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Dave Bainbridge
Interview 2015
Er ist verantwortlich für die besten
Momente bei Iona, der Band, die er Ende der 80er ins Leben gerufen hat. Nachdem
die ersten beiden Alben noch sehr klassisch orientiert waren, erweiterten sie
ihren Sound mit „Beyond These Shores“ mit dem Wechsel aus leisen und lauten
Parts, mit ausschweifenden Instrumentalpassagen und spätestens mit „Jorurney
Into The Morn“1996 auch den bombastisch, progressiven Elementen. Genau diese
Qualitäten präsentiert der Brite auch auf seinem neuen Solaolbum „Celestial
Fire“, hat mit u.a. Damian Wilson auch noch fantastische Sänger am Start, so
dass wir dringend mal anklingeln mussten bei dem Keyboarder und Gitarristen!
Das Album hat ein sehr starkes
Iona-Feeling, oder?
Dave: Nun, ich glaube, Ionas Musik ist ein großer Teil meiner DNA. Das war ja
ein Grund, weshalb ich Iona gegründet habe, ich wollte eine Möglichkeit haben,
meine Musik loszuwerden. Insofern wird das Meiste meiner Musik immer mehr der weniger mit einem
Iona-Feeling behaftet sein.
Wo ist dann für dich der Unterschied bei
einem Soloalbum?
Dave: Bei diesem Album wollte ich wirklich ein paar Aspekte meines Spiels mit
einbringen, die ich liebe, die aber nicht so richtig zu Iona passen. Z.B., vor
Iona war ich mehr noch als Keyboarder bekannt als als Gitarrist und habe für
verschiedene Künstler gespielt. I liebe, z.B. die Hammondorgel oder das
Imrovisieren auf Klavier und Synthesizer, also habe ich das auf ‘Celestial Fire’ mehr eingesetzt. Bei Iona
spielt das Keyboard eine eher strukturelle Rolle, hier hat es mehr von einem
zentralen Instrument.
Außerdem wollte ich eine andere
Rhythmusabteilung. Eine, die sich deutlicher am Rock und Prog orientiert - der
Musik, die ich als Teenager geliebt habe und als Musiker auch immer noch liebe
und eine, die mehr auf die aktuelle Progszene abgestimmt ist. Es gibt also
einen deutlich rockigeren Anspruch, als das was man gemeinhin mit Iona
verbindet - wenn man Iona überhaupt auf einen Typus beschränken möchte.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist
der Einsatz verschiedener Sänger. One difference is that you have many more singers – why was that
important for you?
Dave: Obwohl ich eigentlich gerne singe – und auch ein paar Background-vox
übernommen habe, habe ich keine besondere Stimme – aber ich wollte auch kein
Instrumentalalbum machen. Ich fand, dass Teiles des Albums eine männliche
Stimme brauchten, trotzdem wollte ich die Art weiblicher Stimme behalten, die
ich denke, zu meiner Musik am besten passen, eine die diese atmosphärische
Tiefe besitzt. Das ist einer dieser Sounds, die ich liebe, seit ich das erste
Mal 10CC’s “I’m Not in Love” Ende der 70er gehört
habe. Ich liebe die impressionistische Bewegung des späten 19. Jahrhunderts in
Kunst und Musik und die Art, wie sie geschafft haben, Gefühle und den Moment
einzufangen ohne zu spezifisch oder zu konkret zu werden. Da gab es immer
etwas, was über das Bestimmte, Dingbar zu machende hinaus ging, was dem Ganzen
etwas Mystisches gegeben hat. Das ist das Gefühl, das ich versuche, zu
erreichen, wenn ich mehrspurige Gesangs- und Synth-Sounds aufneme; ein Gefühl,
das nicht zu bestimmt ist und für das man am besten mit verschiedenen Stimmen
und Stimmfarben arbeitet. Für den weiblichen Hauptgesangspart wollte ich
Sängerinnen, deren Stimmen jeweils am besten zu den Melodien und Texten
passten. Und auch das war für mich eine Möglichkeit, mich vom Sound eines
Iona-Albums abzugrenzen.
Nun, soweit es die weiblichen Stimmen
betrifft, sind sie denen Joanne Hoggs ja nicht unähnlich. Zeigt das, dass Du
massiv beeinflusst bist von Jo oder dass du offensichtlich die perfekte Stimme
für Iona gefunden hast?
