Die Trennung von Anathema verlief geräuschlos. Zwar war Daniel
(Danny) Cavanagh zum Ende der Tournee eine große Müdigkeit
anzumerken, aber dass sich das auf die Band beziehen könnte, und
nicht dem monotonen Touralltag zuzuschreiben war, war an dieser Stelle
nicht erkennbar. (Das Interview findet ihr hier!) Nun also gehen die Brüder Cavanagh getrennte Wege. Vincent
hatte im August unter dem Namen The Radicant eine erste EP „We
Ascend“ veröffentlicht, die mit vier Songs relativ ruhig und
experimentell und nur im Song „Zero Blue“ wirklich
interessant ausgefallen ist und deswegen noch nicht wirklich Hinweise
gibt auf seine weitere musikalische Zukunft. Danny deutet schon mit der
Namenswahl seiner neuen Band eine
Fortführung der alten an: „Weather Systems“ war der
Titel ihres 2012er Albums. Und in der Tat besitzt dieses Album alles,
was seine alte Band ausgemacht hat: ruhige Momente, Pianoläufe,
sphärische Phasen, große Rocksteigerungen und fantastische
Stimmungen, all das, was die Band in den letzten Jahren auf ihren Alben
zur Perfektion hat reifen lassen.
Mit der portugiesische Sängerin Soraia hat er eine Duettpartnerin,
die stark an die von Anathema bekannte Lee Douglas erinnert. Und
während bereits der Opener dezent auf bekanntes Thema
zurückgreift, gibt es mit „Untouchable Part III“ sogar
noch eine offizielle Fortführung eines Bandklassikers. Er macht
also keinen Hehl daraus, wo er diese Band sieht. Man könnte so
weit gehen, zu sagen, dass man bei diesem Album unter dem Namen
Anathema vielleicht eine fehlende Weiterentwicklung beanstandet
hätte. Unter neuer Flagge fällt das unter Fanberuhigung. Die
freuen sich, dass das musikalische Erbe der Band weitergetragen wird.
Das gesagt gibt es zum Ende des Albums durchaus noch andere Töne:
Mit dem Titelsong scheint Danny fast einen kleinen Seitenhieb auf das
Projekt seines Bruders untergebracht zu haben, berührt es doch
deutlich die gleichen (oben erwähnten) Gefilde. Und das
abschließende „The Space Between Us“ ist zumindest
zum Anfang ungewöhnlich fröhlich und Pop-orientiert, bevor es
zum Ende noch einmal in bekannte Anathema-Rock-Richtung umschlägt.
Was bleibt, ist ein tolles neues Album, mit dem es so gerne weitergehen
darf, und einer Band, auf die man gespannt sein darf, ob sie, was sie
in Zukunft für Überraschungen parat hat.
Progressive Rock ist diese Musikrichtung, bei der sich die Musiker gerne nach Herzenslust austoben, Soli und Wechsel und Breaks einbauen, wo sie eigentlich gar nicht gebraucht werden, und damit aus einem wunderbar melodischen, harmonischen Popsong ein Stück Prog machen. Es gibt allerdings nicht nur Musiker, die das mögen, sondern auch den einen oder anderen Hörer, dem der durchschnittliche Rock-Sound schlichtweg zu langweilig ist, und er ganz gerne auch Ecken und Kanten in den Songs entdeckt. Manchmal ist es sogar notwendig, einen Song mehrere Male zu hören, um ihn vollständig zu begreifen. Bei den Niederländern Dilemma wird es mitunter ein bisschen komplexer, "The Purpose Paradox" ist ihr drittes Album. Ein Album, das gar nicht mal so richtig stark anfängt, dann aber v.a. im Mittelteil immer besser wird. Und in der Tat bauen sie immer wieder mal ein Solo ein, das dem Einen vielleicht zu viel abverlangt, dem Anderen dieses Album aber erst richtig schmackhaft macht. In dem Sinne: viel Spaß!
Das Besondere an diesem Album fällt einem eigentlich erst auf, wenn mit „One Last Thing“, dem 5. Song des Albums, der erste langsamere, ruhigere Song beginnt. Bis dahin schaffen es die Australier überraschenderweise, mit sehr viel Energie und erfrischendem Drive vorzugehen. Was bei einer Musikrichtung, die so eng mit Pink Floyd verwandt ist, durchaus ungewöhnlich ist. Umso schöner und umso effektvoller ist dieser Song an dieser Stelle – und trotzdem auch nur eine ruhige Zwischenstation, das folgende „All Because of You“ legt schon wieder eine Schippe drauf. Trotzden gibt es zweiten Teil des Albums auch die langsamere Seite wiederholt, aber das ist bei dieser Musikrichtung durchaus passend und auch okay. „The Unforgivable” ist zum 20. Bandjubiläum bereits das 3. Konzeptalbum und ihr siebtes Studioalbum insgesamt. Und bislang habe ich noch keine Schwachstelle in ihrer Diskografie ausmachen können!
Er ist Kopf, Sänger und Gitarrist von Pink Floyd, da packt man noch ein paar flächige Keyboards drunter und dann hat man noch alles komplett, oder? So einfach ist das gar nicht – und ich fürchte, das ist gar nicht David Gilmours musikalischer Anspruch hier ein Pink Floyd Ersatzalbum zu erschaffen. Sein Ansatz ist ein etwas anderer. Mehr Blues, mehr Song, mehr Erzählung. Dass das kombiniert mit seiner fantastischen Gitarrenarbeit immer wieder trotzdem auch nach Pink Floyd klingt, sollte eher als schöner Nebeneffekt betrachtet werden. Er schreibt gute Songs und hat mit dem Leadgesang und dem Harfenspiel von Romany Gilmour in „Between Two Points“ sowie einigen Gastbeiträgen für nette Abwechslung und Kontrastpunkte gesorgt. Und auf dem Titeltrack und ersten Highlight ist sogar eine Aufnahme des verstorbenen Rick Wright zu hören, die 2007 bei einer Jam Session in Davids Scheune entstand. Und das abschließende „Scattered“ ist mit seinem typischen Solo dann letztlich doch der Pink Floyd Moment des Albums. Das alles reicht nicht ganz, um in Euphorie zu verfallen, hat aber ein paar schöne Songs und strahlt eine wunderbare Ruhe aus, hat aber durchaus auch kraftvolle Momente. Und die Tatsache, dass er überhaupt mal wieder ein Album veröffentlicht, ist schon mindestens eine Erwähnung wert. Dass es zudem deutlich mehr Rockanteile hat als das seines Kollegen Mark Knopfler sorgt für beide Daumen hoch!
So sehr man sich an die Wandelbarkeit ihres Sounds gewöhnt hat, so sehr kann man doch feststellen, dass sie ihren ganz eigenen Sound gefunden haben und dem auch irgendwie immer treu geblieben sind. Der war mit ihrem sensationellen Debütalbum „The Dark Third“ 2005 noch so spannend, dass man diesem Duo eine Riesenzukunft voraussagte. Im Folgenden wurde mancher Fan aber durch die Verwandlungen ihres Sounds etwas verunsichert: Weg vom Prog, hin zum Pop schien das Motto, weniger Rock, weniger Soli, mehr Song, mehr Massenkompatibilität. Die Folge war die zwischenzeitliche Auflösung der Band 2009-2018. Mit ihrer Rückkehr und seit dem Album „Eupnea“ sind die Rockelemente zurückgekehrt, die Eingängigkeit ist geblieben. Die beschriebene prinzipielle Direktive gilt auch immer noch für ihr neues, ihr sechstes Studioalbum. Ohne große Pop-Experimente, mit toller Atmosphäre, tollen Songs, ein zur Perfektion gereifter Duettgesang von Jon Courtney und Chloë Alper, ein paar kleinere musikalische Spielereien, gerade genug, um nicht zu banal zu erscheinen, aber eingängig genug, um auch auf großen Bühnen zu funktionieren. Vielleicht liegt es an der Kollaboration mit Musikern wie Guy Pratt oder Bruce Soord, dass manches an Kritiker- und Fanlieblinge wie Pineapple Thief, Porcupine Tree oder Eloy erinnert. Nicht zuletzt durch die längeren Songs „Bend the Earth“ und „Lifeless Creature“ ein mega Album!
