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Interview 2004
Zugegeben, sie sind
nicht die ersten, die ein Album mit Klassikern des legendären „Rat Packs“, also
Dean Martin, Sammy Davis jr. und Frank Sinatra aufnehmen. Aber ganz unpassend
ist es auch wieder nicht. Zudem stehen Westlife vor einer Neuorientierung in
zweifacher Hinsicht: Erstens ist das der erste Longplayer, den Westlife nach
Bryans Ausstieg Anfang diesen Jahres als Quartett veröffentlichen. Zweitens
markiert “Allow Us To Be Frank” ihren bewussten Schritt weg vom vermeintlich
Teeager-kompatiblen Pop hin zur anspruchsvollen Unterhaltungsmusik. Wir
sprachen mit Nicky – dem mit 26 Jahren ältesten Mitglied in der Band.
Wessen Idee war diese
Album?
Anfang des Jahres machten wir eine „Chat-Show“ in Irland, und
es kam die Äußerung von mehreren, dass wir ein bisschen wie das legendäre „Rat
Pack“ wären, in der Kombination der Charaktere usw. Nun kann man vielleicht
nicht sagen, dass wir da die Idee dazu bekamen, aber die Vorstellung davon
machte sich in unseren Köpfen breit. Und als wir anfingen, über unser neues
Album zu sprechen, wurde uns klar, dass wir irgendwie in unserem Image als
Teenie-Band gefangen sind. Wir hätten munter so weiter machen können, Alben in
dieser Art aufnehmen zu können, aber Tatsache ist ja auch, dass wir auch älter
geworden sind.
Wie habt Ihr die
Songs ausgewählt – immerhin gab es hunderte, von denen Ihr wählen konntet...
Das stimmt, und es war nicht einfach. Wir entschieden uns
für eine Mischung aus Klassikern, die wir unbedingt mit drauf haben wollten, so
wie „Mack The Knife“, „Smile“ oder „Come fly with me“, und ergänzten diese mit
Sachen, an denen wir einfach hängengeblieben sind, nachdem wir uns durch die
Songs gehört haben. „When I fall in Love“, z.B., dazu konnten wir einfach nicht
nein sagen. Aber es stimmt, die Auswahl ist so groß, man könnte leicht weiter
machen, Songs aufzunehmen... (lacht)
Nun seid Ihr nicht
die ersten mit dieser Idee – ist es ein Problem oder vielleicht auch ein
Vorteil für Euch, dass Robbie Williams diesen Riesenerfolg mit „Swing when
You´re winning“ hatte?
Nun, Tasache ist, dass es Robbies best verkauftes Album war,
was wiederum zeigte, wie beliebt diese Art von Musik immer noch ist. Er hat
einfach eine Menge Menschen mobilisieren können, die sonst keine Robbie
Williams Alben gekauft hätten. Wir stehen nun an einem Scheideweg für die Band,
wir sind zum Quartett geschrumpft, wir möchten ein bisschen von unserem
Teenie-Band Image weg, wo liegt das Problem, es auf diesem Weg zu versuchen?
Tragt Ihr etwas vom
Rat-Pack in Euch?
Ich denke schon – sie waren eine „Gang“ genauso auf wie
hinter der Bühne, und das waren wir definitiv auch schon immer. Und weil wir
männlich sind, kriegen wir eine Menge Aufmerksamkeit vorzugsweise von
weiblichen Fans – das war beim Rat Pack auch schon ähnlich.
Denkt Ihr bereits
darüber nach, wie es nach diesem Album weiter geht?
Wir warten erst einmal ab, wie dieses Album aufgenommen
wird. Wie gesagt, es ist ein leichtes, ein „Ratpack 2“ Album aufzunehmen, aber
wir werden auch garantiert nicht dabei bleiben für den Rest unseres Lebens
(lacht). Wir müssen uns ganz bestimmt jetzt noch nicht festlegen. Wir wollen
zunächst mit diesem Album auf Tour gehen, dann sehen wir weiter.
