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Atsuko Chiba
In meiner Review ihres aktuellen Albums “Water, It Feels Like It's Growing” hatte ich schon angedeutet, wie sehr mich die Kanadier mit ihrer Mischung aus Groove, Psychedelic. Postrock, Progressive Rock und Krautrock angefixt hatten. Deswegen wollte ich gerne noch ein wenig mehr über – also deswegen am besten von der Band selbst erfahren. Hier ein paar Infos, die ich Gitarrist Kevin McDonald entlocken konnte.
Interview Februar 2023
Interessanter Bandname
– zu dem es aber in der Band keine offensichtlichen Parallelen gibt. Warum habt
ihr euch für diesen Namen entschieden?
Relativ spontan. Wir kamen zusammen, um eine einmalige Show
zu spielen, und einer von uns hatte den Film „Paprika“ in der Woche vor unserem
geplanten Auftritt gesehen. Wir haben uns für den Namen Atsuko Chiba für diese
eine Show entschieden, hauptsächlich weil uns die Art gefiel, wie sie auf
Papier geschrieben aussah. Nun, hier sind wir heute. Die traumähnliche Art des
Films stand für uns immer symbolisch für das, was wir mit unserer Musik erreichen
wollten.
Kannst du ein paar
Eckdaten der Bandgeschichte nennen? Bislang seid ihr bei uns ja kaum in
Erscheinung getreten.
In den letzten 11 Jahren hatten wir die Gelegenheit, Shows
mit einigen unserer Lieblingsbands zu spielen und durch unsere Musik mit
einigen erstaunlichen Menschen auf der ganzen Welt in Kontakt zu treten. Wir
sind alle auf der Ostseite von Montreal aufgewachsen, kannten uns von
verschiedenen, teilweise gemeinsamen Bands. Nach der ersten Show haben wir
weiter zusammen gejammt und Musik geschrieben. Von Beginn an haben wir unsere
Veröffentlichungen selbst aufgenommen. Die erste EP „Animalia“ wurde live in
der Oscar Peterson Hall in Montreal aufgenommen. Einige von uns hatten nach
Feierabend Zugang zur Halle und wir schliefen über Nacht in der Konzerthalle,
damit wir diese erste EP da aufnehmen konnten. Als wir genug Material hatten,
um unsere erste CD „Jinn“ aufzunehmen, nutzten wir freie Zeiten im Studio
unserer örtlichen Universität. 2016 war ein großes Jahr für uns. Wir begannen
mit dem Bau unseres Studios, nahmen 2 EPs auf und veröffentlichten sie – „Figure
and Ground“, „Memory Empire“ – kauften einen Van und tourten bis 2017 so viel
wie möglich durch die USA und Kanada. Wir haben unglaublich viele tolle neue
Freunde gefunden. 2018 machten auch eine einmonatige Tour in Europa. 2019
veröffentlichten wir unser zweites Album „Trace“. Danach gab es noch die EP
„Quick Infant“.
Wo liegt der Unterschied
für euch zwischen einer EP und einem Album?
Es gibt keinen wirklich erkennbaren Unterschied. Es hat wohl
mehr mit dem Timing der Dinge zu tun. Wir haben 2016 zwei EPs veröffentlicht,
weil wir die Musik zu zwei verschiedenen Zeiten geschrieben und aufgenommen
haben. „Memory Empire“ ist die erste Musik, die wir in unserem eigenen Studio
geschrieben und aufgenommen haben. Also fühlte es sich richtig an, es von „Figure
and Ground“ zu trennen. Die „Quick Infant Guilt“ Sessions sollten eher ein
Schreibexperiment mit einem Computer sein als ein gemeinsames Jammen in einem
Raum. Wir haben diese beiden Songs Stück für Stück zusammengefügt, indem wir
einen Computer verwendet haben, um alle Arrangements, Verarbeitung und
Bearbeitung zu übernehmen. Zu der Zeit, als Covid es uns schwer machte,
zusammen zu jammen, entwickelten wir eine neue Art, gemeinsam Musik zu
schreiben und unsere Hip-Hop-Seite zu erkunden. Wir entwickelten dabei auch
einige neue Herangehensweisen an das Schreiben, die schließlich auch beim neuen
Album „Water It Feels Like Its Growing“ geholfen haben.
