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Interview Sportsfreunde Stiller

 September 2013 

„19-96-06-2-dreiheiheizehn“… so ungefähr könnte man in Anlehnung an ihren größten Hit die wichtigsten Eckdaten der Bandbiografie vertonen. Nach ihrer Gründung 1996 war es vor allem das WM-Jahr 2006, in dem ihr Name und ihr(e) Song(s) in aller Munde war(en). Danach war es zwischenzeitlich fast ruhig geworden, bis sie in diesem Jahr mit einem Paukenschlag zurückkehrten. „Applaus, Applaus“ gab es nicht nur von den Fans sondern auch von den Radiostationen, die die Münchener als neue deutsche Größe präsentierten. Ihre Deutschlandtournee im November ist entsprechend nachgefragt: Die meisten Konzerte sind bereits ausverkauft! Ich sprach mit Bassist Rüdiger „Rüde“ Linhof.

 

Das neue Album hat etwas länger gedauert als man von euren bisherigen Pausen gewöhnt war…

Ja, wir hatten einfach Lust, uns ein bisschen zurückzuziehen und zu schauen, worauf jeder einzelne für sich Lust hat. Flo hat ein Buch geschrieben, ich hab nebenbei ne HipHop-Platte gemacht und Pete hat sich einfach mal entspannt. Und wir alle haben geschaut, woher wir neue Ideen kriegen. Aber die Pause erschien eigentlich auch länger, als sie eigentlich war. 2010 waren wir ja mit dem Unplugged Album unterwegs und die Pause war nur 2011, 2012 haben wir schon wieder mit den neuen Songs angefangen – das dauert auch alles seine Zeit.

 

Albumproduktion heißt für euch also konkret Rückzug, um daran arbeiten zu können?

Das war jetzt zum ersten Mal für uns so, dass wir uns wirklich dafür treffen konnten und nicht nebenbei Auftritte oder Setlists oder anderes besprechen mussten. Ich meine, wir haben uns ja sporadisch immer mal gesehen, aber dann haben wir uns halt auch wirklich ans neue Album gesetzt und nur wenig nebenbei gemacht. Ein paar kleine Konzerte wohl, um die neuen Lieder auch auszuprobieren, aber nichts Großes, keine große Vorbereitung.

 

Und geschadet scheint euch die Auszeit nicht zu haben, so herzlich, wie ihr allerorten aufgenommen wurdet…

Im Prinzip ist vor jedem Album ja wieder alles offen. Natürlich ist unser Name jetzt schon so bekannt, dass sich die Redakteure den Song zumindest anhören, aber letztendlich muss es schon die Single sein, die überzeugt und die den Hörern auch gefällt. Die entscheiden ja heute auch schon mit. Aber es stimmt schon, man beackert da kein ganz unvorbereitetes Feld.

 

Muss man so ein ´standing` haben, um einen solchen Hiterfolg zu landen?

Ja, das macht es einem schon sehr viel leichter. Aber wie gesagt, das ist auch noch kein Freibrief.

 

Aber musikalisch hätte der Song auch vor 5 Jahren erscheinen können, oder?
Das stimmt, ja. Und wir freuen uns ja auch, dass wir so gut angekommen sind und dass die Band unter einem so guten Stern zu stehen scheint. Gerade nach so einer Pause ist ein neues Album ja auch wieder ein kleiner Neuanfang.

 

Siehst du den auch musikalisch?
Das Unplugged Album war schon eine Art Zäsur – durch die neuen Erfahrungen, die wir damit gemacht haben, genauso wie durch die Stellung in der Bandbiografie. So ein Live-Album ist ja immer auch ein Abschluss einer Phase. Aber die Art, wie wir uns eben auch auf neue Art mit den alten Songs beschäftigt haben, hat eben auch die Herangehensweise für das neue Album beeinflusst und verändert. Und das merkt man schon auch am Sound. Letztlich hat man seinen Stil und es freut uns ja auch dass man uns als Sportfreunde erkennt, aber ich denke schon, dass wir uns innerhalb unserer eigenen Grenzen auch entwickeln können.

 

Ob man das jetzt labeln will oder nicht, aber ich hatte Euch früher eher im IndieRock gesehen, heute seid ihr schon eher Mainstream-Pop, oder?

Ich weiß nicht, wie man’s nennen soll. Es ist halt nicht Punk und auch nicht immer Rock, aber ich find‘s auch einfach schön, dass wir unseren Sound gar nicht mehr erklären müssen. Das erleichtert wunderbar. Wir müssen uns gar nicht mehr überlegen, was wir jetzt dieses Mal machen sollen, wir machen einfach, was wir am besten finden, und irgendwie klingt’s nach den Sportfreunden. Ich meine, diese Findungsphasen macht ja jeder Mensch und jede Band durch, aber es ist auch schön, wenn man da nicht mehr durch muss.

 

Gleichzeitig ist es ja auch in jeder Kunst –und damit auch eben in der Musik – kein Fehler, sich weiter zu entwickeln…

Ja, aber es ist auch ein schöner Zustand, das anzunehmen, dass sich das Leben entwickelt, dass man sich selber in seinem Ausdruck entwickeln kann und darf, sonst bleibt man ja irgendwo stehen und blockiert sich. Aber das ist eben auch schon die Art zu kommunizieren und sich mit Themen auseinanderzusetzen, wie wach man durch den Alltag geht und sich inspirieren lässt. Und wenn man in einer Band spielt und ein künstlerisches Mittel hat, sich auszudrücken, dann ist das halt toll, das so zusammenzuführen und sich zu verändern.

