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Ralf Koch traf Ray Wilson

 

Wir haben das wohl größte Tief seiner Karriere vor 2 Jahren in unserem ausführlichen Gespräch beleuchtet mittlerweile schwimmt Ray Wilson wieder nicht nur auf der Woge der Sympathie, sondern auch des Erfolges. Ein exzellentes Live-Album „Live &Acoustic“ 2001, eine ausverkaufte Acoustic-Tournee im letzten Jahr und jetzt erscheint „Change“ – dem Titel entsprechend mit einem leicht erneuertem Ray of Light: Singer-/Songwriter Pop mit klasse Kompositionen und dieser einmaligen, unvergleichbaren Stimme. Wilson erzählte uns ein bisschen zur Entstehung des Albums.

 

Das letzte, was seit unserem letzten Gespräch über geplante musikalische Aktivitäten zu hören war, war eine Kollaboration mit...

...John Mitchell, ja. er wollte ein paar Songs mit mir schreiben. Es waren noch ein paar andere Leute involviert, einer von Marillion, usw., aber ich hatte kein Interesse.

Warum nicht, eigentlich warst Du doch auf der Suche nach einem Songwriting-Partner, mit dem Du arbeiten könntest.

Ja, aber nach der Erfahrung mit Genesis hatte ich ziemlich die Nase voll von diesem Musikbusiness, bzw. genauer gesagt von dem Gedanken, in eine Band-Situation zurück zu kehren. Ich wäre lieber lebendig von Alligatoren gefressen worden (lacht). Ich meine, ich hab´s versucht, weil John wirklich nett war, aber ich konnte nicht.

Nun, mittlerweile hast Du Dich ja zumindest zu einem Solo-Album entschieden!

Ja, ein Freund hatte mich vor rund 2 Jahren ermutigt, beim „Edinburgh Festival“ aufzutreten, ein großes Kunst-Festival mit Comedy, Film, etc, über 300 Shows am Tag; und das in einer kleinen Stadt wie Edinburg, also kannst Du Dir ungefähr vorstellen, was da los ist. Einfach zurück zu kehren dahin, womit ich angefangen habe: ich, meine Akustikgitarre, meine Stimme und eine Handvoll guter Songs. Und so kam ich wieder rein, wurde dann von meinem Bruder, Steve sowie Amanda Lyon begleitet, und die Sache wurde recht erfolgreich, so dass wir am Ende rund 30 Shows spielten.

Meine Plattenfirma versuchte immer wieder, mich mit Bands zusammen zu bringen, wie wär´s mit Spock´s Beard, oder wie wär´s damit, aber ich wollte einfach keine Band. Ich wollte die Kontrolle über das behalten, was ich mache, ich wollte mein eigenes Tempo und ich wollte nicht zurück in diese Maschinerie – Genesis war eine Maschine.

Es klingt zynisch, aber diese Sache hat mich wirklich fertig gemacht. Sie hat mich dazu gebracht, alles in meinem Leben zu überdenken, sogar das Leben selber. Und wenn man von da kommt, bist Du sehr vorsichtig, bei dem was du machst. Klar, ich hatte auch Angst. Es hat mich eine weile gekostet, da raus zu kommen, und ich hatte es nicht eilig, da wieder rein zu rutschen.

 

Wann sind dann die Songs für das neue Album entstanden?

Ich habe eigentlich 2 Alben geschrieben. Das erste in der Zeit, in der ich nicht besonders glücklich war, aber am Ende mochte ich nur etwa 3 der 15 Songs, die ich geschrieben hatte. Die 3 behielt ich, und fing nach den Erfahrungen den Edinburgh Festivals an, neue zu schreiben. Und die neuen Songs wurden so viel positiver. Die Akustik-Sessions hatten mir mein Selbstvertrauen wieder gegeben. Das Vertrauen, zu entscheiden, in welche Richtung ich weiter gehen sollte. Vorher schrieb ich, ohne genau zu wissen, was es werden sollte, aber dann hatte ich endlich etwas gefunden, was mich selbst befriedigte.

 

Ja, Du hattest, wie gesagt, erwähnt, dass Du jemanden suchst, mit dem Du zusammen schreiben könntest, mit dem Du eine neue Richtung einschlagen könntest.

Diese Person habe ich gefunden: mich selbst! Ich habe mich selbst wieder gefunden. Seltsam, nicht?

 

Was passierte mit den anderen Songs?

Einer ist jetzt auf dem Album („Beach“), die anderen beiden sind Bonus-Tracks der Special Edition. Ich weiß nicht, warum sie das machen. Diese Digi-Packs.

 

Nun, ich denke, es ist eine sehr wirksame Art, illegale Kopien zu vermeiden. Den Käufern einfach wieder Gegenwert für ihr Geld zu bieten.

Ja! Im Prinzip haben sich die Plattenfirmen doch selbst in den Fuß geschossen. CDs sind zu teuer! Die Künstler kriegen einen Euro pro Album, die CD-Produktion kostet einen halben Euro – warum sind CDs so teuer im Laden? Warum sind sie teurer als früher LPs? Diese ganze Plattenindustrie – und ich spreche jetzt v.a. von den großen Plattenfirmen – ist doch nur noch zahlendiktiert. Wie soll man wirklich kreativ arbeiten, wenn man weiß, dass man fallen gelassen wird, wenn man weniger als 20.000 CDs im Monat verkauft? Natürlich müssen kleine Labels auch Geld machen, aber die Liebe und Nähe zum Künstler ist da wesentlich größer, sie kümmern sich.

