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Steve Lukather: Von
nun an ohne TOTO!
Man kennt ihn auch
als Mr. Toto: 32 Jahre lang war er in einer der erfolgreichsten Bands der Welt,
beendete im April mit ihnen gerade wieder eine mehr als zweijährige Welttournee
– und hängt gleich danach eine Solotour gleichen zeitlichen Ausmaßes dran. Hat
der Mann überhaupt noch ein Zuhause? Wovor rennt er weg? Dass es in Wahrheit
ganz andere Dinge sind, die den 50jährigen Sänger, Gitarristen und Produzenten
aufs Neue antreiben, verriet Steve Lukather im
Interview – vor einem fantastischen Konzert seines ersten Abstechers nach
Deutschland im Juli.
Die Tour ist länger
als alle Deiner Solo-Tourneen jemals!
Das stimmt, solo war ich noch nie so lange am Stück unterwegs; wir werden für ca. zwei Jahre unterwegs sein! Aber jetzt hab ich die Zeit.
Das heißt für Toto erstmal eine längere Pause?
Nein, das heißt für mich gibt es kein Toto mehr: Ich habe Toto verlassen! Es war einfach nicht mehr dieselbe Band. Ohne Paich und ohne die Porcaros war ich der einzige, der wirklich vom ersten Ton dabei war. Und nach 26 Monaten auf Tournee, nach 32 Jahren Toto hatte ich keine Lust mehr, „Africa“ und „Rosanna“ weiter zu spielen – mit Leuten, die nicht dazu gehören. Es fing an, als Jeff Porcaro starb. Mein Herz hängt jetzt an anderen Dingen: Ich möchte sehen, wie weit ich als Solokünstler kommen kann.
Das ist ein großer
Schritt!
Ja, aber ich fühle mich gut damit. Ich meine, ich hab das noch nicht an die große Glocke gehängt, aber ich will mich jetzt auf meine Solokarriere konzentrieren. Ich mache die Musik, die ich machen möchte, arbeite, wann ich es will und mit wem ich will. Vielleicht hat das damit zu tun, dass ich fünfzig geworden bin, dass ich mir überlegt habe, was ich mit meinem Leben noch machen möchte. Ich möchte keine Hure sein, die Hits spielt, um andere Menschen glücklich zu machen. Ich bin ein Musiker, ein Künstler.
Die aktuelle Tour
heißt „No Jazz“-Tour, das klingt zumindest nach bewährten Sounds!
Das stimmt, ich plane, die ganzen Rock-Sachen meiner Soloalben zu spielen, dazu wird es durchaus ein paar Totosongs geben, aber eben nicht die Klassiker, sondern eher die anderen interessanten Stücke, die ich geschrieben, gesungen und gespielt habe. Auch Sachen, die ich für andere Künstler geschrieben habe, es wird also schön abwechslungsreich. Ich möchte die Leute überraschen nach dem Motto „ich kann nicht glauben, dass er das gespielt hat“… (lacht). Du weißt, was ich meine.
Du hast acht
Soloalben veröffentlicht…
Gut dass Du das sagst, ich hätte es jetzt nicht so schnell beantworten können. Ich habe auf so unendlich vielen Alben gespielt…
Das letzte war mit EL
Groupo…
Das war richtig Spaß, das war eigentlich nur eine Jam-Band und auch das Album war kein ernstzunehmendes Album. Aber wir hatten sehr viel Spaß!
Und wenn Du Deine
neue Tour die „No Jazz“-Tour nennst, bezieht sich das ja wohl in erster Linie
auf die letzte Tour mit El Groupo, oder?
Ja, das stimmt. Ich meine, es gab wirklich begeisterte Stimme, aber es gab da wohl durchaus den einen oder anderen, der mehr Songs erwartet hätte, als irgendwelche spontanen 20-Minütigen Jams mit großartigen Musikern auf der Bühne. Also wollte ich schon im Namen klarstellen, dass ich auf dieser Tour solche Spielereien nicht vorhabe. Diese Tour wird eine Rock’n’Roll-Direkt-ins-Gesicht-Tour – was aber bestimmt nicht weniger Spaß wird.
Wer ist in der Band?
Wir haben eine ganz verrückt junge, coole Band, fantastische Musiker, neue Leute, das werden sehr inspirierende zwei Jahre. Die Leute, mit denen ich das Album aufgenommen habe, stehen ja alle mit anderen Leuten auf der Bühne – Paul McCartney, etc.
Was ist jetzt mit
Toto?
Nicht wirklich, nein, sie machen alle ihre eigenen Sachen. Simon hat eine Jazz-Fusion Band und arbeitet an einem neuen Album, Bobby glaube ich, auch, aber ich weiß es auch nicht. Ich wünsche ihnen allen das Beste, aber es geht mich momentan auch nichts an.
