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Enno Bunger

Interview 2015

 

Das dritte Album. Das schwierige dritte Album? Für den Leeraner ist so viel seit dem zweiten, dem „Trennungsalbum“ passiert, dass es zumindest einiges zu berichten gibt. Nach der Trennung die Umdeklaration der Band vom Trio auf Einzelkünstler, Umzug nach Hamburg, Umstellung der Lebensumstellung und v.a. aber der die wachsende Popularität und der steigende Erfolg. Enno Bunger vor seinem Konzert am Freitag, 13. November im Lagerhaus über seine Band und sein drittes Album „Flüssiges Glück“.

 

Täuscht es, oder zieht der Name mittlerweile größere Kreise?

Sonst war es ja immer Indie und Underground, aber momentan scheint es sich langsam auch die  Öffentlichkeit dafür zu interessieren. Kürzlich hat Smudo von Fanta 4 ein Video von mir geteilt und Arndt Zeigler von Bremen 4 hat das bei Twitter geteilt, also vielleicht hab ich ja einen Nerv getroffen.

 

So langsam ist‘s aber auch Zeit dafür, oder?
Es war immer mein Ziel und mein Wunsch, aber ich habe es nie übers Knie gebrochen und nie das Gefühl, auf die falschen Formate setzen zu müssen.

 

Das erste Album ohne Band – was war anders?
Naja, so richtig ohne Band war es gar nicht. Damals waren wir ein Trio mit strikter Aufgabenteilung, und ich war der, der die Musik gemacht habe. Nun haben wir die klassische Proberaum-Situation nicht mehr, aber ich habe ja immer noch eine Bandbegleitung dabei. Nils (Dietrich) ist immer noch mein Schlagzeuger aus alten Tagen – und so gesehen, hat sich gar nicht so furchtbar viel geändert. Viele Stücke haben wir auch vorher live ausprobiert.

 

Das heißt, die Stücke sind ähnlich entstanden wie früher?

Letztendlich habe ich rund 1 Jahr mit den Stücken verbracht habe, sie komponiert habe und dann sind wir 2014 für die ersten Vorproduktionen in Berlin gewesen – und seit dem in unregelmäßigen Abständen immer wieder, unterbrochen von Umschreiben, live ausprobieren usw. Man muss ja auch immer dafür sorgen, sich zu zeigen und den Namen im Umlauf zu halten – und ich brauche das auch, weil ich die Bühne liebe. Ich freu mich auch schon tierisch auf die Tour. Ich bin da wie ein reisender Künstler, der die Musik auch als ständige Veränderung und Weiterentwicklung sieht; ein Lebenswerk, das immer in Bewegung ist.

 

In Bewegung solo und mit Band?
Ich hatte 2012 gesagt, dass die Band nicht mehr immer nur noch ein Trio ist. Manchmal bin ich mit Nils alleine auf Tour, mal auch größer. Ich habe mittlerweile- und auch für die kommende Tournee – eine 5er-Besetzung – Nils und mein alter Keyboarder Onno Dreier sind die Hauptbesetzung, dann Philipp Makulies und Tobias Siebert, die auch am Album schon mitgewirkt haben; meine Wunschbesetzung – sowohl musikalisch als auch menschlich!

 

Maximale Flexibilität, die erst unter der Flagge als Solokünstler möglich ist?

Wir haben uns 2012 hingesetzt und Bilanz gezogen. Wir hatten sehr viel Geld investiert, hatten 5 Jahre Aufbauarbeit hinter uns und überlegt, ob wir davon zu dritt leben können – und mussten sehen, dass das so nicht klappt. Die beiden anderen hatten mit ihrem parallelen Studium sich nebenbei auch ein mögliches zweites Standbein geschaffen, dazu war ich gar nicht gekommen, weil ich nur für die Musik gelebt hatte. Also musste ich mich entscheiden, ob ich aufhöre, um etwas anderes anzufangen oder ob ich das ganz an mich reiße. Die Situation in der Band legte diesen Schritt auch nahe.

 

Was war dann anders?
Ich hab mich mehr zurückgezogen, habe mehr geschrieben, habe mehr überlegt, was möchte ich machen, ausprobieren, nicht mehr machen, ein bisschen auch daraufhin, dass ich mich nicht immer wiederholen möchte – außerdem hat sich auch bei mir etwas getan, ich wollte nicht immer nur unglückliche Songs schreiben.

 

Das letzte Album war ja nun das „Trennungsalbum“, daraus hast du nie ein Geheimnis gemacht – nun bist du wieder glücklich?

Es ist ja nicht alles nur schwarzweiß, aber es gibt eben positive wie negative Sachen, die ich musikalisch verarbeitet habe und die eben auch mein Liveprogramm erweitern können.

 

„Hamburg“ zum Beispiel?

