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Ray Wilson
Nachdem er sich in den letzten Jahren vor allem als
Singer/Songwriter beliebt gemacht hatte, rief er 2006 auch die
Alternative-Rocker Stiltskin wieder ins Leben, mit denen er 1994 den Hit
"Inside" aufgenommen hatte – der Start für das "Big Business"
für den Schotten! Auf seiner aktuellen Live-CD präsentiert er seine Songs auch
dementsprechend rockig – und zeigt sich erneut gekonnt wandlungsfähig. Und er
bleibt abwechslungsreich: Nach seinem Akustik-Support für die Europa-Daten für
die ex-Cranberries-Sängerin Dolores O’Riordan Anfang Juni und noch vor den
nächsten Daten mit Stiltskin im Herbst spielt er auch weiter mit seiner
"alten" Band. Und hat von übertriebener Genesis-Huldigung erst einmal
die Schnauze voll. Ralf Koch im Gespräch mit dem sympathischen Schotten.
Wie war die Rückkehr
zum Rock mit Stiltskin für Dich?
Großartig, wir werden weiter machen. Mit dieser Variante
habe ich die Möglichkeit, eine weitere Facette von mir auszuleben. Ich toure so
viel, damit bleibt es für alle immer spannend. Und es gibt so viele Songs, die
in manchen Arrangements gar nicht gehen, also kann ich wunderbar beides
parallel machen. Die nächste Stiltskin Tour ist für nächsten Herbst geplant.
War das Publikum das
gleiche?
Mit Stiltskin war es vielleicht ein bisschen jünger, mehr
Frauen auch. Obwohl das generell auf mein Publikum zutrifft. Ich meine, anfangs
kamen viele meiner Fans aus dem Genesis-Lager, mittlerweile gibt es viel mehr
Leute, die auch meine anderen Seiten kennen. Ein Problem der letzten Tour war,
dass das Album noch zu neu war, deswegen macht es auch Sinn, damit noch weiter
zu touren. Es wird noch ein bisschen Zeit kosten, diese Sache weiter
auszubauen.
Du liebst es eh, die
Arrangements Deiner Songs zu ändern, oder? Ich meine, das neue Live-Album
enthält ein paar exzellente Beispiele, wie unterschiedlich Deine Songs klingen
können.
Ja, das habe ich schon immer gemacht. Es hängt es eben von
der Bandkonstellation ab. Wenn ich alleine spiele, werden die Sachen auf's
akustische reduziert, wenn ich mit Stiltskin spiele, gibt es eben die
Rock-Versionen der Songs.
Und dazu gibt’s noch
weiterhin die Band-Situation?
Die 'Ray Wilson & Band'-Shows stehen zwischen den
Akustikshows und den Rockshows und sind ein Querschnitt aus allen meinen
Stationen – das beinhaltet Akustiksongs, Cut-Songs, meine Solosachen, Stiltskin
ein bisschen Genesis. Durch diese Abwechslung bleibt es interessant für mich –
und für alle.
Du bist ja sehr viel
live unterwegs.
Eben. Das ist der einzige Weg, Geld zu verdienen. Die Realität
ist doch, dass man von CD oder DVD-Verkäufen nicht mehr leben kann – zumindest
auf dem Level, auf dem ich das mache. Ich bin so froh, dass die Live-Situation
so gut ist. Wenn die so schlecht wäre, wie die CD-Seite, könnte man als Musiker
kaum noch überleben. Das Gekd, das ich da verdiene, investiere ich in meine
Plattenfirma und in die Produktion neuer Alben etc. Das ist meine Arbeitsweise,
und die ist ehrlich. Ich habe keine EMI oder Virgin hinter mir, die 80% der
Einnahmen abzweigen und dann eines Tages entscheiden, Dich fallen zu lassen,
weil sie lieber eine jüngere, coolere Band supporten wollen. Das hatte ich, und
das brauch ich nicht mehr.
Das bringt mich zu
Deiner jüngsten Äußerung, dass Du es bedauerst, Sänger bei Genesis geworden zu
sein.
Ja, aus genau diesen Gründen. Es war der Horror, sie haben
mich am Ende wie Dreck behandelt.
Aber es hat Deinen
Namen bekannt gemacht!
Ja, es hat viel positive Werbung gebracht – aber auch
genauso viel schlechte. Ich meine, Genesis ist ein großer Name – aber sie sind
auch nicht besonders cool. Die Genesis-Sache hat mich ja völlig aus meiner Bahn
geworfen. Ich war musikalisch an einem bestimmten Punkt – und habe dann meinen
Kopf über mein Herz gestellt. Wenn man gefragt wird, ob man Sänger bei Genesis
werden will, ist es schwer, nein zu sagen. Man denkt, wow, das wird gut sein
für mein Profil und meine Zukunft, finanziell ist es auch nicht schlecht – das
waren meine Gründe. Die richtigen Gründe wären gewesen, meinem Herz zu folgen,
und das zu machen, woran ich gearbeitet habe. Ich musste eine Entscheidung
treffen – links oder rechts. Links gab es einen Klumpen Gold, rechts hätte es
Frieden und Glück gegeben (lacht). Man weiß nicht, was rechts sonst noch
gekommen wäre, und ich will mich auch nicht beklagen, die Arbeit mit Mike und
Tony war eine unglaubliche Erfahrung und die beiden sind auch nette Jungs. Aber
das Ende war grausam. Als sie entschieden, nicht weiter machen zu wollen, war
ich absolut verloren.
Trotzdem hättest Du
gerne als Support der aktuellen Genesis-Tour fungiert?
Meine Idee war, ein paar "Calling All Statons"
Songs zu spielen, die sie ja eh nicht spielen, daneben noch ein paar eigene
Songs, alles rein akustisch als Ergänzung zu ihrer großen Produktion. Das habe
ich nicht als Bedrohung für die angesehen, sondern einfach als netten Kontrast
für die Genesis-Fans. Aber sie waren nicht meiner Meinung.
Sehr schade. Wirst Du
Dir eine der Shows ansehen?
Nein, das wäre mir zu umständlich. Ich will da auch keine
Szene. Ich müsste hinter die Bühne, die Jungs begrüßen, und das wäre schon
irgendwie komisch. Sie sollen ihr Ding machen, Spaß haben, einen Haufen Kohle
verdienen, und ich mache mein Ding.