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Interview 2004
Mike Rutherford + Paul Carrack, die beiden großen Namen
hinter den ´Mechanics´, deren Stern Ende 1985 mit „Silent Running“ aufging, und
die seit dem unregelmäßig, aber gleichsam erfolgreich einen Angriff auf die
Charts unternehmen. Im Juni erscheint ihr neuestes Album „Rewired“. Nach dem
Tod ihres zweiten Sängers, Paul Young, kein leichter Schritt.
Zeitpunkt-Redakteur Ralf Koch erzählten sie, welche Hindernisse sie dabei
überwinden mussten, und wie sie es schafften, mit den neuen Umständen
umzugehen.
Das erste Album ohne
Paul – was war anders?
Paul Carrack:
Nun, er war nicht da, und das war definitv ein Unterschied. Um ehrlich zu sein,
ich hätte gar nicht gedacht, dass es überhaupt noch einmal ein Album von Mike
& The Mechanics geben würde, es fühlte sich einfach nicht richtig an. Und
deshalb musste es auch ein Album werden, was deutlich anders ist.
Eines Tages hatte Mike mich zu sich eingeladen, und wir
schrieben ein paar Songs, und wir hatten sehr viel Spaß. Dann trafen wir uns
nochmal zu Sessions mit B.A. Robertson, aber das war´s zunächst. Ich hatte mich
um mein eigenes Label und mein neues Album zu kümmern, bin getourt in England,
und Mike hat sich mit dieses Songideen mit ein paar jungen Programmierern und
Produzenten zusammen getan, und diese Ideen „weiterentwickelt“.
Mike Rutherford:
Und mit der Erweiterung des Namens wollten wir auch von vornherein andeuten,
dass sich etwas geändert hat in der Band. Paul Young war schon ein großer Teil
von uns, gerade auf der Bühne. Ich meine, als wir anfingen, haben wir nie
gesagt, dass wir zwei Sänger haben wollten, auf dem Debüt hatten wir sogar vier
oder fünf Sänger, und irgendwie stellte sich dann heraus, dass Paul & Paul
als Frontleute ideal waren.
Was ist denn „anders“
geworden?
P.C.: Es gibt
einige Sachen, die sich anders anfühlen. Ich glaube, es ist ein bisschen mehr
wie das erste Mechanics Album und die Sachen, die Mike solo gemacht hat. Es ist
klanglich sehr interessant. Ich fürchte, wir waren über die Jahre ein bisschen
zu mainstream geworden, was vielleicht auch an Chris Neal, unserem Produzenten
gelegen hatte.
M.R.: Ich bin
kein Mensch, der große Pläne macht, aber in diesem Fall habe ich gesagt, dass
wir etwas anders machen müssten. Unser Debüt war damals abenteuerlich in den
Sounds und den Effekten, sehr fortschrittlich in der Herangehensweise. In den
90ern waren wir immer weniger forschend, wurden wir immer mehr Pop-orientiert.
Und das sollte sich wieder ändern. Es wurde Zeit, einmal aufzuhören, immer
wieder das selbe zu machen. Wenn man eine so große Änderung durchzumachen hat,
versucht man instinktiv, sie für einen Wechsel, einen Neuanfang zu nutzen.
Und wer sind jetzt
„The Mechanics“?
M.R.: Nun, die
Mechanics waren immer eine Sammlung von unterschiedlichen Leuten, die daran
mitgearbeitet haben – was ich immer sehr spannend daran fand, denn so blieb es
frisch und aufregend. Ich meine auf Tour werden es wohl die üblichen
Verdächtigen bleiben.
P.C.: Mike und
Peter Van Hooke, unserer früherer Drummer haben mit verschiedenen jungen Leuten
zusammengearbeitet. Das hat dazu beigetragen, dass die Sounds wieder ein
bisschen experimenteller wurden. Ich meine, im Prinzip sind wir ein Songwriting
Team, das ist, wie die Songs entstanden sind. Und dann kamen die jungen Leuten
mit rein, um das ganze etwas aufzumischen.
Mike, einen wie
großen Teil deines Lebens nimmt Musik heute ein?
M.R.: Es ist
weniger geworden. Aber das ist ok in meinem Alter. Ich schreibe noch immer sehr
viele Songs, also ist Musik immer noch eine große Passion in meinem Leben, aber
ich arbeite nicht mehr so hart wie früher. Aber ich könnte auch nicht ohne
diese Art von Arbeit leben.
Du machst also Pop, Dein alter Genesis-Partner Tony Banks
hat seine erste Symphonie geschrieben – hast Du nicht manchmal das Bedürfnis,
zu Deinen rockigen Wurzeln zurück zu kehren?