Da war es einerseits so, dass ich das musikalisch mal ausprobieren wollte, anderseits aber auch inhaltlich gemerkt habe, dass Hamburg einfach eine unglaublich vielseitige Stadt ist mit vielen Kontrasten und deshalb wollte ich auch ein Musikstück über Hamburg genauso machen. Da müssen verschiedene Genres aufeinandertreffen – Indiegitarren, Pop, Klavier und sogar auch Trance.

 

Du wohnst mittlerweile in Hamburg?

Ja, das war ein schleichender Prozess, weil ich auch viel unterwegs war und dann immer mehr in Hamburg war, aber ich bin auch immer wieder gerne in meiner Heimat in Ostfriesland. Eigentlich bin ich kein sehr ortfixierter Mensch, ich brauche eher die Menschen. Aber ich mag die Stadt und fühle mich da auch sehr wohl. Ist noch nicht so groß wie Berlin, aber für mich groß genug erstmal.

 

Wurde ja auch Zeit, dass mal endlich jemand NICHT über Berlin schreibt.

Hab ich in der Tat auch gedacht, und Hamburg ist noch so einigermaßen überschaubar, dass man sich trauen darf, darüber ein Lied zu schreiben. Über Berlin gibt es in der Tat genügend Denkmäler.

 

Wie viele Songs schreibst du für ein Album, bis du selber sagst, jetzt mach ich ein Album draus.

Ich hatte einen Pool von 20 Skizzen, davon 10 Songs, die sich wirklich aufdrängten, ein paar habe ich jetzt noch, aber ich bin auch ein sehr langsamer Schreiber. Ich bastele auch oft sehr lange an den Texten, bis ich so weit bin, dass ich sie veröffentlichen möchte.

 

Was ist denn „flüssiges Glück“ – außer ein Zitat in „Neonlicht“
Es geht auf dem Album viel um die Zeit, die so verfließt, und was man damit anfängt, um Chancen, die man hat und oft um Glück, das sowohl positiv als auch negativ sein kann, weil Glück eben auch nicht haltbar ist und manchmal auch einfach nicht mehr da ist und man wieder von vorne anfangen muss, dass man dem Glück aber auch eine Chance geben muss, dass man es eben auch als solches erkennt.

 

„Hier liegt der Gin des Lebens“ – schreibst Du dir solche Sätze auf, wenn sie dir einfallen?

Ja, ich bin ein groß0er Fan des Wortspiels und des Flachwitzes – und ich hab immer was zum Notieren dabei, weil einem so etwas immer in den kuriosesten Momenten einfällt.

 

So wie „Wo ist der Sandmann wenn man einen braucht“ – wofür genau?

Damit er einen mit Sand begräbt, damit man endlich einschläft.

 

Eigentlich der fröhlichst-mögliche Song für Enno Bunger, oder?
Ich finde, er ist ein sehr wütender Song – z.B. auf die Radiolandschaft, auf Leute, die einen mit Menschen vergleicht, die man eigentlich hasst – der erst am Ende offenbart, woher die Wut kommt, nämlich dass die eigene Beziehung nicht läuft. Also – zumindest textlich – nicht unbedingt fröhlich. Aber musikalisch, ja, schon. Ich war ja früher Barpianist, hab da auch Billy Joel gespielt und hatte deswegen auch Lust, einen mir neuen Stil auszuprobieren. Am liebsten für jeden Somng ein neues Genre.

 

Hmm, auf einem Album a) nicht einfach und b) auch nicht unbedingt optimal, oder?
(Lacht) Ich weiß, das kann gewagt sein. Aber wenn man jetzt Stück für Stück vorgehen würde… – so schwer mir das fallen würde. Insgesamt mache ich im weitesten Sinne alternativen, vielleicht melancholischen, deutschsprachigen Pop, aber wenn man die jetzt direkt vergleichen würde, könnte man die einzelnen Songs schon sehr unterschiedlich einsortieren, auch von den Vorbildern und Inspirationsquellen, die da zusammenkommen, einfach weil ich ja meine Lieblingsmusik machen möchte, und die reicht von Springsteen, The Acid; Bob Dylan, Element of Crime, Scooter…

 

Das ist aber jetzt reiner Lokalpatriotismus, oder?

Das kann sein, ich hatte auch denselben Musiklehrer wie HP. Und irgendwie verbindet mich viel mit dieser Band, eigentlich bin ich ja auch ein sehr klamaukiger Mensch.

 

Ihr habt im Herbst mit den Editors in Berlin gespielt – ein alter Traum, oder?
Das war er mal, aber ich muss sagen, dass sie nicht mehr so zu meinen Lieblingsbands gehören. Das geht mir aber mit anderen Bands auch so – Coldplay fand ich früher spannend, heute pathetisch; Athlete, Keane, alles frühere Einflüsse, kann ich heute gar nichts mehr mit anfangen. Trotzdem war das ein tolles Konzert und eine tolle Erfahrung, mit der Band, deren ersten beiden Platten man so lange rauf und runter gehört hat, auf einer Bühne zu stehen. Und die dann auch noch so nett sind – da gibt es auch ganz andere Beispiele. Nena zum Beispiel.