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Interview 1999
Neun Soloalben hat er in den letzten 25 Jahren
veröffentlicht neben unzähligen (naja, fast) mit Yes, Asia, GTR und ABW&H.
1999 scheint ein weiteres großes Jahr für den Gitarrengroßmeister zu werden:
kürzlich erschien sein 10. Studioalbum “Portraits of Bob Dylan”, im September
das neue Yes-Album “The Ladder”. Zwei gute Gründe für Ralf Koch, sich mit ihm
ein bißchen zu unterhalten.
Warum ein Bob Dylan Tribute Album?
Howe: Nun, er ist einer meiner Lieblings-Songwriter,
er hat einige der faszinierendsten Songs geschrieben und ich habe mich oft
gefragt, wie es ist, diese Songs zu spielen. Also habe ich mich darüber her
gemacht. Und es sollte bei diesem Tribute Album nicht um eine Sammlung der
größten Hits gehen, sondern einerseits um eine sehr subjektive Auswahl,
andererseits um die Songs, die sich thematisch mit der Komplexität der Liebe
beschäftigen. Ich meine, während viele einfach nur Bubble Gum-Lyrics hatten,
hat Bob Dylan immer sehr lebensnahe Texte geschrieben. Er ist ein Realist. Und
er hat so viele verschiedenartige Songs. Deshalb Bob Dylan.
Möchtest Du selbst etwas durch diese subjektive Auswahl
der Songs ausdrücken?
Howe: Ja, ich glaube schon. Ich meine, ich bin sehr
glücklich verheiratet, aber in der Liebe gibt es eben nicht nur sonnige Tage.
Und die Songs, die ich ausgewählt habe, versuchen das zu vermitteln. Anfangs
wollte ich alle Songs selber singen, deshalb mußte ich mich schon damit
identifizieren können. Im Laufe der Zeit sprach ich dann mit immer mehr Leute
über das Projekt, und ich lud eine Reihe Gastsänger ein, um die Qualität des
Albums zu erhöhen, aber die Auswahl ist die gleiche geblieben.
Hast Du Bob Dylan von Deinen Plänen erzählt?
Howe: Ja, denn ohne seine Erlaubnis wäre es nicht so
viel Spaß gewesen. Und mit der Erlaubnis kam für mich die Bestätigung, dass er
mit mir als Künstler, der so etwas macht, einverstanden ist. Was ich dann aus
den Songs gemacht habe, war meine Sache. Und sie schickten mir dann sogar den
neuen Song “Well Well Well”, was für mich natürlich eine besondere Ehre
war.
Du hast das Album alleine arrangiert und produziert –
hatten die anderen Musiker und Sänger irgendwelchen Input?
Howe: Eigentlich nicht. Es sind schon meine
Interpretationen, allerdings hat Dylan, mein Sohn die Songs durch sein
Drumspiel schon maßgeblich mitbeeinflusst. Und die Sänger haben natürlich schon
durch die persönliche Ausdrucksweise ihren eigenen Stempel aufgedrückt.
Ehrlich gesagt, kenne ich die meisten Songs nicht im
Original – inwieweit hast Du Dich am Original orientiert?
Howe: Nun, ich habe durch eine vielfältige Auswahl an
Gitarren versucht, Unterschiede zu machen. Die Strukturen der Songs sind
größtenteils denen von Bobs Versionen sehr ähnlich, aber ich habe viele
instrumentale Zwischenparts geändert. Einige Songs habe ich auch gedehnt,
andere verkürzt, einige Songs haben durch härtere Gitarren ein neues Gesicht
bekommen.
Hast Du einen Favoriten auf dem Album?
Howe: Ich glaube Max Bacon hat durch seinen Beitrag
auf “Going, Going, Gone” diesen Song beonders gut werden lassen, aber einen
richtigen Favoriten gibt es nicht.
Wie lange hast Du an dem Album gearbeitet?
Vor vier Jahren habe ich den ersten Song “The Lonesome
Death” aufgenommen, aber ich mochte die Version nicht besonders und hab´s
wieder sein gelassen. Vor zwei Jahren habe ich die Version dann komplett
verändert, und das brachte mich zurück zu dieser Idee. Ich verbrachte dann
einige Zeit mit den paar weiteren Aufnahmen, Backing Tracks, Gitarrenbasen und
Ideen, bis ich letztes Jahr nach der Yes-Tournee dann endlich wieder dazu
gekommen bin.
Du hast mittlwerweile 8 Studio-Solo-Alben veröffentlicht
– findest Du die immer noch alle gut, oder gibt es da welche, die Du lieber
verheimlichen würdest...
Howe: Nein, überhaupt nicht. Ich höre sie immer mal
wieder. Es ist nicht so, dass ich so blind wäre, nicht ihre Schwächen zu
erkennen, aber es ist schön ihre Entwicklung mitanzuhören, und es gibt kein
Album, auf das ich nicht stolz wäre. Ich spiele auch immer mal wieder Stücke
von allen Alben, auch nur so für mich. “Quantum Guitar” war ein großes
Instrumentalalbum für mich, aber ich mag auch “Beginnings” oder “The Steve Howe
Album” aus dem 70ern immer noch.
Neben den Soloalben hast Du ja auch noch die eine oder
andere Platte mit anderen Musikern veröffentlicht...
Howe: Klar, in den 70ern mit Yes, dann zwei mit Asia,
danach kam GTR und ABW&H, und seit 1995 bin ich wieder mit Yes zusammen.
Darauf wollte ich hinaus – ich hörte, es steht eine neue
Veröffentlichung an!
