talk about this next band, maybe…maybe too much talk. This band is not a rebel band, this is Greta
van Fleet. Diese legendäre Songansage von Bono Vox, nur in einem
Wort zweimal geändert, ging mir wiederholt durch den Kopf als ich
über dieses Album nachdachte. Nein, Rebellen sind die Kiszkas
Brüder nicht mehr mit diesem Sound, aber sie wurden
spätestens mit ihrem zweiten Album „The Battle at Garden`s
Gate“ mit so vielen Lorbeeren bedacht, da konnte man schon mal
Bedenken haben, wie sie damit weiter würden umgehen können.
Da sprach nicht nur Slash von den „Rettern der Rockmusik“.
Mehrere Nr. 1 Platzierungen und 200+ Millionen Streams bedeuten...
und letztlich machen ja etwas! Aber von gestiegenem Druck ist auf dem
Album nichts spürbar. Die Band agiert genauso locker und
souverän wie auf ihrem Vorgänger, die Songs versprühen
immer noch den unbändigen Drive der Jungs und besitzen die
majestätische Epik, die jeden einzelnen zum Monument werden
lässt. Beeindruckend! Da sie zudem noch abwechslungsreich sind,
ist man in keinem Moment überfordert, gelangweilt oder genervt.
Ist das noch Retro? Allein durch die bestehenden Led Zeppelin
Parallelen, ja, aber dabei sind sie auch genauso zeitlos, mehr noch als
ihre Vorläufer mit ihren vielen zeitlosen Hits bewiesen haben.
Das dritte Album beweist die Größe einer Band?
Nun, in
diesem Fall ist dem bereits Gesagten nichts hinzuzufügen.
Ein bisschen fetter als das erste Album, ein bisschen härter auch, aber immer noch mit gelungenen Hooklines: Toller Rock zwischen Lenny Kravitz, Prince und Papa Roach. Was auf den ersten Blick schon erst mal eine Spannbreite ist, aber bei genauerer Betrachtung ist der Abstand hier gar nicht so groß: Alle sind gitarrenbasiert, alle haben jede Menge Power in ihrer Musik und letztlich basiert doch alles auf Blues, oder? Und entsprechend füllt Ayron Jones diese Lücke auch auf seinem zweiten Album ganz ausgezeichnet. Optisch würde man ihn spontan eher dem Hip-Hop Genre zuordnen, aber aus Seattle stammend ist er offensichtlich eher von Kurt Cobain und Jimi Hendrix beeinflusst. Dazu hat er den Groove und bei seiner Biografie (als Kind von seinen drogenabhängigen Eltern verlassen) hat er den Blues im Blut, spielt fantastisch Gitarre und er schreibt gute Songs. Bzw. er hat gute Songwriting Partner: Bis auf das abschließende, grandiose „On Two Feet I Stand“ hat er mit u.a. Blair Daly, Marti Frederiksen, Zac Maloy und Scott Stevens gleich mehrere davon vereint. Sein Debüt reihte ihn ein in die relativ kurze Liste schwarzer Künstler, die Platz 1 der Billboard Rock Charts erreicht haben, brachte ihn ins Vorporgramm der Rolling Stones und Guns n' Roses. Mal sehen, wohin ihn dieses Album trägt.
Der Hamburger Musiker Frank Us hat sich einmal mehr extrem spannende Gastmusiker ins Boot geholt, darunter John Mitchell, Marco
Minnemann, Pete Trewavas und Steven Rothery. Während Mitchell bei
zwei Songs singt und am Songwriting beteiligt war, steuern die anderen
drei ihr Spiel, bzw. Solo in jeweils einem Song bei. Soll heißen:
Während die beiden Opener schöne Züge von Mitchells
Projekten zeigt, sind die anderen nettes name-dropping und Sound- bzw.
Einfluss-Suchspiel. Einflusseicher sind da schon die Beiträge von
Kansas-Mitbegründer Jake Livgren, der ansonsten sehr gelungen den
Gesang übernimmt und die der Mitmusiker Todd Sucherman (dr),
Carsten Rehder (g) und Lars Slowak (bs). Songwriting, Keyboards und
Gitarren kommen ansonsten vom Hamburger, der eigentlich nur mal ein
Album hatte produzieren wollen neben seiner Auftragsproduktionen
für Jingles und Werbung. "Helix" ist mittlerweile sein 4. Album.
Und das Spannendste bislang! Was vor allem an seiner Aufteilung liegt.
Bereits die ersten vier Songs norden den Hörer gelungen ein, nach
den beiden Songs mit John Mitchell folgen mit "A Sense of Hope" und "A
little Differently" (tolle Steigerung!) die beiden ersten Highlights:
Kernig, mitreißend, kompakt und doch abwechslungsreich! Hier hat
Us seine Stärken gebündelt und in klasse Songs gegossen. Das
folgende "re-sponse" (in 8 Akten) lässt sich mehr Zeit, kann aber
durch die gleichen Zutaten auch über 17 Minuten begeistern mit
tollen Passagen, Soli und immer wieder überraschenden Wendungen,
ohne zu verkopfter Prog zu sein. Nach zwei weiteren Songs folgen dann
drei Instrumentals, die passenderweise "Exploring my DNA" Us´
erste Liebe und Haupteinflussquelle zelebrieren: Keith Emerson. Diese
Seite hatte mich auf dem letzten Album ("The Penrose Triangle", 2022)
noch etwas gestört, weil sie den Fluss des Albums unterbrachen.
Hier beschließen sie das Album auf wunderbare Weise - fast! Denn
zum Abschluss gibt es nach 60 Minuten Spielzeit noch zwei Bonustrack in
Form von alternativer Versionen von "A little Differently" (feat. Doug
Pinnik) und "True Spirit" (Single Version). Meine Hochachtung: Ein
sehr professionelles, abwechslungsreiches und extrem gelungenes
Album!
