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Der Melody Maker hat
sie "The Most Rock 'n' Roll Rock 'n' Roll Band in the World" genannt:
Die Black Crowes ziehen seit gut zwanzig Jahren ihr eigenes Ding durch, anfangs
auch hier in Europa mit großem Erfolg, mittlerweile hört man nur noch vereinzelt
von den Brüdern Chris und Rich Robinson. Was schade ist, wenn man z.B. das neue
Album „Before the Frost“ hört.
Genauso faszinierend wie seine Songs ist auch die Entstehungsgeschichte des
Albums. Ich sprach (2009) mit dem Mann, der allen Besetzungswechseln zum Trotz immer
Begleiter der Robinsons in der Band war:a Drummer Steve Gorman.
Nennst Du es Studio-
oder Live-Album?
Hmm, gute Frage, es ist im Prinzip beides. Es ist das neue
Black Crowes Album, aber wir haben es in einer Live-ähnlichen Situation im
Studio aufgenommen. Wir nennen es zumindest nicht „Live-Album“, weil es auch
keine Situation war, die irgendetwas mit einer Live-Show zu tun hatte.
Wie kamt Ihr
überhaupt auf die Idee?
Unsere erste Idee war, einfach ein paar Dutzend Fans ins
Studio einzuladen, um sie bei der Aufnahmesession dabei sein zu lassen, sie
über unsere Schultern kucken zu lassen. Wir dachten, es würde der Energie des
Albums gut tun und uns auch konzentrierter arbeiten lassen. Es ging uns darum,
wie wir es einfach auch für uns interessanter gestalten könnten. Und dann sah
Chris diese Show in der Scheune von Levon Helm gesehen, der spielt Shows vor
200 Leuten da, aber es ist auch ein Aufnahmestudio. Und ab da nahm die Idee
schnell konkrete Formen an.
Also hattet Ihr 200
Leute bei Euren Albumaufnahmen dabei… wie habt Ihr sie dazu gekriegt, während
der Songs so ruhig zu sein?
Wir hatten selbst keine Ahnung, was wir machen würden. Was
wir definitiv nicht wollten, war ein Doppel-Live-Album. Und auch die Fans kamen
und wussten nicht, was sie erwartete. Also erklärte Chris ihnen, sie sollten
sich entspannen, zuschauen, ihre Handys ausmachen und einfach warten, bis wir
einen Song fertig hätten. Wir hatten fünf verschiedene Aufnahmesessions
innerhalb von drei Wochen und fünf verschiedene Zuschauergruppen, aber
irgendwie war es fünf Mal der gleiche Vibe. Die Leute waren alles Fans, die uns
schon Dutzend Male gesehen hatten, aber dieses Mal war es anders. Wir waren nur
ein paar Jungs, die auf ihren Stühlen in einer Ecke des Raumes saßen, es war
leiser, weil ja die Verstärker auch nicht so laut sind, und wir haben einen Song
gespielt, und wenn wir fertig waren, kam der Aufnahmeleiter zu uns und sagte,
ja, das war gut, lass uns einen weiteren Song ausprobieren, oder er sagte, das
war jetzt ein bisschen komisch im Mittelteil, es schien, ihr habt vergessen,
wie der Song ging, und wir sagten, ok, lass es uns noch mal probieren, und dann
spielten wir den Song noch einmal. Oder eine Saite riss, oder jemand vergaß,
wie der Song weiterging, also stoppten wir – und das Publikum war anfangs
natürlich völlig verwirrt, weil die das Gefühl hatten, die sind bei einer Show,
aber wir lachten einfach. Und nach ein paar Unterbrechungen hatte sich da
Publikum daran gewöhnt, und fühlte sich auch nicht mehr so unwohl dabei. Es war
für sie ja schon sehr ungewöhnlich, uns zuzuschauen, wie wir versuchen, einen
Song aufzunehmen.
Ihr habt also nicht
alle Songs an jedem Abend gespielt?
Nein, wir haben nur ca. 10 Songs pro Abend aufgenommen, oder
besser gesagt 12 pro Wochenende, also am Freitag und am Samstag noch einmal.
Und am folgenden Wochenende hatten wir ein komplett anderes Programm. Und am
dritten Wochenende hatten wir nur den Samstag, aber wiederum ein komplett
anderes Set.
Und dann habt Ihr die
besten ausgewählt.
