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Und hier ein weiteres
Kapitel aus der Reihe „zur richtigen Zeit am richtigen Ort“. Alan Parson
arbeitete in den Abbey Road Studios, als die Beatles ihre Aufnahmen dort
tätigten, wurde infiziert vom Musikvirus und hat bis heute Zig Alben großer
Künstler produziert und aufgenommen – Pink Floyd, Barcly James Harvest, Paul
McCartney, Al Stewart, John Miles, Yes... 1976 brachte ihn der
Songwriter/Manager Eric Woolfsson darauf, auch selbst Musik zu machen,
gemeinsam gründeten sie das Alan Parsons Project... der Rest ist Geschichte.
Seit sich ihre Wege in den 90ern trennten, verzichtet Alan Parson auf den
„Projekt“-Zusatz und macht als Solokünstler von sich Reden – u.a. seit dem auch
als Livekünstler. Sein neues Album, „A Valid Path“ führt ihn in leicht neue –
elektronischere – Gefilde. Ich sprach mit dem Briten, der nach seiner
letzten Veröffentlichung vor 5 Jahren nach Kalifornien umgezogen ist.
War der Umzug der
Grund für die verhältnismäßig lange Pause?
Es war einer der Gründe, ja. Oder auch nur eine weitere
Ausrede (lacht).
Und hatte das auch
einen Effekt darauf, wie das Album geworden ist?
Hmm, ja ich denke schon. Ich habe viel mit amerikanischen
Künstlern gearbeitet in den letzten Jahren – obwohl sich das im Endeffekt auf
dem Album gar nicht so zu sehen ist, fällt mir gerade auf.
Es gibt einen neuen
Ansatz für dieses Album, was hat Dich dazu gebracht?
Es war der Versuch, etwas neues auszuprobieren. Ich habe 12
Alben in mehr oder weniger dem selben Stil gemacht, und ich hatte das Gefühl,
dass das nicht mehr unbedingt etwas war, worauf das Publikum gewartet hat. Mein
Musikgeschmack hatte sich geändert, meine Einflüsse sind andere, es schien Sinn
zu machen, etwas mehr in die elektronischere Richtung zu gehen.
Du warst schon immer
bekannt als Pionier der Popmusik – war das „Pop“-Feld abgeerntet?
Das würde ich gar nicht mal sagen, aber ich habe einfach
kein für mich schlüssiges Konzept gefunden, wie ich meinen Sound in eine
weitere, erfolgreiche Richtung führen könnte. Und ich wollte etwas neues. Und
mir haben viele gesagt, dass die heutige elektronische Musik sowieso durch
meine Vergangenheit beeinflusst ist.
Das war eine meiner
Fragen – hast du nicht eigentlich schon immer elektronische Musik gemacht?
Das ist alles eine Frage der Definition, was auch wieder
nicht ganz einfach ist. Klar, einige meiner instrumentellen Sachen sind
durchaus Elektronik gewesen.
Trotzdem sagst Du,
dies ist ein neuer Ansatz?
Ja, auf dem neuen Album geht es viel mehr um Computer – auch
wenn es einige prominente Gastmusiker auf dem Album gibt, wie z.B. David
Gilmour an der Gitarre. Aber das meiste ist reine Computermusik. Und das
interessante ist, dass man sowohl den Einfluss der anderen, modernen Künstler
hören kann, als auch den Einfluss meiner Vergangenheit. Ich denke, man kann
immer noch hören, dass es ein Alan Parsons Album ist.
Und die Gastmusiker
sind ja immerhin eine Konstante in deiner Arbeit.
Ja, seit ich das „Projekt“ beendet habe, hatte ich
Gastmusiker auf meinen Alben. Mein Motto war immer „hab einen Sänger nie öfter
als zwei Mal auf einem Album“. Die durften dann höchstens auf einem anderen
Album wieder ran (lacht).
Also wie bist Du
dieses Album angegangen?
Nun, zunächst hab ich hier in Amerika ein neues Studio
aufgebaut, habe mich um ein Label gekümmert, hab erst einmal die
Voraussetzungen für ein neues Album geschaffen – inklusive das Finden neuer
Leute. Und nebenbei hab ich immer wieder live gespielt – ich kann meine Füße
gar nicht still halten. Und auf die Arbeit am Album bezogen: Elektronische Musik
entsteht ja etwas anders, es würde schon ein Genie brauchen, um vorher zu
wissen, wie die Musik hinterher aussieht – es hängt viel davon ab, wie der
Computer mit Deiner Kreativität interagiert.
Wirklich? Ich hätte
jetzt genau das Gegenteil behauptet – ich meine „organische“ Musik entsteht
durch´s ´jammen´, elektronische doch wohl eher nicht, oder?
Nein, jammen wohl nicht, aber es ist das Gehirn des
Komponisten, das mit dem Gehirn der Maschine arbeitet...
...das Gehirn einer
Maschine?!
