Ralf-Koch.de§ Doors Down Setlist Bremen

Rock-, Pop- und Szene-News und mehr....

  • Startseite
  • Friebo
  • Radio Jade
  • Oldenburg 1
  • Neue CDs
  • Interviews
  • Zur Person
  • Links





Zurück zur Übersicht


Magnum

Interview 2011 -  Ein Magnum Interview von 2007 gibt's hier. 

Sie sind immer noch eine der wichtigsten und einflussreichsten britischen Rockbands. Das kompositorische Gespür von Bandvorsteher und Gitarrist Tony Clarkin und die unverwechselbare Stimme von Bob Catley stehen für einen einzigartigen Sound im melodischen Hardrock, der seit vielen Jahren und fast ebenso vielen Veröffentlichungen ihr Markenzeichen ist. Gegründet 1972 gehören sie zudem zu den ältesten Bands ihres Genres – und trotzdem möchte man meinen, sind sie erst in den letzten Jahren endlich „angekommen“, um sich in genau diesem musikalischen Setting so ausleben zu können, wie sie möchten. Mit Alben, die vor Selbstbewusstsein strotzen, und mit Songs, die abwechslungsreich aber wie aus einem Guss klingen und zu den besten gehören, die sie je geschrieben haben. Was auch Tony Clarkin gleich zu Beginn des Interviews klarstellt: Ich glaube, dass es das beste Album, das wir je gemacht haben.

Sagt man das automatisch über sein aktuelles Album, oder was macht dieses Album so wertvoll?

Es hat mich rund 9 Monate gekostet, dieses Album zu schreiben und zuhause aufzunehmen. Dann sind wir ins Studio gegangen und ich habe die Jungs ihre Parts aufnehmen lassen. Und ich habe immer wieder an den Arrangements gearbeitet – auch bevor ich sie irgendjemandem vorgespielt habe, inklusive Bob. Ich hatte eine Menge Material – rund 40 Songs, mit denen ich angefangen bin. Und in den 9 Monaten habe ich immer wieder Songs rausgeschmissen, habe Elemente geändert, Arrangements geändert, alles, was ich nicht zu 100% befriedigend fand, wurde geändert.

 

Es ist also mehr oder weniger alles fertig – Text wie Musik – bevor die anderen Musiker die Songs zum ersten Mal hören und einspielen?

Ja. Was nicht heißen soll, dass nicht hin und wieder auch hier und da auch noch etwas geändert werden kann. Und sei es nur am Gesang. Manchmal muss Bob ein paar Tage später eine Zeile noch einmal neu einsingen, weil ich ein Wort geändert habe. Ich bin da ziemlich pingelig, was die Texte angeht. Immerhin ist es dann da – für immer. Manchmal frage ich mich viel später, warum ich manche Sachen so oder s gesagt habe… aber dann ist es nun mal zu spät. Und diesen Effekt, bzw. diese Gefahr versuche ich, mit jedem neuen Album zu reduzieren.

 

Tatsache ist, dass das neue Album wirklich eine grandiose Einheit aus Text, Gesang und Musik eingeht, dass der Sound einfach superb ist, da fragt man sich, wieso es so lange gedauert hat, bis man diese Chemie so hinzubekommen.

Ich stimme Dir zu, aber wie gesagt, es hat eben auch unheimlich lange gedauert, es so hinzubekommen. Um Dir mal ein Beispiel zu geben: zuerst nehme ich alle Gitarren zuhause für die Demos auf. Dann gehe ich ins Studio und nehme alle Gitarren noch einmal im richtigen Sound auf. Dann hole ich Bob dazu und spiel ihm die Sachen vor. Dann müssen wir hier und da die Tonlage ändern, dann muss ich die Gitarren noch mal neu einspielen. Dann kommt es vor, dass wir das tempo ändern – dann muss ich die Gitarren noch einmal aufnehmen. Und mit den anderen Instrumenten geht es ähnlich. Dann denkt man, jetzt nimmt es Form an, dann stellt man fest, dass es doch nicht so ist, wie gedacht, dann müssen Sachen geändert, sprich: neu aufgenommen werden.

 

Wie ich das sehe, habt ihr euch mit dem neuen – wie auch schon mit dem letzten – Album endlich eingelassen auf den Sound, den ohnehin jeder von euch erwartet und den ihr am besten macht, habt alle Gedanken an Experimente über Bord geworfen und einfach versucht, die bestmöglichen Songs zu schreiben, oder?