Ja, wir haben so viele Songs aufgenommen wie möglich und
sind dann das Ganze noch einmal durchgegangen. Teilweise hatten wir fünf
Versionen von einem Song, da mussten wir dann erst einmal auswählen welche
Version die beste war. Dann hatten wir schon mal die besten Versionen. Dann
fielen ein paar raus, weil irgendwas mit der Aufnahme nicht stimmte, die
Gitarre nicht passte oder irgendjemands einen Einsatz verschlafen hatte, und
wir hatten es gar nicht gemerkt, oder die Aufnahmespur ausgefallen war etc. Und
das, was wir letztendlich für das Album genommen haben, sind die Songs, mit
denen wir 100% zufrieden waren, die sich gut anhörten und die auch gut genug
für ein Album sind.
Und rückblickend
betrachtet – war es vor allem stressiger? Oder bequemer? Oder auch schneller?
Es war schnell, es war gut und es fühlte sich gut an. Der
Grund dafür ist einfach: Die Leute, die da waren, kannten uns, viele Gesichter
kannten wir auch von den ersten Reihen, das waren wirklich Die Hard Fans. Und
trotzdem war es anders, als sie in der ersten Reihe stehen zu sehen. Die saßen
uns fast auf dem Schoß!
Also auch eine große
Ehre für sie, dabei sein zu dürfen. Würdest Ihr es noch einmal so machen?
Nun, wir haben noch nie eine Sache zwei Mal gemacht,
deswegen weiß ich nicht, ob wir das wiederholen werden.
Und ihr hatten alle
Songs fertig geschrieben, bevor Ihr das erste Set gespielt habt?
Chris und Rich waren zwei Wochen vor der ersten Show mit
unserem Produzenten Paul Stacey zusammen gekommen und haben über die neuen
Songs gesprochen, die sie in den letzten Monaten geschrieben hatten. Und in
dieser Woche stellten sie eine Art Set zusammen, dann kam die Band zusammen und
wir gingen das Ganze noch einmal für ungefähr eine Woche zusammen durch, und
dann haben wir sie live gespielt.
Das heißt, Ihr
kanntet die Songs noch nicht unbedingt so gut?
Nein, sie waren immer noch ziemlich neu für uns. Und so kam
es auch während der Shows immer wieder vor, dass wir erst einmal überlegen
mussten, wie es weitergeht, bzw. über welchen Song wir überhaupt sprechen, à la
`Ist das der Song mit dem Solo am Ende und dem Break in der Mitte oder der mit
dem Doppelchorus` etc.
Was ist Dein Eindruck
vom neuen Album? Hat sich musikalisch etwas verändert oder geht es einfach
immer weiter?
Wir machen nicht Musik um uns ständig neu zu erfinden. Wir
spielen die Musik, die wir spielen und die Songs, an die wir glauben. Wir
machen uns keine Gedanken darüber, was wir ändern müssen oder hören Sachen, von
denen wir denken, das wäre das neue Ding für die Crowes. Das ist eine
Popmusik-Mentalität, die nichts mit den Crowes zu tun hat. Wir touren viel, wir
spielen gerne live – und alles was wir machen hat mit der Band zu tun, nicht
unbedingt mit dem neuen Album. Nächstes Jahr ist es zwanzig Jahre her, dass wir
unser Debüt veröffentlicht haben – und wir werden es bestimmt und v.a. mit
einer neuen Tournee feiern. Weil es das ist, was die Band ausmacht.
Gleichzeitig gibt es „I
Ain’t Hiding“, der eine überraschend poppigen Beat auffährt….
Das stimmt, manche nennen das unseren Disco-Song. Wir haben
den unseren Blondie-Song genannt. Ich meine, wir sind eine Rockband, aber
dieser Vibe bringt da schon etwas anderes mit rein. Chris hatte diese Vision
von diesem Beat und dann haben wir damit herumexperimentiert und hatten eine Menge
Spaß damit, und letzten Endes ist er mit drauf gelandet. Aber es gab keinen
bewussten Plan dahinter – und es ist wie alles andere auf dem Album live und
original eingespielt.
Das Album kommt als
Single-CD in die Läden, aber es ist gibt eine zweite CD, die man downloaden
kann – was ist die Idee dahinter?
Das ist eine einfache Kostenrechnung. Wir wollten unser
Album so günstig wie möglich machen – mit so vielen Songs wie möglich. Wie also
besser 20 Songs an den Mann bringen? Außerdem ist es bei dem zweiten Album so,
dass es einige Songs darauf gibt, über die der gelegentliche Black Crowes Hörer
vielleicht etwas überrascht wäre, Bluegrass-Songs, einen Country-Song,
verschiedene Sachen. Also war es für uns logisch, ein „einfacheres“ Album zu
veröffentlichen und die anderen Songs kostenlos zum Download anzubieten, damit
die Leute, die sich das Album kaufen, erst einmal ein gutes Gefühl haben mit
den Songs, die sie haben.
Du würdest das erste
Album also das Bessere nennen?
