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Interview 2012
Oldenburg. Die 80er
Jahre waren ein fruchtbarer Boden für Singer-/Songwriterinnen. Auch Suzanne
Vega veröffentlichte 1985 ihr Debütalbum, mauserte sich schnell zum
internationalen Star und war auch seitdem immer aktiv. Trotz ihrer Wandlungsfähigkeit
und ihres Mutes zum Experimentieren hat auch sie unter den Veränderungen im
Musikbusiness zu leiden – auch ein Mitgrund ist für ihr neuestes Projekt: Die
Neubearbeitung ihres Back-Kataloges, die seit 2010 sukzessive auf vier
„Close-Up“-Alben thematisch geordnet erscheint. Ende Juli erscheint Teil 4,
vorher, am 7. Juni kommt sie live in die Kulturetage.
Siehst Du die Alben
als „neue Alben“ oder als Zusammenstellungen an?
Nein, ich nenne die Alben nicht neu, aber es sind neue
Aufnahmen alter Songs.
Mit einer neuen Idee
dahinter.
Ganz genau. Ich dachte, das wäre etwas für Fans und neue
Hörer gleichermaßen – die Songs nackt und ohne ihre 80er- und
90er-Produktionen. Der Grund war, dass ich zwei große Plattenverträge hatte,
die auf Grund der Ökonomie gescheitert sind. Und ich wollte sie nicht einfach
nur Album für Album neu aufnehmen, deswegen habe ich mir dieses thematische
Konzept überlegt. Und wenn dann ein neues Album veröffentliche, habe ich eine
neue, solide Grundlage – hoffentlich auch ein wenig finanzieller Art, um das
Album überhaupt aufnehmen zu können…
Und wie hast Du die
unterschiedlichen Themen definiert?
Vieles davon habe ich live ausprobiert. Da fasse ich auch
oft mehrere Songs thematisch zusammen. Da kommen mehrere „Love-Songs“ zusammen,
oder eben Songs über „Places“, und mit ist aufgefallen, dass sich die meisten
meiner Songs diesen vier Kategorien zuordnen lassen.
Offensichtlich – wenn
man sieht, dass Du vier – gut gefüllte – Alben veröffentlichst!
Ja, es ist schon das meiste meines Songkatalogs, der da
auftaucht. Deswegen passte es ja auch so gut.
Wie viele Songs,
musstest Du denn weglassen, weil sie nicht passten?
Oh, nur wenige. Da sind 15-20, die nicht passten –
abgesehen, von den vielen, vielen Songs, die ich in den 80ern geschrieben, aber
nie aufgenommen habe.
Aber war die
Kategorie denn immer so klar?
Nein, gar nicht! „Marlene on the Wall“, zum Beispiel, hätte
auch gut auf „People and Places“ gepasst. „In Liverpool“ hätte dagegen auch gut
auf Vol. 1 gepasst. Und ich bekommen auch Zuschriften, in denen Leute genau
danach fragen. Also ist das schon eine subjektive Auswahl, aber das war nicht
zu ändern. In einer perfekten Welt würde man sich die Tracklist selbst
zusammenstellen können. Und nachdem Du die Platten gekauft hast, kannst Du ja
auch damit machen was Du willst. Aber ich wollte auch eine gute
Zusammenstellung, z.B. was die Songs in Dur und in Moll angeht, so dass die
Alben auch für sich allein stehen können.
Und auch die „Hits“
sind wahrscheinlich besser auf verschiedene Alben verteilt, oder?
Hmm. Es gab nur zwei große – „Luka“ und „Tom’s Diner“, und
die sind beide auf Vol.2! Naja, „Marlene on the Wall“ ist auf Vol.1. Aber das
war nicht wirklich, was ich im Hinterkopf hatte.