Das könnte man zusammengefasst so sagen, ja. Es geht mir darum, die Spannung zu halten – für mich selbst, für den Song und für den Hörer. Das ist das Gute daran, wenn man viele Songs schreibt. Man lässt erst einmal alles raus und kann dann – manchmal auch mit ein bisschen Abstand – die besten Perlen rauspicken.

 

Obwohl das wahrscheinlich das Ziel jedes Songwriters ist…

Ja, das stimmt wohl -

 

…und wahrscheinlich auch bei Dir früher auch nicht so viel anders war, oder?

Ich kann mich ehrlich gesagt gar nicht mehr an so sehr viel an die Achtziger erinnern. Aber es gab z.B. auch immer mal den Druck von der Plattenfirma, die nach einer Hitsingle suchten, die unbedingt 2 Millionen Alben verkaufen wollten – und das ist einfach nicht produktiv für einen Songwriter. Unsere Plattenfirma wollte oft, dass wir so eine Def Leppard-, Whitesnake-Ding sind, dass wir zumindest genauso viele Platten verkaufen, und ich habe immer wieder versucht, sie davon zu überzeugen, dass wir das nicht sind. Sie haben die Band nie verstanden, glaube ich, und im Prinzip haben sie damit die Band zerstört. Und das genau ist der Unterschied der vier Alben seit unserer Trennung. Abgesehen davon haben wir die beste Live-Band, die wir je hatten – und deswegen hatte ich auch noch nie so viel Spaß daran, Alben zu schreiben sowie live aufzutreten.

 

In den Neunzigern hattest Du das Hard Rain-Projekt, mit dem du einen anderen Ansatz verfolgen konntest – gíbt es heute auch noch andere Sachen neben Magnum für dich?

Nee, das war ich als Idiot. Heute brauche ich das nicht mehr.

 

Bereust Du, Magnum aufgelöst zu haben?

Nein, ehrlich gesagt, bereue ich selten etwas, das ich gemacht habe. Es war gut, dass wir uns aufgelöst haben. Es hat mir geholfen, straighter zu denken, neue Energie zu bekommen für einen Neuanfang. Und heute kann ich dieses Feuer, diese Energie spüren, deswegen weiß ich, dass es gut war. Ich meine, ich werde manchmal verrückt, während ich dran arbeite, aber dieses Gefühl, das man hat, wenn man fertig ist, ist herrlich!

 

Es läuft also besser WEGEN der Pause?

Für mich, ja, glaub ich schon. Ich brauchte Zeit, um zu erkennen, wie sehr ich es vermisse. Und dann dachte ich, ich könnte einfach mal ein Album machen – und es war auch das Beste, das ich zu der zeit machen konnte, aber ich musste erst einmal wieder reinkommen. Ich hatte es mir leichter vorgestellt, und das hat mich auch irgendwie geschockt. Aber es hat mir geholfen, mich darauf zu konzentrieren, was ich will. Und ich kann es jetzt schon wieder kaum abwarten, mich an ein neues Album zu machen.

 

Was ist nötig, um immer noch dabei zu sein. Was war nötig für Euch, immer wieder die Motivation zu finden, die richtigen Ideen zu finden, etc. 

Puh, ich denke es ist in mir drin. Du könntest es „Drive“ nennen, keine Ahnung. Ich habe das Gefühl, ich habe noch eine Menge zu tun, ich muss noch mehr sagen. Ich habe zwar immer wieder eine Höllenangst, wenn ich anfange, z.B. Texte zu schreiben, aber es ist gleichzeitig zu befreiend.

 

So viele Dinge haben sich geändert, und ich weiß nicht, ob man das so pauschal beurteilen kann, aber bist Du lieber heute Musiker, oder vor 20, 30 Jahren?

Ganz klar heute. Ich bin viel zufriedener mit dem, was ich mache, mit meinem Songwriting, meinen musikalischen Fähigkeiten an der Gitarre etc. Ich kann auf die letzten zwei, drei Alben zurückblicken und sage mir, ja, ich kann das. Man ist nie soweit zu sagen, dass es perfekt ist, aber es befriedigt mich. Und ich muss keine Angst mehr haben, ein Album zu machen, das wirklich doof ist.

