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The Intersphere: 

Man das nur lange genug durchziehen, dann wird ein Style draus!

Im letzten Jahr haben sie sich beim Wochenende an der Jade vorgestellt, jetzt kommen sie mit ihrem neuen Album zurück: „The Grand Delusion“ ist das fünfte Album der Band. Und nach überraschend langer Unterbrechung fahren sie ein paar Neuerungen auf, ohne am Grundgerüst ihres Sounds dramatisch viel geändert zu haben. Im Gespräch mit Gitarrist Thomas Zipner erfuhr ich die Zusammenhänge.

 Interview Ende 2018 . .  Ein älteres Interview mit The Intersphere gibt es hier!

 

The Grand Delusion – ich hoffe, das ist nicht auf eure Band bezogen?

Neenee, das ist eher ein bisschen auf die Welt bezogen. Wir sind eigentlich keine politische Band im Sinne von politischen Aktivisten, aber es fällt schwer, nicht in irgendeiner Weise auf das zu reagieren, was wir auf der weltpolitischen Bühne so erleben. Brexit, Trump, Brasilien – ich hatte eigentlich immer das Gefühl, die Welt wächst mehr zusammen, aber im Moment scheint es einen sehr gegenteiligen Trend zu haben.

Was im Prinzip an einzelnen liegt, oder?

Das stimmt. Und das Thema der Platte ist eben auch, dass es diese verschiedenen Realitäten von Leuten gibt und dass es Mittel und Methoden gibt, andere Leute gezielt zu beeinflussen – und es gleichzeitig zu viele Menschen gibt, die das nicht ausreichend hinterfragen.

Auch wenn ihr den Titel nicht auf die Band beziehen möchtet – seid ihr zufrieden mit dem, was ihr bislang erreicht habt?

Im Großen & Ganzen schon. Ein Wunsch wäre, international noch besser aufgestellt zu sein, ansonsten haben wir`s ziemlich gut. Wir sind bei einem Label, bei dem wir tun und lassen können, was wir wollen, uns redet niemand rein, wir haben eine sehr treue Fanbase, für die wir auch mal fünf Jahre wegbleiben können, ohne dass wir neu anfangen müssen, wir sind eine Band, die langsam gewachsen ist, ohne den Stress irgendeines Hypes erlebt haben zu müssen, aber es ist völlig klar, mehr Leute würden uns nicht stören.

Fünf Jahre sind in der Tat eine lange Zeit für euch – woran lag´s?

Das sind ganz verschiedene Gründe. Wir standen ein bisschen vor dem Problem, dass wir nach uns vier Alben gefragt haben, was machen wir denn als nächstes? Wir wollten uns auch nicht einfach nur wiederholen, sondern auch etwas Neues probieren. Das hat erstmal ein wenig gedauert, uns darüber klar zu werden, dann haben wir neue Sachen ausprobiert, z.B. dass wir zu Christoph ins Studio gefahren sind zum Jammen, ohne großen Plan, einfach mal ein paar Tage aufnehmen, was wir auf die Kette kriegen. Früher hatte Christoph die meisten Ideen vorgearbeitet, dieses Mal hat die Band deutlich mehr involviert war in den ganzen Prozess. Dahin zu kommen, hat eine Weile gedauert, aber als wir über einen gewissen Punkt waren, lief es dann auch wieder total gut. Hinzu kommt, dass sich auch privat Dinge geändert haben – Familie, Prioritäten haben sich verschoben, während man früher eigentlich immer Zeit für die Band hatte, kommen irgendwann auch andere Dinge dazu. Aber in der Summe dieser Dinge sind wir einfach super zufrieden mit dem Ergebnis unserer Arbeit – und ich denke, dass man damit rechnen muss, dass wir es ein wenig langsamer angehen.

Ist also die Herangehensweise auch der Grund für die musikalischen Neuerungen?