Ein
neuer Name aus Norwegen, ein spannendes Debütalbum: Martin Utby
(dr, k) und Simon Bergseth (g, b, v) hatten im Alter von 7 Jahren einen
Pakt geschlossen, mal ein Album zu veröffentlichen. 22 Jahre hat
es gedauert, geschrieben in einer Hütte in den norwegischen
Wäldern, aufgenommen mit Øystein Aadland (b, k), Edvard
Seim (g) und Auver Gaaren (k). Sie haben das atmosphärische von
Steven Wilson, und auch die progressiven Elemente erinnert stark an
seine Handschrift. Entsprechend bleiben Porcupine Tree-Reminiszenzen
ein ständiger Begleiter der CD – aber auf so gute und
sympathische – und letztlich so eigene Art, dass es nicht
stört! Zudem sind die Gitarren bisweilen mehr Metal – immer
wieder herrlich kontrastiert durch den soften Gesang - und auch der
Gesang schlägt das eine oder andere Male in Extreme, die man
– Opeth-like – einfach mal als erweitertes Stilelement
akzeptieren muss.
Denn es lohnt sich, dabei zu bleiben. "The Approbation" enthält 7
Tracks, die sich grob dem atmosphärischem Prog Metal zugeordnet
werden können, aber so viele interessante Zwischenparts einbauen,
dass auch Nicht-Metal-Fans auf ihre Kosten kommen. Die düstere und
intensive Stimmung hängt viel mit dem Konzept des Albums zusammen,
eine Story über eine düstere Seele, die mit ihren Gedanken
allein gelassen wird, isoliert in einer Hütte tief in den dunklen
Wäldern, weit weg von der Zivilisation. Die 7 Songs führen
den Hörer durch die Gedanken eines Mannes der mit der Akzeptanz
des Todes kämpft und dabei in den Abgrund gezogen wird.
Interessanterweise scheint es noch einen 8. Titel zu geben, denn statt
der existierenden gut 48 Minuten spricht der englische Teil des Infos
von 55 Minuten…. sehr mysteriös!
Wie Jazz-kompatibel die Songs von The Police sind, hat Sting bereits auf seiner „Bring on the Night“ Tournee (bzw.
dem gleichnamigen Live-Album) bewiesen. Wie sehr die Songs auf seine
Stimme zugeschnitten sind, bzw. wie schwer es ist, seine Songs in
akzeptabler Weise zu singen, weiß man, wenn man mal eine
Stadtfest-Band erlebt hat, die sich daran versucht hat – und das
wird auch nicht besser, wenn man den Kontrast durch eine weibliche
Frontfrau versucht.
Nun, Stewart Copeland darf alles mit seinen Songs machen, er hat sie
mitgeschrieben, ist Originalmitglied, ihm kauft man das ab wie man es
Sting abgekauft hat. Copeland legt noch einen drauf und arrangiert,
bzw. derangiert die Songs für ein komplettes Orchester, bringt
Jazz mit rein und beschränkt sich nicht auf eine Frau, sondern
gleich drei Sängerinnen, die sich gegenseitig ergänzen
– und das auf einem Niveau, das weit oberhalb jeden
Stadtfest-Niveaus liegt. Eine der Stimme erinnert bisweilen an Oleta
Adams – ist sie aber nicht: Amy Keys, Carmel Helene und Ashley
Támar heißen die drei. Und nach anfänglicher Skepsis
ist man recht schnell an die Umstellung gewöhnt und kann die Songs
in ihrer neuen Form genießen. Zumal die Playlist neben den
Unvermeidlichen („Message in a Bottle“, Every Breath you
take“) die zumeist besseren Hits (Every little thing..“;
„King of Pain“, „Can´t stand losing you”)
auch noch ein paar Unerwartete dabei hat. Die wären live
wahrscheinlich noch erweitert worden – sowohl numerisch als auch
in ihrer Ausgelassenheit, wie sie manche der Songs jetzt schon
wunderbar zelebrieren. Leider sind die Juli-Termine (inklusive Bremen,
20.7.23) nach monatelanger Ankündigung in letzter Minute wegen
Krankheit abgesagt worden. Nachholtermine wurden bislang nicht
verkündigt. Also müssen wir uns an die CD halten!
Zählen
Albumverkaufszahlen noch etwas? Oder sind es die Streams, die den
Erfolg ausmachen? Mit international fast 3 Millionen verkaufter Alben,
davon 1,3 Millionen in Deutschland, sind Billy Talent sind eine der
erfolgreichsten kanadischen Bands. Ihre Musik wurde weltweit fast 2
Milliarden Mal gestreamt, dazu kommen Auszeichnungen wie 7 Juno Awards
in Kanada oder der „Legends of Live Special Achievement
Award“.
Die im Nebensatz genannten deutschen Zahlen erkläre indes,warum
sie ihr erstes Live-Album seit 15 Jahren („666“) in
Frankfurt aufgezeichnet haben. Das Publikum empfängt die Band mit
offenen Armen!
Eine sehr sympathische Show in der ausverkauften Festhalle, ein
Frontmann, der unglaublich dankbar ist für die
Publikumsreaktionen, tolle Zwischenansagen („At a Billy Talent
show we take care of each other“ – was auch andeutet, dass
es zwischendurch hier durchaus auch abgeht im Publikum), emotionale
Post-Covid Texte, extrem hörenswert! Und nachdem Billy Talent
früher ja den eher Punk Ansatz verfolgt haben, wundert man sich,
wie gespickt ihr Programm mittlerweile mit Hits ist. Hammer! Richtig
fett!