Nein, ich mag beide, aber ich würde es das einfachere Album
nennen. Aber erst beide zusammen sind die volle Hörerfahrung Black Crowes.
Nochmal kurz zurück
in der Geschichte: Ihr habt die Band 2001 auf Eis gelegt, weißt Du noch warum?
Klar, wir sind uns auf den Sack gegangen. Ich hab die Band
verlassen. Wir waren erschöpft, ausgebrannt. Von 1987 bis 2001 haben wir nichts
anderes als die Band gemacht, wir haben sie gegründet, sind endlos getourt, für
Chris, Rich und mich drehte sich alles nur um die Band. Wir hätten einfach mal
eine Pause machen sollen. Ich meine, heute lässt sich das leicht sagen, aber
damals war das mit viel Schmerz verbunden, diese Band zu verlassen. Ich dachte,
das war’s, und es dauerte vier Jahre, bis wir aller erkannten, dass wir diese
Band wollen und weitermachen können.
Die Band fing ja
furios an mit zwei Hits wie „Hard To handle“ und „Remedy“, aber dann wurde es,
zumindest hier in Europa, schnell relativ ruhig…
Das erste Album haben wir einfach so aufgenommen, wir hatten
keine Ahnung, was wir damit landen könnten. Es gab damals nichts, was sich wie
die Black Crowes anhörte und wir haben gar nicht erst versucht, zu klingen, wie
irgendjemand anders. Und auch das zweite Album war einfach nur das, was wir
machen wollten, ein paar Jungs aus Atlanta, Georgia, die gerne noch ein
bisschen länger dabei sein wollten.
Es gab also auf
„Southern Harmony“ keinen Versuch, eine Hitsingle wie „Remedy“ zu schreiben?
Absolut nicht. Ich meine, schau Dir an, was es damals im
Radio gab, das hatte alles nichts mit uns zu tun.
Nun, das Timing war
einfach gut. Grunge war angesagt, Gitarren waren erlaubt – und stilistisch war
das jetzt nicht soo weit weg, oder?
Ich hab uns bislang noch nicht mit Grungebands verglichen
gesehen… und Grunge hat wohl auch kaum den Groove von „Remedy“. Aber es stimmt,
Rockmusik hatte einen guten Stand damals.
Wodurch kam also der
Einbruch?
Wir haben die Plattenfirmen zu oft gewechselt, wir hatten nie einen guten Promoter für den Radiobereich und wir waren nie die Band, die nur für die Fans gelebt hat. Wenn die Leute nur für „Remedy“ gekommen sind… wir spielen den Song nun einmal nicht jede Nacht. Damit kann man sich eine Menge verscherzen. Viele Leute kommen, um nur die Songs zu hören, die sie kennen, und ich weiß auch, dass wir von der Fraktion viele verloren haben. Aber wir sind auch deshalb da, wo wir heute sind, weil wir immer das gemacht haben, woran wir glauben. Es gab ein Album, an das wir nicht geglaubt haben und haben eine Tournee gemacht, an die wir nicht geglaubt haben, und das tat richtig weh.
Heute habt Ihr mit
„Silver Arrow“ Euer eigenes Label, könnt also machen, was ihr wollt?
Ja, wir haben nur einmal die Erfahrung gemacht, als wir
unser fünftes Album „By your Side“ aufgenommen haben. Damals waren wir bei
Sony/Columbia und es endete damit, dass wir mit ihnen im Studio zusammen
arbeiten mussten. Das war damals so, sonst waren wir es auch gewohnt, einfach
unser Album einzureichen, und das Label veröffentlicht es. Und bei diesem Album
meinten sie, sich einmischen zu müssen, was paradox ist, weil wir ja schon eine
erfolgreiche Band waren. Aber so lernt man dazu.
Was war das Problem mit
„By your side“?
Wir hatten nicht die Chance, es so zu machen, wie wir es
wollten. Es war eigentlich kein schlechtes Album, nicht unser bestes, aber ein
klares, straightes Rockalbum. Aber die Plattenfirma schickte uns zurück ins
Studio weil sie keine Hitsingle sahen. Aber wir sind eine Rockband, keine
Hitfabrikanten.
Und deshalb weigert
Ihr Euch sogar, Eure Hits live zu spielen?
Wir spielen sie, aber nicht alle jeden Abend. Wir haben
jeden Abend ein anderes Set, und einen zu großen Backkatalog, als uns auf ganz
bestimmte Songs beschränken zu wollen.
Und immerhin bietet
Ihr auf www.liveblackcrowes.com
ja auch komplette Live-Shows an.