Ja, total. Wir waren uns aber auch einig dass wir vom Härtegrad wieder ein wenig zulegen wollten, und wenn man sich schon darin  einig ist, bestimmt das ja schon mal die Zielrichtung. Aber es sind v.a. auch von mehr Leuten die Ideen eingeflossen, und dann war die Art, gemeinsam zu komponieren letztendlich auch der leichtere Weg. Es gab auch viele Ideen, die wir verworfen haben, aber die haben uns letztendlich weiter gebracht in der Frage, wohin wir gemeinsam wollten.

Verworfen habt ihr dann Sachen, die den früheren zu ähnlich waren?

Ganz klar, wir hatten die Vorgänger im Kopf, und haben dann auch mal gute Ideen verworfen, weil wir das Gefühl hatten, dass wir das so ähnlich schon mal auf Platte hatten. Aber durch den neuen Ansatz hatten wir auch einen riesigen Haufen an Ideen. Und letztendlich sind wir so schlecht vorbereitet wie noch nie ins Studio gegangen. Das klingt jetzt erstmal negativ, war es aber überhaupt nicht. Wir haben früher einfach auch sehr, sehr lange an den Sachen gearbeitet, weil wir relativ viel Zeit dafür hatten, und dann sind wir ins Studio und die Sachen saßen schon ziemlich. Das war alles dieses Mal ein bisschen anders, was letztendlich dazu geführt hat, dass die Songs noch viel mehr ihre eigentliche Seele behalten haben. Man kann auch zu lange an Songs arbeiten. Zu viel Perfektion kann auch schaden – wir reden ja von Musik! Für mich ist diese Platte die, die mich emotional am meisten kickt.

Wobei ich ganz ehrlich sagen muss, dass mich die Perfektion eures Debüts sehr nachhaltig geflasht hat. Das ist auch gerade wegen der vielen Details so unglaublich spannend immer noch. Abgesehen davon habt ihr ja von Anfang an einen Sound gefunden, den ihr glücklicherweise auch noch nicht  dramatisch geändert habt, den es so auch von keiner anderen Band gibt, oder?

Ja, auch wenn es das Ergebnis aller unserer Einflüsse war, war es immer unsere ganz eigene Mischung. ein bisschen Pop, ein bisschen vertrackt, dann wieder Geprügel – aber eigentlich hatten wir damit auch immer das Problem, dass wir für Pop zu sperrig waren, für Prog zu poppig, für die Metalfans zu seicht, wir haben also nirgends reingepasst. Auch eine Plattenfirma zu finden, war gar nicht so leicht. Die mochten, was wir machen, wussten aber nicht, wie sie das verkaufen sollten, wo sie uns unterbringen sollten. Und ich hatte immer die Hoffnung, wenn man das nur lange genug durchzieht, wird ein Style draus und ein eigener Sound. Man muss das nur lange genug durchziehen, dann merken die, man meint das ernst.

Das heißt, was man in eurem Video zu „Antitype“ sieht, ist auch, wie das Album entstanden ist? Oder ist das gestellt, weil man so einfach gar keine Alben mehr aufnimmt?

Eigentlich haben wir die letzten drei Alben schon so aufgenommen. Aber das Video ist in der Tat auch erst im Nachhinein entstanden – aber grundsätzlich sah das bei uns so aus. Wir gehen alle in einen Raum und spielen. Erst zwei Tage Soundcheck, bis alles steht, dann nehmen wir ein paar Takes pro Song aus und checken danach, was am besten klingt. Nur der Gesang wir dann separat aufgenommen. Das macht einfach viel mehr Spaß, weil man eben nichts künstlich produziert, sondern du spielst einen Song – und hast einen Song! Und wenn man dann Stellen hat, wo sich die Dynamik ändert, muss sich auch keiner was vorstellen, diese Dynamik ist da und ergibt den Charakter des Songs. Was wir dieses Mal wirklich anders gemacht haben, ist, dass wir die Tempi variieren. Wenn wir meinten, ein Refrain müsste ein bisschen schneller sein, dann ist der auch schneller. Das sind nur Nuancen, das mag einem Drummer auffallen, der ein Metronom verschluckt hat, sonst fällt das nicht so auf, aber es tut der Lebendigkeit des Songs gut.