Man könnte ihm ja vorwerfen, dass er Toto auflöst und wieder zusammenführt, wie es ihm in den Sinn kommt – oder wie es ihm gerade am besten passt, z.B. zugunsten seiner Solo-Aktivitäten. Was ja gar kein so großes Ding wäre, wenn er nicht jedes Mal so einen Film draus machen würde. In einem Moment sagt er, nie wieder und schimpft wie ein Rohrspatz, im nächsten lobt er die alten Haudegen wieder ob ihrer einmaligen Gesellschaft. Naja, irgendwie muss man ja für Schlagzeilen sorgen. Dabei würde in seinem Fall auch die Musik alleine schon für sich sprechen. Jetzt also mal wieder unter eigenem Namen, allerdings alles andere also solo. Nachdem sowohl Luke als auch seine beiden Hauptmitstreiter David Paich und Joseph Williams zuletzt eigene Soloalben veröffentlicht haben, haben die drei nun ihre Kräfte gebündelt – und lassen nebenbei das Statement fallen, dass Toto „nie wieder ein Studioalbum aufnehmen wird“. Dazu kommen weitere Songwriting-Koryphäen wie die langjährigen Lukather-Genossen Stan Lynch und Randy Goodrum und Gäste wie Simon Phillips, Lee Sklar, Lukes Sohn Sohn Trev Lukather und Gov’t Mule Bassist Jorgen Carlsson. Das Ergebnis ist ein voller Erfolg: „Bridges“ ist zu 100% Toto. Zumindest die „Lukather-Seite“ der Band, wie wir z.B. vom „Tambu“-Album ausführlich kennen, aber auch bei jedem andere Album zum Tragen kommt. Entsprechend ist die Abwechslung also etwas begrenzter und beschränkt sich das Repertoire auf eine Mischung aus Toto/AOR-Pop („Bridges“), Journey-Melodic Rock (in der Tat war mir nie aufgefallen, wie nah Lukathers Melodic Rocker der anderen US-AOR-Insitution sind), wie „When I See You Again“ und 1A-Sahne-Balladen, die dann wieder Gary Moore ähnlich sind („Take my Love“). Songs schreiben kann er, singen auch und Gitarre spielen sowieso. Und all das beweist er mit jedem Song auf diesem Album. Schade nur, dass es zwar 10 sind, er damit aber nur auf rund 35 Minuten kommt. Das haben die letzten Bandalben allesamt übertroffen!
Da hatte ich gerade gedacht, die Londoner Sleep Token nutzen die veröffentlichungsfreie Zeit aus dem Hause Leprous, um mit ihrer eigenen faszinierenden, ähnlich abwechslungsreichen Mischung aus Prog und Rock und Metal und Jazz und Pop durchzustarten (s.u., KW 19) – da kommt Leprous-Frontmann Einar Solberg. Der Sänger der Norweger veröffentlicht sein erstes Soloalbum. In Kollaboration mit einer Reihe von gleichgesinnten Songwritern und Musikern – Ben Levin (Bent Knee), Toti Gudnason (Agent Fresco), Magnus Børmark (Gåte), Ihsahn u.a. – liefert er eine Songsammlung ab, die denen seiner Band Leprous in nicht viel nachstehen. Deutlichster Unterschied: Die Metal-Elemente fehlen, aber ansonsten bedient er sich einer vergleichbaren Bandbreite von Prog über leise bis zu experimentellen Tönen, klassische und symphonischen Einlagen, Bombastpassagen und überraschenden Breaks und Stimmungswechseln. Dazu kommen sehr persönliche Texte – der Albumtitel „16“ bezieht sich auf seine Jugend (“That’s when I kind of lost my innocence and I started realising that life is serious and bad shit can happen“) und die musikalische Vollbedienung: 70 Minuten voller Überraschungen, Longtracks bis zu 11 Minunten. Mega!
Und wieder zurück an den Drums: Nachdem mit Taylor Hawkins ein weiterer seiner musikalischen Weggefährten von uns gegangen ist, hat Dave Grohl nicht nur das Songwriting und den Gesang, sondern wie in alten Nirvana-Zeiten auch die Drums wieder unter seine Fittiche genommen. Was wohl vorerst nur für das Album gilt, aber darum geht es ja hier. Und zwei Jahre nach „Medicine at Midnight“ präsentiert das eine der größten Rockbands unserer Zeit wieder zurück auf der Spur! Der Vorgänger war ja erschreckend kommerziell, gezähmt, zahnlos, nenn es wie du willst, ich sage mal schwach ausgefallen. Aber vielleicht ist Grohl bewusst geworden, dass er das a. gar nicht nötig hat und b. ihn auch nicht in neue Sphären aufsteigen lässt – falls er das überhaupt wollte. Mit „Rescued“ und „Under You“ startet das Album erfrischend knackig und nach kurzer Verschnaufpause ist auch das Titelstück wieder ein Rocker erster Güte. Klar, es gibt auch ruhigere Töne, aber die sind in überschaubar kleiner Zahl und deswegen nur willkommene Abwechslungen. Eine ausgewogene Sammlung guter Songs und gelungener Hooklines und mit „The Teacher“ ein (zehnminütiges!) Opus über eine weitere Person, die er verloren hat: Seine Mutter. Ein großes Album und ein richtig gutes dazu!