Ja, eine Maschine hat seine eigene Art, zu interpretieren,
was Du hinein gibst. Und manchmal kommt der Computer auch mit einer
Überraschung – und das sind die besten Momente in Rockmusik – das ist wenn das
Unerwartete passiert.
Nun, ich würde das
allerdings nicht von einem Computer erwarten...
Computer überraschen mich immer wieder! Aber ich möchte
nicht den Eindruck erwecken, dass sie mich dominieren.. (lacht).
Was hat Dich bewogen,
Deine Klassiker „Mammagamma“ und „The Raven“ noch einmal neu aufzunehmen?
Es gab 2 Gründe: Wir dachten, es wäre eine gute Idee, zu
demonstrieren, wie die neue Richtung sich auf alte Stücke auswirkt. Außerdem
wollte die Plattenfirma gerne diese Art von Verbindung. Und schließlich war es
Jeremy, mein Sohn, der sehr heiß darauf war, an diesen beiden Stücken zu
arbeiten.
„The Raven“ war
übrigens auch der erste – und bis zu diesem Album letzte – Versuch, Deine
eigene Stimme mit einzubringen! Da war ja nur als „Stimme“, auf „A Valid Path“
hören wir Dich sogar – erfolgreich! -
als Sänger!
Auf diese Frage habe ich immer geantwortet ´warum fragst Du
Steven Spielberg nicht, warum er nicht schauspielert´. Erst auf diesem neuen
Album konnte ich mir vorstellen es noch einmal zu probieren, da ich für „We
play the Game“ auch den Text geschrieben hatte. Vielleicht war es immer
Unsicherheit. Aber seit ich meine Band hier in Amerika habe, hatte ich
angefangen, zu singen, also wird es in Zukunft vielleicht öfter vorkommen.
Du hast sehr spät –
vor etwa 10 Jahren – erst angefangen, live zu spielen, nun planst Du auch
wieder Daten in Europa. Wie kombinierst Du diesen neuen Sound mit Deinen alten
Sachen?
Es wird eine interessante Erfahrung werden, aber wie gesagt,
wir haben es hier in Amerika bereits ausprobiert. Wir haben eine richtige Band,
und kombinieren das mit ein paar elektronischen Spielereien. Aber ich bin
selber gespannt, wie das Publikum reagieren wird. Auf jeden Fall wird es etwas
sein, was man als „neu & kreativ“ laufen lassen kann, anstatt eines „Tribut
an die Vergangenheit“. Und ich bin froh, sagen zu können, dass ich zumindest
versucht habe, modern zu klingen.
Du hattest auf Deinen
Alben oft einen „roten Faden“ – gibt es einen solchen auch auf dem neuen Album?
Es gab einen, aber ich habe ihn fallen lassen. Ich startete
mit dem Thema „die großen entdecker“ – Columbus, Da Gama, etc. „Chomolungma“
ist im Prinzip der letzte Überrest davon – das ist tibetanisch für Mount
Everest. Nein, „Valid Path“ war meine Antwort auf meinen Computer, der mir
immer gesagt hat „you´re taking an invalid path“ (lacht).
Wenn Du zurückblickt
– auf welche(s) Album bist Du am meisten stolz?
„Tales of Mystery And Imagination“, es war mein erstes
´Baby´ - und ich denke, es wird immer diesen Platz einnehmen. Aber ich kann
schon behaupten, dass ich mich wohl fühle, mit dem was ich so in der
Vergangenheit gemacht habe, es gibt wenig, was ich nicht so mag. Und das war ja
nun schon eine ganze Menge.
Seit Deinen Anfängen
in den 60ern ist ja auch schon eine Weile vergangen...
Ja, die ersten beginnen bereits die Nase zu rümpfen. Ich bin
jetzt 55, ich weiß nicht, ob ich das noch mit 60 machen werde. Dann vielleicht
eher wieder nur von der Mischpult-Seite für andere.
Was ist eigentlich
der Unterschied zwischen einem „Engineer“ und einem Produzenten eines Albums?
Der Produzent verdient mehr Geld!
Denn immerhin wirst
Du sowohl bei den Beatles als auch bei Pink Floyd als „Engineer“ geführt...
Für „Abbey Road“ sage ich immer, mein Job war es, guten Tee
zu machen. Ich war ein Junior und erst seit gut einem Jahr in den Abbey Road
Studios. Das erste Mal, das ich wirklich zu Einsatz kam, war für die „Let it
Be“ Aufnahmen – die ja später waren, auch wenn das Album zuerst veröffentlicht
wurde. Mein Job war es, alles ordnungsgemäß aufzunehmen. Viele Toningenieure
werden irgendwann Produzenten - so wie ich. Der Produzent hat generell mehr
Einfluss auf ein Album. Wenn ich „Dark Side of the Moon“ produziert hätte,
würde ich jetzt auch in Hubschraubern fliegen. Trotzdem würde ich sagen, dass
ich als Engineer einen Einfluss hatte auf den Sound der Alben!
