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W.A.S.P.
Interview 2004
Am ersten Teil seiner
„Neon God“ Story haben sich die Fans ja längst warm gehört, Zeit also für den
zweiten Teil. Auch wenn es ein bisschen länger gedauert hat, als geplant –
musikalisch gibt´s wieder exzellente Vollbedienung im WASP-Stil: feinster Hardrock, in dessen Zentrum Blackie Lawless´ hysterische Stimme
wütet. Wir sprachen mit dem Mastermind.
Wie viel der Fortsetzung der Geschichte stand fest, als das
erste Album veröffentlicht wurde?
Alles. Man schreibt die ganze Geschichte erst, sonst weiß
man ja nicht, wo es hingehen soll. Ich habe das ganze Ding wie einen Film
geschrieben.
Fanden auch die Aufnahmen schon so früh statt?
Ja, ich habe alles in einem Zug aufgenommen. Lediglich das
Mischen des zweiten Teils habe ich später gemacht.
Und die Entscheidung, das ganze separat zu veröffentlichen
kam dann nicht von Dir?
Nein, Doppelalben werden heutzutage sehr ungern
veröffentlicht.
War es dann nicht ein bisschen seltsam, nur mit dem Material
des ersten Albums zu touren? Ich meine, Ihr habt ja auch noch nichts vom 2.
Album gespielt.
Nein, das stimmt. Aber es war ok. Anfangs hab ich mir auch
Gedanken gemacht, immerhin ist die Story ja für mich ein ganzes. Aber ich
glaube, es war vielleicht gar nicht so schlecht, dass die Fans sich erst einmal
mit dem 1. Album vertraut machen konnten. Immerhin ist das Album ja auch ganz
schön harter Tobak!
Ich denke, die Story von Teil 1 kenne unsere Leser - kannst
Du kurz zusammen fassen, was uns in Teil 2 erwartet?
Geschichte
Es geht um Jesse, und wie er zu Macht gelangt und dann in dieses
Gewissenskonflikt gerät. Er fragt sich selbst, ob er der Messias ist, für den
ihn alle halten, bis er schließlich für sich selbst einsieht, dass er es nicht
ist.
Das eröffnet er dann seinen Jüngern
Ganz genau, er versucht sie zu überzeugen. Aber die wollen
gar nicht überzeugt werden, weil sie mitten in dieser Maschinerie stecken, und
Millionen von Dollar damit machen – und diese Sache gar nicht beenden wollen.
Und deshalb sind sie es dann auch, die sein Attentat bejubeln. Aber das geht
jetzt schon ziemlich weit in der Geschichte... Ich sag nur: Hört sie Euch an!
Noch eins: Welche Rolle spielt Clockwork Mary?
Sie ist sein Mutter! Und an dem Zeitpunkt, an dem er das
erkennt, dreht er völlig ab. Als er erkennt, dass alles, was er gemacht hat,
auch seine Mutter betrifft, muss er die Sache für sich beenden. Weil er
einsieht, dass er wirklich einige schlechte Sachen gemacht hat.
Könntest Du Dir vorstellen, noch mehr aus der Geschichte zu
machen – wie einen Film, oder eine Auführung?
Vorstellen, klar. Wie gesagt, ich habe das Album wie einen
Film geschrieben. Aber das ist nicht mal an mir, darüber zu entscheiden. Die
Öffentlichkeit, die Fans werden entscheiden, wie erfolgreich das Album wird,
und wie viel man daraus noch machen kann.
Was hat Dich zu dieser Geschichte inspiriert?
Es ging mir um die elementare Frage die sich viele von uns
stellen: wer bin ich, warum bin ich hier, was ist der Sinn meines Lebens, gibt
es eine höhere Macht, die mich steuert? Und das habe ich auf die zentrale Frage
von Teil 1 reduziert: sag mir Gott, warum bin ich hier? Das ist die Frage, über
die wir am meisten nachdenken, aber nie zu fragen wagen.
Hat diese Frage auch mit dem religiösen, sprich arabischen
Terror in der Welt zu tun?
Nein, nicht unbedingt. Es geht um alle organisierte Gruppen,
die egal ob religiös oder politisch die das Denken der Menschen beeinflussen.
Regierungen sind derzeit besonders gut darin, ihrem Volk das anzutun. Ich hab
zwar die Nonne als ein Bild von höherer Macht benutzt, aber das geht gar nicht
mal gegen die Katholiken im besonderen, es ging mit nur um einen
charakteristisches Bild. Und das ganze Ziel dieser Platte ist, die Menschen
dazu zu bringen, für sich selbst zu denken.