Irgendwann packen sie dich. Mich hatten die Norweger um den schon sehr speziellen Sänger Einar Solberg dieses Mal spätestens mit dem Song „Starlight”, einem Song, der sie ungewohnt nah an Pink Floyd bringt. Was letztlich etwas länger gedauert hat, als bei ihren letzten Alben. Was allerdings am Eindruck lag, den sie bei mir hinterlassen hatten… Ich war ja ehrlich gesagt schon etwas in Sorge, dass ich nach dem relativ unbefriedigenden Konzert in Bremen die Lust an der Band verloren hätte. Aber wenn man sich erst mal wieder warm gehört hat, dann ist auch das neue, ihr achtes Album wieder absolut gelungen. Waren Leprous eigentlich mal ne Metal Band? Das ist ein Element in ihrem Sound, das mittlerweile recht selten zum Tragen kommt, Growls gibt es nur ganz urz ein einem einziges Mal und auch wenn viele der Songs rockige Ausbrüche beinhalten, gibt es daneben auch sehr viele sehr ruhige Momente. Aber wenn man sich drauf einlassen möchte und mit der Stimme klarkommt, dann sind die einmal mehr absolut wunderbar.
Ich versuche gerne, meine Gedanken über ein Album in einem Wort zusammenzufassen, was nicht immer gelingt. Aber bevor ich jetzt abschweife, können wir es hier kurz machen: Spektakulär! Was die Norweger hier auf ihrem dritten Album fabrizieren, trifft diese Bezeichnung fast durchgehend. Ein ständiger, spielerischer Wechsel aus luftig leichten Popmelodien und dramatischer Klangfülle ist schwerlich anders zu benennen. Das beginnt mit dem Gesang, den sich Johanne und Knut Kippersund Nesdal teilen, abwechsenlnd einzeln, zusammen oder gemeinsam mit weiteren Bandmitgliedern im Chor, im kompletten Spektrum von ganz leise bis maximal kraftvoll geschrien. Super. Das geht weiter über die Instrumentierung von zart gezupften Gitarren über reißerische Gitarrensoli bis zum kompletten Sinfonieorchester gibt es hier ein ständiges Auf und Ab. Bis zu den Songs, die mal langsam und im 4 Minuten Format bleiben bis zu den ausufern den Epen bis zu knapp 10 Minuten. Ein bisschen wie Leprous ohne Metal-Elemente. Oder wie Moon Safari mit noch mehr Tiefgang. Schon ihr zweites Album „Playing House" vor drei Jahren brachte Medien und Fans gleichermaßen zu Jubelstürmen, das wird Ihnen mit ihrem neuen Album genauso gelingen. Eine Band, die auf vielen Bühnen zu Hause ist, bislang aber vor allem im Progressive Rock abgefeiert wird. Dabei ist ein weitaus größerer Hörerzirkel durchaus denkbar und den acht zu wünschen.
Ein Album, das fast an mir vorbeigegangen ist, dass ich fast verpasst hätte. Was mit Turners neuer Unabhängigkeit zu tun hat – weg vom Majorlabel, weg von den bekannten Vertriebswegen, back to the roots. Wobei er seinem kleinen Label treu geblieben, also auch nicht wirklich bei Null anfängt. Und als ich begann, reinzuhören war mein erster Eindruck noch, dass das mit dem „vorbeigegangen“ gar nicht so schlimm gewesen wäre. Sein letztes Album gehört zwar zu den Highlight Alben 2022, das neue beginnt aber überraschend rau und ruppig. Immerhin hat er ja auch eine Punk Vergangenheit, das kehrt er auch auf diesen neuen Album wiederholt hervor. Beginnend aber mit Song 3, „Ceasefire“ (Waffenstillstand), einem Song, der dir schlichtweg die Socken auszieht, beginnt dieses Album immer interessanter zu werden. OK, Songs wie dieser eine Kandidat für die Liste der Highlights 24 gibt es nicht so sehr viele, streng genommen mit „Somewhere Inbetween“ nur einen, aber mit „Letters“, dem Titelsong und ein paar weiteren gibt es gute Songs – und wenn man sich erstmal an den ruppigeren Sound des Albums gewöhnt hat, beginnt es auch immer mehr Spaß zu machen.
Sie galten mal als die heißeste Band des Retro Rock, mit Betonung auf Retro Rock. Und „heiß“ bezog sich nicht zuletzt auf Sängerin Elin Larsson, bei der ich im Konzert erstmalig ein schlechtes Gewissen hatte, so ein unmittelbar nah vor ihr im Fotograben zu stehen, während sie in ultrakurzen Mini im Kopfhöhe eine Mega-Performance hinterlegte… aber zurück zum Thema. Bereits mit ihrem letzten Album „Holy Moly“ hatten sie nach dem Ausstieg ihres Gitarristen Dorian Sorriaux einen leicht veränderten Sound vorgelegt, waren deutlich geradliniger geworden, hatte aber noch genügend musikalische Feinheiten abgeliefert, um sie als Rockband zu bezeichnen. Ihr neues Album wird der Einordnung unter Retro Rock nicht mehr wirklich gerecht. Während Elin mit ihrer kraftvollen Stimme wiederholt an Adele erinnert, ist auch das, was ihre Mitstreiter so an Songs zeigen, auch nicht so sehr weit davon entfernt. Und wie es bereits im Opener heißt „I do what I want“, stellt Elin von Anfang an klar, dass sie sich nicht an die Erwartungshaltung ihrer Fans oder von irgendjemandem sonst unterwerfen möchte. Und ohne die letzten Adele Alben als Ganzes gehört zu haben, haben zumindest die Blues Pills immer noch genügend Rock im Sound, dass sich kaum jemand genervt weg drehen dürfte. Und wenn Ihnen mit diesen Schritt in den Mainstream gelingt, so what? Klasse Abwechslung, klasse Songs, eine grandiose Sängerin, hört mal rein!
Der Keyboarder, Produzent und Songwriter Benjamin Croft legt sein drittes Album vor, einmal mehr mit diversen prominenten Gästen besetzt. Und die dürfen erst einmal die Muskeln spielen lassen: Im siebenminütigen instrumentalen Opener dürfen erst mal die Instrumentallisten ihre Fähigkeiten zeigen, und die heißen neben Croft u.a. Marco Minnemann und Greg Howe, an anderer Stelle auch Simon Phillips, Stuart Hamm, Billy Sheehan oder Frank Gambale. Danach schlägt das Album einen mehr songorientierten Weg ein: Das Titelstück erinnert dann stark an Asia, stimmlich getragen vom klasse Sänger Jeff Scott Soto; ein toller Song! Von den acht Songs haben vier Gesang, entweder von Soto oder von der Sängerin Lynsey Ward, die ebenfalls einen tollen Job macht, mir persönlich aber nicht ganz so liegt wie Soto. Aber eine tolle Idee, so bleibt es abwechslungsreich und interessant, v.a. für Leute, die nicht so sehr auf reine Instrumentalalben stehen. Es bleibt beim Wechselspiel zwischen instrumentalen Ausflügen, die mal mehr, mal weniger einzigartig sind, und Stücken mit Gesang, wobei die Songs mit Soto etwas anspruchsvoller arrangiert sind. Ein spannender Wechsel aus Anspruch und Eingängigkeit, Rock und Prog.