 

Und Du würdest mir zustimmen, dass Eure Zeit für Experimente vorbei ist, dass ihr jetzt lieber das macht, was die Leute ohnehin von euch erwarten oder erhoffen?

Ich denke eigentlich gar nicht so. Und ich weiß ja auch gar nicht, was die Leute erwarten. Die Bezeichnung „die Leute“ ist da ohnehin schon viel zu generell, weil es „die Leute“ als Einheit ja gar nicht gibt. Aber ich weiß was ICH mag.

 

Aber du hörst – und liest – die Reaktionen der Leute.

Aber das ist zu simpel. Natürlich hast Du Recht, aber trotzdem ist das für mich kein Motor. Und ich glaube, die meisten Songwriter sehen das eher aus ihrer eigenen Sicht – und hoffen darauf, dass „die Leute“ mögen, was sie selber mögen. Jedenfalls gilt das für mich. Und offensichtlich haben wir jetzt z.B. auch ein Label, das uns nichts vorschreibt. SPV, bzw. Olli Hahn nimmt uns so, wie wir sind.

 

Oder er mag euch eben genau so, wie ihr seid.

Ja, so könnte man es auch sagen. Vielleicht ist es das. Aber Alben sind ja eh nur eine Seite. Wir sind eine „working band“, und am liebsten würde ich noch viel mehr live spielen. Ich meine, wir spielen ja in der ganzen Welt. Aber heutzutage muss man auch eine Menge live spielen, um überhaupt noch ein bisschen Geld zu verdienen.

Andererseits muss ich nach einer gewissen Zeit auf Tour auch dringend wieder ins Studio, um die ganzen Ideen loszuwerden, die ich angesammelt habe und die mich verrückt machen. Also im Prinzip brauche ich auch diese Mischung.

 

Apropos Geld verdienen: Das Album erscheint in verschiedenen Versionen – und mit zwei verschiedenen Covern?

Nein, das dunkle Bild ist so eine Art Außenhülle, ich mochte das Foto. Und wenn man das sieht ist man erst einmal überrascht, weil es gar nicht nach Magnum aussieht, aber dann zeiht man es ab und sieht das andere Bild – und das íst wieder typisch Magnum.

 

Und dann gibt es die Version mit DVD.

Das ist dann wieder die Idee, den Fans ein bisschen extra value for money zu geben. Es gab zB diesen Track, der es nicht aufs Album geschafft hat. Und ein paar Videoaufnahmen vom Studio etc., um den Leuten zeigen zu können, wie wir arbeiten. Und dann noch diese vier Stücke vom „High Voltage Festival“ in London.

 

Wie war das überhaupt?
Toll! Gutes Wetter, haufenweise Bands und viele Leute, die ich sehr lange nicht gesehen hatte – das war schon spannend! Und unser Auftritt war auch gut. Und sie haben alle acht Songs mitgeschnitten, aber manche von denen wurden fürs Fernsehen verwendet, also haben wir zumindest vier für die DVD bekommen. Und dann gibt es noch ein paar Extras auf der DVD – an die ich mich im Moment nicht einmal erinnern kann…

 

Nochmal zum „High Voltage“ – ihr habt ja früher schon auf den größten Festivals gespielt, Monsters of Rock, etc. – war das vergleichbar?

Das Setting war ähnlich, ich weiß nicht, ob genauso viele Leute da waren, aber es hat wirklich Spaß gemacht. Diese Aufregung, auf Festivals zu spielen, ist die gleiche. Man fragt sich, was heute wohl wieder schief gehen wird – immerhin hat man ja keinen Soundcheck. Das ist ein bisschen wie Fliegen ohne Fallschirm – und dadurch hat man so einen Extrakick. Und dann die ganzen Leute, die einen vielleicht noch nie vorher gesehen haben.

 

Du hattest erwähnt, dass Du so viele Songs schreibst – wo landen die alle?
Auf meiner Festplatte. Ich hab eine eigene Extraplatte und sie stapeln sich da… und ich höre sie mir nie wieder an. Naja, wer weiß, vielleicht wenn ich 100 bin und ich mir sage, hey, warum habe ich das nie benutzt… (lacht). Aber ich mag es nicht, zurück zu gehen, ich gehe vorwärts. Aber vielleicht sind sie auch eine Art Sicherheitsnetz für mich, falls mir mal die Ideen ausgehen… haha.