So komplexe Themen, wie Du immer anpackst auf Deinen Alben -
könntest Du Dir vorstellen, mal ein Buch zu schreiben?
Auch hier gilt: Vorstellen, klar, aber wann sollte ich dazu
kommen? Von dem Moment, als ich angefangen habe mich mit der Story zu
beschäftigen bis zu dem Moment, an dem die letzte Tour abgeschlossen ist,
werden rund 3 Jahre vergangen sein. 3 Jahre, in denen ich mich mit nichts
anderem beschäftigt habe. Und dann kommt das nächste Album – wann und warum
sollte ich ein Buch anfangen?
Was hat sich musikalisch am meisten verändert in der Band?
Das verrückteste was wir bei den Aufnahmen gemacht haben,
war, dass wir die Instrumente getauscht haben. Es gibt so viel kreatives und
spielerisches Potential in der Band, dass wir gesagt haben, warum spielen wir
nicht einfach mal die Instrumente eines anderen. Ich spiele Bass auf einigen
Stücken oder auch Schlagzeug – und so haben alle von uns andere Sachen
eingespielt. Es hat Spaß gemacht- und es
war eine interessante und gute Erfahrung.
Und auf der großen Skala – hat sich etwas radikal verändert
über die Jahre?
Radikal wohl kaum, aber ich denke vor allem das Spektrum ist
wesentlich größer geworden. Wir haben immer versucht, weiter zu wachsen, und
neue Sachen auszuprobieren. Aber es war uns immer wichtig, keinen Trends
nachzulaufen. Und wir hatten auch nie den Anspruch, uns radikal zu verändern
oder das Rad neu zu erfinden.
Du würdest also nicht unbedingt zustimmen, dass die Gitarren
teilweise ein bisschen kerniger geworden sind?
Teilweise vielleicht, aber ich denke, es gibt auch genügend
Parts, die typisch klassische W.A.S.P. sind. Aber vielleicht hat Du auch Recht,
ich bin sowieso noch viel zu dicht dran, um das objektiv beurteilen zu können.
Hast Du ein Lieblingsalbum von W.A.S.P.?
Ich denke, es ist immer noch „The Crimson Idol“.
Sagt jeder – ist es so einzigartig auch für Dich?
Vielleicht kommen die neuen Alben ja dran, aber sie sind
einfach noch zu dicht dran für mich. Es hat mich 2 Jahre gekostet um zu
verstehen, was „Crimson“ wirklich war. Ganz einfach, weil man als Musiker das
Album lange, lange Zeit einfach nicht objektiv hören kann.
Ihr seid mit der letzte Name der klassischen „Schock-Rocker“
– hat dieses Label noch irgendeine Bedeutung für Sich?
Nein, ich nenne uns nicht mehr so. Diese extremen Effekte
sind doch Jahre her. Und ich habe fest gestellt, dass es mich zu sehr
limitiert, wenn die Leute meine Musik nur mit den Augen hören. Ich meine, ich
lege immer noch Wert auf eine theatralische Präsentation meiner Musik mit
vielen Effekten, aber man darf die Musik nicht darauf begrenzen.
Es gab 1995 mal ernste Überlegungen von Dir, W.A.S.P. zu
beenden – seit dem nie wieder?
Nein, wir sind sehr zufrieden mit der Band – und ich denke,
wir können auch mittlerweile alles in der Band umsetzen, was wir wollen. Was
nicht immer so war. Und 1995 war allgemein eine schwierige Situation für Metal,
und wir hatten überlegt, ob wir etwas ändern könnten. Aber als wir das unseren
Fans eröffneten, kamen die mit einem interessanten Punkt: sie sagten „verstehst
Du nicht, dass Blackie Law = W.A.S.P.? Das heißt, egal was Du wie auch immer
machst, warum nicht einfach als W.A.S.P.? Und in der Aussage war viel Wahrheit
drin.
Ok, letzte Frage: möchtest Du mittlerweile verraten, was die
Punkte zwischen den Buchstaben bedeuten?
Nein, bestimmt nicht. Unsere Idee war nur, etwas eigenes,
neues zu gestalten. Natürlich hatten wir unsere Definition, aber es gibt so
viele schöne Definitionen, die uns die Fans schicken – mehr als wir uns jemals
hätten denken können. Es hat jedenfalls nichts mit Wespen zu tun!
Ralf Koch