Wie schafft man als Altherrenriege, immer noch relevant und auch für jüngere Hörer noch interessant zu bleiben? Wie schaffen es Deep Purple, nach so vielen Jahren immer noch Alben zu produzieren, die sich zwar auf ihren typischen Trademark-Sound stützen, aber trotzdem zeitgemäß sind? Liegt es an den immer wieder neuen Gitarristen, die neues Blut, neue Ideen, neuen Drive mit reinbringen? Während ich diese Frage zunächst noch abwegig finde und es auch auf dem neuen Album wieder einige Songs gibt, die wirklich gelungen und richtig gut sind, ist es bei den meisten Songs dann doch in der Tat das Gitarrensolo, was am meisten heraussticht und die durch seinen neuen Sound dem oben angesprochenen Jungbrunnen am meisten ausmacht. Was Simon McBride als aktuellster Neuzugang zwischen Ian Gillan, Roger Glover, Ian Paice und Don Airey hier abliefert, macht so einen Spaß und klingt so gut, dass es selbst die unwichtigeren Songs aufgewertet. Und auch die gibt es. Trotzdem: mal wieder alles richtig gemacht, Wechsel gelungen, Album gelungen.
Ich muss auf den Anfang meiner Review zum Album von Caligula`s Horse, „Charcoal Grace“ (KW 4) zurückkommen, die da genannte Zahl der Bands von vier auf fünf erhöhen und um Rendezvous Point erweitern: Auch die Norweger machen ihre Sache auf ihrem dritten Album extrem gut. Spannender Prog Metal zwischen Hookline, Breaks und Taktwechsel. Immer wieder überraschend, aber trotzdem eingängig. Gut gemacht! Abwechslungsreiche Songs, geniale Breaks und Tempowechsel, tolle Hooklines, grandiose Soli und noch ein paar symphonische Elemente im abschließenden „Still Water“. Das Quintett um Leprous-Schlagzeuger Baard Kolstad erzeugt viel Spannung und liefert ab. Ein tolles Album, mit dem sie, wie eingangs erwähnt, in die Riege der Bands Haken, Teramaze, Soen und Caligula´s Horse aufsteigen, ohne ihnen dabei irgendwie zu nahe zu kommen. Ganz im Gegenteil, jede der genannten Bands hat ihre ganz eigenen Qualitäten. Bei Rendevous Point kommt mir zudem auch The Intersphere wiederholt in den Sinn.
Die Norweger sind ein wenig entspannter geworden, was die Veröffentlichungsrhythmen ihrer neuen Alben betrifft. Seit Gitarrist Bjørn Riis auch Soloalben veröffentlicht, scheinen die Songideen besser aufgeteilt zu werden. Was am musikalischen Grundkonzept der Band nicht viel geändert hat: Sie stehen immer noch, ebenso entspannt, für erstklassig ausgefeilte Komposition im Klangkosmos von Pink Floyd, wiederholt unterbrochen durch ein paar lautere, bzw. härtere Elemente, was sie in die unmittelbaren Nähe von Bruce Soords Pineapple Tief bringt. Und das steht ihnen ausgezeichnet! Fünf Songs gibt es nur, alle über 5 Minuten, in der Spitze bis zu 15 Minuten. Allesamt verfeinert durch flächige Keyboardsounds und markante Gitarren, die immer wieder auf an David Gilmour erinnern. Der geneigte Fan wird es lieben, spektakulär neu ist auf diesem Album nichts, aber durch den Abwechslungsreichtum und die lauteren Elemente ein Album, mit dem man wenig falsch machen kann.
Steve Kilbeys erfolgreichste Zeit war in den späten Achtzigern und frühen Neunzigern - -mit The Church ab dem Hit
"Under the Milky Way" und dem dazugehörigen Album "Starfish". Bei
mir so erfolgreich, dass ich anschließend versucht habe,
seine Solokarriere mit aufzuarbeiten - was aber recht schwierig war,
denn es gab bereits eine etwas unübersichtliche Anzahl von Alben,
die zudem aufgrund der Entfernung zu Australien hierzulande relativ
schwierig zu besorgen waren. So bin ich über „The Red
Eye“ nicht hinausgekommen - glücklicherweise, muss man im
Nachhinein wohl sagen, wenn man mein 2004er Interview mit Kilbey richtig deutet...
Seine Kollaboration mit Martin Kennedy ist nicht ganz neu, trotzdem
hatte ich die beiden etwas aus den Augen verloren. Umso schöner
die Überraschung, als ich von dem neuen Album hörte.
Insbesondere umso schöner die Feststellung, dass hier immer noch
vieles beim alten, sprich zum Guten ist. Das trifft beim neuen Album
vor allem auf die ersten 3,4 Songs zu, die durch eine wunderbare
Mischung aus akustischer Gitarre und Gitarrensoli gewisse Pink
Floyd-Parallelen aufweisen. Aber auch sonst können die einzelnen
Songs durchaus überzeugen. Allerdings machen die beiden es sich
etwas einfach, denn die beiden bleiben eigentlich durchgehend im
moderaten Slow Mode, was ist beim ersten Hören einfach leicht
macht, die Songs zu mögen. denn letztlich fehlt die Abwechslung.
Rocksongs wie "Reptile" vom besagten Starfish -Album fehlt hier
gänzlich, vom Hitformat wie "Under the Milky Way" ganz zu
schweigen, aber ich glaube da möchte Kilbey auch gar nicht wieder
hin. Fazit: schön, dass er wieder da ist beziehungsweise
schön, dass ich ihn wieder entdeckt habe, aber spektakulär
wäre etwas anderes.
So
bringt man seinen Namen auch bei denen ins Gespräch, die nicht die
Minibooklets der CDs bzw. das Kleingedruckte in den Downloads lesen. :-) Also: Hand aufs Herz: Wer wusste, dass MArco Glühmann Sänger der Hamburger Artrocker Sylvan ist?
Aber Ehre, wem Ehre gebührt: Er kann’s
alleinverantwortlich fast genauso gut. Streng genommen, kann er es
genauso gut. Denn verglichen mit dem 2006er
Sylvan-Album „Presets“, das die Band immer ihr Pop-,
bzw. Frauenalbum genannt haben, schneidet dieses Album mindestens
genauso gut ab. Schon durch die Stimme extrem ähnlich, hat er sich
auch im Songwriting genügend abgeschaut, um den Stil seiner Band
sehr nahe zu kommen. Lediglich auf lange Instrumentalparts verzichtet
er größtenteils, hält das Album eher songdienlich, aber
die Songs haben es trotzdem in sich. Abwechslungsreich, mal langsam,
mal energetisch, besitzen Sie einige Qualitäten. Übrigens:
Allein ist Glühmann natürlich nicht, ganz im Gegenteil: Mit
Kalle Wallner, Yogi Lang und Markus Grützner hat er fast die
gesamte Band RPWL als Unterstützung, alternativ auch Johnny Beck
(Sylvan) und Steve Rothery (Marillion) und Billy Sherwood (Yes) als
Gastmusiker dabei. Trotzdem bleiben für ihn noch Gesang, Keyboards
und Gitarren. Ein tolles Album!
