Ralf-Koch.de§ Doors Down Setlist Bremen

Rock-, Pop- und Szene-News und mehr....

  • Startseite
  • Friebo
  • Radio Jade
  • Oldenburg 1
  • Neue CDs
  • Interviews
  • Zur Person
  • Links





 

Mystery (Canada)

Interview 2007

 

Manchmal kann es bis zu einem neuen Album auch mal etwas länger dauern. Wenn man z.B. nach einem neuen Sänger suchen muss. Oder umzieht. Oder ein neues Studio baut. Oder einen sehr zeitraubenden Beruf ausübt, wie die Führung eines eigenen Plattenlabels. Von anderen Dingen ganz zu schweigen. Wenn aber alle diese Dinge zusammen kommen, dann kann sich diese Produktionszeit auch schon mal auf 9 Jahre hinausziehen. Wie im Fall von Mystery. Aber nun hat das Warten ein Ende: Mit „Beneath the Veil of Winter’s Face“ sind die Kanadier zurück und das stärker als je zuvor! Ralf Koch erkundigte sich bei Mastermind Michel St-Pere nach den Einzelheiten über die Entstehung des Albums.

 

 

Um ehrlich zu sein, ich hatte keine Ahnung, dass wir überhaupt noch ein neues Mystery Album erwarten konnten… hattest Du immer den Plan für ein neues Album?

Den Plan schon, aber ich habe natürlich nicht die ganze Zeit daran gearbeitet. Immer mal wieder, und einmal war ich auch schon so weit, zu überlegen, ob ich’s ganz lassen soll, aber dann war ich mir doch wieder sicher, dass ich das wirklich wollte. Aber in den Jahren ist so viel passiert – Gary, unser alter Sänger hat die Band verlassen, ich bin umgezogen und habe ein neues Studio eingerichtet – inklusive Umstellung von Analog- auf Digitaltechnik, naja und natürlich das Label, was die meiste meiner Zeit in Anspruch nimmt.

 

Also bist Du allein verantwortlich für die Kreativarbeit in Mystery – Songs schreiben, etc.?

Ja, die anderen kommen erst viel später dazu. Ich mache die Demos alleine mit Keyboards und Drummachine und dann rufe ich die anderen an, damit sie ihre Parts einspielen. Für dieses Album haben wir z.B. die Drums an zwei Wochenenden eingespielt, und danach kamen immer mal weitere Aufnahme-Sessions. Und meine Parts habe ich dann zwischendurch aufgenommen.

 

Was würdest Du sagen, hat sich musikalisch geändert?

Das neue Material ist erwachsener. Ich habe gerade in die alten Songs nochmal reingehört, also ich die MP3s für die Website fertig gemacht habe… und ich hatte die Songs vorher nie verglichen, aber der Sound ist deutlich anders, besser, kräftiger, mehr Rock, besser aufgenommen…

 

Ich glaube auch progressiver, oder?

Ja, das stimmt, das ist aber auch die allgemeine Richtung der Band, bzw. das was ich mit der Band vorhatte. „Destiny“ war schon progressiver als „Theatre of the Mind“.

 

Du hast so viele verschiedene und v.a. auch wesentlich progressivere Sounds und Bands auf Unicorn – inwieweit klingen Mystery (noch) so, weil es Deine Lieblingsmusik ist, und inwieweit, weil Mystery eben so zu klingen haben?

Was Du in der Hand hältst ist genau das, was ICH mit dieser Band vorhatte. Ich versuche nicht, die Band in eine Richtung zu drücken. Natürlich ist man beeinflusst von den anderen Bands und den vielen interessanten Sounds, aber Mystery hat eine bestimmte Stellung in meinem Leben – und was den allgemeinen Stil angeht, denke ich nicht, dass er sich groß verändert hat. Aber die Umstände haben sich in den neun Jahren verändert, und das hört man dem Album an.

 

Das meine ich ja! Vor neuen Jahren gab es Spock’s Beard oder die Flower Kings noch gar nicht und all die Bands auf Deinem neuen Label hatten bestimmt einen Einfluss auf Dich – trotzdem klingt Mystery noch genau wie Mystery – und sind damit auch auf Unicorn Records die wohl AOR-lastigste Band, oder?

Mein Musikgeschmack ist weit gefächert, und ich kann nur das herausbringen, was mir angeboten wird. Die Demos, die ich kriege, müssen mich überzeugen. Und mein Programm kann sich nur aus dem rekrutieren, was mir angeboten wird. Und was AOR betrifft – Xinema und Chaos Moon sind relativ nah am Mystery Sound

Am Anfang hatte ich z.B. sehr viel Jazz/Fusion und Instrumentalmusik, da hatte ich noch Glück, dass ich die Kurve zurück zum Prog geschafft habe (lacht). Aber AOR krieg ich nicht viel angeboten. Aber wenn Du mich nach meinem Lieblingsstil fragst, dann sag ich eher Marillion als King Crimson.

 

Also eher Marillion als Journey?

Oh, ich liebe Journey, aber Marillion sind noch besser.

 

Und eher Marillion oder Genesis?

Es hat mich eine Weile gekostet, bevor ich den Zugang zu Genesis gefunden habe, aber es stimmt, heute ist es wohl noch mehr Genesis. Marillion haben sich sehr von ihrer Ideallinie entfernt…

 

Unicorn ist gegründet worden für Mystery, oder?

