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Dave Stewart

 Interview 2011. Ein weiteres Interview von 2008 gibt es hier!

„The Blackbird Diaries“ – ein sehr persönliches Album, benannt nach dem Studio von John und Martina McBride, in denen ein Album entstanden ist, und das anders ist als alles, was der ehemalige Eurythmics-Gitarrist, Songwriter, Produzent und Hitlieferant für diverse Musiker und Sänger bislang gemacht hat. Was schon die Tatsache zeigt, dass er noch nie so ausführlich im CD-Booklet vom abenteuerlichen Weg zu den Songs berichtet, wie auf diesem Album. Was uns von der Pflicht entbindet, an dieser Stelle allzu genau darauf einzugehen, denn…

 

…puh, es gibt so viele neue Projekte von dir, ich hoffe, wir kriegen sie alle unter hier!

Ja, ich war fleißig, ich weiß auch nicht was los ist.

 

Nun, zunächst wäre da mal ein neues Album, „The Blackbird Diaries“ – das „Red River Dave Gedächtnisalbum“, sozusagen.

Ja, eine wirklich verrückte Geschichte. Ich war da in London „gefangen“ von dem isländischen Vulkan und kam in diesen Gitarrenladen – und über diese Gitarre und seinen Original-Gitarrenkoffer mit so vielen Bildern und Erinnerungen kam ich in eine ganz neue Welt. Ich handle da sehr intuitiv, weißt du? Dass ich danach ohnehin ein Treffen mit John und Martina McBride in Nashville hatte, war eigentlich kompletter Zufall, aber was sind schon Zufälle? Vielleicht musste alles so kommen. Es passte jedenfalls alles sehr gut zusammen – und war die ideale Ausgangssituation für ein Album, wie ich es noch nie zuvor gemacht habe.

 

Sowohl musikalisch als auch was die Art des Aufnehmens betrifft, oder?

Ja, es war toll. Und sehr intensiv. Wir haben fünf Tage und fünf Nächte miteinander verbracht und die Songs mehr oder weniger live aufgenommen, es war Wahnsinn. Glaubst du, ich kriege eine Gänsehaut, wenn ich daran denke. Sie wussten gar nicht, mit welchen Songs ich komme – ehrlich gesagt wusste ich es ja eine Woche vorher selber noch nicht, aber ich hab ihnen meine Ideen vorgespielt und wie haben einfach angefangen. Und ruckzuck hatten wir 15 Songs im Kasten.

 

Das heißt, normalerweise feilst Du länger an Deinen Songs herum?

Nun, mit den Eurythmics haben wir auch teilweise ein Album in drei Wochen aufgenommen, aber was bei diesem Album eben so anders war, war dass wir es mit fünf Leuten in einem Raum aufgenommen haben. Und ich bin es auch nicht gewohnt, live im Studio zu singen. Aber es funktioniert!

 

Wird das Deine zukünftige Art, Alben aufzunehmen, ändern? Beeinflussen?

Ja, absolut. Von mir aus, könnten wir gleich das nächste Album so aufnehmen. Ich habe eine ganz andere Art gefunden, mich als Singer/Songwriter vor anderen zu präsentieren. Das ist die Art, wie Alben in den 50ern, 60ern aufgenommen wurden. Ich spiel‘s ihnen vor und wir fangen einfach an, aufzunehmen. Aber es passte in diesem Fall ja auch zum Album. Ich meine, die Songs sind wie ein Tagebuch, Sie erzählen kleine, persönliche Geschichten. Mein letztes Album war ja auch bereits sehr persönlich und auf eine Art auch autobiografisch, aber eigentlich habe ich immer eine Rolle gespielt. Dieses Mal spiele ich mich selbst.

 

Neu sind auch die Duette!

Ja, ich habe festgestellt, dass meine Stimme ein sehr tiefes, volles Feeling hat und ideal mit weiblichen Stimmen harmoniert. Auch das habe ich früher nie ausprobiert.

 

Dabei hattest Du immer schon weibliche Sängerinnen in deiner Band…

Ja, aber die Eurythmics waren einfach Annie und in den Spiritual Cowboys hatte ich eine Backgroundsängerin, aber wir haben nie ein Duett ausprobiert. Frag mich nicht, warum. Ich war eigentlich nie der Duett-Typ. Und dieses Mal habe ich mit so vielen Damen gearbeitet, da drängte es sich geradezu auf.

