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Kevin James Labrie

 Interview 2010

Zum vierten Mal hat sich der Dream Theater Sänger mit seinem Songwriting Partner Matt Guillory zusammengetan und ein Dutzend Songs aufgenommen, die sich weiterhin deutlich vom Sound seiner Stammband abhebt. Waren es auf ihren frühen Werken noch fast Pop-orientierte Sounds, die den Unterschied ausmachten, sind es heute ganz andere Extreme, in die der gebürtige Kanadier driftet.

Dass die Veröffentlichung von „Static Impulse“ überschattet wird von den aktuellen Entwicklungen im Dream Theater Lager war für ralf Koch nur ein weiterer Grund, sich für ein Gespräch zu verabreden.

 

Das neue Album kann man richtig progressiv nennen, oder?

Ja, wenn Du auf die neuen Elemente anspielst, klar, ist es progressiv, aber ich nenne es gerne ein klassisches Metal-Album mit Abwechslung drin.

 

Klar, aber ich meine auch für dich ist es ja eine Weiterentwicklung – zB. was den Gesang angeht.

Ja, das stimmt. Matt und ich haben überlegt, was wir wollen, wo wir stehen, was wir aussagen wollen, woran unser Herz hängt. Und wenn man es genau nimmt, „Crucify“, der Opener unseres letzten Albums „Elements of Persuasion“ war auch schon sehr hart, sehr metallisch und hat angedeutet, wo wir hinwollten. Und diesen Weg wollten wir mit „Static Impulse“ weitergehen. Und wir lieben diese Härte, wir sind beide Fans von Opeth, Meshuggah, Soilwork, Katatonia, Therion, Darkane – und unser Drummer kommt von Darkane – und ich verehre diese Musikalität im Death Metal – oder Melodic Metal, was unser Ansatz ja auch eher ist – und das ist, was wir an dieser Stelle in unserer Karriere aussagen wollten.

 

Trotzdem könnte ich mir vorstellen, dass gerade Death Vocals zum Schwersten gehört, was man Prog-Fans schmackhaft machen kann…

Ja, absolut. Das ist eine Beziehung zwischen Liebe und Hass – viele lieben dass, wofür es steht, was es vom Charakter ausdrückt, aber sie kommen nicht klar damit und können sich nicht dran gewöhnen. Für mich ist das ein weiteres Instrument, eine Art, sich auszudrücken. Und ich liebe den Kontrast zwischen Peters Schreien und meinem Gesang, ich denke, das ist, was dieses Album so spannend macht.

 

Zumindest lassen die Death Vocals Deine Stimme noch heller scheinen! Der Kontrast ist schon der Hammer.

Danke, das war das Ziel. Wir wollten etwas kreieren, was Dich gefangen nimmt, vom Anfang bis zum Ende.

 

Ihr hattet das Stilelement ja schon auf dem letzten Dream Theater Album verwendet – gab es Reaktionen darauf?

Ja, die gingen in dieselbe Richtung wie die Reaktionen auf dieses Album. Sie fanden es spannend, aber mochten die Stimme nicht besonders. Das war schon sehr kontrovers, aber ich höre auch immer wieder Stimmen, die dann nach einer Weile die Death Vocals immer besser fanden, sich immer besser hineingefunden haben und deshalb sehe ich das auch einfach als eine Tür, die man ihnen öffnen muss. Zumindest wollten wir uns nicht aus irgendwelchen Befürchtungen heraus in dieser Richtung beschneiden.

 

Hast Du es mal selber ausprobiert?

Jein, nicht wirklich. Aus Spaß, ja, aber ich habe auch nicht die Technik, die meine Stimme vor größeren Schäden bewahren würde, deswegen überlasse ich das lieber denen, die das können.

 

Was war denn überhaupt Deine Vergangenheit vor Dream Theater?

Ich war beeinflusst von den großen Stimmen des Rock – Freddie Mercury, Steve Perry, Robert Plant, Ian Gillan, Steve Walsh, Rob Halford – also die klassischen Hardrocksänger, bzw. ich nenne ja Led Zeppelin auch gerne die erste Heavy Metal Band. Und dann war ich natürlich großer Rush-Fan!

 

OK, also durchaus eine große Bandbreite. Genauso wie Du ja auch schon eine Menge verschiedener Sachen solo gemacht hast – angefangen mit Mullmuzzler. Das war ja schon fast ein poppiger Ansatz, oder?

Ja, durchaus. Ich meine, auch „Static Impulse“ hat seine Pop-Elemente – Songs wie „Euphoric“, „Over the Edge“, und sogar „I need you“ und „I tried“ – ich meine, auch wenn sie hart und aggressiv sind, sind sie in der Basis radiokompatible Songs. Das ist eben der Ansatz, den Matt und ich verfolgen – im Prinzip eingängige Songs zu schreiben.