Und wenn wir schon bei verspätet vorgestellten Alben sind, dabei ist (noch) gar keine Sommerpause): Ein Album zum zehnten Geburtstag. Und der Name verspricht einiges! Fertiggestellt zum 5. Geburtstag ihres eigenen Festivals in ihrer eigenen „Stadt ohne Meer“, veröffentlicht letztlich doch ein wenig später, ein Hybrid aus Vergangenheit und Zukunft. Neue Songs, überraschende Kollabos und Klassiker im neuen Soundgewand. Nachdem viel zu lange (unfreiwillig, u.a. wegen Corona) auf Pause gedrückt werden musste, sollte es mehr als ein Jubiläum sein. Ein kompletter Neubeginn. „Wir wollen uns nicht daran messen, was wir bisher geschaffen haben, sondern an dem, was wir noch schaffen können.", schreibt die Band auf ihren sozialen Netzwerken. Im April eine erste Tour dazu – aber bereits vor dem zweiten Teil im Juni scheint wieder Schluss zu sein! „Wir lösen uns nicht auf“, sagt Jonas beim Konzert im Mojo, Hamburg. „Wir machen eine Pause. Aber wir kommen zurück“. Das ging jetzt etwas schneller als erwartet und erhofft. Aber die Zwischenzeit versüßen wir uns mit diesem Dutzend. Mit einem Rückblick auf Jonas Highlights als Zauberer der Worte inklusive neuer Meilensteine. Und (u.a. Orchester-)Versionen zum Dahinschmelzen. Bleibt nicht zu lange weg, Jungs (plus neu: Bassmädel)!
Nachdem ihr Album zur Veröffentlichung im Januar irgendwie
unter den Tisch gefallen ist, nutzen wir ihr anstehendes Konzert in
Hamburger Stadtpark am Samstag, 8. Juni (6 weitere Konzerte in
Deutschland folgen bis August), um darauf zurückzukommen.
Von
einem Radiohead(Rh)-Seitenprojekt kann man hier eigentlich schon gar
nicht mehr reden, denn während es um Thom Yorkes erstes Baby seit
2016 (Studio-)still ist, ist „Wall Of Eyes“ bereits
das zweite The Smile Album. Ein Trio, pandemiebedingt entstanden mit
Rh-Gitarrist Jonny Greenwood und dem neuen Mann an den Drums, Tom
Skinner, eigentlich eher in der Londoner Avantgarde-Jazz-Szene
beheimatet. Während auf den ersten Blick vieles an Rh erinnern
mag, ist das letztlich v.a. der verschwurbelte Gesang Yorkes sowie die
eher ruhige Stimmung und flirrende Elektronicssounds, die jetzt aber
auch nicht so Rh-exklusiv sind. Ansonsten geben sich The Smile sehr
abwechslungsreich und v.a. wiederholt psychedelisch (es gab zur Band
schon sehr früh Can-Vergleiche). Zwischendurch werden sie (in der
zweiten Single) „Friend Of A Friend“ auch mal simpel und
songorientierter, The Verve lassen grüßen, und gerade wenn
man noch ergänzen möchte: eher unspektakulär,
hauen sie mit „Bending Hectic“ einen Knaller raus. Der
Gitarrenstimmsong, möchte man ihn nennen (wie genial ist das, die
Gitarre während der Aufnahme zu stimmen?!), mit Harmonien zum
Sterben schön. Und dann als wäre das nicht schon genug,
schalten sie im zweiten Teil auf Rocksong um, wie man es seit ihrem
93er Debüt „Pablo Honey“ nicht mehr gehört hat.
Whouwh! Ein Meisterwerk. Und selbst wenn das die große Ausnahme
auf diesem Album bleibt, fragt man sich ob sie sich diese Sounds unter
ihrem alten Bandnamen auch getraut hätten, wohl wissend dass sie
als Rh ein Vielfaches verdienen könnten. Was bei Ihnen
natürlich kein Maßstab ist, also müsste man wohl eher
sagen ein Vielfaches an Aufmerksamkeit erregen. The Smile hat bei
Deezer 19.464, Rh knapp 3,5M Fans. Noch Fragen?
Wie auch immer, nehmen wir beide Bands einfach nebeneinander, freuen uns über ein gutes, abwechslungsreiches Album, mit einem spektakulären Ausnahmesong on top und schauen mal wie es weitergeht.
An der Seite von Drummer Joey Waters und Bassist Chris Tackett ist Page der Gitarrist und Sänger Teil des genialen Trios Dream The Electric Sleep, die uns in unregelmäßigen Abständen mit Monsteralben im Wall-of-Sound-Breitwandformat begeistern. Die letzte Platte „American Mystic“ liegt rund ein Jahr zurück. Anfang des Jahres begann Page dann, erste Häppchen aus seinem ersten Soloalbum „Apocalypse Garden“ zu veröffentlichen. Und bereits „The Turning” war ein kleines Highlight, im März folgte mit „Massive Stars“ ein weiteres, bevor „Waiting for a Return“ die Vorfreude schon extrem steigerte: Neben „Chasing the Sun“ eins der Highlights des Albums, das mittlerweile veröffentlicht ist, zumindest aus Sicht des Dream The Electric Sleep-Fans. Denn wie es sich für ein Soloalbum gehört, schlägt das Album nicht in dieselbe Kerbe seiner Band. Ganz so extrem wie Page es selbst beschreibt, nämlich als eine Mischung aus Alternative Rock meets Progressive Pop meets Folk Americana würde ich es, v.a. was den letzten Teil betrifft, nicht bezeichnen, aber es ist schon weniger Wall of Sound. Don Henley, Kansas, Asia und Peter Gabriel oder aber die Spät-Achziger Simple Minds wären mögliche Orientierungshilfen, ohne jetzt direkte Vergleichsmöglichkeiten unterstellen zu wollen. Die Musik und Texte von „Apocalypse Garden“ wurden komplett von Page allein geschrieben, zudem spielte der Sänger aus Kentucky Gitarre, Bass, Keyboards und Drums alleine ein. Produzent, der er ist, übernahm er auch gleich die Produktion, lediglich für den Mix nahm er die Hilfe von Nathan Yarborough in Anspruch. Ein Album, das in einer gerechten Welt durchaus einige Wellen schlagen würde!
Zum 25jährige Jubiläum gibt es das siebte Album des Polen Michał Wojtas und seinem Projekt Amorok. Anfangs, wie der Name schon andeutet, v.a. von Mike Oldfield inspiriert, ist Pink Floyd ein weiterer, wichtiger Eckpfeiler seines Sounds geworden. Und für das neue Album würde ich noch die Dire Straits mit ins Feld führen wollen, denn es gibt mehrere Momente, die an Mark Knopfler(s Songs) erinnern („Insomnia“; ), sowie in den ruhigen Songs die Norweger Gazpacho. Gitarrenbasierter und stark keyboardunterstützter Rock zwischen Melodie, Prog, Folk und Ambient würde ich das hier zusammenfassen wollen – wobei die letzten beiden Zutaten nicht überbewertet werden sollten. Sie bringen nur weitere Klangfarben mit ein in einen Sound, der immer wieder atmosphärisch sehr stark ist, tolle Gitarrensoli beinhaltet und ansonsten abwechslungsreich zwischen Rocksong, Groove bis hin zu ganz ruhigen Momenten einiges zu bieten hat. Dabei beginnt es etwas holprig: Der ansonsten gute Gesang von Michał Wojtas ist zunächst etwas ungewöhnlich akzentuiert („stay huMÄN“), im Opener versucht sich seine Frau Marta im (leider nicht akzentfreien) Sprechgesang und zum Abschluss gibt es einen Song in polnisch, ansonsten gibt es aber nichts zu meckern. „Trail“ überrascht mit einem Trance-Rhythmus, kann aber auch in dem Rock-Umfeld durchaus überzeugen – und dank seiner variablen Gitarrenparts auch definitiv mehr als Galahads Versuche in dieser Richtung. Ein Album, das mich v.a. mit seinen verschiedenen Atmosphären gepackt hat!