M.R: Doch! Und es
könnte sogar durchaus sein, dass mein nächstes Album mehr in diese Richtung
geht. Ich denke, das aktuelle Album ist ein Schritt für mich, ich weiß nur noch
nicht genau, wohin. Die dunkle Seite in manchen der Songs, wie im Titelstück
„Rewired“ ist etwas, was mich für zukünftige Sachen reizt.
´Dein nächstes
Album´... hast Du andere Projekte als die Mechanics?
M.R: Nein. Aber
ich schreibe immer an irgendwelchen Songs. Und ich möchte erst einmal sehen,
wohin uns das neue Album führt. Und im Vertrauen, es gibt ein paar englische
Bands, Heavy Metal Bands um genau zu sein, mit denen ich gesprochen habe. Ich
vermisse die etwas kräftigeren Gitarren in meiner Musik.
Das Ende von Genesis
war etwas abrupt, oder?
M.R: Gar nicht mal,
wir haben nur nicht weiter gemacht. Ende klingt so endgültig. Ich glaube, ich
war derjenige, dem da die Schuld zuzuschieben ist. Ich war nicht sicher, ob ich
die Kraft oder auch die Lust hatte, noch einmal durch diese ganze Mühle zu
gehen. Um Ray zu etablieren, hätten wir zumindest am Anfang die regelmäßigere
Mühle von Album – Tour – Album – Tour machen müssen, und ich fürchte, das war
mir zu viel Aufwand. Verglichen mit dem Status, den wir hatten, schien es mir
nicht das richtige zu sein. Ray hat einen fantastischen Job hingelegt – sowohl
auf der Platte als auch auf der Bühne, aber es war nicht ganz leicht für uns,
mit der Geschichte mit Phil, die wir auf dem Buckel hatten.
Apropos Phil: Wessen
Idee war der Support für Phil?
M.R: Phil und ich
haben das gleiche Management, von daher waren die Wege nicht sehr weit. Ich
muss ganz ehrlich sagen, dass ich nicht sicher war, ob wir ohne Paul Yound
überhaupt noch einmal touren würden. Dann habe ich auch überlegt, ob das
komisch sein würde, als Support für Phil, aber die Mechanics sind nun mal kein
Headliner, und alle Beteiligten schienen die Idee zu mögen, also warum nicht?
Ich glaube, es könnte sehr lustig werden. Und wir machen nun die größeren, Open
Air Konzerte mit.
Paul, mit dem neuen Namen Mechanics + Paul Carrack dürfte
sowohl das Album als auch diese Tour auch einen kleinen Werbeeffekt für Deine
Solokarriere haben, oder?
P.C.: Das Spiel
ist einfach anders, wenn man kein großes Label hinter sich hat. Ein Album ist
lange „aktuell“ – es spricht sich langsamer herum, man tourt immer wieder. Ich
glaube immer noch, dass es genügend Leute gibt, die vielleicht mein letztes
Album „Groovin´“ haben, aber nicht einmal wissen, dass ich ein neues Album
habe. Und zum Werbeeffekt: Um ehrlich zu sein: Ja! Ich nehme diese Hilfe gerne
an. Ich habe in meinem Leben so vielen Leuten geholfen, da habe ich nichts
dagegen, auf diese Weise meine „Selbständigkeit“ und mein Independent Label
etwas anzukurbeln.
Eine interessante Sache, über die wir noch sprechen
müssen, ist die DVD, die dem Album beiliegen wird – woher kam die Idee dazu?
M.R.: Wir wollten
die Musik etwas mehr visualisieren, es war Peters Idee. Weißt Du, es gibt
viele, viele Kurzfilme, 5, 6, 7 Minuten lang, die weltweit auf irgendwelchen
Filmfestivals vorgestellt werden. Und wir haben unsere Songs mit diesen Filmen
unterlegt, und umgekehrt. Sie haben keine direkte Beziehung zu den Songs, aber
wir haben sie aus einem riesigen Angebot an Filmen ausgesucht, und sie auf die
entsprechende Länge zurechtgeschnitten. Erst einmal macht die Vielfalt an
Filmstilen Spaß und hält die Sache interessant, und natürlich haben wir Filme
ausgewählt, die unserer Meinung nach zu den Songs passen.
Noch ein letztes Mal Genesis: Ich habe Steve Hackett
letztes Jahr getroffen und ihn nach einer möglichen Reunion gefragt. Er sagte
er wäre der letzte, der etwas nichts dagegen hätte... wie sieht´s mit Dir aus?
M.R: Hmm. Wer
weiß. Ich meine immer mehr Bands fallen aus... und wir haben ja wie gesagt, nie
ein offizielles Ende erklärt. Aber es ist nichts geplant. Wir werden sehen.