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Nachdem schon zwei
Generationen Schulen verbrannt, Polizisten verdammt und die Sterne gegrüßt
haben sagen die Hagener Spaßpunker „Amen“ und bereiten ihre Abschiedstournee
vor. Es ist Donnerstag, 15:00, ich werde geladen ins Parkhotel im Bürgerpark,
Bremen – eine der Nummer-1-Adressen in der Stadt. Der riesengroße Prunkbau
erhebt sich majestätisch aus einem Meer von Blumen, der grünen Wiese darum und
dem langen See davor. Die Sonne durchflutet den edlen Kuppelsaal, in dem mich
auf einem der stilvollen schwarzen Ledersofas Kai Havaii erwartet, fast seit
der ersten Stunde Sänger und Frontmann von Extrabreit.
Frage: Ihr
machtet früher immer den Eindruck der „munteren Drauflos-Musiker“ – nun seit
ihr seit 20 Jahren zusammen – widerspricht sich das?
Kai Havaii: Ein
bißchen vielleicht. Aber es ist auch viel passiert in den 20 Jahren. Heute ist
das natürlich eine ganz andere Sache, als damals. Wir waren alle Autodidakten,
keiner hatte vorher in irgendeiner Band gespielt oder konnte viel mehr als drei
Akkorde. Die neue Platte steht im krassen Gegensatz dazu – da haben wir die
Stücke im Studio entwickelt, mit Groove versetzt und zusammengesetzt, also mit
viel mehr System und Technik.
Frage: Gerade das
neue Album geht ja viel differenziertere Wege. Versucht Ihr einer „Einordnung“
zu entkommen?
Kai: Sie ist
atmosphärischer, introvertierter und nachdenklicher als viele Sachen vorher,
also keine echte Partyplatte, von denen wir ja auch schon einige gemacht haben.
Aber wir haben uns ja schon öfter zwischen alle Stühle gesetzt. Wir wollten uns
die Freiheit nehmen, ein bißchen auszuprobieren, und so ist die neue Platte
vielleicht eher „Pop“ als Deutschpunk.
Frage: Musikalisch
vielleicht, aber textlich habt Ihr es auch dieses Mal nicht gerade auf
Radioeinsätze angelegt, oder?
Kai: Es ist von
Anfang an immer so gewesen, daß wir textmäßig immer genau das gemacht haben,
was wir uns vorgestellt haben – ohne Rücksicht auf irgendwelche Ausdrücke, an
denen sich jemand stören könnte. Schon auf dem Debüt hatten wir „Annemarie“,
vor dem uns unsere Plattenfirma gewarnt hatte, wir würden uns damit selber aus
dem Radio katapultieren. Ein paar andere Stücke sind dann mal gespielt worden,
aber die großen Air-Plays hatten wir nie, und trotzdem, oder gerade deswegen
haben wir vom Debüt 500.000 verkauft.
Frage: Damals
500.000, bei welchen Stückzahlen steht ihr heute?
Kai: Eine Null
weniger. Aber wir konnten damit und davon leben.
Frage: Trotzdem
habt Ihr euch entschieden, das Kapitel Extrabreit zu beenden!
Kai: Das hängt
ein bißchen damit zusammen, was du vorhin gesagt hast – der „Einordnung“
entfliehen. Natürlich wollten wir das immer, haben es aber nie geschafft. Wir
waren immer nur die „NDW“-Band, und damit war es uns unmöglich, uns zu bewegen
und etwas zu bewegen, weil uns immer nur dieses Etikett auf der Stirn klebt.
Und wir sind uns dann doch ein bißchen zu schade, auf Dauer unsere eigene
Oldie-Band zu werden.
Frage: Plant Ihr
also getrennte Wege zu gehen, und Eure musikalische Ideen in anderen Projekten
zu verwirklichen?
Kai: Es gibt ein
Leben nach Extrabreit, und ich möchte auch noch weiter musikalisch in
Erscheinung treten, aber es ist noch nichts konkretes geplant.
Frage: Es gab
aber auch schon früher längere Unterbrechungen, nach denen ihr Euch
„wiedergefunden“ habt – besteht diese Chance nicht auch dieses Mal?
Kai: Es kommt
immer darauf an, mit was Du abgeschlossen hast. Wir haben jetzt 20 Jahre voll,
haben 10 reguläre Alben gemacht – das sind runde Zahlen, und wir haben uns
gesagt, beenden wir es lieber jetzt, wo wir uns toll verstehen; eine
ausführliche Tournee machen, die allen Spaß machen soll und dann im September
in Hagen, also da wo alles begann, uns ganz groß verabschieden.
Frage: Eine
Tournee, die allen Spaß machen soll – zollt ihr also Eurem „Etikett“ Tribut?
Kai: Natürlich
spielen wir auch alte Hits. Das können die Leute ja auch erwarten. Natürlich
spielen wir auch „Polizisten“ und „Flieger“, aber eben auch nicht nur. Wir
wollen schon auch noch zeigen, was wir in den Jahren danach gemacht haben.