Du sagtest, man wusste nicht, wo man euch unterbringen soll… ihr habt dann ja schon ein wenig experimentiert mit dem Sound, oder?

Das war keine bewusste Entscheidung für mehr Eingängigkeit, das Thema Radio haben wir für uns ohnehin abgeschrieben, das war also keine Anbiederung deswegen, aber es waren schon Experimente, ja. Und die gibt es ja auch auf dem neuen Album. „Linger“ empfinde ich eigentlich als relativ poppige Nummer, auch wenn das Ende wieder der Radiokiller ist, aber das ergibt sich alles natürlich.

Muss man das abschreiben? Man muss das ja nur lange genug durchziehen, dann wird ein Style draus – und dann haben sich auch immer mehr Leute dran gewöhnt, oder?

Sehr gerne, ja. Wir müssen uns ja glücklicherweise mit der Frage nicht mehr auseinandersetzen. Auf welches Festival passt das, in welches Magazin – diese Frage stellt sich gar nicht mehr. Das ist auch eine Musik-Industrie-Denke, die sich das Publikum auch nicht stellt. Das ist auch komplett bunt gemischt – mit dem gemeinsamen Nenner, dass es Leute sind, die sich für Musik interessieren. Wir haben im Set einen Moment, wo ein Song ganz langsam ausklingt und ein Moment der totalen Stille entsteht – und das Beste ist, wenn, oder: Dass! dann wirklich keiner was sagt. Am Anfang war ich auch unsicher, aber wir haben gelernt, dass das ein krass guter Moment mit besonderer Spannung, bis der Applaus dann einsetzt.

„Shipwreck“ beendet das Album etwas überraschend… Zufall oder schon ein Hinweis auf Zukünftiges?

Nee, das können wir schon mal ausschließen, weil das können wir ja noch gar nicht sagen. Aber zugegeben fällt die Nummer etwas raus, aber ohne Hintergedanken. Wir waren erst auch nicht sicher, ob wir die mit drauf nehmen sollten, aber selbst wenn es etwas poppiger ist, ist der Song ja nicht flach, von daher passt der schon gut dahin. Wir hatten auch erst Zweifel, dass wir den Song überhaupt live spielen, aber das ist jetzt auch ein sehr cooler Moment des Sets, auch wenn wir den Song nicht ganz ausspielen.

Ihr seid das Thema Musik ja mit dem Studium an der Pop-Akademie Mannheim von Anfang an relativ professionell angegangen – aber könnt ihr davon leben?

Nicht von der Band, aber wir alle sind in diversen musikalischen Dingen involviert. Als Backing-Band, durch Songwriting, Produzieren, Mo ist als Session-Schlagzeuger gefragt etc. Ursprünglich war die Hoffnung schon, dass wir damit was starten können, mittlerweile ist es fast ein Segen, dass wir davon nicht leben müssen, weil wir dadurch eben überhaupt keinen kommerziellen Druck haben. Wir können machen was wir wollen, ohne das und ohne uns verkaufen zu müssen. Wir haben den Luxus, dass die Leute zu unseren Konzerten kommen, sonst wäre es etwas frustrierend, aber von der Band leben müssen wir nicht. Das macht Spaß, ist ein Herzblut-Projekt und das ist gut so. ich bin der einzige, der nebenbei noch etwas ganz Anderes mache, ich programmiere gerne, aber das habe ich auch schon immer und gerne gemacht.

Ihr wart letztes Jahr schon in Wilhelmshaven beim Wochenende an der Jade – hast du noch Erinnerungen an den Auftritt?

Ja, ich hatte noch nie so eine Anfahrt zur Bühne direkt am Deich. Aber es war verhältnismäßig leer – was, glaube ich, mit der Zusammenstellung der Bands und mit dem kühlen Abend zu tun hatte…