Seit ihrem Knaller-Debütalbum „Interspheres><Atmospheres“ (2010, den Vorläufer unter anderem Namen kannte zu der Zeit ja noch keiner) besetzen die Mannheimer einen Stammplatz in der Liste der Bands, die mit der Ankündigung eines neuen Albums bei mir für einen erhöhten Puls sorgen. Zwar konnten die weiteren Alben der vier Popakademie-Absolventen keine vergleichbaren Sensationen entfachen, aber das wäre auch wohl zu viel verlangt. Stattdessen können sie immer wieder aufs Neue mit ihrer grandiosen Mischung aus Rock, Pop, Prog und Alternative überzeugen, haben längst ihren eigenen Trademark-Sound entwickelt, den sie immer wieder aufs Neue austarieren und in neue Ecken vorstoßen. So hat auch das neue Album mit dem Titelstück einen perfekten Opener, in „Down“ oder „Heads Will Roll“ fette Metal-Sounds eingebaut und in „Who Likes To Deal With Death?“ Funk-Elemente mit wunderbaren Melodic-Breaks. Muse winken aus der Ferne in „A la Carte“, „Corrupter“ lässt es etwas straighter angehen, die beiden abschließdenen „Treasure Chest“ und „Under Water“ eher ruhiger. Aber kein Song läuft einfach nur durch, immer wieder gibt es überraschende Wendungen und Breaks, die begeistern, ohne dass man Prog-Fan sein müsste, um ihnen zu erliegen. Schade nur, dass der ganze Spaß nach knapp 38 Minuten schon wieder dabei ist!
Den Stempel Hardrockband tragen die Briten seit Langem nur aus guter
Tradition – und weil es ihrer inneren Überzeugung wahrscheinlich
immer noch am nächsten kommt. Gestartet als NWOBHMetal-Band
standen sie sich streng genommen bereits mit ihrem Erfolgsalbum
„Hysteria“ (1987) dem Pop/Rock-Genre näher als dem
klassischen Hardrock. Spätestens ihr 2006er Coveralbum
„Yeah“ zeigte auch, wo es, bzw. wo sie als Band herkam.
„Drastic Symphonies“ zeigt das genauso. Auf komplett
andere, deutlich aufwändigere Art und vor allem mit ihren eigenen
Songs. Mit dem Londoner Royal Philharmonic Orchestra aufgenommen wurden
aus den alten Hits und Klassikern jetzt symphonisch arrangierte
Pop-Songs. Nicht einfach mit klassischem Hintergrund erweitert, sondern
in der Tat an vielen Stellen neu arrangiert. Was eine Leistung ist,
allerdings wahrscheinlich nicht die der Band selbst. Produziert von
Ronan McHugh und Nick Patrick, dürfte es am ehesten auf Arrangeur
Eric Gorfain (Neil Diamond, Ryan Adams, Christina Aguilera)
zurückgehen. So zahnlos das Ergebnis ist, es hebt die
Schönheit der Kompositionen noch einmal auf neue Art hervor
– und so manchmal reichen ja auch die großen Melodien zum
glücklich sein. Joe Elliots neuer Gesang dazu, hier und da noch
ein gutes Gitarrensolo verbaut, dann macht´s am meisten
Spaß, Ungeachtet ihrer eingangs in Frage gestellten
Genre-Zugehörigkeit erscheint dieses Album gerade rechtzeitig zum
Auftakt der Co-Headliner-Tour mit Mötley Crüe. Ob dieses
Album, bzw dessen mitunter etwas arg lieblichen Versionen der Songs
dabei eine Rolle spielen werden?
Ich liebe Alben, die dich durch den ganzen Tag tragen. Weil sie so abwechslungsreich sind, dass man auch nach dem fünften oder sechsten, siebten, achten Mal hören noch überrascht ist und neue Dinge entdeckt. Und während ich beim Hören ja immer auf der Suche bin nach dem Stück, was ich stellvertretend für das Album oder aber als Album-Highlight in meiner „Blizzard Friday Night Rock Show“ spielen kann, kann ich mich Sleep Token immer noch nicht etscheiden. Dabei habe ich es heute den ganzen Tag über im Garten gehört, lediglich unterbrochen von 2 Stunden Bundesliga Show auf NDR 2. Werder bleibt in der Bundesliga, Hertha steigt ab und dass die Bayern ihre Meisterschaft verspielen, war ja nicht abzusehen, deswegen hatte ich mich ab 17:30 Uhr schon wieder dem Album gewidmet. Was für ein Meisterwerk! Sleep Token agieren ähnlich den norwegischen Kollegen Leprous, nur mit deutlich weniger gewöhnungsbedürftigem Sänger. Aber was diese Jungs aus London an Abwechslungsreich tun auf ihrem Album präsentieren, ist genial. Von deftigen Metalsounds bis zu melancholischen, leisen Tönen ist alles dabei. Progressive Einschübe, Crossover-Rap-Einlagen, Jazzklänge und liebliche Töne bis hin zu effektvollen DeathMetal Screamo. Sensationell! „Take Me Back To Eden“ ist dabei der dritte Teil ihrer Trilgie, die 2019 begann und hiermit ihren klaren Höhepunkt erlebt. Anathema ließen sich als weitere Referenz anführen, aber nur um eine Orientierung zu geben. Vergleichbar ist hier eigentlich nur Leprous. Deswegen kann ich hier nur eine absolute Empfehlung aussprechen. Viel Spaß damit!
Ein Konzert von Neal Schon ist zwangsläufig eine Reise durch die Zeit: Seit den frühen 70ern auf internationaler Bühne dabei, startete er mit Santana, lernte da Keyboarder Greg Rolie kennen und gründete mit ihm Journey. Der ist zwar seit 1980 nicht mehr bei Journey dabei, bleibt aber für Schon ein Verbündeter. Und als Schon im Februar 2018 zwei Benefizkonzerte für die Opfer der Feuer in der San Francisco Bay Area spielte, war er an seiner Seite. Mit dem Ergebnis, dass der diese Konzerte einiges an gemeinsamen Songs und Alben in Erinnerung ruft. Neben Solosongs gibt es also auf insgesamt drei CDs und 161 Minuten lang auch Songs aus den ersten drei Journey-Alben, bei denen Rolie auch wieder den Gesang übernimmt. Da Deen Castronovo ohnehin am Schlagzeug dabei war, übernimmt der für die unvermeidlichen Journey-Klassiker – und einige weitere Raritäten aus ihrer Diskographie – die Rolle als Frontmann. Und an den fünf Jahre alten, unbearbeiteten Aufnahmen wird deutlich, warum er für die Ansprüche der Kultband zwar im Studio locker mithalten kann, aber live nicht ganz an die Frontmannqualitäten seiner Kollegen anknüpfen kann. Zum Abschluss noch zwei Santana-Klassiker und immer wieder grandiose, ausufernde Gitarrensoli des Namensgebers. Ein karriereumspannender Rückblick, der es nicht verdient hätte, in den Archiven zu verstauben. Leider entspricht die Klangqualität nicht mehr ganz aktuellen Standards, aber das fällt nach kurzer Zeit nicht mehr ins Gewicht.
