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Wolfgang Niedecken: „Für 'ne Moment“

Oldenburg. Zu seinem 60. Geburtstag schenkt er sich und uns eine Zwischenbilanz: „Für ‘ne Moment“ ist die Autobiografie eines der größten deutschen Songwriter, Sänger, Beobachter und Kritiker, die es in der deutschen Rockszene gibt. Ein Buch von einem, der auszog, Geschichten zu erzählen und dabei sein Publikum stetig faszinieren und immer wieder erweitern konnte. Der damit nebenbei seinen eigenen, großen Traum verwirklichen konnte. Der seine Vorbilder treffen und mit ihnen arbeiten, die Welt bereisen, helfen, lehren – und lernen konnte. Das sind schon eine Menge Stationen, die in sechs Jahrzehnten durchlaufen werden können – und von denen er berichten kann.  

 

Deinem Geburtstag wurde ganz schön viel Beachtung geschenkt…

Das stimmt. Das wird wohl damit zusammenhängen, dass die 60 mal wieder – oder immer noch, wie du willst – eine Schallgrenze in der Rockmusik ist.

Eine weitere?

Ach ja, das ist doch eh ein Mediending. Diese Regel hab ich nicht aufgestellt, und ich stehe schon immer dazu, wann ich geboren wurde und bin stolz darauf, die erste Beat Welle in den 60ern miterlebt zu haben – das ist ja bis heute für mich prägend. Ich bin z.B. überzeugter Band-Musiker. Ich könnte ja längst Soloalben mit wechselnden Musikern herausbringen, aber das will ich ja gar nicht.

Es könnte natürlich auch mit den Veröffentlichungen zusammen hängen, die gerade zeitgleich von dir auf den Markt kommen – ein Buch und ein neues BAP-Album…

Das hab ich geschickt eingefädelt, oder? Endlich mal etwas Neues, was man im Zusammenhang mit einem neuen BAP-Album berichten kann!

Neu ist auch, das vieles nach früher klingt, oder?

Bap wird ja immer mehr zu der Band, die ich immer wollte. Man kann ja nicht allen Ernstes das neue „Halv su wild“ Album auf eine Stufe setzen wie bspw. „Vun drinnen oh drusse“ von 1982. Wer das machen möchte, dem empfehle ich doch noch mal ein genaueres Hinhören. Da spielen wir 1982 nämlich in der Kreisklasse und heute in der Champions League.

Von den musikalischen Fähigkeiten wahrscheinlich – und von der Produktion ganz sicher. Aber was ich mit früher meinte, waren v.a. die nostalgischen Momente…

Ja, das kann ich nachvollziehen. Die Songs handeln ja auch teilweise davon. Wobei, wenn man Nostalgie richtig definiert, dann ist das Sehnsucht nach der Vergangenheit, die hab ich gar nicht. Die ist für mich abgeschlossen, die behandele ich respektvoll, aber ich sehne mich nicht danach, ganz im Gegenteil. Ich habe viele Teile davon sehr präsent in meinem Kopf, gerade jetzt nach der Biografie, für die ich gerade mein Leben umgegraben habe, das war schon teilweise Dinge, über die ich echt schlucken musste. Dinge über die Beziehung zu meinen Eltern, die sind da aus der Verkantung gebracht und in die richtige Ebene gehoben worden. Oder auch in Songs wie „Noh All dänne Johre“, da gibt’s Stellen drin, da muss ich erstmal sehen, wie ich da im Konzert ohne Kloß im Hals durchkomme. Aber ansonsten geht es für mich eher immer – wie es in der Kunst immer gehen sollte – um den nächsten Schritt. Dafür muss man aber auch erstmal ein paar Schritte gemacht haben – und wissen, dass es nicht mehr darum geht, den Rock’n’Roll neu zu erfinden.

Da ich weiß, dass Schreiben eine Weile dauern kann, nehme ich an, dass Du erst die Biografie in Angriff genommen hast?

Jein, es lief vieles parallel. Und das war auch sehr schön so. Das Buch hab ich mit meinem alten Freund Oliver Kobold geschrieben, mit dem ich mich immer wieder ein paar Tage hingesetzt habe, dem ich alles erzählt habe und er hat das dann in Worte verpackt zu dem, was es jetzt ist. So etwas kann man nicht aus der Hüfte machen, da steckt ganz viel Liebe drin – und die hat sich auch gelohnt. Die Spiegel-Bestsellerliste gibt uns Recht.

Es trifft ja auch eine Generation, die Bücher kauft…

Das stimmt. Aber gerade dadurch, dass es keine Biografie im üblichen Sinne ist, die bei der Geburt anfängt und mit dem neuen Album aufhört, ist es eben auch locker zu lesen. Es fängt in New York an in den 70ern, und ist aufgebaut, wie das Gehirn funktioniert. Man kommt an eine Stelle und dann fallen einem alle Bilder zu dieser Stelle ein. Und es geht auch nicht darum, die großen Erfolge nachzuzeichnen, um zu zeigen, wie wichtig man doch ist – worunter die meisten Biografien leiden. Viel mehr Raum nehmen die kleinen Geschichten ein, tragisch-komisches, wie aus der Anfangszeit, als wir eine Aula leer gespielt haben, woraufhin wir uns erstmal wieder aufgelöst haben. Da waren wir 1978 auch schon wieder Geschichte…

Und solche Sachen hat Oliver Kobold aus dir herausgekitzelt?

Ganz genau. Wir kamen immer wieder von einem zum anderen Detail – und es war nie nach dem Warhol-Credo intendiert, nach dem Motto nichts ist erfolgreicher als Erfolg, oder so wie eine Scorpions-Laudatio zu werden.

Live begleitest du dich selbst auf der Gitarre?

Ja, ich bin ganz alleine, spiele ein paar Songs und lese aus meinem Buch – sonst würde ich ja doch wieder nur aus der Hüfte erzählen, das kann ich machen, wenn ich mit BAP auf Tour bin, aber hier wird der Ablauf etwas strukturierter.