Du würdest dich über ein neues Album von Stilkin freuen? Oder trauerst den frühen Tagen von Gaslight Anthem hinterher? "Those Days are over now, this is your new place to call home", um mal Hot Water Music (frei) zu zitieren (Bury Us All). Die alten Fans wissen natürlich längst, was sie hier erwarten können, neue Fans werden gerne hinzu genommen: Hot Water Music ist die energetische Indie-Rockmischung mit leidenschaftlichen, melancholischen Gesang, die dir die Ohren freiblasen. Früher hieß das mal Punk, dann hieß es Grunge, heute schlicht Alternative Rock - also der neue Mainstream :-) The times they are a-changing. "Vows" ist - pünktlich zum 30. Jubiläum - das zehnte Album der Truppe um Sänger Chuck Ragan, und ich würde sagen, wieder einmal alles richitg gemacht. Im November kommen sie damit auch noch Deutschland auf Tour!
Die Kings of Leon blasen zum Großangriff. 2024 soll ihr Jahr werden: Mit groß angelegter US-Tournee und Übersee-Festivalauftritten (unter anderem als Headliner beim Deichbrand Festival) und vor allem mit diesen neuen Album. Und sie haben auch schon die Big Player identifiziert, die ihnen dabei helfen sollen: Im Indie Rock Sektor haben sie lange genug an ihrer Credibility gearbeitet, haben langsam ihren Weg in den musikalischen Mainstream gebahnt. Neben Capitol als neuem Plattenlabel und Live Nation als Tour Partner, jetzt folgt der breitenwirksame Angriff aufs Radio. Und nicht nur der Opener "Ballerina Radio" ist dazu geschaffen, sich hier an den Mann oder an die Frau zu bringen. Das Album strotzt nur so vor radiokompatiblen Songs, mit harmlosen Allerweltstexten ausgestattet aber immerhin gewürzt mit ziemlich cooler Rock Instrumentierung und natürlich der genialen Stimme von Caleb Followill. Die beiden Rock Tracks haben sie legitimer Weise auf die zweite Hälfte des Albums gepackt. "Nothing to Do", der mit seinem R.E.M. Charme an die ruppigeren Indierocktage erinnert und "Hesitation Generation", das zudem das typische, unnachahmliche coole Flair dieser Band besitzt, sehr passend ergänzt noch durch das dazwischen platzierte „Television“, werden die Songs sein – auf die sich die alten Fans stürzen werden. Ob die sie davon abhalten werden, einen Ausverkauf zu beklagen, bleibt abzuwarten. Falls es also wirklich noch jemanden gibt, der diese großartige Band noch nicht für sich entdeckt hat, man wird 2024 nicht an ihnen vorbeikommen. Die Kings of Leon haben – dem Albumtitel folgend mit viel Spaß – vorgelegt, nun werden wir sehen, ob die Welt bereit ist für sie.
Das Sextett aus Augsburg ist zurück mit dem zweiten Streich.
Nachdem der erste schon extrem gut angekommen war, dürfte sich
der Interessentenkreis mit „Collision“ noch weiter
vergrößern. Wobei die Zielgruppe nicht klar definiert werden
kann – was für manche Band manchmal ein Problem scheint,
weil sie nirgends zugehörig scheinen. Carpet überzeugen aber
durch ihre Energie und Spielfreude sowie ihre problemlose Art, die
Stile zu vermischen und die guten Songs, die dabei im Vordergrund
stehen.
Das beginnt im Opener „The Moonlight Rush“ damit, dass der
vermeintliche Blues/Retro Rock Rhythmus ungewöhnlich schräg,
bzw. vertrackt ist. Setzt sich fort im fetten Sound einer Postrock
Offensive und wird nach 4 Minuten komplett aufgebrochen durch Break und
zurückhaltende Bläsersounds, bevor der Song für die
finalen anderthalb Minuten zurückkehrt zum Rock. Und ist es genau
dieses Wechselspiel aus klassischen Zutaten und unvorhersehbaren
Momenten, dass dieses Album so spannend macht und über den
Durchschnitt hebt. Rock, Blues, Psychedelic, Retro- und Postrock werden
mit Versatzstücken aus Prog erweitert und zu einem Gesamtmix
vereint, der keinen Rockfan außen vor lässt. Beeindruckend,
zeitlos, begeisternd.
Mehren
sich die Anzeichen für ein Ende der Band? Obwohl noch nicht
offiziell für tot erklärt, beginnen die Hinterbliebenen mit
einer Testamentseröffnung. Hier: Morsefest 22. Was für ein
Fest! Dabei war schon die letzte Veröffentlichung The Final
Flight Live At L'Olympia vor gut einem Jahr ein Live-Album,
nämlich die unglaubliche Dokumentation ihrer Tournee zum
fünften Album „The Absolute Universe“. Das Konzert
beim Morsefest im April 22 war auch Teil dieser Tournee, nur spielten
sie hier zwei Abende hintereinander und mit zwei unterschiedlichen
Sets. In der ersten Nacht spielte die Band "The Whirlwind" in seiner
Gesamtheit, zum ersten Mal seit 10 Jahren. Dazu gab es Songs aus dem
vierten Album "Kaleidoscope" sowie u.a. den Procol Harum-Klassiker "In
Held 'Twas In I" vom Debütalbum "SMPTe", den sie bislang noch nie
live gespielt hatten.
In der zweiten Nacht wurde „The Absolute Universe - The Ultimate
Edition“ in voller Länge aufgeführt, die alle Titel der
beiden Versionen des Albums vereint. Abgerundet wurde das noch mit
einem Medley der Longtracks der ersten beiden Alben der Band. Das Ganze
wurde erweitert von einem Chor und einer Streichergruppe, viel
großartiger kann man ein so besonderes Wochenende gar nicht
begehen. Jetzt festgehalten auf 5 CDs + 2 Blu-ray und den üblichen
Spielereien drumherum, ein absolutes Juwel. Es ist nur schwer
vorstellbar, dass das alles gewesen sein soll….
Auf englisch würde ich sagen ´the opener sets the pace´,
denn er steht exemplarisch für den Härtegrad des Albums. Da gab es sicherlich
schon härtere Alben, im Bereich dessen, was man mal als Grunge bezeichnete,
bewegt sich dieses Album noch immer, aber es gibt keine extremen Ausreißer.
Höchstens im Hinblick auf zugängliche/Pop-Momente. "Wreckage" ist
fast eine Ballade mit Tom Petty-Momenten, "Won’t Tell" hat, v.a. in
der Gitarrenarbeit den U2-Moment, auch das erste Highlight "Upper
Hand" startet soft, bevor es sich erst im letzten Teil zur Rockhymne
steigert - und "Got to Give" hat den (sich wiederholenden) David
Bowie-Moment ("Let`s Dance"!), aber das sind alles Vergleiche, die
Pearl Jam jetzt nicht in unnötig flache Gewässer manövrieren. Den gegenüber
stehen ein paar kräftige Rock Songs und ein paar echte Hymnen. "Dark
Matter" und klasse abwechslungsreich, macht extrem viel Spaß und geht viel
zu schnell vorbei. Vor allem wenn sie wie in "Waiting for Stevie"
auch noch einen echten "Alive"-Nachfolger auspacken, der spätestens
live zum echten Monstersong hochgeschraubt werden könnte. Live sind sie
übrigens am 2. & 3. Juli in der Waldbühne, Berlin...