Wer A sagt, muss auch B sagen. Und wer Lies („Lies“, siehe KW 11) bespricht, muss auch das neue Album von Lakes erwähnen! Zumal die Briten die Kollegen von American Football sogar als Einfluss erwähnen. Neben Fleetwood Mac, Phil Collins und Peter Gabriel. Womit ihr Sound schon ausreichend beschrieben ist, den Rest müsst ihr selbst nachhören. Mit „Deep End“ packen sie den vielleicht besten Song des Albums gleich an den Anfang – obwohl „Aces“ auch mega ist – und ehrlich gesagt ist es schwer, hier überhaupt einen Song über einen anderen zu stellen. Ein wunderbares Art-Pop Album voller wunderbarer Melodien, Abwechslungsreichtum, gekonnten Hooklines und variablem Gesang. Sehr schön! In der Art des Duett-Gesangs erinnern sie mich übrigens an die Band 1997!
Ich kann es nicht ändern, auch wenn ich dem AOR Melodic Rock schon lange kaum mehr etwas abgewinnen kann, bleiben
manche Bands so fest mit meiner musikalischen DNA verwachsen, dass sie
mich auch weiterhin begeistern können. Journey ist eine
dieser Bands. Ihr Breitwand-Rock, ihre fett produzierte Mischung aus
energetischen Rockern und bombastischen Balladen, kombiniert mit
herrlich rauem Gesang und begnadeten Gitarrensoli schafft es in den
allermeisten Fällen, nicht zuletzt dank grandioser Hooklines die
Kitschgrenze zu umschiffen. Das war einmal mehr beim 2022er
„Freedom“, dem ersten Journey-Album seit 2011, der Fall.
Seit 2015 ist ein Name dazugekommen, der über Drummer und (bei
Journey gelegentlichem Zweit-)Sänger fest mit Journey in
Verbindung steht, albumproduktionstechnisch ihnen aber weit
überlegen ist. Dem selbstbetitelten Debüt kommt jetzt das
mittlerweile 4. Album dazu, und einmal mehr steht hier die
Qualität von Songwriting, Performance und Abwechslung auf
demselben, hohen Niveau. Was zum einen an der auch bei Journey immer
wieder mal gezeigten gesanglichen Qualität (und Ähnlichkeit)
zur Originalstimme liegt, zum anderen an den Mitmusikern, bestehend bei
diesem Album erstmals aus dem atemberaubende Gitarristen Joel Hoekstra
(Whitesnake, Transsiberian Orchestra) und Bassist Jeff Pilson (u.a.
Foreigner). Ein rundum gelungenes Album!
Ist es Fishing for Compliments? Oder nur ein Beispiel für seinen Hamburger Humor? Es mutet schon etwas überraschend an, dass ausgerechnet einer der begnadetsten Poeten der deutschen Singer/Songwriter-Szene sein neues Album „Pseudopoesie“ nennt. Nun, immerhin ist es einer der Songtitel. Neben der Poesie und den Texten voller Intelligenz und Wortwitz ist es zudem die Musik, die so schön ist wie eine warme Dusche und eine Stimme zwischen Melancholie und Sehnsucht. Auch auf seinem siebten Album sich der Hamburger, der sich Anfang der 90er zunächst als Frontmann von Nationalgalerie einen Namen machte, einmal mehr von seiner besten Seite. Ohne sich in Soundexperimenten zu verlieren, sind seine Songs meistens auf das Nötigste reduziert und trotzdem voller Abwechslung. Klasse!
Ein extrem abwechslungsreiches Album, zwischen Pop Punk und großer Stadion Rock Hymne. Das beinhaltet einige sehr ernste Songs und Töne, u.a. durch die Corona beeinflussten Texte, aber auch der Partyfaktor kommt nicht zu kurz. Und diese Mischung macht dieses Album extrem sympathisch. Letztlich ist es gerade diese Mischung aus unterschiedlichen Stimmungen und Genres, wegen der es Spaß macht, das Album wiederholt zu hören. Dazu kommen Überraschungen wieder Earth Wind & Fire-infizierte „What a Time to be Alive“, genauso wie die klassischen Töne zu Beginn des Albums und im abschließenden Titelsong. Absolut gelungen!
City and Colour ist das Pseudonym des Sänger, Songwriter und Performer Dallas Green, "The Love Still Held Me Near" ist bereits sein 7. Stuaioalbum. Und während er mit der Tiefe und Intimität seiner Songs bereits Fans auf der ganzen Welt gewinnen konnte, treibt er diese Qualitäten auf dem neuen Album auf einen neuen Höhepunkt. Grund dafür dürfte sein, dass die Songs von der schwierigsten Zeit in Greens Leben handeln, in der er u.a. seinen besten Freund und langjährigen Toningenieur Karl Bareham 2019 verloren hat. Spannend wird das Album aber v.a. durch die abwechslungsreiche Umsetzung: Wie schon in der ersten Single „Fucked it up“ bringt Dallas Green immer eine Dosis Rock mit rein – was seine Songs von der Qualität der Counting Crows, GooGooDolls oder Death Cab For Cutie wesentlich Rock-Affiner werden lässt. Leider trifft das erstmal nur auf die ersten drei Stücke zu. Danach wird’s etwas melancholischer und ruhiger, was die Songs nicht weniger schön macht, aber halt weniger Rock. Zum Ende hin legt er allerdings mit "Hard, Hard Time" und vor allem "The Water Is Coming" noch einmal richtig los und lässt es krachen. Ein tolles Album: Intensiv, schön, melancholisch, abwechslungsreich. Groß!
