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Dream Theater

Interview  2003

Länger, größer, bombatischer – die Serie, die die New Yorker mit ihren letzten Alben hingelegt hatten, war kaum noch weiter zu steigern. Warum also nicht einfach mal den anderen Weg gehen, und ein komplett anderes Album machen? Also geben sich die Fünf zum Jahresabschluss 2003 ungewohnt heavy und straight, allerdings nicht ohne auf die zuweilen unglaublich genialen, komplexen Songstrukturen zu verzichten. Ausnahmeschlagzeuger Mike Portnoy im Gespräch mit Zeitpunkt-Redakteur Ralf Koch.

 

Metallica haben in diesem Jahr einen ähnlich überraschend konsequent Schritt zurück zu ihrer harten Seite vorgelegt - ist "Train of Thought" Euer "St. Anger"?

Nein, ich glaube, das bläst „St. Anger“ noch weg! Oder: eigentlich würde ich sagen, das Album ist so, wie ich erwartet habe, dass Metallica´s "St. Anger" klingen würde. Sie hatten gute Absichten, aber die Produktion ist schauerlich und die Songs sind einfach nicht gut! Und wir hatten die selbe Intention, aber wir haben genug Zeit in die Kompositionen und die Produktion gesteckt.

 

Was war denn Eure Intention?

Wir haben fest gestellt, dass die stärksten Songs unseres Live-Sets immer die energetischeren, härteren Songs waren - Pull me under, The Mirror, The Glass Prison - und dass diese Songs auch für uns immer die aufregendsten waren, also haben wir uns entschieden, mal ein Album aufzunehmen, das nur diese Seite repräsentiert.

 

Live war Euer Set ja sowieso schon immer dynamischer, wird jetzt die ruhigere, melodischere Studio-Seite von Euch noch mehr in den Hintergrund geraten?

Wir wollten einfach mal ein komplettes Album in der Art machen. Wir haben die andere Seite lange genug ausprobiert. Wir wollen ja nicht immer das selbe Album machen. Und dass dieses Album so geworden ist, heißt nicht, dass das jetzt die neue Dream Theater-Richtung ist, mal sehen, vielleicht wird´s auf dem nächsten Album nur Balladen geben (lacht). Wir nehmen die Dinge, wie sie kommen.

 

Das hat also auch nichts damit zu tun, dass Ihr Eure melodische Seite statt dessen in den zahlreichen Seitenprojekten ausleben könnt?

Nein, die Seitenprojekte haben nichts damit zu tun, wie ein Dream Theater Album wird - wir kommen zusammen und fangen an, zu arbeiten.

 

Zu den Songs: Mit "Vacant" gibt es sogar einen Song, an dem mal weder Du noch John (Petrucci, Gitarre), die beiden hauptsächlichen Songwriter der Band, beteiligt wart. Gab es auch lange nicht, oder?

Nein, seit "Images and Words" nicht, das stimmt. An einem Tag kamen wir ins Studio und John (Myung) und Jordan spielten dieses Stück, und es gab nichts mehr daran zu ändern, so what?

 

Die Plattenfirma nennt den Opener des Albums, "As I am" die Single - aber es wird keine kommerzielle Auskopplung geben, oder?

Nein, in der Vergangenheit hat es nicht viel gebracht, Dream Theater sind eine "Album-Band", also kann man sich diese Ausgaben sparen (lacht).

 

"Stream of Consciousness" könnte in seiner Art und Länge auch ein ´Liquid Tension Experiment´ (DT-Side-Projekt) -Stück sein.

Ich glaube, jedes Dream Theater Instrumental hätte ein L.T.E.-Song sein können, aber es stimmt schon, dieses ist etwas anders als unsere sonstigen Instrumentaltitel. "Dance of Eternity" oder "Ytse-Jam" waren immer sehr abgedreht, überdreht, aber "Stream" ist konzeptioneller, strukturierter, ein bisschen wie die Overture von "Scenes from a Memory".

 

Obwohl es durchaus sehr experimentelle Parts gibt...

Ja, jedes Stück hat ein bisschen von allem, aber ich würde es am ehesten mit "Hell´s Kitchen" vergleichen.

 

"Stream" ist auch der in technischer Sicht progressivste Song des Albums, oder?

Ja, es ist vielleicht der Song, der am meisten Keyboards mit drin hat, aber auch "In the Name of God" ist sehr komplex, oder auch "This Dying Soul", auch wenn es ein durchweg harter Song ist, hat sehr viele verschiedenen Themen.

