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Terry Hoax  

 Bremen - Modernes 14.11.1995

 

Mit "Life in times of Terry Hoax" ging es 1991 los, der erste

Durchbruch gelang aber erst mit dem Folgealbum "Freedom Circus",

und da vor allem mit der Coverversion von Depeche Mode's "Policy

of Truth". Das vierte Album trägt den bisher kompliziertesten

Namen, hat die aufwendigste Produktionsgeschichte und steht unter

einem guten Stern: ein Album voller Zufälle, seltsamer Momente

und großer Geschichten. Ralf Koch hat versucht, ein paar von ihnen

aus Sänger Oliver Perau und Bassist Armin Treptau herauszukitzeln.

 

 

Diabolo: Das vierte Album, es gibt wesentliche Veränderungen zu

den ersten drei, oder?

Perau: Also es ging damit los, dass wir dieses Mal nicht in Hannover

aufnehmen wollten, sondern irgendwo weit weg, wo wir losgelöst von

heimischen Problemen und Störungen uns voll auf die Musik konzentrieren

konnten. Nachdem unser anfänglicher Plan, in ein Studio auf Malta zu

gehen kurzfristig geändert werden musste, kamen wir auf Los Angeles.

Diabolo: Der Produzent ist auch neu. Wie seid Ihr zu dem gekommen?

Treptau: Tommy Newton kommt aus Hannover, und er kannte unsere Musik, und

hatte sich in einem Interview mal sehr positiv über uns geäußert. Und

da hatten wir uns eigentlich schon gesagt, dass wir den vielleicht mal

treffen sollten. Der erste Schritt kam aber sogar von ihm, als er

nämlich erfuhr, dass wir vor einer neuen Scheibe standen. Und wir

verstanden und von Anfang an sehr gut.

Diabolo: Interressant ist auch der deutsche Titel. Wie kam der zustande?

Perau: Der stammt nicht direkt von uns, der kommt aus dem Fernsehen. Wir

brauchten ein paar Background-Samples für "Dreamer", und dann haben wir

irgendeine Sendung angestellt, und ein Mikro davorgestellt. Und was dann

passierte, war einfach unglaublich. Wir haben einfach nur diese 7 Minuten

genommen, nichts mehr daran herumgeschnitten, und es kam einfach nur wahnsinnig

gut hin. All das was da zu hören ist, ist genau in dem Moment aus dem

Fernseher gekommen. Auch das, was man im Mittelteil an Oboen und Streichern

hört, ist nicht von uns gespielt, sondern lief in der Sendung. Und das passte

also tonal und vom Tempo genau zu dem Stück, und wir haben alle nur

da gestanden, und haben's überhaupt nicht geglaubt, was da passierte. Und

unter anderem wird auch gesprochen, wie eben dieser Satz "Den Kindern geht

es gut, und sie lassen grüßen", und uns blieb nach diesem Wahnssinszufall

eigentlich schon gar keine andere Wahl, als diesen Titel zu nehmen. Das

musste einfach ein gutes Omen sein. Aus demselben Aberglauben ist auch

dieser Song dann die erste Single geworden.

Diabolo: Die CD ist so abwechslungsreich, dass man meint, ihr hättet absichtlich

so viele verschiedene Sachen untergebracht, um auf keinen Fall in irgendeiner

Schublade landet. Wo liegen Eure Wurzeln? Wo würdet Ihr Euch selber sehen?

Treptau: Also sehr auffällig bei uns ist, dass wenn Du die Plattenschränke der

einzelnen Musiker Dir anschauen würdest, Du kaum Überschneidungen fändest. Die

musikalischen Wurzeln liegen eigentlich bei Jedem von uns ganz woanders. Meine

Vorbilder sind zum Beispiel Neil Young oder The Who. Der einzige Schnittpunkt

scheint bei uns Terry Hoax zu sein, also die Musik, die wir selber machen.

