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Saga - Michael Sadler: Never say never

Interview Oktober 2007 - Hier gibt es ältere Interviews von 2006 und 2004 und 2003 und 1999

Am 16. Januar 2007 gab Michael Sadler bekannt, dass er nach längerer Überlegung die Band zum Jahresende aus privaten Gründen verlässt. Was für ein Schock. Und welch beruhigende Meldung, dass er nicht (im wahrsten Sinne) sang- und klanglos verschwinden würde, sondern es eine ausführliche Abschiedstournee geben wird – und es darüber hinaus sogar noch ein Abschiedsalbum gibt! Und was für eins!! Ich überlasse die weiteren, ausschweifenderen Lobeshymnen den anderen, aber ich lasse gerne Herrn Sadler persönlich noch ein paar Kommentare machen. 

 

Hallo Michael, wo seid Ihr gerade?

In Toronto, wir spielen hier morgen Abend.

 

Saga kommen aus Toronto, oder? Also wird es ein Abschied aus Eurer Geburtsstadt?

Ja, zumindest meine letzte Show in der Stadt in der alles begann. Das wird bittersweet werden.

 

Aber das ist es eigentlich die ganzen sechs Wochen Tour, oder?

Ja, v.a. wenn wir nach Europa rüber kommen, dann wird es wohl jeden Abend schwerer werden – der offiziell letzte Gig wird am 5.12. in München sein, das wird nicht ganz leicht. Da weiß ich jetzt schon, dass es mir da nicht nur gut gehen wird…

 

Dreißig Jahre Saga – und nun sechs harte Wochen Abschiedstour. Und das war’s dann definitiv?

Absolut. Aber wie ich auf meiner Website klargestellt habe, es hat nichts mit den Jungs und mit der Band zu tun, es war eine Lebens-Entscheidung. Natürlich haben sich schon viele beschwert, weil sie sagen, dass die letzten Saga Alben wieder so gut wären – aber ich sage Dir was: Wenn Du eine Veränderung in Deinem Leben machen willst, dann am besten, wenn man auf dem Höhepunkt steht. Nur so hat man die Energie, um den Rest Deines Lebens zu starten.

 

Tatsache ist, dass das neue Album das Beste in Eurer Karriere ist!

Danke, das hört man natürlich gerne. Das Witzige ist, dass das Album in sehr, sehr kurzer Zeit entstanden ist – weil wir sehr spät dran waren. Den letzten Gesang habe ich am 11. September um 4 Uhr morgens aufgenommen – und 24 Stunden später hatte das Label die Platte auf dem Tisch.

 

Dieses Album macht es ja noch schwerer, Dich gehen zu sehen.

Ich weiß, was du meinst. Und ich war mir auch nicht ganz sicher, ob ich ein gutes Album zum Schluss haben wollte, oder lieber ein weniger gutes… (lacht)

Es war im Endeffekt sogar so, dass ich mir nicht einmal sicher war, ob ich überhaupt noch ein Album machen wollte. Das habe ich der Band überlassen. Ich habe es ihnen extra früh genug mitgeteilt, so dass sie Zeit gehabt hätten, einen neuen Sänger zu finden. Und wenn sie weitermachen wollten, hätten sie ein neues Album machen können, sie hätten zudem das 30jährige Jubiläum gehabt – es hätte also genug gute Gründe gegeben, eine Tour zu verkaufen – und da hätten sie den neuen Sänger vorstellen können. Aber sie wollten, dass ich dieses Album mache – vor allem Jim Gilmour bat mich darum.

Und es hat eine Weile gedauert, bis ich realisiert habe, dass das das Ende war. Am Ende der letzten Aufnahme stand ich mit Jim im Studio, und wir nahmen die Kopfhörer ab, und ich sagte „so, äh, ich schätze das war’s“. Und er sah mich an und wiederholte, „ja, ich glaube das war’s.“ Und in diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich gerade die letzten Gesangsspuren für Saga aufgenommen hatte. Das war schon sehr, sehr, sehr seltsam.

