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„Ich habs nicht ausgehalten“: Michael Sadler im Saga Interview

Interview 2016                            Ältere Interviews gibt es hier: 2007   2006 und 2004 und 2003 und 1999

Fünf Jahre sind es schon wieder, seit Sänger Michael Sadler nach kurzer Auszeit zur Band zurückgekehrt ist, zwei Alben wurden seitdem veröffentlicht, im April kommen sie wieder auf deutsche Bühnen. Als Live-Institution, die sie sind, brauchen sie kaum einen aktuellen Grund, um auf Tournee zu gehen. Trotzdem haken wir nach – im Hinblick auf die aktuellen ReReleases, auf das  erklärungsbedürftige Tourneemotto und aktuelle Projekte und überhaupt: Dass sein Ausstieg bei der Band nur vier Jahre hielt, musste Sadler noch einmal erklären.

 

 

Die Tournee läuft unter dem Motto „Will it be you“ – wofür steht das?

Wir wollten dieses Jahr touren, auch wenn nächstes Jahr erst das große Jubiläum ansteht, also haben wir gesagt, gut, dann touren wir eben für die ReReleases – man muss dem Kind ja einen Namen geben. Also wird unser Set zu großen Teilen aus alten Stücken bestehen, die nicht nur die großen Hits sind. Daneben wird es jeden Abend einen Gewinner geben – ich will nicht zu viel verraten, aber deswegen gilt für jeden Abend die Frage „will it be you?“

 

Ok, ich erinnere mich an die 25-Jahr-Geburtstagstour, bei der ihr immer ein Kuchenwettessen hattet..

Oh ja, das war sehr lustig, weil wir auch nie wussten, was passiert und es war auch garantiert jeden Abend anders. Aber dieses Mal wird es nicht der Kuchen sein, aber ich verrate nicht, was der Preis sein wird. Lass dich überraschen.

 

Ihr wollt also die alten Songs in den Fokus rücken?

Ja, es wird sehr retro sein, viele Stücke, die wir sehr lange nicht gespielt haben und wir werden eine große Zeitspanne beackern. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob wir es schaffen, von jedem Album mindestens ein Stück zu spielen, aber in die Richtung wird es gehen, und die Fans haben immer wieder danach gefragt.

 

Nun gibt es die obligatorischen Stücke, die ja auch schon fast die ganze Zeitspanne abdecken können, oder?

Die, ohne die man uns nicht aus dem Haus lässt (lacht)? Nein, sogar von denen haben wir versucht, ein paar zu ersetzen. Wir haben sie nicht ignoriert, aber es wird eine angenehme Überraschung, das kann ich versprechen.

 

Das ist es also, was euch dieses Jahr beschäftigt? Die ReReleases und die Live-Termine?

Ja, wir werden bis zum Jahresende immer wieder mal touren, Festivals, USA, Kanada, den Rest der Zeit werden wir uns vorbereiten auf unser Jubiläumsjahr und das neue Album. Es wird ein wichtiges Jahr werden und wir wollen sicherstellen, dass es eins unser besten Alben wird, also wollen wir ihm so viel Zeit wie möglich widmen.

 

Ich hatte mich schon gewundert – „Sagacity“ ist zwei Jahre alt, für eure Verhältnisse schon eine ungewöhnlich lange Pause.

Für unsere Verhältnisse, ja, aber wie gesagt, anstatt etwas zu überstürzen, wollten wir es lieber so herum machen.

 

Und offensichtlich sind neue Alben ohnehin nicht notwendig für euch, um zu touren…

Nicht mehr so wichtig, wie früher, das stimmt – sowohl für uns, als auch für viele andere Bands. Solange man eine Fanbase hat und live etwas bieten kann, geht es auch so. Aber trotzdem und gerade deswegen versuchen wir, uns für jede Tour etwas Neues zu überlegen.

 

Und wir könnten uns ja auch über „Sagacity“ unterhalten… zB. über die Frage, ob es, nach zwei Jahren darauf zurückblickend, wert ist, darüber noch zu reden?

Haha… ich weiß nicht, ob ich die Frage richtig verstehe. Wir werden auch daraus etwas im Programm haben. Was mich betrifft, ich beschäftige mich selten mit Alben im Nachhinein. Wenn sie fertig sind, sind sie fertig und ich kümmere mich um etwas Neues.