Howe: Ja, “The Ladder” wird Ende September
erscheinen! Eine Wahnsinnsproduktion!
Das heißt?
Howe:
Es ist eine Art Wiedergeburt von Yes. Mit Bruce Fairbain, der leider gegen Ende
der Aufnahmen gestorben ist, ist es endlich wieder ein richtig gutes Yes-Album
geworden. Bruce hat alle letzten Aerosmith-Alben produziert, daneben Bon Jovi,
Cranberries usw, und er mochte Yes, und er hat es wirklich verstanden, den
Sound zu ordnen und zu klären. Das Album ist wirklich klasse, das Cover ist
wieder von Roger Dean, und ich freue mich jetzt schon auf die Tournee Ende des
Jahres.
Wiedergeburt
klingt ja schon gut, kannst Du noch mehr über die Musik verraten? Ich meine,
z.B. die letzten Alben – “Keys to Ascension” und “Open your Eyes” waren ja
recht unterschiedlich...
Howe:
“Open Your Eyes” war eine Katastrophe. Wir hätten die Platte nicht
veröffentlichen sollen! Die Songs waren von Chris Squire und Billy Sherwood,
und das ganze Ding war falsch. Ich meine, wenn Du die Yes-Alben ankuckst,
findest Du eine Menge Namen hinter den Songs, aber die besten Songs stammen
immer noch vom Team Anderson/Howe. “Close to the Edge”, “Roundabout”, “Awaken”,
“Topographic”, alle großen Songs.
“The
Ladder ist trotzdem anders, weil wir hier sehr viel mehr so geschrieben haben,
wie in den frühen Yes-Tagen, bevor Jon und ich ein Songwriterteam wurden. Es
ist wirklich ein Band-Album geworden – und großartig! Es ist ein Album, das
kein Yes-Fan ignorieren kann und an dem wir hart gearbeitet haben – auch ein
großer Verdienst von Bruce Fairbain, er war ein fantastischer Mensch.
Seid
ihr Perfektionisten?
Howe:
Ja, das denken wir manchmal von uns. Perfektionismus basiert auf Geduld, und
die bringe ich, und können Yes einbringen. Perfektionismus muss aber auch seine
Grenzen haben, ich meine, wir sind immer noch Menschen, keine Maschinen. Diese
Art von Perfektionismus darf nicht das Maß der Dinge sein. Man muss sich gut
fühlen, und darf nicht unzufrieden sein mit weniger als dem perfekten.
Ihr
geht also im Spätsommer auf Tournee mit dem Album – hast Du auch über eine
Solotour nachgedacht?
Noch
nicht so richtig. Im Moment ist nicht genug Zeit dafür. Ich bin in der
Vergangenheit viel solo getourt, allerdings nicht in Europa. Ich würde schon
gerne mal wieder ausserhalb Englands spielen, aber es bietet sich z.Zt. nicht
an. Aber die neuen Stücke werden auch später noch zum Repertoire gehören.
Auf
der letzten Yes-Tour hast Du immer drei Akustiksongs gespielt – da gab es ja
immerhin die Chance, Steve Howe solo zu erleben...
Howe: Ja, aber die nächste Tour wird anders werden.
Wir werden das neue Album promoten, und wahrscheinlich weniger Solosachen
unterbringen können.
Wer ist in der Band?
Howe: Die selben Leute der letzten Jahre – Jon
Anderson, Chris Squire, Alan White, Billy Sherwood, Igor K und ich.
Verkaufszahlen von Yes- und Solo-Alben interessieren Dich
die?
Howe: Ja, natürlich. Ich bin der Meinung, dass die
Verkaufszahlen ein Indiz für die Qualität eines Albums ist. Natürlich gibt es
auch Alben, die aufgrund mangelnder Promotion und Bekanntheit wenige Stückzahlen
verkaufen, aber prinzipiell glaube ich, dass es nicht auf Perfektion oder große
Namen ankommt, sondern einfach auf die “Größe” eines Albums, auf die
Wichtigkeit. Und die war bei Yes meist sehr groß, die Alben haben Bestand. Mit
ausnahme der letzten 4 Alben allerdings – “Big Generator”, “Union”, “Talk” und
“Open your Eyes”. Diese Alben haben wenig dazu beigetragen, der “Yes-Sache” zu
helfen.
Wird sich “The Ladder” verkaufen?
Howe: Ich wäre überrascht, wenn nicht. Es ist klar,
trocken und eine runde Sache. Wir haben uns wohlgefühlt bei den Aufnahmen, und
ich denke, die Hörer werden das beim Hören auch tun. Es ist nicht das
eigenwilligste Album, das wir je gemacht haben, aber wir haben uns definitiv
keinen (Radio-)Schemen unterworfen.
Eine letzte Frage, die ich letztes Jahr schon Chris und
Billy gestellt habe: wie lange wird es Yes noch geben?
Nun, das erste, was mir dazu einfiel, wäre ´so lange, wie
wir miteinander auskommen´. Wir sind ein großartiges Team, daran scheint sich
nichts zu ändern. Wir lieben uns. Also müsste es vielleicht eher heißen: ´so
lange, wie die Leute uns hören und sehen wollen´. Es ist beides. So lange wir zusammenkommen können, und diese
gemeinsame Chemie aufbringen, kann es weitergehen.
Also die nächsten 20 Jahre...
Howe: Möglich. Ich meine, wir werden noch andere
Sachen neben Yes machen – das könnte gefährlich sein – aber wer weiß?