 

Wenn wir sagen ’das war’s jetzt’, heißt das mit Saga. Du könntest allerdings weiter Soloalben machen…

Das stimmt, und das ist auch möglich. Ich meine, sogar wenn ich wollte, ich könnte mich gar nicht komplett von der Musik verabschieden. Aber das nächste Jahr gehört meinem Sohn: Meine Frau ist schwanger und ich werde Vater im Februar. Ist das ein Timing? Aber ich kann ja trotzdem nebenbei Songs schreiben…

 

Es ist dein erstes Kind, oder?

Ja, mein erstes biologisches Kind, ich habe eine Stieftochter mit meiner Frau. Ich weiß, es ist witzig. Normalerweise geht man zur Schule, trifft sein Sweetheart, heiratet, bekommt Kinder, zieht in den Vorort, arbeitet und wenn man schließlich in Rente geht, macht man das, worauf man Lust hat. Nun, ich habe über dreißig Jahre getan, worauf ich Lust habe, jetzt wird es Zeit für mich, mich um meine Familie zu kümmern, und endlich ein „normales“ Leben zu führen.

 

Was wirst Du erst machen, wenn Du endgültig in Ruhestand gehst?

Geht das als Sänger? Ich denke, Musiker spielen so lange, bis die Arthritis es ihnen verbietet und Sänger singen so lange, bis jemand „Shut Up!“ ruft. Also, so lange es nicht peinlich wird….

 

Aber noch einmal: Die Songs sind alle neu? Oder hattet ihr eine Schublade für das Grande Finale?

Nein, nein, keiner wusste dass es so kommen würde. Das Geheimnis dieser Platte war, dass es sehr schnell entstanden ist, und dass wir ein Album in der gleichen Stimmung aufgenommen haben, wie in unseren frühen Tagen. Wir wussten nicht, wohin die Reise gehen würde, wir wollten einfach nur ein Album machen, das uns gefällt. Früher haben wir uns gesagt, lass uns eine Platte machen, auf die wir stolz sind. Und so haben wir uns auch dieses Mal gesagt, lasst uns nicht drüber nachdenken. Lasst uns einfach machen. Und ich glaube, so sind wir am besten. Gleichzeitig glaube ich nicht, dass sich deswegen dieses Album jetzt „alt“ anhört, es sind schon Saga 2007.

 

Absolut. Wie auch schon beim letzten Album „Trust“, wo ihr diesen Ansatz im Prinzip ja auch schon wieder angewandt hattet, oder?

Ja, ich glaube, „Trust“ war der Anfang für diese Einstellung. Und als wir die Reaktionen darauf gehört haben, kuckten wir uns an und fragten „oh, warum haben wir das nicht dreißig Jahre lang so gemacht“… es ist voller Emotion und Leidenschaft.

 

Und die Hooklines sind gut! Ich mache ja auch Radio – und es fällt mir wirklich schwer, zu sagen, was ich spielen soll.

Ich weiß, es gibt eine Menge radiofreundliche Songs. Ich glaube, wenn dieses Album in den Achtzigern erschienen wäre, wäre es ein Radio-Dauerrenner. Ich habe in den letzten 4, 5 Jahren angefangen, mich noch mehr auf Hooklines und Gesangsmelodien zu konzentrieren. Als wir uns trafen um unsere Ideen und Bits und Pieces auszutauschen, habe ich nicht gewartet, bis die Songs fertig waren und habe erst dann einen Text dazu gebastelt. Ich habe aktiv an der Entstehung teilgenommen, habe parallel Gesangsmelodien entworfen, habe Vorschläge gemacht, und wir haben dann die Musik drumherum gebastelt – und dadurch wurde vieles viel homogener.

 

Aber Du musst jetzt eh gehen, ich finde keine Superlative mehr! Aber noch etwas zu den Texten: Es gibt offensichtlich ein paar autobiografische Songtexte – wie in „More than I deserve“?

Das ist in der Tat mein Baby, ich musste so ein Statement machen. Es gab genügend Momente in den letzten 30 Jahren mit Saga, auf der Bühne, Worte die fielen, Aufmerksamkeit, die mir das Publikum zukommen ließ… ehrlich: Manchmal kucke ich in den Spiegel und sehe Bilder von mir als Teenager. Ich war ein ganz normaler Junge, und heute werde ich auf Händen getragen. Aus kritischer Sich weiß ich, warum, aber als Mensch weiß ich nicht, wie ich das verdient habe, denn ich hatte einfach nur Glück. Und ich will jetzt nicht, wie in einer Dankesrede, zu bescheiden klingen, aber all diese Menschen haben mir so viel Gutes getan, und dieser Song ist mein Versuch, Danke zu sagen.