Dave: Natürlich liebe ich Jos Stimme. Sie ist einzigartig und absolut die Stimme
von Iona. Aber wenn Du z.B. hörst, wie sie ihre Stimme auf ihren Soloalben
einsetzt, dann ist das schon sehr anders als typischerweise bei Iona. Meine
ursprüngliche Idee war, auszuprobieren, ihre Stimme zu loopen und übereinander
zu legen. Wir haben das mal gemacht bei
‘Beyond These Shores’ und dem ‘Snowdonia’ Soundtrack 1993/94. Die Band Clannad war ein weiterer großer Einfluss für mich, auch was diesen
Mehrspurgesang angeht und es war für mich eine große Freude,
Moya Brennan’s Stimme auf dem 95er Iona Album
‘Journey into the Morn’ aufnehmen zu
dürfen, wo wir mit dieser Technik experimentiert
haben. Damals war das – gerade für den Gesang – noch keine sehr typische Art zu
arbeiten. Aber es mag schon sein, dass eine bestimmte Stimmenart besonders mag.
Ich liebe das besondere Etwas darin, an dem man hört, dass sie von einem
bestimmten Ort kommen, wie Irland, Schottland, England oder Wales. Und ich mag
Sänger, die authentisch sind, und das ist wohl das wichtigste Kriterium auf dem
Album.
Wie bist Du an Damian Wilson gekommen?
Dave: Ich wollte einen Sänger mit einer Rockstimme, der auch etwas schwierige
Passagen mit Gefühl singen kann. Ich kenne Damian seit Jahren, habe ihn aber
nie singen hören, bis ich an diesem Album gearbeitet habe. Mein Freund Peter
Gee (Pendragon) hat mir sein Soloalbum „Paris“ geschickt, gerade als ich nach
einem Sänger suchte, und Damian hat da eine Gastrolle. Ich war umgeblasen und
wusste, dass er der perfekte Mann für ‘Celestial Fire’ ist. Es war
großartig, mit ihm zu arbeiten, weil er wirklich alles gibt. Ich hoffe, ich
kann noch mehr mit ihm arbeiten.
Mit den verschiedenen Sängern erscheint es
ein bisschen wie ein Konzeptalbum – ist es aber nicht, oder?
Dave: Nicht in dem Sinn, dass es eine bestimmte Geschichte erzählt, aber es gibt
eine paar übergreifende Themen – Hoffnung, Liebe, das Übliche. Jeder Song
erzählt seine eigene Geschichte. Ich glaube, dass wir alle Teil eines Größeren
Ganzen sind, dass wir mit den Augen gar nicht sehen können. Musik ermöglicht es
uns, dieses „Ganze“, dieses „Andere“, das wir meistens viel zu beschäftigt
sind, zu erkennen zu erleben und uns darüber zu verbinden.
Wie lange hast Du an dem Album gearbeitet?
Dave: Ungefähr eineinhalb Jahre, aber nicht die ganze Zeit. Manche Sachen hatte
ich auch schon früher als Demo aufgenommen, das Älteste war von 2007.
Das Album bringt das Beste von Iona zurück,
den Aufbau, diesen Wechsel aus leisen und lauten Parts, die ausschweifenden
Instrumentalpassagen, den Bombast. Ich erinnere mich daran, genau davon so
geflasht zu sein, als ich zum ersten Mal “Journey Into The Morn” gehört habe – oder
auch “Heaven`s Bright Sun” und “Woven Chord”. Aber ich finde, dass ihr später davon
ein wenig abgerückt seid, oder?
Dave: Danke! Ja, Du könntest Recht haben. Obwohl Songs wie ‘Song of Ascents’ (“Open Sky”) und ‘Wind, Water and Fire’ (“The Circling Hour”) meiner Meinung nach diese
Elemente noch haben. Aber man muss in jeder Band Kompromisse machen. Wir hatten
ein paar Line Up Wechsel, die solche Änderungen sicherlich begünstigt haben. Aber
mit meinen Soloalben kann ich genau das wieder mit reinbringen, was mich in der
Musik am meisten begeistert und berührt, während das vielleicht nicht immer das
wäre, was die Band wollen würde.
Du bist also die „progressive Kraft” hinter Iona?
Dave: Jetzt würde ich definitiv JA sagen! David Fitzgerald und ich teilen dieselben musikalischen Einflüsse – vom
Progressivrock über Folk bis zur Klassik, all das, was uns dazu gebracht hat, Iona
zu gründen. Das kann man am meisten wohl am zweiten Iona-Album „Book of Kells“ hören. Joanne kam aus der Singer/Songwriter-Tradition,
aber trotzdem hat sie wohl stark dazu beigetragen, Iona das Charakteristische
zu geben.