Und was die „perfekte
Welt“ angeht: Das Downloaden einzelner Songs ist ja durchaus auch Gang und
Gäbe…
Ja, auch wenn ich als Künstler ja mehr in Albumkategorien
denke. Und auf den Konzerten kaufen viele auch die CDs, damit ich sie
unterschreibe. Aber es stimmt, ich glaube, meine Tochter besitzt keine einzige
CD… das ist ok, aber ich liebe CDs immer noch.
Ein Grund für die
Neuaufnahme dürfte auch die rechtliche Situation gewesen sein.
Ja, A&M hat die Masterbänder, und es stand außer Frage
für mich, danach zu fragen. Ich wollte die Songs neu aufnehmen, um ihnen eine
neue Identität zu geben. Ich höre manchmal, es wären ja nur Akustikversionen
der alten Songs, aber ich denke, wenn man die Songs gehört hat, wird man
schnell feststellen, dass es sehr abwechslungsreich ist. „Gypsy“ vom Album
„Solitude Standing“ wurde auch immer Akustiksong genannt, aber wenn man sich
die „Credits“ ansieht, sieht man acht verschiedene Gitarristen auf dem Album.
Und die neue Version ist wirklich nur ich und meine Gitarre. Und dasselbe gilt
für viele andere Songs, für mich sind es sehr unterschiedliche Fassungen.
Eine ganz andere
Behandlung ist z.B. auch die Streicherbegleitung.
Genau, auf Vol.2 gibt es ein paar Songs, die mit dem
Brooklyn Rider Streichquartett aufgenommen wurden – alles andere wäre zu teuer
geworden. Und auf diese Weise hat jedes Album auch seine eigene Soundpalette
bekommen.
In den letzten Jahren
warst Du ohnehin meist akustisch unterwegs – wäre nicht ein Live-Album auch
eine Alternative gewesen? Da gibt es ohnehin nicht so viel von Dir…
Das stimmt, es gibt nur eins, aber ich mag Live-Alben auch
nicht so sehr. Man muss dieselben Fehler ja nicht auch noch mehrmals hören. Ich
wollte lieber etwas machen, was ich mir auch von anderen Künstlern wünschen
würde, schon mit dem Live-Ansatz, mit der Spontaneität, der Wärme, aber eben
ohne Fehler.
Nun, Live-Alben
machen auch eher da Sinn, wo die Arrangements verändert werden – aber das ist
ohnehin nicht so Deine Sache, oder?
Wir verändern schon manchmal die Tonart oder auch das
Arrangement, aber ich sage immer, wenn ein Song funktioniert, sollte man ihn
auch so einfach wie möglich belassen.
Auf Deinen letzten
Studio-Alben hattest Du ja durchaus auch Deine experimentellere Seite
vorgestellt – kehrst Du jetzt eher wieder zur Singer-/Songwriter-Seite zurück?
Nein, nicht unbedingt, das ist nur eine Seite. Ein
zukünftiges Projekt, das ich in naher Zukunft gerne machen würde, ist, dass ich
die Songs in seinen Elementen ins Internet stelle, damit sich jeder eigene
Remixe anfertigen kann, so wie Trent Reznor das gemacht hat. So kann sich jeder
die Songs so mischen, wie er sie gerne hätte. Nein, es ist durchaus nicht so,
dass ich mich jetzt aufs ruhige Altenteil zurückziehen will, ich bin immer noch
genauso ruhelos wie früher. Das sieht man ja auch an meiner letzten
Veröffentlichung auf dem Album von Danger Mouse & Sparklehorse (“The Man
Who Played God“, Anm. d. Red). Das war Spaß, und ich würde gerne mehr in der
Richtung machen, aber ich passe mich gleichzeitig auch der neuen Welt an, in
der Musiker immer weniger Geld für ihre Arbeit haben.
Auch das Vorprogramm verdient Beachtung: Mit Mike Doughty
kommt ein US-Singer/Songwriter, der in seiner Heimat nicht nur ein verdienter
Künstler ist und gerade ein exzellentes neues Album vorgelegt hat. Er scheint
auch ein äußerst lockerer Zeitgenosse zu sein, den live zu erleben Spaß machen
sollte!