Zu Beginn des Schreibprozesses unseres neuesten Albums
befand sich Montreal weiterhin im Lockdown, inklusive strenger Ausgangssperre.
Also begannen wir alle, getrennt voneinander an der Musik zu arbeiten, die wir
dann in Ableton-Sessions geteilt haben. Es war ziemlich interessant, all die
verschiedenen Richtungen zu sehen, in die jeder Song ging, als sie zwischen
verschiedenen Mitgliedern herumgereicht wurden. Einige Songs hatten mehrere
unterschiedliche Arrangements. Manchmal gingen sogar Dateien bei der
Übersetzung verloren und so entstanden neue Ideen. Es wurde zu einer Collage
von Ideen, die wir dann auspacken mussten, sobald wir wieder im selben Raum
sein konnten.
Gibt es einen roten
Faden in eurer musikalischen Entwicklung? "Jinn" war ja noch eher instrumental,
und der enthaltene Gesang ziemlich rau..
Ich denke, wenn man zurückblickt, kann man definitiv einen
Weg hin zu mehr gesangsgetriebener Musik beobachten. Aber das heißt nicht, dass
unser nächstes Album nicht ausschließlich instrumental sein wird. Wir sind als
Band immer nur unseren Interessen gefolgt. Mit der Zeit hatten wir das Gefühl,
mehr zu sagen zu haben, und so fingen wir an, mehr Gesang einzubauen. Wir
halten es gerne für uns interessant und erkunden neue Wege, Dinge zu tun.
Auf dem neuen Album gibt
es neben Psychedelic, Postrock, Progressive Rock auch einen neuen Groove!
Auf diesem neuesten Album wollten wir musikalische Trancen
durch den Einsatz von Wiederholungen, Drones und hypnotischen Rhythmen
erforschen. Uns ging es viel mehr darum, klangliche Umgebungen und musikalische
Momente zu schaffen. Struktur und Arrangement waren eher ein nachträglicher
Einfall, weil wir viel mehr darauf bedacht waren, Raum in unserer Musik zu
schaffen und Dinge ihre Zeit nehmen und sich langsam verwandeln zu lassen. Was
Genres angeht, wird nicht wirklich diskutiert oder geplant. Aber wir werden
definitiv von Künstlern beeinflusst, die in deine genannten Kategorien fallen.
Archive z.B.! Wobei
ihr die Kombination aus Rap und Psychedelic ja auch schon auf der 2021er EP
„Quick Infant Guilt“ hattet…
Ich werde nie vergessen, wie ich in meinen späten
Teenagerjahren Gras geraucht und „You All Look the Same to Me“ gehört habe. Es
hat mich total umgehauen (lacht!). Interessant, dass du diese Band nennst, weil
ich nicht glaube, dass wir sie wirklich als direkten Einfluss betrachten.
Allerdings sind wir alle mit viel Hip-Hop und „Trip-Hop“ aufgewachsen.
Tatsächlich ist Portisheads Album „Third“ ein Album, das wir eher nennen
würden. Wir lieben einfach die Art und Weise, wie sich dieses Album anfühlt und
klingt.
Welche Bands würdest
du sonst als Referenzbands bezeichnen?
Wir zeigen uns ständig gegenseitig Musik, die wir mögen. Also
wenn du auf deiner Party Bands wie Parliament/Funkadelic, Can, King Crimson,
Portishead, Mars Volta, Beak>, Thee Oh Sees, King Gizzard, Lizard Wizard,
Radiohead, The Jesus Lizard oder Tinariwen spielen würden, würdest bestimmt eine
Reaktion von einem von uns bekommen (lacht).
Klingt gut, lass uns ´ne
Party machen! Gibt es Pläne, nach Europa zu kommen?
Noch nichts Konkretes… aber definitiv in Arbeit!!!