Die Finnen haben sich in der Vergangenheit schon einen Namen machen können mit einem Sound zwischen melodischem Rock
und progressiver Ausrichtung. Und auch das Hören des neuen Album
bringt Vergleiche mit großen Namen ins Spiel: „Telepathic
Minds“ passt bestens zwischen Pink Floyd, Transatlantic und in
erster Linie Sylvan! Was dreimal für große Qualität
steht - und in der Tat liefern die Finnen diese auch immer wieder.
Wobei nicht alle Songs auf ganzer Länge überzeugen
können, aber es tauchen immer wieder tolle Ideen und Momente auf,
Abwechslung und starke Soli inklusive. Und bei 90 Minuten
Gesamtspielzeit darf man sich auch die eine oder andere Länge
erlauben.
Musikalisch halten sich die progressiven Elemente in Grenzen - die
„Taktwechselfrequenz" würde ich ungefähr mit Saga
vergleichen wollen - sie kommen vor, stören aber den Fluss des
Songs nicht wirklich. Sehr gutes Album!
Mike und Nate Kinsella sind eigentlich Mitglieder der US-Indierock/Emo-Band American Football – neben diversen weiteren Projekten, die sie betreiben. Beim Schreiben neuer Songs entdeckten sie die gemeinsame Vorliebe für einen Sound, für den sie diesen neuen Bandnamen ins Leben riefen. Lies spielen Pop. Art-Pop, um genauer zu sein. Diese wunderbare Mischung, die man sonst von Künstlern wie Peter Gabriel oder Paddy McAloon (Prefab Sprout) kennt, Das Tears For Fears-Duo Orzabal und Smith oder auch Midge Ure in ihren besten Momenten, alles Namen, in die sich die beiden Cousins locker mit reinreihen dürfen. Raffinierte Keyboardmelodien, markante Hooklines, entspannte Streicher, dezent angeschlagene Gitarren und groovige Rhythmen wechseln sich ab. Wunderbar!
In der Regel tue ich mich schwer damit, in meiner Sendung Instrumental-Tracks zu spielen. Dieses Mal konnte ich nicht anders: Ihr Opener "Kill The Sun And The Moon And The Stars" ist so eine fantastische Mischung aus Pink Floyd Atmosphäre und Postrock, dass ich nicht umhin kam, ihn zumindest leicht gekürzt zu spielen (Blizzard). Zudem ist es nur ein Beispiel für ihre Qualitäten: Auch das knapp 6-minütige "In My Dreams The Wind Chases Away The Clouds" besteht aus den gleichen Zutaten und ist so gut, dass man locker in einer weiteren Sendung nachlegen könnte. Dabei ist es gar nicht nötig. Denn das Frankfurter Quintett agiert so abwechslungsreich, dass man problemlos auch andere Songs findet: Im vierminütigen „Winter Song“ und vor allem im tollen Abschluss „Lostlostlostlostlostlostlostlost“ kommt auch Christian Blasers Gesang zum Einsatz. Weitere Beispiele für die abwechslungsreiche Songwriterkunst zwischen klassischem Psychedelic Rocks und immer wieder auch härteren Rock-Elementen – das kann schon mal dabei rauskommen, wenn drei Gitarristen an Bord sind. Ein tolles Debütalbum!
Sie
stehen für modernen – und oft unberechenbar
abwechslungsreichen Progressive Metal: Bereits mit ihrem Debüt
„Aquarius“ 2010 stellten die Briten klar, dass sie das
Genre neu denken. Und egal, ob sie in der Folgezeit eher
Wave-orientierter oder metallischer unterwegs waren, sie blieben ihrem
Trademark-Sound irgendwie immer treu. Was sicherlich auch an
Sänger Ross Jennings lag, dessen sanftes Timbre immer einen
gelungenen Kontrast zum Metal-Ansatz seiner Kollegen darstellte –
und der im Zusammenspiel mit Neal Morse und Nick D`Virgilio 2022 auch
seine Allzweckwaffen-Qualitäten unter Beweis stellte.
Das neue Album fasst viele der o.g. Qualitäten der Band zusammen,
ist mal straighter Rock (im Opener), mal klassisch progressiv-heavy
(„Nightingale“), bisweilen auch mal komplexer
(„Beneath the White Rainbow“), aber auch moderner und
elektronischer („The Alphabet of Me“) oder einfach nur
groß („Lovebite“, „Eyes Of Ebony“). Mal
sollte schon eine gewisse Prog-Affinität mitbringen, aber Haken
geben sich Mühe, ihren - natürlich mit melodischen
Zwischenspielen, aber auch - oft komplexen ProgMetal mit
gemäßigten Zwischenspielen alltagskompatibler zu machen. Was
es leichter macht, dieses Album zu erkunden. Es lohnt sich!
Die Schweden stehen schon eine ganze Weile für extrem abwechslungsreichen und unterhaltsamen Rock, der sich den verschiedenen Spiel- und Stilarten bedient. Mitunter krachend wie im Stoner Rock, eingängig treibend wie im besten Grunge Rock oder auch mal softer zwischen Biffy Clyro, College Rock und Pop-Hooklines haben sie sich auf für ihr neues Album einige Überraschungen ausgedacht. Dabei haben sie sich ihre Kanten bewahrt: Während die Kollegen von Pearl Jam oder den Foo Fighters (die sie mit der Single „Starkiller“ locker übertrumpfen) fast übertrieben sanft zu Werke gehen, lassen Sänger Niklas Serén und seine Kollegen immer wieder gerne auch die Rocker raushängen. Dabei platzieren sie im Hintergrund gekonnt feine Spielereien, die auch beim genaueren Hinhören immer wieder für Freude sorgen. Ein weiteres, richtig gutes Rock-Album!