 

Radiokompatibilität ist dann doch eher relativ, denke ich – aber „Falling“ zB. vom ersten Mullmuzzler-Album – da hatte ich mich schon gefragt, ob man das nicht als single ausprobieren sollte.

Weißt Du, ich habe mich das gleiche gefragt. Genauso wie bei „Slightly Out of Reach“ vom „Elements of Persuasion“ Album – und ich bin nicht der Einzige, der so denkt.

 

Andererseits habt ihr das ja auch mit DT ausprobiert – und letzten Endes klappt es ja eh nicht so, wie man es plant, denn planen kann man’s eh nicht.

Right. Exactly. Und im Musikbusiness ist ohnehin alles anders, als man es mal kannte – vom Radio ganz zu schweigen. Ich denke, wir hatten auch auf jedem Dream Theater Album Songs, die ins Radio gepasst hätten. Aber es stimmt schon, es lässt sich schwer planen.

Aber wenn wir schon davon reden: EMI Canada plant eine Kampagne zu dem Song „Euphoric“ im Januar 2011, um den Song als Single für alle Radiostationen hier in Kanada zu pushen. Mal sehen, was daraus wird.

 

Deine erste Alben liefen unter dem Banner „Mullmuzzler“, der Name ist mittlerweile völlig verschwunden – eine Reaktion auf den veränderten musikalischen Ansatz?

Nein, das waren in erster Linie rechtliche Gründe. Elektra / Atlantic, bei denen wir mit DT waren, wollte nicht, dass ich etwas unter eigenem Namen veröffentliche, also musste ich einen anderen Namen nehmen. Das war beim zweiten Mullmuzzler Album schon aufgeweicht, das hieß ja schon James LaBrie’s Mullmuzzler – und mittlerweile hat sich das alles geändert, Magna Carta und InsideOut wollten gerne meinen Namen nutzen und Elektra hatte auch nichts mehr dagegen.

Gleichzeitig muss ich allerdings sagen, dass dieser Name dem Projekt eigentlich gar nicht gerecht wird, weil Matt Guillory und ich von Anfang alles zusammen geschrieben haben, diese Band ist wirklich unsere gemeinsame Band, wir schrieben die Texte zusammen, produzieren es zusammen – es ist wirklich eine 50:50 Partnerschaft, und das von Anfang an. Ich nenne es gerne die French Connection. Aber mein Name ist eben bekannter.

 

Wenn Du nun auf die vier Alben siehst – ist das eine logische Weiterentwicklung?

Ja, absolut. Nicht nur dass die Songs immer besser werden, wir werden besser als Writingteam, unsere Instrumentalisten werden immer besser – und musikalisch ist im Prinzip jedes Album eine Reaktion auf den Vorgänger. Wie gesagt, Dinge, die wir auf dem letzten Album angedacht haben, haben wir dieses Mal weiterentwickelt.

 

Dein Soloprojekt war auch eine Reaktion darauf, dass Du Dich bei Dream Theater nie richtig einbringen konntest – wird sich das jetzt ändern?

Es wird sich bestimmt ändern, ja. Und ja, ich wollte zeigen, dass ich nicht nur der Sänger bei DT bin, sondern auch ein Komponist und Songwriter. Und ich wollte zeigen, woher ich komme, was mein Background ist, was ich denke. Und es gibt Unterschiede genauso wie Parallelen zu DT, also wird das immer ein eigenes Projekt bleiben. Und im Endeffekt sind DT und meine Soloband zwei verschiedene Welten. Was sich bei DT wirklich ändern wird, wird sich zeigen, wenn wir am neuen Album arbeiten. 

 

Das wir wann sein? Gibt es schon Ideen dafür?

Momentan planen wir, im Januar 2011 damit anzufangen. Momentan steht nur das, Ideen werden erst dann gesammelt, na ja eben der ganze Prozess.

 

Wenn wir schon dabei sind: Wie überraschend kam denn Mikes Entscheidung? Ihr hattet alle keine Ahnung, dass er die Band verlassen wollte?

Nein, nicht wirklich. Im Nachhinein könnte man denken, ah, deswegen war dies und das so, er hatte sich vielleicht etwas distanziert, aber er hat auch schon immer gern sein eigenes Ding gemacht, also ich glaube, es war für alle der gleiche Schock. Aber um ehrlich zu sein, alles, was hätte gesagt werden müssen, ist gesagt worden, keiner kann sich irgendwas vorwerfen. Aber wir werden damit fertig werden, wir wünschen ihm das Beste und wie es weitergeht, werden wir im Januar sehen. Aber um die Frage zu beantworten: Nein, keiner von uns wusste etwas.