 

Wie kamen Stevie Nicks und Colbie Caillat dazu?

Nun, ich arbeitete eh gerade mit Stevie an ihrem Album, als Produzent und Co-Autor, und Colbie ist eine gute Freundin von mir, da hab ich sie angerufen und gefragt. Sie haben beide sehr viel Country-Feeling in ihrer Stimme, deswegen passte es hier so gut. Und sie mochten die Songs – also haben wir sie aufgenommen.

 

Neu ist auch, dass es einen Film zu Album geben wird.

Ja, es ist eine Mischung aus Making-of und Spielfilm. Die Story ist mehr oder weniger, wie dieses Album entstanden ist.

 

Und du spielst dich selbst?

Ja, ich spiele mich selbst, und die anderen Musiker kommen auch drin vor, aber es gibt auch Schauspieler, die die Handlung mitspielen – und die das Ganze zu einem richtigen Film werden lassen. Es ist eine Mischung aus Realismus, Surrealismus, Wahrheit und Fiktion – das ist der künstlerische Aspekt dieses Albums. Er ist nicht einfach nur logisch vom Anfang bis zum Ende.

 

Ich habe gelesen, er gibt ein paar Einblicke in die Geheimnisse deiner Art Songs zu schreiben. Und im Trailer sieht man u.a. eine Wahrsagerin und es ist von Hypnose die Rede… schreibst Du Songs unter Hypnose?

Weißt du, viele Leute haben dieses Bild eines Songwriters vor Augen: Ein weißes Klavier, ein großer Raum, ein weißes Blatt Papier und dann geht’s los. So ist es nicht. Songs kommen von überall her. Davon, was andere Leute sagen, ein Satz aus einer Unterhaltung, und das kann auch eine Zigeunerin oder eine Wahrsagerin sein, oder ein Typ in der Bar – und ich schreibe tausend Sachen auf kleine Fetzen Papier. Was ich halt gerade so in die Hände bekomme –wenn ich überhaupt etwas finde. Und dann geht es darum, diese Sachen zusammen zu fügen, und dabei kann es auch sehr hilfreich sein, in sein Unterbewusstsein zu blicken.

 

Aber normalerweise nimmt man seine Hypnosesitzung nicht auf…

Nein, das hab ich für den Film auch zum ersten Mal gemacht.

 

Aber woher weißt du dann hinterher noch, welche Songideen aus deinem Unterbewusstsein geholt werden konnten?

Songwriting ist kein so gerader Weg. Das hat auch nichts mit dem verträumten Jungen zu tun, dem die Songs so zufallen. Das ist nicht so sehr viel anders als zu schreiben. Man wird kreativ, fügt Dinge zusammen, sortiert sie neu, verändert sie noch einmal es also beides, kreativ und auch sehr praktisch orientiert.

 

Neben dem Film und dem Album gibt es noc eine ganze Reihe weiterer Projekte, an denen du beteiligt bist.

Ja, es gibt das Album mit Superheavy mit Mick Jagger, das neue Album von Joss Stone und das Musical Ghost, das in zwei Wochen in London Premiere feiert.

 

Eigentlich ein bisschen viel auf einmal, oder nicht?

Ja, eine Menge Arbeit – aber an dem Superheavy arbeiten wir seit zwei Jahren, und auch die anderen Alben sind alles Arbeiten, die im letzten Jahr angefangen haben. Aber es sind alles verschiedene Plattenfirmen und die fanden es offensichtlich plötzlich alle eine gute Idee, das Album gerade jetzt auf den Markt zu bringen. Deswegen sieht das so viel auf einmal aus.

 

Wie kamst du an das „Ghost“ Musical?

Ich wurde angesprochen vom Produzenten und dem Bühnenautoren, und wir sprachen über das Konzept und es klang sehr viel versprechend, also sagt ich, ich würde gerne meinen Freund Glenn Ballard mit dazu nehmen. Sie waren einverstanden und so fingen wir an.

 

Und die Musik, die ihr geschrieben habt, basiert auf dem Film?