Nachdem David die Band verlassen hat und
Troy 1995 fest zu uns gekommen ist, dachte ich, ich hätte wieder eine verwandte
Seele (musikalisch, meine ich) in der Band. Uns verbindet eine einzigartige
Chemie und wir haben auch sehr ähnliche soziale Hintergründe. Wir beide stammen
aus einer Kleinstadt-Arbeiterfamilie in Nordengland, das findet man nicht so
oft, wenn man so eng zusammenarbeitet, aber man kann es hören in den Aufnahmen,
die wir zusammen gemacht haben. Als Troy uns 2009 wieder verlassen hat, hat
sich auch der Schwerpunkt in der Band verändert. Wie du schon sagst, ich bin
die einzige progressive Kraft. Andererseits habe ich jetzt Frank (van Essen -
drums / violin), mit dem ich gut zusammenarbeiten kann. Dadurch können wir z.B.
das improvisierte Keyboard-Violin-Zusammenspiel mit reinbringen, das wir mit
Troy vielleicht nicht so stark entwickelt hätten.
Ich kenne ehrlich gesagt Dein erstes
Soloalbum nicht – kannst Du das mit dem neuen vergleichen?
Dave: “Veil of Gossamer” hat schon viele Elemente, die es auch auf “Celestial Fire”
gibt – lange, sich entwickelnde Kompositionen, mehrspurigen, weiblichen Gesang und verschiedene Sänger, etc. aber es hat
vielleicht eine größeres Gewicht auf Atmosphäre und weniger Bombast. Es gibt
auch ein paar kürzere Akustiksongs. Aber ich bin sehr glücklich mit beiden
Alben.
Das letzte Iona Studioalbum ist schon eine
Weile her – das Doppelalbum “Another Realm“ 2011. Gibt es Pläne?
Dave: 2012 war ein sehr geschäftiges Jahr für uns mit 52 Gigs, inklusive 2
Wochen in den USA. 2014 kam das Livealbum „Edge of the World“ und wir sind 2013
noch getourt, aber danach kündigte Joanne an, dass sie gerne etwas weniger
machen würde, besonders die Tourneen. Wir haben das versucht zu
berücksichtigen, aber letzten Endes ist damit die Zukunft von Ioan sehr
ungewiss. Ohne die Konzerte, bei denen uns die Leute sehen können und wir CDs
verkaufen können, sind die Möglichkeiten sehr eingeschränkt. Wir haben gar
nicht die Rücklagen, um derzeit ein neues Album aufzunehmen. Im Mai haben wir
noch einmal 5 Konzerte in Deutschland, auf die ich mich sehr freue, aber
ansonsten gibt es noch gar keine weiteren Pläne für die Band.
Also versuche ich, meine Solokonzerte
voranzutreiben, manche mit der jungen Sängerin Sally Minnear und in England
gibt es auch schon konkrete Pläne für eine Tour mit “Celestial Fire“ im September / Oktober. Da wird es Iona Songs
im Set geben, besonders ein paar von den Longtracks, die wir selten oder noch
nie gespielt haben mit Iona.
Die CD Verkäufe sind ja ohnehin stark
zurückgegangen, inwieweit hat das Deine Einstellungen beeinflusst, neue CDs
aufzunehmen?
Dave: Als kreativer Künstler versuche ich immer, neue Musik zu machen, das ist
weniger ein Job als ein Bedürfnis! Gott hat mir die Fähigkeit gegeben, kreativ
sein zu können und ich liebe das. Die Musikindustrie hat sich natürlich
verändert und es ist sehr viel schwerer geworden, damit einen Lebensunterhalt
zu verdienen. Aber es gibt auch neue
Möglichkeiten. “Celestial Fire” war zum großen Teil durch Crowdfunding auf Indiegogo finanziert und es war
unglaublich, die Unterstützung der Fans zu erleben. Also auch wenn “Celestial Fire” nicht annähernd die Zahlen
von Iona erreicht, bin ich schon ganz zufrieden damit, wie es läuft. Die Hälfte
der Zahlen kam durch direkte Downloads von der Iona-Webseite, die ersten 2000
CDs sind fast ausverkauft und ich plane gerade die nächste Pressung. Wir
bekommen fantastische Reviews und bekommen Bestellungen aus de USA und Japan.
Man muss versuchen, so viel Aufmerksamkeit zu erreichen, wie möglich. Und wenn
die Leute hören, dass es ein gutes Album ist, kann man auch heute noch ein
Album verkaufen. Es gibt immer noch viele Leute, die eine physische CD
bevorzugen und das Cover und das Booklet in der Hand halten wollen. Ich habe
schon wieder ein neues Projekt am Start – ein Solo-Piano-Album, dass ich
hoffentlich noch Ende diesen Jahres veröffentlichen werde, also mache ich
einfach weiter, was ich am besten kann und hoffe, dass es Leute gibt, die ich
damit erreiche.