 

Mit welcher Intention geht ihr denn an eure Musik, wie viel ist davon seriös, wie viel ist Spaß? Oder anders: Wie ernst nehmt ihr euch und die Musik?
Die Musik ist da eine Art Spiegel von uns. Ich – und wir – haben verschiedene Seiten. Ich bin oft ernst und brauche auch die Ruhe, mich mit Dingen zu beschäftigen, und manchmal brauche ich’s auch, einfach primitiv mit Freunden abgehen zu können, da bin ich oft eben einfach auch nur ein lebensfroher, lustiger Mensch.

 

Und diese zwei Seiten willst Du auch in der Musik unterbringen?
Klar, sonst gäbe es ein Lied wie „Festungen & Burgen“ auf der neuen Platte nicht, genauso wie „Unter unten“ nicht. Uns war es immer wichtig, dass die Stimmungen auf der Platte da auch in der Waage sind, sowohl musikalisch, als auch textlich. Das beginnt mit „Eine Hymne auf Dich“, auf der wir davon reden, dass man immer auch der Suche nach Neuem ist und ganz vergisst, dass man auch einfach mal zufrieden sein kann mit dem, was man schon hat. Wir wollen uns da auch gar nicht auf einen Themenbereich reduzieren.

 

Apropos reduzieren: Ihr habt früher oft unter anderem Namen gespielt – macht ihr das immer noch?

Klar, das wird immer passieren. Komisch eigentlich, dass wir das dieses Jahr noch nicht gemacht haben. Z.B. als wir letztes Jahr solche kleinen Gigs gespielt haben. Aber letztes Jahr waren wir ansonsten auch vor allem im Ausland, wo uns eh keiner kennt – wenn wir da noch unter falschem Namen spielen, wird’s schon haarig.

 

Aber wie kriegen das die Fans denn immer mit – streut ihr heimlich selbst Hinweise? Das sind ja teilweise so abgefahrene Namen, da kommt man doch nicht einfach drauf.

Tja, irgendwie kriegen die das immer mit. Oft ist es dann ja auch so verpackt oder kommuniziert, dass sich die Fans einen eigenen Reim bilden. Aber mit Namen wie die „Travelling Wilburlis“ auf dem Highfield Festival konnten dann offensichtlich doch nicht so viele etwas anfangen. Dann ist es für uns superspannend zu beobachten, wie schnell sich die Sache herumspricht und sich der Platz dann füllt, während wir spielen, das ist ein super Gefühl. Das ist die Lust an der Überraschung. Viel mehr Gedanken machen wir uns darüber gar nicht.

 

Ungewöhnlich ist ja auch eure Verbindung von Musik und Fußball, oder?
Naja, das ging halt schon los mit der Gründung. Der Name kam ja schon vom Fußball und Pete und Flo sind einfach unglaubliche Fußball-Nerds, angefüllt mit völlig unnötigem Nischenwissen über Fußball aus den letzten 35 Jahren – das kann einem schon unheimlich werden.

 

Umso ungewöhnlicher, dass die Experten Bayern und 1860-Fans sind, oder? Das ist ja wie St. Pauli und HSV, das passt doch eigentlich gar nicht, oder?

Nun, da Parallelen zwischen St. Pauli und 1860 zu ziehen ist natürlich äußerst schmeichelhaft für 1860, ich glaube es ist schon wesentlich leichter, Pauli-Fan zu sein. Am Anfang war das schon ein Weg, an Interviews zu kommen, weil viele diese Kombination interessant fanden und weil Pete und Flo sich auch sehr unterhaltsam darüber auslassen können, aber mittlerweile ist das auch gar nicht mehr so extrem. Dann kam natürlich noch dieses Lied 2006, dessen Refrain ihm beim Fußball kucken nebenbei eingefallen war und das war dann der Höhepunkt, aber danach war’s das auch.

 

Der soll also nicht noch einmal umbenannt werden?
Nee, die Umbenennung in „2010“ hatten wir 2006 ja schon gemacht und auf diverse Server zum kostenlosen Download gestellt, das war einfach nochmal ein Witz, aber wie gesagt, der ist jetzt auch alt und vorbei. Und da müssen wir auch für die neue WM kein neues Lied schreiben. Wir werden nächstes Jahr einfach entspannt Zuschauer sein. Wir sind ja auch eigentlich Musiker und super glücklich, dass dieser Zivi- und Studenten-Traum so Wirklichkeit geworden ist und wir nach 17 Jahren immer noch dabei sind und in diesem Leben zuhause.

 

Oder eben auch auf Tournee… wird es mit jedem neuen Album leichter oder schwerer, die Setlist zusammen zu stellen?

Vor allem spannender. Es geht ja immer um eine Dynamik aus alt und neu. Wir spielen meist so 20, 22 Lieder, davon 8 neue und der Rest ist eben eine Mischung aus den alten. „Kompliment“ z.B., bei dem es wirklich Spaß macht, dieses Gefühl wiederzuerleben, das man gespürt hat, als wir es geschrieben haben und es zuerst aufgeführt haben. Und andere Songs lassen wir dann einfach mal weg und spielen sie beim nächsten Mal und entdecken sie dann auch für uns wieder neu.

 

Kann man das bei jedem Konzert fühlen?

Ganz oft, ja. Klar, manchmal ist man irgendwie abgelenkt und nicht in jedem Moment voll auf den Inhalt des Songs konzentriert, aber meistens ist das so.  

 

Welche Songs dürfen gar nicht fehlen?

„Wunderbaren Jahren“ wird immer gespielt, weil es unser erstes Lied war – und weil diese Rückschau aufs Leben, auf die Jugend und auf dieses Gefühl der Jugend, mit bangem Blick nach vorne oder auch zurück zu schauen, auch immer noch zutrifft. Das spiele ich immer wieder gern!