Siehst Du Dich also
eher als Produzent oder als Toningeieur.
Ich ziehe es vor, als Produzent gesehen zu werden – die
werden in der Regel als kreativer angesehen...
Etwas anders: Auf
Deiner Homepage habe ich etwas von den Reunion-Plänen gelesen – die ja nun
nicht erfüllt wurden.
... (Zögert). Sie haben den fundamentalen Fehler gemacht,
eine Tour zu buchen, ohne mich zu fragen. ... (Pause) Um ehrlich zu sein,
möchte ich gar nicht darüber sprechen. Was ich sagen kann ist, dass es Promoter
in Europa gab, die nicht mit mir arbeiten wollten, weil sie dachten, dass es
meine Schuld war, dass es nicht dazu gekommen ist.
Wäre Eric Woolfsson
involviert gewesen?
Er war auch nicht gefragt worden!
Eine andere Frage,
über die ich mich gerade mit einem anderen Musiker unterhalten habe – ist es
möglich als Künstler dieser Tage unpolitisch zu sein?
Absolut! Ich bin ein perfektes Beispiel dafür. Und es ist
darüber hinaus sogar noch möglich, Songs zu schreiben, die nicht von
Beziehungen handeln!, was wohl noch außergewöhnlicher ist.
Ist Musik nicht die
richtige Plattform dafür?
Es ist die perfekte Plattform für alle, die Statements
abgeben wollen, ich hatte bloß nie das Verlangen danach. Ich möchte meine Höre
lieber nachdenken lassen, und versuche mit meinen Songs und Texten Bilder zu
projizieren. Früher war das textlich vor allem Eric´s Job.
Wovon handelt dann
„We play the Game“
Absolut gar nichts, es sind nur Wörter. Manches könnte in
die Richtung „die Vergeblichkeit von Kriegen“ gehen, was dann schon wieder vage
politisch wäre, aber ich zeige nicht mit dem Finger auf irgend jemanden.
Hast Du David Gilmour
getroffen? Oder habt Ihr euch MP3s hin und her geschickt?
Oh, wir würden nie mit MP3s arbeiten, aber es stimmt, wir
haben uns lediglich CDs hin und her geschickt.
Ich meine, Mike
Rutherford zieht es ja mittlerweile schon vor, elektronische Musik zu machen,
Du wirst elektronisch – ich fragte mich schon, ob das nächste Pink Floyd Album
– so es denn noch eins geben würde – auch so klingen würde...
Um ehrlich zu sein, ich glaube nicht, dass es noch ein
weiteres Pink Floyd Album geben wird. Ich glaube, David ist am Ende dieser
Straße... David liebt es immer noch, zu spielen, aber offensichtlich dann doch
lieber als Gastmusiker auf Alben wie meinem. Übrigens: dieses Interview
erscheint in deutsch, oder?
Ja, wieso, willst Du
eine Kopie?
Nun, ich... (lacht)... ich sammle alles mögliche, was so
geschrieben wird.
Was heißt, es
bedeutet Dir etwas, was über Dich geschrieben wird?
Ja, ich bin sehr sensibel, aber ich glaube, das ist nicht so
außergewöhnlich, oder?
Nun, Geoff Tate von
Queensryche behauptet das Gegenteil. Aber wer weiß, wo die Wahrheit da genau
liegt.
Nun, es liegt in der Natur des Menschen, nichts schlechtes
über sich hören und lesen zu wollen, glaube ich. Aber ich will wissen, was man
über meine Arbeit schreibt. Und wenn ich das Gefühl habe, dass dies das
schlimmste ist, was ich je gemacht habe, dann würde ich meine Richtung auch
wieder ändern.
Wirklich?!
Ja, vielleicht mache ich dann Country (lacht).
Ist dieses Album auf
ein neuer Abschnitt Deiner Karriere?
Klar. Ich verkaufe Millionen und brauche nie wieder zu
arbeiten (lacht). Nein, es würde mich sehr befriedigen, wenn dieses Album nicht
untergehen würde, denn ich habe die letzten zwei Jahre hart daran gearbeitet.
Aber wie gesagt, wenn das nicht passiert, werde ich sehen müssen, wie es weiter
geht. Vielleicht konzentriere ich mich mehr auf meine Live-Shows. Vielleicht
sehe ich endlich ein, dass es lediglich meien Vergangenheit ist, die mich
populär macht, und ich konzentriere mich darauf. Oder ich mache ein Orchester
Album.
Das klingt, als wenn
Du Angst vor dieser Vorstellung hättest?
Nein, Angst nicht, aber das ist die Realität. Das sehen wir
immer in den Live-Shows. Da rufen die alten Songs immer die euphorischsten
Reaktionen hervor. Aber das ist auch wiederum normal. Es ist Teil jedes
Menschen, erst einmal kritisch auf Veränderungen zu reagieren.