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Heinz Rudolf Kunze  19.1.1997 OL – Kulturetage

 Interview 1997

Das Album „Alter Ego“ ist zwar schon ein knappes Jahr alt, der erste Teil der entsprechenden Tournee auch schon absolviert, aber die Tournee geht weiter, und führt das „Sprachrohr“ der deutschen Pop- und Rockmusik auch in die Kulturetage nach Oldenburg. Grund genug für mich, mit ihm ein Interview zu führen.

 

Heinz Rudolf Kunze – der Mann mit der „Quote“...

HRK: Der Mann mit der Quote.

 

Nervt das mittlerweile schon, oder stehst Du immer noch dahinter?

HRK: Ich stand noch nie dahinter. Ich wurde bloß sehr schnell in die Rolle des Sprachführers gedrängt – angefangen hat´s mit dem Interview im „Spiegel“ – und alle anderen haben sich feige hinter mir versteckt und die Klappe gehalten Immerhin wurde die Petition des Deutschen Rockmusiker Verbands damals von 80 Musikern unterschrieben. Ich bin nur der einzige, der dafür den Arsch voll gekriegt hat.

 

Du beziehst aber ganz gerne Meinung, oder?

HRK: Ich gelte nun mal als der sogenannte Intellektuelle in der Branche, der zu allem eine Meinung hat, was ich auch meistens habe, und werde wahrscheinlich deswegen immer wieder gefragt.

 

Apropos „viel zu sagen“... 18 Alben in 16 Jahren, das ist eine Wahnsinnzahl. Bist Du so kreativ? Ist das neue Album schon im Kasten?

HRK: Ja, wir könnten schon wieder eine neue CD veröffentlichen, aber diese Tour läuft noch unter dem Motto „Alter Ego“, also gibt´s was Neues auch erst wenn wir meinen, dass das alte Material genug Zeit bekommen hat.

 

Besteht nicht auch so schon eine Gefahr der Übersättigung?

HRK: Ich kann die Frage nicht so richtig beantworten, denn ich sehe die Alternative nicht. Ich habe was vor, mir fällt was ein, ich will das rausbringen, und ich kann das nur immer wieder in der Hoffnung tun, dass das irgendjemanden interessiert.

 

Die Songs auf „Alter Ego“ sind sehr unterschiedlich. Woher nimmst Du Deine Inspirationen?

HRK: Ich gehe meist vom Text aus. Ich schreibe erst die Texte, und überlege dann, welche Farben von Musik dazu passen. Und da ich über recht unterschiedliche Sachen singe, kommt dabei auch eine bunte Palette Musik heraus. Und wie die Texte entstehen, kann ich eigentlich nicht so recht erklären. Ich denke aber auch, dass die Einfälle oft sehr nahe liegen. Es sind Dinge, die jedem auffallen könnten, aber es fällt eben nicht jedem auf, weil nicht jeder Zeit oder die Fähigkeit hat, sich über Erlebtes Gedanken zu machen. Aber das ist mein Beruf, ich habe ja nichts anderes zu tun – insofern: meine Wahrnehmungsmaschine läuft, und irgendwann fange ich an, das Drehbuch zum nächsten „Dokumentarfilm“ zu schreiben.

 

Interpretierst Du diese Filme auch, oder überlässt du das den Hörern?

HRK: Ungern, ich möchte durchaus, dass sich jeder seine eigenen Reime auf die Texte macht. Ich weiß z.B. auch durchaus, dass der Autor eines Textes nicht unbedingt die einzig mögliche Interpretation liefern kann, dafür habe ich lange genug Literaturwissenschaft studiert. Es gibt immer mehrere Möglichkeiten.

 

Das Stück „Ich rede mit mir selbst“ läßt ja eine Menge Raum für eigene Phantasien.

HRK: Ja, ich weiß. Ursprünglich ist das als Tagträumerei eines einzelnen gedacht, der dann immer wieder aufwacht, und seine Begleiterin beruhigen muß, dass nichts wäre. Es können aber auch drei verschiedene Personen und Geschichten sein, es sind einfach Stimmen aus dem Nichts, die man nicht so richtig zuordnen kann. Beides ist möglich. Mein Lieblingslied übrigens.

 

Die neue Single ist „Löwin“, ein Lied dass dich einige Zeit gekostet hat.

HRK: Ja, irgendwie wollten Text und Refrain nicht zusammenpassen. Über zwei Jahre habe ich mir das Lied immer wieder vorgenommen und experimentiert, bis es zu dem geworden ist, was es ist. Es fällt mir Allgemeinen schwer, Liebeslieder zu schreiben. Ironie und Meckerei ist wesentlich einfacher in Text und Musik zu verpacken. Aber „Neue Single“ ist insofern nicht ganz richtig, weil es nur eine Tournee-Promo für Radiosender war. Gespielt wird´s aber, glaube ich, trotzdem nicht. Singles sind nicht so mein Markt. Sie dienen meist nur dazu, den Sendern etwas in die Hand zu geben, auf das Album aufmerksam machen zu können. Ich verkaufe eher ganze Alben, und das ist mir auch wesentlich wichtiger, weil ich ungern Lieder aus seinem Kontext reiße.

 

Auf eine Sache müssen wir noch eingehen: Du hast ein neues Buch geschrieben, dein fünftes, worin geht es da?

HRK: Es ist eine Sammlung von Sprechtexten in Prosa, die um die Lieder herum entstehen und Ideen verfolgen, die sich nicht in Songs verarbeiten lassen/ließen, die ich aber trotzdem ganz interessant finde.

 

Und du planst jetzt, dieses Buch auch bei den Konzerten vorzustellen?

HRK: Ich habe es in der Vergangenheit schon mal gemacht, diese Dinger zu trennen, d.h. eine Art Kabarett-Tournee, in der die Musik nur sehr sparsam vorkam, davon gibt es ja auch zwei Alben, und auf der anderen Seite Rock´n´Roll-Touren, bei denen das gesprochene Wort nur der Überleitung diente. Diesmal wollte ich das zusammenfassen, und das hat beim ersten Teil der Tour auch sehr gut geklappt. Ich eröffne den Abend gesprochen, und von Text zu Text werde ich von jeweils einem weiteren Musiker auf der Bühne unterstützt, bis wir komplett sind, und das ganze als „richtiges“ Konzert weitergeht.

 

Und das dürfte eine recht interessante Geschichte werden. Die aktuelle CD heißt „Alter Ego“ (WEA), das neue Buch „Heimatfront“ (Christoph Links Verlag, Berlin)