Für alle die noch nicht eingeschlafen sind: Vielleicht ihr
politischstes Album! Gar nicht mal unbedingt ihr bestes, ich glaube,
das bleibt
für mich "Ich vs. wir", aber einmal mehr mit Texten, die man
gehört haben sollte. Mit Aussagen auf den Punkt gebracht, ohne
übertriebene Wiederholungen im Sportfreunde Stiller-Stil aber mit
genügend Nachdruck, um Eindruck zu hinterlassen. Also machen sie
zu ihrer Waffe, was sie in die Hand nehmen (frei nach: "Blaue Lagune"):
Stift (Bassist Reimer Bustorff und Hauptsongschreiber Marcus Wiebusch)
und Mikro. Verpackt in Songs, die einmal mehr die komplette Bandbreite
von Rockgewitter bis Akustiksong besitzt, inklusive aller
Qualitäten, die man von ihnen kennt.
Sieben Jahre seit ihrem letzten Album, was sogar bei ihrem Rhythmus
extrem lange ist. Aber immerhin gab es eine EP und ein Live-Album
zwischendurch, dann noch Corona, da will man auch gar nicht
unnötig drängeln. Aus dem Alter chartshungriger
Boygroup-Kollegen sind sie eh raus, da dürfen die Kreativität
und Songs auch gerne in Ruhe reifen. Aber jetzt geht es wieder
los: Die Tournee läuft bereits, Nachschlag im Sommer ist
bereits gebucht. Also lasst sie euch nicht entgehen. Denkt dran:
„Nicht alle in Hamburg wollen zu König der Löwen“
(„Einkaufen in Zeiten des Krieges“)
Mensch vs. Maschine: Welcome To The Machine ist inspiriert von Filmen wie 2001: A Space Oddissey, Matrix, Sunshine, Solaris oder 1984. Dabei scheint der Weltraum die ideale Spielwiese, um ihrer Mischung aus Rockgitarren-Soundgewittern und elektronischen Sounds und Spielereien freien Lauf zu lassen. Und wenn man sich drauf einlässt, schaffen die Schweizer es auch ohne Gesang, Geschichten zu erzählen. Vorsichtig herantastend, mit voller Gewalt laut polternd, experimentell erforschend, hin und her gerissen zwischen melodischen Phasen und progressiven Breaks bietet "Welcome To The Machine" maximale Abwechslung. Und passend zum Albumtitel erinnern sie dabei nicht selten an Pink Floyd, v.a. im abschließenden 13minütigen "Collapse". Großes Kino!
Nicht lange fackeln: Eine halbe Minute lang beginnt die CD mit unheilvollem Brodeln und dann gehen sie gleich in die Vollen. Die Australier entscheiden sich für den größten Teil ihres neuen Albums, ihren PostRock in der energetischeren Variante aufzufahren. Acht Songs zwischen drei- und achteinhalb Minuten, die einem mit mitreißenden Gitarrensoli um die Ohren fliegen, nur vereinzelt durch atmosphärische Breaks unterbrochen. Dabei hauen sie immer wieder spannende Hooklines raus, die es in der Tat schaffen, sich auch ohne Gesang und Refrain im Ohr festzusetzen. Zwischendurch gibt es auch zwei ruhigere Songs, so dass auch das Album als Ganzes ein abgerundetes Wechselbad darstellt, bei dem keine Langeweile aufkommt. Und dann dieser Albumtitel… klasse!
Elf Studioalben haben uns die Freisinger in den letzten 24 Jahren kredenzt, das letzte gab es 2023, einmal mehr ein Konzeptalbum und einmal mehr sehr erfolgreich: In den deutschen Albumcharts startete es durch bis auf Platz 18. Es folgte eine lange Europa-Tour durch 8 Länder, das vorliegende Live-Dokument (2CD / Blu-Ray) ist der Nachschlag. Ein komplettes Konzert der Tour. Wie bei Konzeptalben nicht ungewöhnlich, gibt es zunächst die komplette Aufführung des Albums “Crime Scene” in seiner Gänze und am Stück. Die zweite Hälfte besteht dann aus einem Querschnitt durch ihre Diskografie – was bei 6 Songs aus 10 Studioalben zwangsläufig etwas beschränkt bleibt. Aber sie bilden einen starken Kontrast. Nach der v.a. inhaltlich, selten wirklich musikalisch schweren Kost gibt es u.a. mit “Hole in the Sky”, “Unchain The Earth” und dem im Original mit Unterstützung von Ray Wilson eingesungenen „Roses“ drei ihrer „Hits“, also die Art von Kompositionen, die von ihren Vorbildern Pink Floyd locker zum Hit hätten werden können. Die Freisinger haben diese Marktwirkung nicht ganz, Hits sind es irgendwie trotzdem. Auf "Crime Scene"gab es so einen zwar nicht, dafür hatte es andere Qualitäten, die sich teilweise auch erst nach mehrmaligen Hören entfaltet haben. In seiner Kombination ist das hier einmal mehr ein beeindruckendes Beispiel ihrer Fähigkeiten.
Ich habe früher schon immer bei Three Doors Down (was machen die eigentlich heute?) gesagt, dass sie im Prinzip die ihn moderne Version des Hardrock der 80er sind. Darauf im Interview angesprochen, fanden sie die Idee selber allerdings nicht so witzig. Royal Tusk sind jetzt der Missing Link für Three Doors Down und Europe, die ja auch zuletzt schon immer wieder mehr oder weniger erfolgreich versucht haben ihren Hardrock moderner zu gestalten. Royal Tusk machen das deutlich erfolgreicher mit wirklich gelungenem, meist eher kräftigem Rock zwischen Hardrock & Alternative Rock! In manchen Songs erinnern sie auch an die Blackout Problem, bzw. Badfinger. Sehr cool. Tolles Album, abwechslungsreich, gute Songs, kein Ausfall.
Jetzt also Album #1 nach dem wunderbaren Sänger David Longdon, der die Band 12 Jahre lang in eine neue Liga angeführt hatte, und der Ende 2021 nach einem Unfall verstarb. Schon das 2022er „Welcome to the Planet“ war posthum veröffentlicht, 2023 gab es sogar noch die atemberaubende Zugabe, „Ingenious Devices“ mit neu aufgenommenen und mit Orchester erweiterten Aufnahmen, auf dem sie noch einmal alle Register gezogen und die Messlatte ein weiteres Mal höher gelegt haben. Das macht es für „The Likes of Us“ nicht leichter, aber vielleicht brauchten sie ja den Druck. Das Album besteht aus 8 Songs, die diese Herausforderung annehmen und dabei eine beeindruckende Figur machen. Mit einem Sänger, der zwar anders ist, der es aber schafft, mit seinem ähnlich warmen Timbre eine sehr vergleichbare Stimmung zu erzeugen. Zudem bringt sich auch Drummer Nick D’Virgilio mit Duett- und Backing Vocals immer wieder hörbar genial ein, was in “Miramare” locker Moon Safari-Qualitäten erreicht. Mit 8 komplett neuen Songs, die wie ein Querschnitt durch die gesamte Prog Historie sind und dabei letztlich ein Streifzug durch ihre eigene gut 30jährige Geschichte darstellen. Mit Sounds, die mal an die Genesis, mal Marillion und mal an Steven Wilson erinnern während sie es auch dieses Mal schaffen, diese Einflüsse auf komplett eigene Weise zu verarbeiten und in Songs zu gießen. Und wie alle Genannten, schaffen auch Big Big Train immer wieder den Wechsel aus progressiv-verspielten Passagen und grandios melodischen Auflösungen, garniert mit tollen Soli und Harmonien. Ein Album, dass man problemlos in Dauerrotation hören kann, bei dem man sich dann nur die Texte irgendwann hier und da ein wenig gehaltvoller wünscht.