Tatsache ist, dass
bislang alles was Ihr bisher gemacht habt, Euch auf eine nächste neue Stufe des
Erfolges gehoben hat – gerät man da nicht automatisch in eine Erwartungshaltung
für ein neues Album?
Erwarten darf man gar nichts, im Musikbusiness kann immer
alles passieren. Klar hoffen wir, dass wir mit diesem Album etwas schaffen können,
was auch Robbie geschafft hat.
Immerhin wendet auch
ihr euch ja an ein neues Publikum.
Es ist bestimmt ein Album, das ein neues Publikum attraktiv
finden könnte, aber wir wollen uns garantiert nicht an ein neues Publikum
wenden. Wir wären nicht da wo wir sind ohne unsere Fans, da können wir nicht
einfach abwenden. Ich glaube, dass unsere Fans sehr wohl auch mit diesem Album
etwas anfangen können. Zumal ich denke, dass sich unser Publikum über die Jahre
immer geändert hat. Wir haben angefangen als Balladen-Band und konnten die
weiblichen Teenies für uns gewinnen, und mit der Weiterentwicklung unseres
Sounds bekamen wir anschließend immer mehr auch ihre älteren Schwestern und
ihre Brüder und sogar ihre Eltern auf unsere Seite. Nur so konnten wir auch
immer erfolgreicher werden. Wenn wir da stehen geblieben wären, wo wir
angefangen sind, würde es uns längst nicht mehr geben.
Für Euer „World of
our own“-Album hattet ihr sogar angefangen, selber Songs zu schreiben – ist das
ein Weg, den Ihr auch weiter gehen wollt?
Möglich, aber es ist nicht zwingend notwendig. Wir werden
weiter Songs schreiben, aber wenn wir ein Album aufnehmen, nehmen wir die
besten Songs, unabhängig davon, ob sie unsere eigenen sind, oder nicht. Wir
sind erwachsen genug, zu sehen, dass wir unseren Erfolg nicht unseren eigenen
Songs verdanken, also warum sollten wir meinen, alles zu können? Es gibt einfach bessere Songwriter als uns.
Und wenn wir doch mal einen großen Hit schreiben sollten, fein! Wir werden es
weiter versuchen (lacht).
Was war Euer Ansatz für das „Ratpack“-Album: Eure eigene
Identität mit einzubringen, oder so nah wie möglich am Original zu sein?
Zweiteres eher, unsere eigene Farbe kommt sowieso schon
dadurch mit rein, dass wir nicht die Originale sind. Nein, aber wir haben sogar
die Original Backing-Tacks benutzt, wenn unser Orchester mit 75 Leuten auch
sogar größer war, als bei den Originalen. Aber wir sind ja auch 50 Jahre
weiter, und können einiges an Technologie nutzen. Aber was die eigene Identität
betrifft- wenn Du ein solches Album machst, solltest Du es gut machen, denn
wenn Du das Ding verhaust, kannst Du Dir ganz böse die Karriere versauen...
(lacht). Ich denke, wir können mit Stolz behaupten, dass es echte und ehrliche
Versionen der Songs sind. Aber wir müssen das Ratpack nicht interpretieren.
Und es wird eine Tour
zum Album geben?
Ja, wir werden Songs davon spielen, aber Westlife-Tourneen
waren schon immer Best-of Tourneen, weil unsere Fans eben auch die Hits hören
wollen, also wird sich daran auch dieses Mal nichts ändern. Aber ich denke, das
Material verträgt sich gut miteinander.
Ihr musstet den
Weggang von Bryan „verkraften“ – aber geändert hat das in der Band gar nichts,
oder?
Nein, erstaunlicherweise und glücklicherweise nicht! Wir
hatten anfangs große Sorgen, was nur natürlich ist, wenn aus einer solchen
Einheit plötzlich einer geht, aber dann kam die letzte Tour, und das war
eigentlich die beste Tour, die wir je gemacht haben. Wir sind in Freundschaft
auseinander gegangen, wir sind vier Freunde, die einen gemeinsamen Traum
verfolgen, Bryan teilte diesen Traum nicht mehr, und wir haben das einzig
richtige gemacht, nämlich einen Schritt weiter zu gehen.
Ralf Koch