Nein, die ist komplett neu. Das ganze ist ein sehr komplexes Drehbuch, eine sehr ungewöhnliche Produktion und ich meine, das gesamte Team besteht nur aus absoluten Profis. Das ist ein sehr hohes Niveau.

 

Hast du dich vorher schon mal an einem Musical probiert?

Ja, so kann man das ausdrücken. Es war eine Auftragsarbeit für das Wiener Staatstheater. Ich habe eine Comedy-Version des Films Barbarella – im Original mit Jane Fonda – geschrieben. Nichts Spektakuläres, aber ich konnte mich wunderbar ausprobieren und konnte das dadurch kennenlernen.

 

Der Film „Ghost“ ist ja bekannt – nicht zuletzt durch Patrick Swayze und Demi Moore. Wie schafft man es trotzdem, ihm neues Leben einzuhauchen?

Das ist ja die Herausforderung. Und das passiert durch die Kombination aus der Musik, der Regie, der Choreografie, dem Live-Feeling auf der Bühne. Dieses Musical hat außer der Grundstory mit dem Film nicht sehr viel gemein.

 

In zwei Wochen ist Premiere in London – bist du nervös?

Nicht mehr so sehr. Wir haben die Show ja drei Monate in Manchester ausprobiert. Eigentlich eine normale Vorgehensweise, man testet die Show, das Set, die Schauspieler – das ist wie mit der Band, da geht man auch erst einmal auf kleine Club-Tour und kuckt, ob die Songs sitzen, was man noch ändern kann – oder muss. Aber wir hatten so überwältigende Kritiken, dass wir gar nicht mehr viel ändern wollten. Standing Ovations, tolle Kritiken – deswegen sind es auch drei Monate geworden. Die Show war ja immer ausverkauft!

Aber London ist natürlich London, das ist schon ein anderes Format, eine andere Aufmerksamkeit – aber wir sind uns ziemlich sicher, dass es dort genauso gut ankommen wird.

 

Du hast es erwähnt – du hast auch noch ein Album mit Mick Jagger aufgenommen. Was vor allem für Jagger ungewöhnlich ist oder?

Dass er sich auf ein neues Bandformat einstellt, ja. Muss am Konzept gelegen haben (lacht).

 

Dein aktuelles Soloalbum ist ja schon anders als das meiste, was du bisher gemacht hast – aber was man über Super Heavy liest scheint noch ausgefallener zu sein!

Hehe, ja das ist eine wirklich abgedrehte Mischung. Sehr ausgefallen und sehr abwechslungsreich. Eine Fusion aus Jamaikanischer Musik, Indian Music, Rock, Blues.

 

Also auch da schon wieder der Blues, der da auftaucht…

Der Blues hat mich fasziniert, seit ich ein kleiner Junge war. Damit bin ich aufgewachsen. Das war meine erste Musik.

 

Trotzdem ist ja das aktuelle Album das erste, auf dem du die Liebe so auslebst, oder?

Naja, es gab auch mit den Eurythmics schon mal einen Blues – und in allen anderen Projekten natürlich auch. Aber es stimmt, dieses Mal hab ich wirklich all meine Blues-Einflüsse rausgelassen. Aber natürlich ist es kein wirkliches Blues-Album. Ich singe ja keinen Blues, ich erzähle Geschichten.

 

Das letzte Mal, als wir gesprochen haben, hattest du gerade dein Songbook Vol. 1 aufgenommen – mit dem Plan, weitere Vol`s folgen zu lassen…

Ja, ich weiß, ich war wohl zu beschäftigt mit anderen Sachen, wie du siehst. Aber ich schreibe schon wieder daran.

 

Schreiben? Das Songbook war doch ohnehin nur eine Auswahl bereits veröffentlichter Songs.

Aber es war ja auch das SongBOOK. Es ging um mehr als das Album, es ging um die Stories hinter den Songs. Und die gerade veröffentlichten Alben sind ein Füllhorn an Geschichten dahinter – deswegen wird es mit Sicherheit Vol. 2 und 3… geben. Das wir ein fortlaufender Prozess. Ich schätze mal, dass wir noch vor Weihnachten wieder miteinander sprechen könnten!

 

Ralf Koch