Die Website sagt, es
ist Dein bestes
Nun, das sagt sich natürlich immer leicht über ein aktuelles Album, aber Tatsache ist, dass es mein erstes Rock-Album mit Gesang seit zehn Jahren ist, und wir hatten tolle Leute bei den Aufnahmen, mein Sohn hat ein paar Songs mit mir geschrieben, wir hatten fantastische Aufnahmesessions, es passte wirklich vieles zusammen. Wir haben es einfach fließen lassen, ich habe nicht versucht, irgendwelche Hitsingles zu schreiben, sondern einfach versucht, ein künstlerisches Album zu machen, und ich glaube, das ist mir gelungen.
Ein Statement von Dir
war, dass Dein Solomaterial komplett anders ist, als Toto – passt das auf das
neue Album?
Natürlich gibt es auch viele Parallelen – ich bin der Autor, der Sänger, der Produzent von so vielen Toto-Songs, das kann man nicht einfach ablegen. Aber dieses Album ist wirklich entspannt, ich habe mich getraut, zu experimentieren – ich würde sagen, dieses Album reflektiert, wo ich als Musiker stehe.
Es reflektiert im
Prinzip auch alles, was Du in den letzten 30 Jahren als Musiker gemacht hast,
oder?
Hmm. Es definiert mich als Musiker, der ich bin. Ich habe nie versucht, das Rad neu zu erfinden, sondern habe Musik gemacht, die ich gut finden würde und von der ich gehofft habe, dass es auch ein paar andere gibt, die das mögen. Ja, man kann durchaus ein paar Einflüsse hören, denke ich.
Ein paar Deiner neuen
Songs haben auch wieder dieses typische Westcoast-Feeling…
Hey, da komme ich her, ist es da überraschend? Aber was ist Westcoast? Interessante Chordfolgen und Breaks in einer eingängigen Melodie, gespielt von Musikern, die spielen können, anstatt wie Popsternchen auf der Bühne herumzuhampeln? Ein Sommer-Sound, der nur in Kalifornien entstehen kann?
Nun, Westcoast wird
man im Prinzip auf Ewigkeit mit Toto in Verbindung bringen - gleichzeitig waren
Eure letzten Alben eher Rock-Alben, als dass man sie dem Westcoast-Sound
zuordnen könnte, oder?
Wir haben nie versucht, irgendeinen bestimmten Sound zu machen. Das letzte Album ist als Band entstanden, und wir saßen zusammen in einem Raum, haben gespielt und an einem Tag entstand eine Ballade, an einem anderen ein Rocksong.
Als wir uns zuletzt
getroffen haben, warst Du sehr enthusiastisch über das letzte Album.
Ja, ich denke auch immer noch, es war ein tolles Album, das man so als letztes Album stehen lassen kann. Es ist auch gut angekommen, die Tour war gut besucht – und ich bin auch froh, dass wir das noch gemacht haben, denn die beiden Alben davor waren nicht so prall. Aber mit der Tour kamen die Probleme. Mike Porcaro schied während der Tour aus (Verletzung an der linken Hand; Anm.) und er ist auch immer noch nicht wieder fit, wir haben unseren Manager gefeuert, und auch damit war ich nicht so richtig glücklich, die Luft war eigentlich schon nach der Hälfte raus, aber ich wollte die Jungs ja auch nicht hängen lassen, also habe ich noch bis zum Ende durchgehalten.
„Tambu“ gehörte ja immer
zu Deinen Lieblingsalben von Toto
Wir hatten sehr viel Spaß, es aufzunehmen und haben ein paar schöne Sachen ausprobiert darauf. Und es hatte gute Songs, ja.
Es war auch das
letzte vor der Rückkehr von Bobby Kimball – also das letzte mit Dir als alleiniger
Frontmann – was dann wieder die Parallele zu Deiner Solokarriere ist.
Ja, und ich spiele bestimmt auch was von dem Album live. Aber ich habe keine Lust mehr auf die 99s, Georgy Porgys, Rosannas, Pamelas, Hold The Lines – diese Sachen haben wir wirklich zu Tode gespielt, die spiele ich nie mehr!
Sage niemals nie!
Ok, sagen wir also nicht in der für mich absehbaren Zukunft, du hast Recht, niemals ist eine lange Zeit.
Diese Tour ist also
der Beginn des zweiten Teils Deines Lebens?
Ja, ich fange langsam an. Ich mache mir nicht vor, irgendwelche Arenen füllen zu können, aber das macht mir nichts. Ich werde hart dran arbeiten, aber ich spiele lieber in kleinen, aber vollen Häusern. Ich sehe das so: Ich habe 32 Jahre an einem Buch gearbeitet, jetzt starte ich mein neues.