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Der erste Tag von Douglas Ott, dem Gitarristen von ENCHANT
bedeutete von 10:00 – 20:30 Uhr Interviews im Halbstundentakt – Interesse für
die Band aus der Bay-Area scheint also durchaus vorhanden zu sein. Keine Frage,
dass auch wir interessiert waren. Im letzten Jahr gab es Tourneen mit DREAM
THEATER und THRESHOLD, in diesem Jahr haken die Jungs zwei weitere ganz großen
Namen im gemeinsamen Tourkalender ab. Erst die Nachbarn und Labelkollegen
SPOCK`S BEARD, mit denen man auch ein paar Gigs in Amerika organisieren konnte,
und im Anschluß geht´s gleich weiter. Ich wollte zunächst wissen, wie kam es zum
Support für MARILLION?
Doug: Wir sind
seit Jahren mit Steve Rothery befreundet, und zufällig fanden wir bei
Gesprächen heraus, dass wir gleichzeitig hier auf Tour sind. Da haben wir das
gleich klargemacht.
SRM: Was ist der
Unterschied zwischen den beiden Tourneen für euch?
Doug: Die
Besucherzahlen. Außerdem weiß ich nicht genau, was ich von den SPOCK`S
BEARD-Fans erwarten soll. MARILLION-Fans kennen uns – über die Kontakte mit
Steve und durch Interviews in diversen Magazinen, Erwähnung auf CDs und im
Internet. Von diesen Konzerten glaube ich also, dass sie ziemlich gut werden.
SRM: Die Konzerte mit
SPOCK`S BEARD nicht?
Doug: Ich weiß es
nicht, weil ich das Publikum nicht kenne. Aber ich habe keine Angst oder so
etwas. Wir denken, unsere Musik und unsere Show ist gut, und meine Meinung ist,
dass, wenn du jemanden in einen Raum stellst, und ihn uns 1 ½ Stunden zuhören
läßt, wird er rausgehen und uns mögen.
SRM: Also, welche
Tour ist wichtiger?
Doug: Keine Tour
ist jemals wichtiger als eine irgendeine andere. Es spielt keine Rolle, ob ich
für eine Person spiele oder für 1000, ich sehe den Job so: wenn diese eine
Person Geld ausgegeben hat, um mich zu sehen, gebe ich mein bestes, damit er
die Show sehen kann, die er erwartet und verdient.
SRM: Laß uns zum
neuen Album kommen. Was hat sich geändert?
Doug: Ich glaube,
wir sind etwas straighter geworden, haben ein paar Spielereien ausgelassen. Der
Gesang steht jetzt gleichberechtigter im Song, anstatt nur ein Teil zu sein,
der ab und zu mal die Instrumentalparts unterbricht. Wir haben auch neue
Einflüsse mit hinzugenommen, die wir sonst außen vorgelassen haben. Viele
Sachen, die man sonst nicht mit Prog oder Metal verbinden würde. Ich meine,
wenn die Leute von Prog reden, meinen sie Genesis, Marillion, Yes, etc. Diese
Bands waren auch für uns jahrelang Einfluß, aber mittlerweile hören wir eben
auch andere neue Bands wie JELLYFISH, FOO FIGHTERS oder STONE TEMPLE PILOTS.
Als wir dann zusammenkamen für das neue Album, machten sich auch solche Töne
bemerkbar. Erst wollten wir das außen vor lassen, aber dann haben wir gedacht,
was soll’s. Mal sehen was passiert.
SRM: Also eine
Entwicklung weg vom Prog?
Doug: Vielleicht,
aber eigentlich will ich nichts wegnehmen, oder von unseren Wurzeln entfernen.
Es ist auch nicht unbedingt das Herausnehmen bestimmter Elemente vom
Prog, sondern viel mehr die Hinzunahme anderer Sachen zum Prog.
SRM: Welches ist Dein
Lieblingsstück vom neuen Album?
Doug: „My Enemy“.
Es klingt seltsam, denn obwohl es so viele neuere Dinge auf dem Album gibt, ist
das das Stück, das mich an unsere früheren Tage erinnert.
SRM: Das mußt du jetzt genauer erklären...
Doug: Paul
(Craddick, dr) und ich haben ca. 90% des Albums geschrieben – also sind wir
auch für die neuen Elemente verantwortlich. Benignus, unser Keyboarder kam nur
selten dazu, und eines Tages hatte er diesen Song dabei. Ich liebte es sofort.
Es hatte keine neuen Einflüsse, es war voll unser alter Stil.
Als das passierte, verloren wir gerade unseren Bassisten, Ed
Platt, wir sind mit dem Studio umgezogen und viele unserer Wurzeln schienen
gezogen zu werden und es war viel Bewegung innerhalb der Band. Die Trennung von
Ed war ziemlich häßlich und wir fühlten uns nicht besonders gut. Und in diesem
Moment kam Benignus mit diesem Song und ich wurde an alles erinnert, was ich an
ENCHANT so geliebt hatte – nicht nur stilistisch, sondern auch welche Ideale
wir hatten, wie optimistisch wir waren.
SRM: Vielleicht hätte Benignus öfter auftauchen sollen...
Doug: Ja, das
haben wir auch schon gesagt, und beim nächsten Mal wird das auch so sein.
SRM: Wovon handeln
Eure Texte?
Doug: Persönliche
Erfahrungen. „Break“ hat z.B. direkt mit unserer Trennung von Ed zu tun, mit
dem was wir dazu gefühlt haben.
Für mich ist das Schreiben von Texten sehr therapeutisch,
denn wenn mich etwas beschäftigt, wenn etwas an mir nagt sozusagen, dann ist
das der weg, es sehr intensiv zu betrachten. Ich schreibe den Song um das
Gefühl und um mich selbst zu analysieren. Und ich glaube, viele unserer Songs
sind über Selbstanalyse, herauszufinden, wie wir denken, was uns antreibt. Und
da sind wir eigentlich alle gleich. Wir schreiben über unsere Ängste, unsere
Sorgen, unsere Freuden usw.
SRM: Klingt wie eine
gute Möglichkeit zur Therapie.
Doug: Ist es.
Wirklich. Z.B. der Song „Foundation“ vom „Time Lost“-Album Den hatte ich
geschrieben, weil ich befürchtet hatte, dass die Band vor der Auflösung stehen
würde. Ich wußte nicht, was passieren würde damals. Ich wußte nur, dass ich
nicht aufhören wollte, und da habe ich den Song geschrieben, um zu sagen, wie
sehr ich mit der Band verbunden bin, dass ich diese Schwierigkeiten überstehen
würde. Und als ich den Song fertig hatte, merkte ich, dass es mir viel besser ging.
Es war wirklich Therapie.
Zusatzinfos: 1. Für
„Break“ wurden 14 Titel fertiggestellt, 11 landeten auf der CD (Erstauflage
inkl. Bonus-Track), einer auf dem Solo-Album von Paul Craddick (dr.). Was mit
den anderen beiden passiert, ist noch ungewiß.
2. Doug und Ted Leonard (voc) spielen nebenbei in einer
Coverband, die in der Bay-Area aktiv ist. Namen habe ich vergessen zu fragen
(wird nachgeholt!), aber es ist ja eine sehr reizvolle Idee, andere Songs von
Ted gesungen zu hören. Leider gibt´s (noch?) keine Aufnahmen davon, denn „das
wäre uns zu teuer. Wir wollen erst einmal Geld mit der Band verdienen, bevor
wir was ausgeben“. Also Leute: Rein in den Flieger uns ab nach San Francisco!