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Einfach Selig

Intervew 2010. Ein älteres Interview mit der Band - vor dem großen Krach und zum Album "Blender" (1995) gibt es hier!

Bremen. In den Neunzigern galten sie erst als hoffnungsvollster Newcomer, dann als Kultband – bis zum Gau, als die Band 1999 – sozusagen von der Bühne herab – überraschend ihr Ende ankündigte. Genau zehn Jahre später waren sie wieder da, machten (fast) genau da weiter, wo sie aufgehört hatten –musikalisch wie erfolgsmäßig, denn dankbarer hätte die Rückkehr kaum aufgenommen werden können. Ein weiteres Jahr später steht die nächste Stufe an: ein (noch seligeres) neues Album, und eine neue Tour, die sie u.a. auch am 10.12. ins Aladin führt.

 

Passt der Bandname erst jetzt so richtig… - Euer Bandinfo sprühtSelig ja über vor Seligkeit…

Stoppel: Ja, ist das so? Entspricht aber auch dem Empfinden, das wir haben. Nach der langen Trennung sind wir froh, was wir wieder miteinander haben. Vielleicht kommt der euphorische Ton daher.

 

Und das scheint auch nicht nachzulassen.

Stoppel: Gott sei Dank nicht, das scheint nicht nachzulassen. Das macht nach wie vor Spaß und dann ist es auch schön, dass wir zusammen so kreativ sind, wenn wir uns treffen.

 

Dazu noch der Albumtitel „Von Ewigkeit zu Ewigkeit“…

Stoppel: Ja, das ist halt ein Song auf dem Album. Wir hatten verschiedene Arbeitstitel, und dieser passte fast zu gut zum Vorgängeralbum „Und endlich unendlich“. Aber so ist es eben auch eine Fortsetzung davon.

 

Was ist denn so anders dieses Mal?

Stoppel: Ich glaube, es liegt am Alter. Und an der Lebenserfahrung. Und an der Lebenssituation. Damals waren wir Spät-Teenager, irgendwie immer noch in der Entwicklung, heute sind wir einen Schritt weiter, sind erwachsner, haben alle Kinder, und keiner meint, ein Jugendlichenleben leben zu müssen und sich selbst verwirklichen zu müssen.

 

D.h. es waren letztendlich Egoprobleme, die zum Scheitern geführt haben?

Stoppel: Ja, auf jeden Fall, wir haben uns in verschiedene Richtungen entwickelt, und am Ende passte es nicht mehr zusammen. Der eine wollte Weltstar werden, der andere am liebsten in der Fußgängerzone spielen, das waren einfach verschiedene Lebensentwürfe, die nicht kombinierbar waren, also haben wir das aufgelöst…

 

Mehr Band ging eigentlich auch kaum damals, oder?

Stoppel: Ja, das war schon eine extreme Monokultur für jeden von uns, und da achten wir heute mehr drauf, dass jeder auch seinen Spaß außerhalb der Band hat und sein Nebenprojekte hat.

 

Und entstanden sind die Songs – laut Bandinfo – „komplett intuitiv“…

Stoppel: Wir haben uns gesagt, wir brauchen neue Songs, also haben wir uns getroffen Ende letzten Jahres und „gejammt“ – ohne festes Ziel, aber immer mit Aufnahmegerät dabei. Und als wir einen guten Stapel material zusammen hatten, haben wir uns die schönsten Sachen rausgesucht, und haben die ausgearbeitet.

 

Ich denke, es schließt sich der Kreis Richtung Debütalbum, also Euren wirkliche Anfängen. Nachdem das letzte Album fast etwas rau war, würde ich sagen, dass diese psychedelische  Seite am ehesten da schon zu finden war.

Stoppel: Hmm, das klingt gar nicht so verkehrt. Wir hatten jetzt auch schon gehört, dass wir rockiger geworden sind, aber das konnte ich ehrlich gesagt gar nicht so nachvollziehen. Das sind ja schon mal zwei sehr konträre Seiten – da können wir ja auf die weiteren Reaktionen gespannt sein.

 

In „Hol mich hier raus“ – ist das ein „Purple Haze“-Zitat?