Der
besondere Wert ihres 85er Albums "This Is The Sea" ist, glaube
ich, unumstritten. Und genau deswegen erhält es auch eine
verdiente Würdigung in Form einer solchen Box. Selbst wenn ich die
Waterboys die Jahrzehnte danach immer im Auge hatte und mehr oder
weniger verfolgt habe, hat kein Album die Reife und Qualität
dieses 85er Meisterwerks erreichen können. Und hatte ich mich
anfangs noch über die Aufteilung gewundert, dass nämlich das
Album selber erst CD Nummer sechs in dieser Box darstellt, wird die
Reihenfolge beim und spätestens nach dem Hören klar und
logisch. Denn es geht hier nicht um eine Neuauflage in remasterter
Qualität mit Bonustracks und sonstigen Extras, sondern um das
Drumherum und v.a. den Weg dahin.
Vor ein paar Jahren hätte ich mich richtig über so eine Box
gefreut, denn das ist ja eigentlich genau das, was das Sammlerherz so
möchte. Demos, Entwicklungsstadien, unveröffentlichte Songs,
was will man mehr? Insgesamt 95 Tracks, davon 64 bisher
unveröffentlicht, dazu ein 220-seitiges Booklet! Aber die Betonung
liegt auf vor ein paar Jahren, denn abgesehen davon dass ich jetzt
nicht mehr unbedingt auf der Suche bin nach einem derart umfassenden
Überblick über die Entstehungsgeschichte dieses tollen
Albums, habe ich vor ein paar Jahren auf YouTube so grandiose
Live-Videos dieser Band gefunden, dass ich ein paar davon in solch
einer besonderen Box viel spannender gefunden hätte.
So kann man die Detailtreue an dieser Stelle gut finden, oder nicht,
mir hätten ein paar Live Versionen Der Songs – sozusagen als
Die Entwicklungen danach, noch mehr gebracht. So oder so: Am Ende wird
klar, dass das Album in seiner veröffentlichten Version die
bestmögliche Version der Waterboys und der Songs für dieses
Album darstellt. 2, 3 Songs dieser Sammlung hätten bestimmt noch
mit zum hohen Qualitätsstandard gepasst, allen voran das wirklich
tolle und zu Unrecht versteckte „The Ways Of Men“ und eine
Extended Version des ein oder anderen Songs ist sicherlich spannend
für Fans, aber Alben waren in den Achtzigern eben nur 45 Minuten
lang die sind so optimal gefüllt, genau das macht CD 6 dieser Box
deutlich.
Ein fast offizielles Journey Album. Nachdem Drummer Dean Castronovo nicht nur Journey Songwriter und Teilzeitsänger ist, sondern auch bei Neal Schon solo den Journey-Anteil singt, und zudem Journey jetzt nicht die fleißigsten Albumveröffentlicher sind, ganz im Gegensatz zu Dean Castronovo, wird es wohl niemanden stören, dies als Journey II durchgehen zu lassen. Zumal Gesang und die instrumentalen Beiträge von Jeff Pilson und v.a. Gitarrist Joel Hoekstra Extraklasse sind. Die Songs sind dieses Mal nicht durchweg spektakulär, aber das sind sie bei Journey auch nicht immer. Die Zutaten sind dieselben, einzelne Highlights sind dazwischen: Glückwunsch wenn du (jetzt) zu den Insidern unter den interessierten gehörst. Auch dieses Album lohnt ein Antesten!
Ich
beteilige mich eigentlich ungern an „What
if“-Spekulationen, aber im Falle von Steve Hackett hatte ich mich
unlängst gefragt, warum er eigentlich nicht einfach mal seine
alten Schulbandkollegen einlädt, um zu sehen, was da rauskommt.
Das Wundervolle an den immer wieder vorkommenden Reunions ist ja, dass
sie es immer wieder schaffen, an den alten Sound anzuknüpfen. Und
je länger die Pause, desto größer die
Übereinstimmungen, was z.T. daran liegen könnte, dass sie
einfach kein Problem damit haben, an den alten Sound wieder
anzuknüpfen, sondern es stattdessen eher selbst als
Herausforderung sehen, genau das zu schaffen. Wie könnte das bei
Steve Hackett aussehen?
Wenn man dann allerdings das neue Album hört fragt man sich
unweigerlich: Hat er das überhaupt nötig? Ganz im Ernst: je
älter der Genesis-Veteran wird, desto besser werden seine
Soloalben. Je mehr er sich mit seiner Vergangenheit versöhnt,
desto näher kommt er den alten Trademarks. Das liegt zum einen am
richtig guten Songwriting, zum anderen an der immensen Abwechslung (ein
Blick auf den Waschzettel verrät: Die liegt u.a. an den
zahlreichen Gastbeiträgen von u.a. Roger King, Jonas Reingold, Nad
Sylvan, Craig Blundell, Amanda Lehmann oder Nick D’Virgilio) und
nicht zuletzt an der Furchtlosigkeit, sich an genau diesen alten
Trademarks zu bedienen. Komplexe Song-Arrangements, Songs, die
ineinander übergehen und zu Longtracks verschmelzen. Und wenn er
dann noch, wie im Beginn von „Wherever You Are“ ein
Genesis-Zitat verwendet, dann hebt das seine eigenen Songs noch mehr in
den Fokus. Ansonsten reicht die Bandbreite dieses Mal von klassischen
Streich(el)einheiten (wunderbar!) bis zu türkisch anmutenden
orientalischen Sounds (gewöhnungsbedürftig). Ganz am Anfang
fragt die Stimme aus dem Off „Are you sitting comfortably“,
bevor ein Zug gemütlich loszuckelt. Spätestens nach dem 3.
Song ist klar, dass dies keineswegs eine ruhige Entspannungsreise wird,
sondern eher eine Achterbahnfahrt, soviel passiert hier. Allerdings
muss man dazusagen, dass das Album wohl als Ganzes absolut
überzeugt, ein wirkliches Song-Highlight gibt es nicht. Was dann
doch die Frage aufwirft, inwieweit sich das durch die (oder alternativ
auch nur einen? der) o.g. Band-Kollegen ändern würde. Aber
ich fürchte, das bleibt eine What-if-Spekulation. Für seinen
Auftritt bei der (finalen!) Loreley Night of the Prog Auftritt ist er
hiermit jedenfalls bestens gerüstet.