Sie setzen ihren Weg fort vom Metal zum atmosphärischen Stadion-Rock-Act. Musikalisch gesehen natürlich, erfolgstechnisch reicht es dafür nicht ganz. Dabei sind die Franzosen mit ihrer Mischung aus ProgMetal und Alterative Rock seit knapp 30 Jahren unterwegs, anfangs noch mehr im Gothic und Metal Genre, seit ihrem 2008er Album "All Seeing Eye" auf dem entsprechenden Label Season of Mist, in der Folgezeit aber immer offener, was nicht zuletzt der Wechsel 2019 zu KScope dokumentiert. Und bei aller Affinität zum Sound von Kollegen wie Riverside, Porcupine Tree oder Devin Townsend hatten sie nicht zuletzt durch Sänger Yann Ligner und Saxofinist Matthieu Metzger immer einer klangliche Ausnahmestellung. Letzterer wird im Info zum neuen Album zwar nicht mehr aufgeführt, ich meine aber, ihn z.B. im Tietelstück herauszuhören… und auch Wikipedia nennt ihn noch aktuelles Mitglied. Wie auch immer, das Besondere in ihrem Sound ist ohnehin geblieben: Sehr atmosphärischer Breitwandrock voller großer Hymnen, der sich nur selten in instrumentalen Ausschweifungen verliert und entsprechend immer fokussiert bleibt, hin und wieder fällt der Gesang auch kurz ins Extreme, wodurch sie auch für Metal-Fans noch interessant bleiben dürften. Musikalisch wie klanglich absolut überzeugend!
2003 vom kauzigen Briten Andy Tillison gegründet, der
jahrelang mit seinen Parallel Or 90 Degrees das undankbare Schicksaldes
unverdient unbekannten Prog-Acts teilte, waren es v.a. die prominenten
Mitspieler wie u.a. Roine Stolt (Flower Kings) und David Jackson (Van der Graaf
Generator), die ihm sofortige Aufmerksamkeit bescherten. Musikalische Qualität
hatte er denen, die es bemerkt hatten, mit PO90 längst bewiesen, jetzt erlaubte
es ihm die neue Aufmerksamkeit endlich, auf neuem Niveau zu spielen. Und damit
auch live europaweit zu touren, wie diese 140minütige 14-Track Compilation
beweist. Da ist v.a. bei den frühen Aufnahmen die Soundqualität nicht immer
state-of-the-art, aber musikalisch kann das locker mit dem seinerzeit parallel
agierenden anderen Allstar-Projekt Transatlantic mithalten. Hauptunterschied zu
denen ist, dass Tillison wiederholt gerne ein wenig Jazz mit einbringt. Zwar
blieb die Prominenz nicht lange mit an Bord, wohl aber die verdiente
Aufmerksamkeit. Die musikalische Qualität blieb nicht durchgehend auf dem
Weltklasse-Niveau des Debüts „The Music That Died Alone“, aber immer hoch, zudem bewies Mastermind Tillison
Wandlungsfähigkeit. Die hier versammelten 14 Songs können das bezeugen - und sind mit 20, 15 und 4x12 Minuten, dazu
11, 9, 8, 7, 6, 5 & 4 Minuten-Tracks ein wahres Longtrack-Festival!
Prädikat: Empfehlenswert!
Die erste Single war ja schon ein echter Knaller: Sieben 7 Minuten lang eine großartige Steigerung vom ruhigen Intro zum epischen Stadionrocker zeigte „Carnival“ schon das Potenzial, das die Band über ihren Retro-Rock hinaus zu bieten hat. Auf dem Album ist noch ein weiterer Longtrack, der schon fast progressive Züge trägt mit seinem Tempowechseln. Ansonsten changiert die Band zwischen langsamen und schnelleren Rock- und Blues/Rock-Songs, nenn es Classic Rock, Vintage Rock oder Retro-Rock. Das ist, wo die Band herkommt und sich bislang präsentiert hat, aber sie beweist wiederholt, dass da noch mehr ist. Nach dem Motto alles kann, nichts muss, bringen Sie am Ende noch den sehr modernen, Beat-orientierten Rocksong „Instant Conclusion Decade“ unter, der zeigt dass die Band sich durchaus noch weiter entwickeln könnte, und man durchaus noch spannende Dinge von ihr erwarten kann. Für dieses Album haben Sie den richtigen Mittelweg gefunden zwischen dem Sound, den man von ihnen kennt und den Möglichkeiten die sie sich offen halten. Tolles Album!
Sie waren mal mit ihren Progressivrock an der Grenze zum Metalcore
gestartet – inklusive entsprechender gesanglicher Extreme,
zugegeben nur am Rande. Die Extreme wurden bereits auf ihre
Anfangs-Album-Trilogie immer mehr zurück gefahren, die
Metalelemente folgten. Über die Jahre wurden sogar die
Rockelemente soweit reduziert, dass sie schon zur Ausnahme und
gelungenen Erweiterung ihres abwechslungsreichen Sounds angesehen
werden konnten.
Das neue Album folgt einer langjährigen Pause und setzt den
beschriebenen Weg weitgehend fort. Mit "Friend or Foe" beginnt es fast
ungewöhnlich poppig, andere Songs beziehungsweise Songteile sind
so typisch Riverside, dass man meint, sie zu kennen. Zwischendurch wird
es - nicht nur gemessen an ihrer musikalischen Vergangenheit - fast
zärtlich leise, eine Seite die man bereits von früheren Songs
kennt.