Perau: Eine "Einordnung" ist natürlich immer ein Problem. Ich höre sehr viele

Bands, auch sehr viele neue Sachen, aber was mir immer wieder auffällt bei CDs,

ist dass mir 5-6 Songs gut gefallen, und der Rest ist Wiederholung. Ich habe oft

den Eindruck, dass den Bands da der Einfallsreichtum ausgegangen ist,

und sie dann einfach noch ein paar Songs nach ähnlichem Muster dazuschreiben, um

die CD vollzukriegen. Und den Eindruck wollten wir bei unseren CDs nie erwecken.

Es ist eigentlich sogar so, dass wir uns zusammenreißen müssen; es könnte noch

verschiedener sein. Wir wollen uns auch nicht festlegen. Wir sind in erster

Linie eine songorientierte Band, niemals eine trendorientierte. Vielleicht sind

wir auch noch auf der Suche, aber ich denke, wir versuchen es immerhin, unserer

Platte immer unseren eigenen Stempel aufzudrücken.

Diabolo: Relativ überraschend für Euch ist ein Song wie "Straight on".

Perau: Ja, das könnte man als eine Richtung bezeichnen, die wir bis jetzt sehr

vernachlässigt haben, die uns aber immer besser gefällt. Das hat einen tollen

Groove, und ich denke, dass wir darauf noch mehr hinarbeiten könnten.

Treptau: Obwohl ich immer mehr für die Rock-orientierte Seite der Band bin,

gerade weil das auch "live" viel Spaß macht, also Songs wie "Adrenalin" oder

"Weird thoughts are Jazz", muss ich Oliver zustimmen. Dieses groovige fordert

auch den Musiker auf interessante Weise, und ich denke auch, dass wir da noch

mehr machen sollten.

Diabolo: Worum geht es in den Texten?

Perau: Das ist sehr verschieden, das sind relativ alltägliche Themen. "Teenager"

entstand zum Beispiel, als ich mit der Straßenbahn gefahren bin, und plötzlich

eine Horde Jugendliche hereinpolterte. Und wie ich die so beobachtete, dachte

ich nur, hoffentlich war ich nie ein Teenager. Und anschließend habe ich

daraus einen Text gemacht, der natürlich superironisch ist, weil ich genau

weiß, dass ich nicht anders war. "Hate clean Train" handelt wiederum davon, dass

ich mit dem Zug unterwegs war, und mit dieser Zug mit eben dieser Aufschrift

entgegengekommen ist, weshalb wir auch für's Innen-Cover wochenlang nach

diesem Zug in Hannover gesucht haben. Die Geschichte darum besteht dann aus

Gedanken dazu und zur heutigen Generation allgemein.

Diabolo: Wieso der Satz "Never make a record in L.A.?

Perau: Naja, das ist nicht ganz so ernst gemeint. Aber es ist schon so, dass

man manchmal ein Bild, das man von einer ganz bestimmten Sache hat, lieber

nicht dadurch zerstört, dass man sich durch die Realität eines besseren belehren

lässt. Ich meine von den USA, zum Beispiel, hat man immer das Bild eines fortschrittlichen, zivilisierten Landes. Nach unserem L.A.-Aufenthalt scheint

mir der einzige Fortschritt und die einzige Zivilisation zu sein, dass jeder

2-Personen-Haushalt drei Autos (mit 15-l-Verbrauch) hat, und aller öffentlicher

Nahverkehr dem Ausbau der individuellen Mobilität zum Opfer gefallen sind.

In heutigen Zeiten ganz schön traurig, finde ich.

Diabolo: Im November geht's auf Tournee, kennt Ihr die Vorgruppe?

Perau: Nur von ihrer E.P. her, live haben wir "Marienne" (?) noch nie erlebt,

aber es war schon so, dass wir uns für sie entschieden haben, weil wir sie

sehr gut fanden. Unserer Meinung heben sie sich etwas von dieser hochschwimmenden

Welle des Blur/Oasis-Brit-Pops ab. Sie haben ja auch eigentlich viel mehr

Energie, und die Gitarre kommt schon etwas stärker durch. Und gerade "live"

sollen die sehr gut sein, was für uns immer eine Herausforderung darstellt, wenn

die Vorgruppe gut ist, noch einen Tick mehr zu geben. Ist so'n kleiner Tritt

in den A....

 

 

Aktuelles Album: Terry Hoax - Den Kindern geht es gut und sie lassen grüßen

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