Und apropos illegale Kopien – wie kann Sony sch darüber beschweren, wenn sie selbst die Geräte dafür entwickelt haben? Die verdienen doch an beiden Enden der Zündschnur. Unglaublich.

 

Zurück zum Album. Ist das der neue Ray Wilson?

Ja!

Verglichen mit dem, was Du bisher gemacht hast, ist es erstaunlich poppig.

Ich schreibe einfach Songs. Das ist, was ich mit meiner Akustikgitarre gemacht habe -

Singer-/Songwriter-Pop, Pop alleine wäre wohl die falsche Bezeichnung dafür, schließlich gibt es keine Computerbeats, Loops oder Samples. Die Songs habe ich auf der Gitarre geschrieben, weil es das ist, was ich am liebsten mache. Und im Endeffekt ist das auch, was ich immer gemacht habe. Es war nur immer wieder unterschiedlich arrangiert, mit Stiltskin mal härter, mal bombastischer mit Genesis, dieses Mal sind die Songs das geblieben, was sie von Anfang an waren. Ich war immer beeinflusst von dieser Art von Musik, Neil Young, Bob Dylan und natürlich David Bowie, schon immer mein Haupteinfluss. Und diese Einflüsse kommen aus der Plattensammlung meines Vaters, und es ist noch heute das, was mich am meisten zuhause fühlen lässt. Vielleicht auch, weil es mich an meinen Vater erinnert, mit seiner Zigarette, seiner Zeitung, das mag ich.

 

Du scheinst eine glückliche Kindheit gehabt zu haben!

Die meiste Zeit schon ja. Aber es gab auch unglückliche Zeiten, Trennung etc., aber es war konstruktiv, ich will mich nicht beschweren. 

 

Aber war Dein Schreibstil ein anderer, als Du für Cut geschrieben hast?

Ja, das Cut Album war ursprünglich als zweites Stiltskin-Album geplant. Und es gab eine Menge Songs, die ich nie verwendet habe, die noch viel Stiltskin-ähnlicher waren. Und gerade, als ich anfing, mit Plattenfirmen zu verhandeln, kam der Anruf von Genesis. Das war ja überhaupt nicht eingeplant. Und weil ich mit Stiltskin Erfolg hatte, war es nur logisch für mich, in dem Stil weiter zu machen.

 

Und dann beeinflussten Genesis das Album...

Ja, die Songs wurden weicher, was ich heute bedaure. Sie waren einmal wesentlich härter. Ich hätte durchaus ein paar harte Gitarren mehr verwenden sollen.

 

Nun, auf dem neuen Album gibt es die auch nicht.

Nein, heute hätte es nicht mehr gepasst. Das war nicht, was ich versucht habe. Es gibt kaum E-Gitarren, dieses Album basiert auf der Akustischen. Wie gesagt, ich habe meine Liebe zur Musik zurück bekommen durch die Akustik Sachen, und das wollte ich mit diesem Album zum Ausdruck bringen.

 

Wer spielt auf dem Album?

Ich habe mit vielen Musikern zusammen gearbeitet, einigen alten Bekannten aus früheren Tagen – Nir Z, Paul und John von Cut – aber auch mit ganz neuen Leuten, wie Ornette Clenon an der Klarinette, Brian Mc Alpine oder David Paton. Die einzige Konstante, die eigentlich in jedem Song auftaucht, ist Amanda Lyon.

 

Das heißt, wenn die Cut Musiker hier mit auftauchen, wird es auch kein weiteres Cut-Album mehr geben, oder? Du hattest ja ursprünglich ein zweites angedacht.

Ja, die Songs, die ich zuerst geschrieben hatte, „das erste Album“ vor Edinburgh, das war im Prinzip das zweite Cut Album. Aber die Cut-Mitglieder sind mittlerweile auch zu sehr verstreut, es wird also keine weitere Zusammenarbeit unter dem Namen geben. Ehrlich gesagt, war die erste auch nicht erfolgreich genug, um das jetzt auf Biegen und Brechen zu versuchen. „Millionairhead“ wurde ja nur in Deutschland veröffentlicht!

 

Wie kam es zu der Tour im Vorprogramm von Saga?

Das war jetzt nur, um mich wieder vorzustellen, ich werde im Herbst wieder zurück kommen mir einer kompletten Show, mit Band, wo ich ein paar Stunden spiele mit einem Akkustik-Set in der Mitte, weil das immer so gut angekommen war.

 

Das letzte, was ich über Genesis gelesen habe, ist dass sie immer noch nicht wissen, wie es mit der Zukunft der Band aussieht.

Nein, da werden sie sich wohl nie fest legen.

Wenn sie jemals auf Dich zurück kämen, würdest Du mit machen?

Das hängt von der Situation und von den Konditionen ab. Ich bin nicht besonders scharf darauf – once bitten, twice shy – aber als ich die Jungs zuletzt im letzten Herbst getroffen habe, war die Atmosphäre sehr nett, sehr entspannt. Besser, als sie jemals war in der Zeit, als ich in der Band war. Trotzdem glaube ich, dass es am besten für die Band wäre, wenn sie noch einmal ein Album mit Phil Collins zusammen machen würden. Ich war nur ein kurzes Kapitel in ihrer Geschichte.

Ich habe meinen Frieden wieder gefunden, und ich wäre sehr zurückhaltend, wenn eine solche Versuchung erneut käme. Nur, am Ende wäre es natürlich doch wieder eine Versuchung – das Geld, die Popularität, der Name.... das ist teuflisch.