 

Es scheint, ihr habt alle so euren kleinen Geheimnisse… ich meine, Du hattest Deins mit der Lebensmittelvergiftung, die Deine Stimme über Jahre in Schach gehalten hat.

Ja, das stimmt. Ich meine, die Jungs wussten, was ich durchgemacht habe – ich habe mich so heftig übergeben, dass Blut kam, und es hätte wirklich so ernst werden können, dass ich nie wieder hätte singen dürfen – oder können. Und es hat eine Weile gedauert, bis ich darüber hinweg war – aber in den letzten vier Jahren kann ich sagen, dass ich keine Probleme mehr damit hatte. Sie wussten, dass ich Probleme hatte, auch wenn sie nicht genau wussten was abging, aber sie haben zu mir gehalten, und dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Aber ja, jeder hat eben so seine Probleme, seine Phasen, und lernt, damit umzugehen.

 

Habt Ihr denn schon Ersatz für Mike?
Wir hatten Auditions, ja, aber wir werden in den nächsten Wochen entscheiden, wer es wird. Es war spannend, es wird sehr gut werden, und wir sind alle sehr gespannt. Aber natürlich kann ich noch keine Namen nennen.

 

Gab es nie Zweifel, dass es überhaupt weitergehen würde?

Um ehrlich zu sein, wir sind nicht in der luxuriösen Situation, sagen zu können, ok, das war’s. Wir haben uns zusammengesetzt, darüber gesprochen und wir waren uns alle einig, dass es noch sehr viel gibt, was wir gemeinsam sagen wollen. Es gibt keinen Grund für ein Ende – oder auch nur eine Pause.

 

Und die größte Herausforderung? Nicht zu ändern?
Zumindest nur in einer positiven Art. Natürlich wird es anders werden, wenn ein neues Mitglied dabei ist, aber warum sollte das ein Problem sein? Aber es wird wohl kaum zu radikal sein – eher in einer Art und Weise, in der sich jeder wohl fühlt – sowohl in der band als auch in der Fanbasis. Ich meine, es gibt die DT-Signatur, daran sollten wir nichts ändern. Also wäre es vielleicht keine gute Idee, plötzlich wie Tool zu klingen… obwohl, wenn ich drüber nachdenke, es wäre eine gute Idee, wenn wir zumindest ein bisschen davon aufschnappen… ich liebe Tool nämlich (lacht). Nein, wir werden bleiben, wer wir sind – und es wird ein neues Album geben! Es wird ein neues Kapitel werden, so würde ich es nennen. Und das Ziel ist, weiterhin relevant zu bleiben, zeitgemäß – und ich glaube, das ist der Grundgedanke jeder Band.

 

Und letzten Endes war er ja nur der Drummer…. just kidding!

Yeah! (lacht), ok. Aber das hast Du gesagt!

 

Wie würdest Du das letzte DT Album kommentieren?

Ich liebe es. Ich denke, wir haben viel von unserer Vergangenheit mit drin gehabt und doch einen ganz neuen Ansatz gebracht. Es war ein exzellentes Album zu der Zeit.

 

Was mich am meisten beeindruckt hat, war das Storytelling. Das war wirklich wunderbar. In „The Count of Tuscanny“ z.B. – gab es dazu eigentlich einen wahren Hintergrund?

Jein. John (Petrucci) hatte eine Erfahrung in Italien, wo ihn ein Weinbaron über seine Ländereien geführt hat und von seiner Geschichte erzählt hat, und wie er Soldaten im Krieg versteckt hatte, und je nachdem wie der Kampf ausging, konnte es auch schon mal passieren, dass sie auch in den Weinfässern vergessen wurden, und da starben. Und wie er von diesem Erlebnis erzählte, war schon spannend. Die beiden Besitzer waren durchaus gut erzogen, sehr gebildet, und sie hatten sich einiges aufgebaut, aber sie waren trotzdem sehr sonderliche Typen, und diese Erfahrung hat er umgeschrieben für den Song. Ich finde, das ist ihm auf sehr poetische Weise gelungen.

 

Ok, abschließend noch mal zum aktuellen James LaBrie Album. Gibt es eigentlich Pläne für eine Live-Umsetzung?

Ich wollte sehr gerne damit auf Tour gehen, aber die aktuelle DT Situation hat dieses Fenster erstmal geschlossen. Aber es ist weiter in der Planung, mal sehen, wann wir dazu kommen.