 

Und 10,000 Days ist das melancholische Finale?

Zum Teil, ja, aber im positiven Sinn, nicht nur melancholisch, dramatischen Sinn. Es geht eher darum, was wir als Band alles erreicht haben. Wie es im Song heißt: „we’ve been around the world, from East Lynn to L.A.“ East Lynn ist die Straße, in der Jim (Gilmour, key) damals wohnte als er mich 1979 anrief, weil er ein paar Songs geschrieben hatte und gerne eine Stimme dazu hören wollte. Also fuhren meine Frau und ich zum Essen rüber, und während die Frauen sich später unterhielten, saßen wir im Wohnzimmer und ich sang den Text zu, ich glaube, „Humble Stance“ war der erste Song, vielleicht auch „How long“.

Und ich fuhr nach Hause, und dachte, hey, das war lustig, Also kündigte ich meinen Job, und am nächsten Tag starteten wir das ganze Ding.

 

Habt Ihr alles erreicht, was ihr erreichen wolltet?

Das ist eine schwierige Frage, weil ich keine Ahnung habe, was wir zu erreichen hatten. Ich meine, vor dreißig Jahren hätte ich nicht sagen können, dass ich heute hier sitze und mit Dir rede. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas so lange dauern kann. Nein, ich hätte nichts vorhersagen können – und dies alles ist so viel mehr, als ich mir jemals hätte vorstellen können.

 

Die Frage ist ja, wie findet man den richtigen Moment? Wie hast Du diesen Moment gefunden?

Es ist keine Entscheidung, die man trifft, und dann sagt man sie den Jungs. Es gab Dinge in meinem Leben, die mich zu dieser Überlegung geführt haben. Und im prinzip kam mir der Gedanke vor ungefähr eineinhalb Jahren. Ich weiß nicht, ob man den richtigen Zeitpunkt finden kann. Es passiert einfach. Es ist eine Idee, die in Dir wächst. Und wenn Du Dich mit diesem Gedanken angefreundet hast, und er plötzlich ganz logisch erscheint und Du Dich anfängst, mit ihm wohl zu fühlen, dann weißt Du, es ist der richtige Zeitpunkt. Und wenn es absolut nichts mehr gibt, was Dich davon überzeugt, dass Du es nicht machen solltest, dann ist es die richtige Zeit.

 

Haben sich die anderen schon geäußert, was sie jetzt weiter machen wollen?

Ich habe mich da schon das eine oder andere mal vorsichtig rangetastet, aber sie lassen mich an diesen Planungen nicht so recht teilhaben. Und ich habe da eh nichts zu sagen. Ich weiß, dass sie mit einen anderen Sänger gesprochen haben, dessen Namen ich hier aber nicht sagen kann, und zum jetzigen Zeitpunkt kann ich sagen, dass ich ziemlich sicher bin, dass sie weiter machen werden.

 

Sie könnten doch die INXS Variante wählen – und den Sänger per Pop Idol suchen. Hast Du davon gehört?

Ich habe es gesehen! Und weiß Du was witzig ist? Der Typ ist in die selbe Schule gegangen wie ich. Aber er ist ein paar Jahre jünger. Aber ich glaube, so richtig erfolgreich sind die damit auch nicht, oder?

 

Ja, warum auch immer. Das Album ist gut, der Sänger ist perfekt…

Das ist ein bisschen so wie Queen ohne Freddy. Ich meine, Paul macht einen tollen Job – vom esoterischen Standpunkt – aber ich glaube, Queen hätte es nicht mehr gebraucht… ich will hier nicht von heilig sprechen, aber ich weiß nicht ob sie das nötig hatten.

 

Ich glaube, Brian May war es nur satt, durch die Clubs zu tingeln! Aber natürlich frage ich mich, wie es mit Saga weitergehen wird…

Natürlich wird es schwer, aber es wird sehr davon abhängen, was sie für einen Sänger wählen. Er darf kein Klon von mir sein. Es muss eine eigene Stimme haben seine eigene Art, auch die alten Songs zu singen, und er muss seine eigene Persönlichkeit einbringen.