Stoppel: Hmm, kommt auch hin. Wir hatten eigentlich Angst, dass es zu sehr nach Lenny Kravitz klingt.

 

Euer Debüt hatte ich damals als deutsche Version von Lenny Kravitz bezeichnet – also auch da würde sich ein Kreis schließen. Und um auf „Hol mich hier raus“ zurückzukommen - am Ende er auch nach den Stones, oder?

Stoppel: Siehst Du, dann waren die Zitate, bzw. Parallelen ja doch nicht zu eindeutig (lacht). Aber das passt eben auch zu dem Stichwort intuitiv: Wir haben uns vor nichts verschlossen, uns aber auch nichts konkretes vorgenommen. Und im Endeffekt war auch nichts dabei, von dem wir gesagt haben, oh, das klingt jetzt aber merkwürdig oder passt gar nicht.

 

Ihr hattet, bzw. einzelne von Euch hatten ja künstlerisch durchaus Durststrecken zu überstehen – ist es da nicht seltsam, zu sehen, dass der Erfolg so nahe liegen kann?

Stoppel: Ehrlich gesagt hatte ich nie damit gerechnet, dass wir als Selig noch mal zusammen kommen. Und es ist schön, wenn man da eines Besseren belehrt wird, aber deswegen kann man der Sache nicht nachtrauern. Es war damals die richtige Konsequenz, und ich bin auch froh, das wir eben nicht gesagt haben, lass uns die Band retten, z.B. mit einem neuen Sänger, das haben ja auch schon andere Bands versucht. Aber das ist dann oft auch einfach nicht mehr die selbe Band. Andererseits war es natürlich auch sehr verwöhnte-Jungs-mäßig, so etwas einfach in den Wind zu schießen – aber so waren wir halt drauf.

 

Ihr wart ja auch Erfolgs-verwöhnt…

Stoppel: Ja, das stimmt, irgendwie hat alles immer funktioniert, alles ging immer auch noch etwas besser, aber alles war natürlich auch ein bisschen naiv.

 

Du sprichst einen neuen Sänger an - war Jan der Querulant?

Stoppel: Ja, auf jeden Fall, er wollte nicht weitermachen. Statt dass wir gesagt haben, lass uns eine Pause machen und  wir sehen uns in zwei Jahren wieder, haben wir krampfhaft versucht, dran festzuhalten. Und als er dann sagte, ich bin raus aus der Nummer haben wir nur kurz überlegt, ob es eine Alternative gibt.

 

Dass „alles immer funktionierte“ – das scheint jetzt auch nicht so anders zu sein, oder?

Stoppel: Naja, die Zeiten haben sich halt geändert – mit Internet u.ä. is alles viel offener. Früher brauchte man nur in den einschlägigen Sendungen oder Magazinen aufzutauchen, dann lief das schon, aber heute ist alles vielschichtiger und man muss schon etwas mehr machen.

 

Und am Ende kommt trotzdem weniger raus…

Stoppel: Ja es war schon vor zehn Jahren nicht einfach, von der eigenen Musik zu leben, und das heute eher noch schwieriger geworden. Aber wir sind ja von vielen Seiten mit offenen Armen empfangen worden, also können wir da nicht meckern.

 

Die Wiederaufnahme von Selig war ja auch das Ende von TempEau mit Marek Harloff – was wiederum ja das Ende der Band Zinoba war… was ist denn mit den beiden Projekten eigentlich?

Stoppel: Mit Zinoba ist nichts mehr – da gab es da eine Album und da ist auch nichts weiter – und das würde neben Selig auch keinen Sinn machen. Und von TempEau gibt es immer noch ein unveröffentlichtes Album, aber da ist die Zeit auch immer noch nicht gereift, da müssten wir uns eigentlich noch einmal alle drei an einen Tisch setzen und die Vergangenheit und die Zukunft besprechen…

 

So, da gibt es auch Vergangenheit zu bewältigen?

Stoppel: Ja, durchaus. Kein böses Blut, aber das Ende war schon sehr abrupt und mitten drin – wegen Selig – und das muss halt noch mal besprochen werden, wie und ob es weiter geht. Aber Marek Harloff ist ja auch durchaus beschäftigt als Schauspieler, es gibt also keine Dringlichkeit in der Sache, glaube ich.