 

Hast Du einen Lieblingssong?

Nicht wirklich. "This Dying Soul" vielleicht, musikalisch eine Fortsetzung von "The Glass Prison" vom letzten Album. Der Text, genauso wie "Honor Thy Father" ist von mir, und sie sind beide sehr persönlich.

 

Das Schwarzweiß-Cover und die neu gestaltete Website sind auch ganz im Stil der neuen Songs...

Ja, die Art, wie ein Album klingt wird immer reflektiert auf dem Cover.

"Six Degrees" war sehr experimentell und abstrakt, "Scenes from a  Memory" war ein Konzeptalbum, also gab es da ein Cover wie ein Programmheft, die neue Platte ist eben etwas dunkler, also fand ich, sollte auch das schon von außen sichtbar sein.

 

Ihr betreibt eine sehr strikte Veröffentlichungspolitik, kein Ton vor dem offiziellen VÖ-Termin.

Vorabpromotion ist uns relativ egal. Unsere Fans wissen wann die neue Platte kommt, und offensichtlich sind es ja die Journalisten, die die CDs ins Internet stellen. Und dann ist die Überraschung dahin - und das ist es, worauf es uns am meisten ankommt. Bei "Scenes from a Memory" haben wir es genau so gemacht, nicht einmal der Titel war vorab bekannt, oder die Tatsache, dass es ein Konzeptalbum war.

Nach der Veröffentlichung haben wir´s eh nicht mehr in der Hand, aber wir wollen den echten Fans die Chance gaben, unvoreingenommen an das neue Album gehen zu können. Alles andere ist mir egal.

 

Egal?

Ich sitze nicht hier, um Geld zu verdienen. Ich möchte den Leuten ein Album geben, das sie hören und genießen können. Ich denke, George Lucas hätte auch hauptsächlich etwas dagegen, wenn sein jemand seinen neuen Star Wars Film kennen würde, bevor er ihn veröffentlicht haben will, niemand will das Ende eines Buches lesen, bevor er den Rest kennt. Und so denke ich über unsere Musik. Ich bin nicht her, um uns zu verkaufen. Wenn ich das alles des Geldes wegen machen würde, würden wir wohl kaum 10-15 Minuten lange Songs schreiben, sondern 4-5 Minuten Bon Jovi Songs. Die könnten wir wahrscheinlich im Schlaf schreiben, aber das ist nicht unsere Intention.

 

Wie lange wart Ihr im Studio?

Wir sind im März angefangen und im September fertig geworden, und zwischendurch sind wir mit Queensryche und Fates Warning auf Tour gegangen. Das war eine nette Unterbrechung. Da wir uns nicht unter Zeitdruck gesetzt haben, und weil wir seit 10 Jahren über eine gemeinsame Tour gesprochen haben, dachten wir, es wäre eine gute Gelegenheit, eine Pause zu machen, ein paar Texte zu schreiben. Und es hat echt Spaß gemacht.

 

Daneben gab´s noch Dein O.S.I.-Projekt und Deine Kollaboration mit Neal Morse - gibt es noch andere Projekte?

Ich habe ein Led Zeppelin Tribute-Projekt gemacht mit Daniel Gildenlöw und Paul Gilbert, aber jetzt gilt mein Fokus wieder Dream Theater und es ist nichts geplant - aber ehrlich gesagt, waren auch die anderen Projekte nie geplant. Neal fragte mich, ob ich auf seinem Soloalbum spielen wollte, und ich fühlte mich sehr geehrt - er ist einer der besten Songwriter der Welt, und ich habe es bedauert, dass es Transatlantic nicht mehr gab. Und nach den Aufnahmen dafür fragte ich ihn, ob er bei dem Beatles-Tribute-Abend teilnehmen wollte, für den man mich gefragt hatte, ob ich dazu etwas machen könnte. Für O.S.I. war es auch so, dass Jim Mattheos mich gefragt hat, ob ich mitmachen wollte, und die Beatles- und Led Zeppelin-Tribut-Shows waren ja sozusagen auch Auftragsarbeiten. Jedes dieser Projekte habe ich gemacht, weil ich die Leute, die damit zu tun hatten, geschätzt habe, und ich fürchte, genau so könnte ich auch in Zukunft jeder Zeit wieder in ein neues Projekt rutschen...