Der erste Gedanke zur Wandlungsfähigkeit eines Musikers, den ich gerade zum neuen Neal Morse-Album gesponnen habe (s.u.), lässt sich an dieser Stelle nahtlos weiterdenken. Denn auch Daniel Wirtz ist ein Musiker, der sich seit seiner Wandlung vom (Englisch singenden) Sub7even-Frontmann zum Solokünstler (mit deutschen Texten) zwar immer wieder neue Themen sucht, variiert gerne seine Lautstärke und Geschwindigkeit, hat mit seinen Unplugged Alben und Tourneen bewiesen, dass seine Songs auch ohne Strom wunderbar funktionieren, aber bleibt sich doch letztlich immer treu. Das gilt auch für sein neues Album, das erste Studioalbum seit 7 (!) Jahren. Womit die Pause länger war, als je zuvor, o.g. Tourneen und natürlich die Pandemie haben ihren Teil dazu beigetragen. Vielleicht war es ihm deswegen schon fast ein Anliegen, zu beweisen, dass er trotzdem noch der Alte ist. Also rockt er zu fetten Gitarrenriffs und treibenden Drums in den beiden Openern „DNA" (sic!) und „Dünnes Eis“, bevor es mal grooviger oder auch ruhiger wird. Er thematisiert Haltung und den Krieg und überzeugt auch sonst mit guten Texten. Trotzdem: Erst ein Highlight wie „Atlantis“ zeigt aber, dass er auch gerne etwas mehr experimentieren könnte. Ansonsten darf man sich freuen, dass er wieder laut ist!
Zum Geburtstag die alten Freunde einladen :-) Da passt dieses Album doch allerbest! "Die Alben von Neal Morse berühren mich immer weniger", erzählte mir neulich ein Freund. Kann passieren, geht bestimmt auch anderen so. Aber woran liegt das? Denn eigentlich hat er ja nichts geändert. Also ist genau das vielleicht der Hauptgrund? Müssen sich Künstler weiterentwickeln um relevant zu bleiben? Das muss wohl jeder für sich selbst und für jeden einzelnen Künstler entscheiden. Tatsache ist, dass auch der zweite Teil seines Joseph Musicals ein Album ist, dass man über Stunden auf Repeat hören kann und sollte, weil man nur so immer tiefer eindringt in die Story und in das Sounduniversum dieses Albums. Das ist einmal mehr riesengroß und reicht von Spock´s Beard-Satzgesang, Stakkatorhythmus-Frikkelprog über ganz ruhige Passagen bis zu großen Bombastrock-Steigerungen. Also das typische Morse-Repertoire, in typischer Qualität und mit maximaler Abwechslung. Die zahlreichen Sänger_innen tragen genau dazu bei: Neal Morse, Ted Leonard, Ross Jennings, Talon David um nur einige zu nennen. Wer mehr braucht, hat sich vielleicht einfach noch nicht genug Zeit genommen!
Sie sind die vierten im Bunde mit Haken, Teramaze und Soen. Auch Caligula´s Horse haben bereits mehrfach bewiesen, dass sie die brillante Kunst beherrschen, ProgMetal mit soften Vocals und herzzerreißenden Melodien zu einem wunderbaren Ganzen zu verschmelzen und damit die Tore zu verschiedenen Genres weit aufzureißen. Da macht auch das neue Album keine Ausnahme. Und wäre es ihr erstes, wäre meine Rezension an dieser Stelle noch viel überschwänglicher. So muss man konstatieren, dass sie ein weiteres Mal tolle Songs und Melodien und Ideen abliefern, dass die Überflieger Highlights, die man jedem ans Herz legen möchte, aber nicht unbedingt dabei sind. Denn trotz mehrfachen Hörens bleibt nicht ein einzelner Song beeindruckend, sondern eher das Album als Ganzes. Anders ausgedrückt: willst du einen Anspieltipp? Such dir einen Song aus, sie sind alle schlicht großartig. Das beginnt mit dem 10-minütigen Eröffnungsstatement „The World Breathes With Me” über kürzere Songs zwischen 4 und 6 Minuten und dem 24-minütigen Zentrum des Albums, der vierteiligen Suite des Titeltracks bis zum 12minütigen Abschluss „Mute“ – also, welche Länge passt dir am besten?
Eine der ersten Veröffentlichungen des Jahres, denen man sich nur sehr schwer entziehen kann. Eigentlich haut sie dich spontan aus den Socken und walzt dich einfach um. Vor allem letzteres Bild wird ja gerne für diesen Dampfwalzensound des Postrock verwendet, wenn er mit dieser Macht und dieser meterhohen Wall of Sound ertönt. In seiner (Stoner Rock-)Härte mit seinen Metalgitarren und dem etwas gröligen Gesang mag man zunächst noch etwas befremdet sein, aber wenn du dich darauf einlässt, dann lässt er dich nur schwer wieder los. Kaum zu glauben, dass diese Soundgewalt von einem Trio, bestehend aus den Brüdern Jean and Remí Fossat und Canek Flores aus Frankreich stammt. Das erinnert an …And You Will Know Us By the Trail of Dead, in seinen melodischeren, bisweilen auch psychedelischen Momenten auch an das monumentale letzte Werk von Earthside. 2017 gab es eine erste EP, gefolgt von zwei Longplayern und der zwischendurch auf youtube veröffentlichten KEXP Live Session, die es auf mehr als 1,4 Millionen Klicks brachte. Sie haben also mittlerweile ein gewisses Selbstverständnis entwickelt, das sie jetzt in 80 Minuten Sound gegossen haben, verteilt auf 8 Songs, von denen 3 die 10-Minuten-Marke hinter sich lassen und nur einer deutlich unter 8 Minuten bleibt. Sehr gelungen!
Erlend Viken ist Songwriter bei Soup, dieser norwegischen Mega-Band mit dem un-google-baren Namen. Mit Giant Sky hat er sich noch einen zweiten Output geschaffen, für den er sich die Zusammenarbeit mit Musikern u.a. des Trondheim Symphonic Orchestra, Combos, WZRD, und Motorpsycho gesichert hat. Während es darüber hinaus wenig Infos über die Besetzung gibt, kann die Musik auch für sich allein sprechen. Die Vergleichbarkeiten sind offensichtlich, v.a. in den 5 Highlight-Songs des Albums (von 13), die mit 35 Minuten schon allein die Hälfte ausmachen. Hier erweitert Viken den Soup-Sound zwischen Long Distance Calling und Anathema aus Art- und Post-Rock Versatzstücken gemischt mit Archive-ähnlichen, ruhigen Momenten um Zutaten wie weiblichen Gesang (der den männlichen bisweilen ergänzt), Post-Rock-Steigerungen und instrumentale Zwischenspiele, die vereinzelt Pink Floyd-Referenzen aufweisen. Daneben gibt es Songs zwischen symphonischen und elektronischen („Speak Through Walls“), Ambient („Space Farrier“) oder mystisch-psychedelischen Elementen („The Present“), aber immer wieder holt er gerne auch die PostRock-Wall-of-Sound-Keule raus. Ein sehr kurzweiliges, abwechslungsreiches wie spannendes Album!
Radiohead-Fans
aufgepasst: mit seinem neuen Album präsentiert sich Joe Sutkowski
mit bestem Referenzen zwischen Akustik, Indie und Emo-Rock. Das Album
lebt vom ständigen Wechselspiel aus mehr oder weniger entspannten,
akustisch-geprägten Phasen und elektrifizerten
Rockausbrüchen, mal mehr mal weniger eruptiv und dramatisch. Wie
Radiohead in ihren besten Indie-Rock-Momenten („Creep“).
Dabei definieren die ersten beiden Songs ihre Bandbreite: Der Opener
„Dirt Buyer II Theme“ entwickelt sich vom leisen Beginn
immer mehr zum Rockkracher inerhalb 3:17, der folgende
„Heavy“ (sic!) kommt in 1:12 auf den Punkt. Erst das
abschließende „On & On“ bringt es wieder (und mit
4:23 weit!) über die 3-Minuten-Grenze. Und dann ist nach 31
Minuten auch schon alles gesagt.