Ja, es besteht einfach der Bedarf dafür. Ich meine, viele
Leute nehmen sich das auch selber auf und wir haben das auch immer erlaubt, und
wir haben auch Leute, die kommen zu 50 Shows im Jahr und es gibt große
Tausch-Gemeinden, die diese Tapes tauschen, und das macht eben auch erst Sinn,
weil jedes unserer Konzerte ein wenig anders ist. Und die Konzerte, die wir zum
Download anbieten sind in Top Soundqualität. Wir haben immer schon erlaubt,
dass die Leute unsere Konzerte mitschneiden, manche flippen da total aus, aber
das war nie unsere Einstellung. Wer auf unser Konzert kommt, hat die CD längst
gekauft.
Das mag so gewesen
sein, mittlerweile wäre ich mir da nicht mehr so sicher…
Das Downloadproblem ist ein ganz anderes. Das hat mich auch
anfangs mal aufgeregt, aber so ist es heute. Zeiten ändern sich. Und denen
jetzt hinterherzulaufen ist doch auch lächerlich. Ich meine, manche Bands haben
ihre eigenen Fans verurteilt, das ist doch so absurd, als wenn man eine
Regenwolke verurteilen wollte. Versteh mich nicht falsch: ich würde mich
freuen, wenn jeder unser Album kaufen würde, aber so ist es nun einmal nicht.
Es hat eine ganze
Weile gedauert, bis ihr nach Eurer Reunion (2005) ein Album („Warpaint“, 2008)
veröffentlicht habt – warum?
Weil es uns zunächst nicht sinnvoll erschien. Wir hatten
viel live gespielt, aber wir hatten och keine neue Richtung gefunden. Wir
wussten noch gar nicht, wie die Band weitergehen würde, und wir wollten noch
nichts aufnehmen, bevor es nicht auch für uns aufregend und belebend genug war.
Wir hatten es einfach nicht eilig, weil wir etwas Vernünftiges machen wollten.
Und als wir das erst einmal geschafft hatten, waren wir auch in der Lage,
wieder nach vorne zu schauen. Es hängt viel von der richtigen Stimmung in einer
Band ab, man kann da nichts forcieren, manchmal muss man auch einfach abwarten
können. Und erst als sich dieses Gefühl einstellte, wussten wir auch, dass es
jetzt wieder voran geht.
Es fühlt sich also
heute besser an, als früher?
Wir sind auseinander gebrochen, weil es dieses Gefühl
überhaupt nicht gab. Es gab keine einheitliche Stimmung in der Band, deswegen
hatte es keinen Sinn mehr.
Es sind immer wieder
Bandmitglieder gekommen und gegangen – ist es so schwierig, mit den Robinsons
zu arbeiten?
Nein, nicht für mich. Jeder muss für sich selbst
entscheiden, was er will oder nicht. Wir hatten wirklich talentierte Jungs,
aber es gibt auch immer 58 Seiten zu jeder Geschichte. Wenn jemand meint, nicht
mit uns arbeiten zu können, ihr Pech. Vielleicht bin ich es ja auch, mit dem
die Leute nicht arbeiten wollten. Jede Rockband ist seine eigene Welt.
Marc Ford sagte, er
habe die Band verlassen, weil er Angst um seine Gesundheit hatte.
Das habe ich auch gehört, ja. Ich weiß nicht, warum er die
Band verlassen hat. Jeder ist doch für seine eigene Gesundheit verantwortlich.
Es sind immerhin mehr
als Gerüchte, dass es ausgiebige Experimente mit mehr oder weniger legalen
Drogen in der Band gab…
Da waren wir nie schüchtern, und verschiedene Mitglieder der
Band haben da einiges ausprobiert. Aber ich habe nichts mit Drogen am Hut, auch
Rich nicht. Ich meine, ich habe Einiges probiert, vielleicht habe ich auch
alles ausprobiert, manches auch mehrmals, aber ich war nie abhängig. Die Leute
stürzen sich gerne auf Klischees, und wenn es Einen in der Band gibt, der damit
herumexperimentiert, dann bringt der natürlich immer die bessere Story.
Jetzt fehlt nur noch
eine Live-Umsetzung - es ist eine Weile her, dass Ihr
hier wart..
Ja, seit 2001! In den 90ern sind wir jedes Jahr in Europa
gewesen, obwohl das gar nicht so einfach war, weil wir für jedes Album ein
anderes Label hatten, also war das ein bisschen viel Action, das zu
organisieren, aber es gab die Nachfrage. Und in den letzten Jahren hatten wir
einfach keine rentablen Angebote, überhaupt rüber zu kommen. Wir wollen nicht
viel Geld verdienen, wenn wir nach Europa kommen, aber wir können auch nicht
alles selbst bezahlen.