 

Nun ist es nicht euer stärkstes Album in eurer Diskografie, oder?

Nicht das stärkste, aber bei weitem auch nicht das schwächste – obwohl ich dir jetzt nicht sagen werde, was ich für das schwächste halte (lacht). Es gibt ein paar Dinge, die bei der Produktion des Albums nicht optimal gelaufen sind, aber ich bin glücklich mit dem Ergebnis.

 

Ok, das schwächste verrätst du mir nicht - gibt es ein bestes Album für dich?

Da sind verschiedene aus verschiedenen Gründen. „Worlds Apart“ weil es so erfolgreich war und weil es ein Meilenstein für uns war, aber mein ganz persönliches Lieblingsalbum ist „Behaviour“. Alles was damals passiert ist und was wir auf diesem Album gemacht haben resultiert in dem komplettesten Album, das wir herausgebracht haben. 

 

Aber das ist ganz subjektiv, ich bin mir sicher, dass wir da alle verschiedenen Ansichten haben. Das ist ja gerade, was diese Band ausmacht. Wir sind 5 Individualisten

5 verschiedene Jungs, die als Team so gut funktionieren.

 

 

Diese ReReleases-Idee, kam die von Euch oder von der Plattenfirma?

Sie kam von der Plattenfirma. Sie legten uns ihre Pläne vor und wir fanden sie gut, deswegen haben wir zugestimmt.

 

Was ist euer Input?

Wir haben die finalen Mixe abgesegnet. Sie haben daran arbeiten lassen und sie uns dann geschickt und wir haben entschieden, was veröffentlicht werden soll.

 

Die Bonustracks sind nicht sehr reichlich, gab es Ideen für verschiedene Formate oder z.B. Boxsets? Man hätte sicherlich noch mehr draus machen können, oder?

Grundsätzlich stimme ich dir da zu, aber das war die Entscheidung der Plattenfirma. Es war ihr Spiel, unsere Sorge galt mehr der klanglichen Qualität. Ich weiß, dass die Fans gerne noch mehr Bonus Tracks gehabt hätten, aber es ist, wie es ist.

 

Wir haben uns schon mehrmals unterhalten, aber ich glaube, ich habe das nie gefragt: Ihr hatten von Anfang an einen sehr speziellen, sehr eigenen Sound, der für viele Bands als Referenz diente, kannst Du dich an Eure frühen Einflüsse erinnern, die für euren Sound verantwortlich waren?

Jim und ich waren immer Progressive Rock Fans – die frühen 70er, Genesis, Gentle Giant, all diese Bands. Steve Negus kam eher aus einem RnB-Background, während Ian in Led Zeppelin Coverband gespielt hat und aus dieser Gitarrenwelt kam. Und wir haben versucht, genau diese Elemente zu kombinieren, die Rock-Elemente, die vertrackten Sachen und die Funk-Rhythmen – und ich glaube, das haben wir auch heute in gewisser Weise immer noch.

Mein Gesang hat sich auch total geändert. Anfangs sang ich wie ein Kirchenchorjunge. Ich habe 8 Jahre lang so gesungen und musste für Saga komplett umprogrammiert werden, was wohl der Verdienst von Rupert Hine ist. Wenn ich die frühen Alben höre, klingt das sehr diszipliniert, was ist ok ist, aber ich weiß noch wie heute, als wir mit Rupert für „Worlds Apart“ zusammenkamen, sagte er: „Michael, wir wissen, dass du singen kannst. Nun möchte ich, dass du alles vergisst, was du übers Singen gelernt hast. Sing einfach, denk nicht drüber nach. Sei nur du selbst.“

 

Ich habe gerade das neue Karibow-Album gehört, auf dem du einen Song singst!

Ja. Er kontaktierte mich über facebook und dann trafen wir uns, als wir mit Saga in Bochum gespielt haben. Ich mochte die Musik, aber ich fand, die Gesangslinien hätten etwas stärker sein können – und ich bin froh, dass ich ins Booklet gekuckt hatte, denn er war der Sänger. Also musste ich sehr vorsichtig sein, als ich ihn traf, was ich sage, aber was ich sagte, war, dass ich seine Musik mag und ich gerne wüsste, wie mein Gesang dazu klingen würde. Das war sehr diplomatisch von mir. Er sagte, er schreibe an neuem Material, das könnte er mir schicken und von den drei, die er mir schickte, gefiel mir „River“ am besten, also habe ich den eingesungen.