Ja, als ich 1996 das erste Album (Theatre of the Mind) aufgenommen habe, habe ich viele Labels kontaktiert, aber es war niemand interessiert. Zur gleichen Zeit habe ich auch das Internet entdeckt, also entschied ich mich für ein eigenes Label. Mit dem Internet entdeckte ich auch, dass es so viele weitere Prog-Bands gibt, und damit ging es los. Die Band war nicht so recht glücklich mit meinen Plänen, die Band in eine progressivere Richtung gehen zu lassen. Sie wollten eher die kommerziellere AOR-Richtung, weswegen ich stattdessen eher meine Energie auch in andere Bands investierte.

 

Nun, das Line-Up hat sich ja immer schon geändert

Ja, das stimmt, Mystery sind eher ein Studio-Projekt, wir haben auch nie sehr viel live gespielt. Da ist die Live-Situation in Kanada auch nicht besonders gut für Prog-Bands. Und leider waren wir auch noch nie im Ausland – geschweige denn in Europa. Ich würde liebend gerne mal in Europa spielen!!!

 

War es eigentlich Zufall, dass Du als Journey-Fan mit Gary einen so Steve Perry-ähnlichen Sänger gefunden hast – oder hattest Du speziell danach gesucht?

Nein, eigentlich war Garys Bruder Raymond in der Band – er ist nur kurz vor den Aufnahmen von „Theatre of the Mind“ ausgestiegen. Und er und Gary haben eine sehr ähnliche Stimme.

 

Und auch der neue Mann, Benoit David klingt exakt wie Gary – um genau zu sein, musste ich erst einmal nachschauen, ob Gary zurück wäre…

Ja, ein bisschen mehr Power, aber der Stil ist sehr ähnlich.

 

Was machen denn die anderen in der Band?

Steve Gagné spielt mit mehreren Quebec-Bands und Musikern – sowohl im Studio als auch live. Patrick Bourque lebt mittlerweile in Nashville und spielt Bass in der Country Band Emerson Drive. Die sind recht erfolgreich in Amerika. Und Benoit David singt im Chor sowie in der erfolgreichsten Yes Tribute Band in Quebec.

Heute bist Du also eher progressiv beeinflusst, aber was war der Einfluss am Anfang?

Kiss. Und jede Menge 70s/80s-Prog – Yes, Genesis, Asia, was eben so aktuell war zu Highschool-Zeiten damals. Und Sachen wie Supertramp, Journey, Styx – das war die Musik, mit der ich aufgewachsen bin.

 

Die Bands, die Du unter Vertrag nimmst – entscheidest Du das alleine?

Ja, für Unicorn entscheide ich das alleine. Daneben habe ich mit einem Freund gerade das Sublabel VSR gegründet, auf dem v.a. Metal-Bands veröffentlicht werden sollen, aber wir haben das extra getrennt, damit es da bei Unicorn keine Verwechslungen gibt.

 

Du hast sehr viele Instrumentalbands auf Deinem Label.

Wie gesagt, es hängt davon ab, was ich angeboten bekomme. Und ich mag diese Musik. Und nebenbei bemerkt, Bands wie Hamadryad und Spaced Out verkaufen fast so viele Alben wie Mystery.

 

Das ist jetzt doch eher überraschend… zumal Mystery für mich immer eine Band war, die noch wesentlich viel mehr verkaufen können sollte…

Ja, wahrscheinlich hast Du Recht. Aber dazu kann ich auch nicht viel sagen. Das sind die Gesetze des Marktes – es ist nicht leicht, die Leute zu erreichen. Dieser ganze Superstar-Mist – natürlich nervt das, und alle sagen, es ginge nur um Kommerz. Aber Tatsache ist, dass Genesis und Pink Floyd auch diese ganze Maschinerie hinter sich hatten um so erfolgreich zu werden. Ich weiß noch, wie mich meine Freunde belächelten, weil ich so „kommerzielle Musik wie Journey“ hörte, während sie die „richtige Musik“ von Pink Floyd hörten. Aber das ist Quatsch, Floyd haben sich auf dieselben Mechanismen verlassen. Wenn ein Album wie „Dark Side of The Moon“ heute immer noch in den Charts auftaucht. Dann doch nur, weil die richtigen Leute die Schalter zu richtigen Zeit umlegen.

 

Was sind die weiteren Aussichten mit Mystery?

Ich fange nächste Woche damit an, das neue Album aufzunehmen und hoffe, das noch dieses Jahr fertig zu bekommen. Genug Material habe ich, aber ich will auch dem aktuellen Album genügend Zeit geben, um sich zu entwickeln. Die ersten Reaktionen sind ja schon mal sehr gut…

 

Wow, das ist schnell. Können wir uns also auf ein weiteres Klassealbum wie „Beneath the Veil of Winter's Face“ freuen?

Die „Beneath“-Songs sind im Prinzip gleich nach „Destiny“ geschrieben worden. Dann habe ich immer wieder mal Songs geschrieben, und im Prinzip gehen sie in dieselbe Richtung. Trotzdem will ich natürlich versuchen, die Band immer besser werden zu lassen. Aber es ist nicht unbedingt so, dass das nächste Album schnell ist – „Beneath“ hatte nur ein paar Jahre Verspätung…