Das alles ist gar nicht mal schlecht, die Entwicklung war ja auch
langsam genug, um davon nicht überrascht zu werden. Und
zwischendurch gibt es auch durchaus auch kräftigere Rockelemente.
Störend sind eigentlich nur bisweilen die Texte, bei denen Dariusz
fern ab von Reim und Schema munter vor sich hin erzählt und dabei
ein wenig überraschend plump und simpel agiert. Im vorletzten "Im
Done with You" erinnern sie dann - genauso überraschend –
plötzlich kraftvoll an ihrer Vergangenheit. In Ansatz, Härte
und Komplexität erinnern sie in 6 Minuten noch einmal daran, wo
ihre Wurzeln liegen. Und auch das abschließende "Self-Aware"
greift diese Seite erneut auf, kombiniert sie im weiteren Verlauf sogar
ein wenig mit den erwähnten anfänglichen Pop-Elementen und
bringt es auf knapp 9 Minuten. Damit bündeln sie am
erfolgreichsten ihre Stärken und schaffen nebenbei den vielleicht
repräsentativen Song für ihren aktuellen Entwicklungsstand.
Ein sehr versöhnliches Ende für ein Album von mitunter etwas
durchwachsener Qualität.
Hier kommt ein neuer Name für die meisten, denke ich, und definitiv ein erstes Highlight 2023! Atsuko Chiba kommen aus Montreal und begeistern mit einem Sound zwischen hypnotisch, abwechslungsreich und mitreißend, zwischen Groove, Psychedelic. Postrock, Progressive Rock und Krautrock, zwischen Archive und Pink Floyd – und damit am ehesten mit den frühen Archive vergleichbar! Ihr Platteninfo bringt noch Namen wie The Mars Volta, Beak und Spirit of the Beehive mit ins Spiel, aus der Ferne grüßen …And You Will Know Us By The Trail Of Dead. Alles Varianten ihres Sounds, der einen vom langen Intro an gefangen nimmt und nicht so schnell wieder loslässt – vorausgesetzt du hast die Repeat-Taste gedrückt, denn ihre 6 Songs bringen es leider nur auf eine Spielzeit von 36 Minuten. Dafür gibt es mit „So Much For” ein Highlight zwischen Stoner-/Post und Progressive Rock ein etwas komplexeres Meisterwerk sowie mit „Seeds“ eine etwas lang geratene erste Single (7:45). Die glänzt dafür mit den besten Zutaten des frühen Archive-Sounds und dürfte für Fans, denen die Briten etwas zu elektronisch geworden sind, eine willkommene Alternative sein! Und wenn man die Bandcamp-Seite der Kanadier checkt, kommt man auf weitere Archive-Parallelen, denn ihre 2021er „Quick Infant Guilt“-EP kombiniert fette Hip Hop Vocals mit Psychedelic Rock, und auch ihre 2016er EP „The Memory Empire“ machte Schritte in diese Richtung. Ihr merkt schon, diese Band hat mich so in den Bann gezogen, dass ich mich erstmal durch ihre Diskografie gezappt habe: 2 Alben, 3, 4, EPs und ein paar einzelne Singles lassen die schon ganz ansehnlich gefüllt aussehen, aber ich empfehle trotzdem zunächst das aktuelle Album: Ein extrem spannendes Werk, das dieser Band eine Menge neuer Fans bescheren sollte!
Ich habe vor einem Jahr bereits ihr letztes Album „And The
Beauty They Perceive“ gefeiert, da stehen sie nicht
einmal ein Jahr
später schon wieder mit einem neuen Album bereit. Und einmal
mehr liefern sie eine starke Mischung aus Dream Theater-ähnlich
abwechslungsreichem Progmetal und sehr eingängigen Rocksongs ab,
die v.a. durch den tollen Gesang von Frontmann Dean Wells, der es
schafft, die härtesten Breaks weichzuzeichnen, kontrastiert wird.
Großartig!
Das Album beginnt spannend mit dem Titelsong, das sich letztlich aber
als Highlight des Albums herausstellt. Wogegen nichts spräche,
wenn die Australier es geschafft hätten, ihre Dynamikwechsel und
Melodikpassagen noch etwas abwechslungsreicher, ausgeprägter und
spannender zu gestalten. So verfliegt der anfängliche Begeisterung
irgendwann ein wenig – und schwächelt das Album im
Mittelteil ein wenig. Zum Ende ziehen die sechs aber wieder an,
beginnend mit dem herrlich melodischen Solo in „Dangerous
Me“, und liefern auch im Folgenden noch ein paar tollen
Gitarrenmelodien ab.
Beginnen wir das Jahr mit einem weiteren Überbleibsel des letzten Jahres - aber einem, das hier erwähnt werden muss! Veröffentlicht am 25.11.22 präsentiert der Brite, anfangs des Jahrtausends noch als Frontmann des Alternative Rock Trios Reuben unterwegs, eine sehr spannungsreiche Mischung aus Singer/Songwriting und seiner Rock-Vergangenheit. Der Indie-Rock am Anfang ist dabei noch etwas irreführend. Das Album ist so gespickt mit großen Songs zwischen Pop, Singer/Songwriting und Rock, dass es das Prädikat Indie nicht verdient! Sogar die Charity-Single "Hospital Tree", deren Erlöse an National Health System-Wohltätigkeitsorganisationen gehen, endet nach sanftem Beginn in einem Rockfinale. Und von diesen Steigerung gibt es einige. Und es mag Geschmackssache sein, aber wenn er auf diese Art abgeht, wirds richtig spannend. Stimmlich erinnert er bisweilen an Joe Jackson, musikalisch streift er von da durch diverse Felder der 80er und 90er - ohne signifikanante Plagiatisierung. Ein tolles Album!...