 

Schätze, du bekommst solche Anfragen durchaus öfter, oder?

Ja, durchaus, aber ich bin da sehr wählerisch. Aber ich mache das auch gerne, weil es immer wieder interessant und inspirierend ist, mit neuen Leuten zu arbeiten. Das Spannendste war ein Swing Projekt, bei dem ich mit einem kleinen Orchester aus der Nähe von Aschaffenburg gesungen habe. Das war so ein Spaß, mit ihnen zu arbeiten. Sie hatten sechs oder sieben Saga Songs genommen und sie in Swing-Arrangements verpackt. Normalerweise haben sie Rocksongs – ich hab z.B. „Highway To Hell“ als Swing gesungen und „Jump“ und „Humble Stance“, „Careful where you step“, sehr lässig!

 

Anderes Thema: Du hast Saga aus guten Gründen verlassen, was hat dich so schnell wieder zurückgebracht? War es schnell?

Oh ja, definitiv schneller als ich dachte. Ich hatte es meine Auszeit genannt, meine Ferien, vielleicht meine permanenten Ferien, wie auch immer, aber ich hatte klar gemacht, dass es nicht ausgeschlossen wäre, dass ich zurückkehren würde. Ich hatte die Tür zugemacht, aber nicht abgeschlossen. Klar war, dass es nur möglich sein würde, wenn das Timing stimmt und alle Beteiligten das wollen, also auch meine Familie, mein Kind usw. Mindestens aber nach 5 Jahren. Dass ich nicht einmal die durchgehalten habe, lag an verschiedenen Dingen. Ich war immer in Kontakt mit Jim und es war immer unser Spielball, dass ich zurückkommen würde und wir noch einmal groß und berühmt werden würden. Und je öfter wir uns diesen Ball zuspielten, desto ernster wurde der Ton, bis er schließlich fragte, was ich denn wirklich davon halten würde. Also sagte ich, ich bespreche das mit meiner Familie und er solle das mit der Band besprechen. Jeder sollte seine Meinung dazu sagen und, ganz wichtig, auch Rob Moratti musste mit einbezogen werden. Es wäre das letzte, ihm irgendwann einfach zu sagen, danke und tschüss! Aber irgendwie haben wir es hinbekommen und das Timing war offensichtlich passend.

 

Es hätte also ganz anders laufen können, wenn sie mit Rob erfolgreicher gewesen wären?
Absolut. Es hätte trotzdem passieren können, aber vielleicht auch viel später – aber das ist alles Spekulation. Aber ich weiß, was du meinst.

 

Und hattest du, was du wolltest in der Zwischenzeit? Hast Du erreicht, was du erreichen wolltest?

Alles! Alles und noch viel mehr! Die Geburt meines Sohnes allein war es schon wert. Ich war in der Lage, meine Batterien wieder aufzuladen, mich selbst neu zu fokussieren, stärker, energetischer kreativer zurückzukommen, ich konnte eigene Projekte verfolgen, meine Zeit selbst einteilen und dazu noch meinen Sohn aufwachsen sehen. Und nebenbei jeden Tag beobachten, was die Jungs anstellen.

 

Im Ernst?

Natürlich. Nach 30 Jahren gehst Du nicht einfach raus und es lässt dich in Ruhe. Ich war sogar bei ihrer ersten Show in einem kleinen Club in Toronto, noch zu einer Zeit, als sie einfach nur ein paar Test-Gigs machten. Ich war inkognito da und kuckte ihnen zu von hinten. Sie spielten „Wind him up“, aber ich habs nicht ausgehalten. Nach dreiviertel des Songs musste ich rausgehen. Es klang ok, aber es war so surreal, jemandem dabei zuzusehen, wie er macht, was du 30 Jahre lang gemacht hast…

…mit den Jungs, mit denen du es gemacht hattest!

Ganz genau. Er ist ein toller Sänger, eine andere Art von Sänger, aber er ist sehr professionell. Aber um ehrlich zu sein, er passt besser ins AOR-Genre.

 

Das ist ungefähr, was Fish sagte nach Marillion. Er fühlte sich, als wenn er jemanden beobachten würde, der mit seiner Frau schläft.

Das ist in der Tat ein sehr seltsames Gefühl. Ich habs nicht ausgehalten. Deswegen bin ich zurück!