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Porcupine Tree
Interview 2001
Gute zehn Jahre
machen die Jungs um Songwriter, Sänger und Multiinstrumentalist Steven Wilson bereits
Musik unter dem Namen Porcupine Tree, jedoch bis zu ihrem 7. Album, „Stupid
Dream“ 1999 nur für einen kleinen Fankreis zumeist nur in England. Das könnte daran liegen, dass die ersten
sechs Alben sich musikalisch noch in etwas anderen „Sphären“ bewegten, dürfte
aber vor allem darin begründet liegen, dass sie auch ohne einen europaweiten
Vertrieb auskommen mussten. Denn wenn man Alben nur über komplizierte
Importwege beziehen kann, ist das den Verkaufszahlen nicht gerade zuträglich –
das mussten auch schon ganz andere Band feststellen! Glücklicherweise haben die
Stachelschwein-Bäume diese Probleme überwunden, ihre CDs sollten mittlerweile in
jedem Plattenladen zwischen Emden und Frankfurt/O. erhältlich sein – und sind
da auch in den vergangenen Monaten als beliebtes Kulturgut gehandelt worden.
Grund genug für die Band, anlässlich ihrer aktuellen CD „Lightbulb Sun“ sich
auf ausgiebige Deutschland-Tour zu begeben.
Jahrelang konnte man
mehr oder weniger nur in der Progressive Rock-Szene von Euch gelesen, aber die
Ecke ist ja eigentlich viel zu eng für Euch....
Wir wurden sogar von der Prog-Presse ignoriert bis zu
unserem 3., 4. Album. Bis dahin galten wir als „Psychedelic“-Band. Aber als
sich der Sound dann weiterentwickelte, kam auch die Presse aus immer mehr
Bereichen, und die alten Leute blieben bei uns. Und mittlerweile interessieren
sich auch Leute für uns, die einfach nur gute Rockmusik hören, wie Radiohead
oder was auch immer. Deshalb kann ich Dir zustimmen, wenn Du sagst, dass die
Prog-Ecke zu eng für uns ist. Isoliert betrachtet eigentlich jede dieser
„Szenen“, ja. Aber man darf die Prog-Szene auch nicht unterschätzen, denn viele
Fans gibt es da nicht, aber die Leute sind so unglaublich enthusiastisch und
hilfreich für diese Musik. Deshalb erscheint einem die Szene immer größer, als
sie eigentlich ist, weil die Hälfte der Leute irgendwelche Fanzines oder Bands
oder Radioshows gründen, und damit natürlich dieser Musik unglaublich helfen.
Aber die Welt ist sehr viel größer, und wir wollen mehr Leute erreichen.
Du hast es schon
angesprochen, dass die ersten Alben ein wenig anders waren – kannst Du das noch
genauer ausführen?
Die ersten drei Alben waren eigentlich Solo-Alben von mir,
die zweiten drei dann Band-Alben. Die ersten zwei Alben waren sehr
psychedelisch, vom instrumentalen sehr experimenteller Space-Rock, das war aber
auch eher ein Studio-Projekt. Und es gab viele Soundeffekte, die man nur im
Studio machen konnte, die man live gar nicht hätte umsetzen können –
Backwards-Guitar, nachträgliche Geschwindigkeits-Manipulation, umgekehrt aufgenommener
Gesang usw., eben all dieser Psychedelic-Kram. Auf dem dritten Album wurde das
dann schon etwas strukturierter, immer noch spacig, mit recht langen Songs, die
in verschiedene Sektionen aufgeteilt waren – und das war dann der Zeitpunkt, wo
die Prog-Szene auf uns aufmerksam wurde. Dann wurde aus dem ganzen eine Band,
und er Sound wurde noch rockiger, es ging mehr um Songs, und ich glaube, der
Grund, warum wir für die Prog-Szene interessant wurden, war weniger wegen
einzelner Songs, sondern eher die Art wie das Album insgesamt strukturiert war,
wie die Songs zusammengingen, usw., man bekam das Gefühl, dass man auf dem
Album auf eine Art Reise mit der Band ging. Stilistisch hat sich viel geändert,
und wird sich auch weiterhin viel ändern, das gehört für mich zum Leben eines
kreativen Menschen dazu.
Also würdest Du auch
sagen, dass die letzten zwei Alben sich sehr unterscheiden?
Ja, absolut. Ich meine, für mich sind es die beiden besten
Alben, die Alben, die das stärkste Gewicht auf den Songs und die Texte hat.
Vorher konnte man uns sehr viel mehr als instrumental orientierte Band sehen,
das hat sich ein bisschen geändert. Manche Fans fanden das nicht so toll aber
wir haben viele, viele neue Fans dadurch gewonnen. Gerade in Deutschland auch.
Wie wichtig ist Euch
Erfolg?
Natürlich ist Erfolg wichtig. Und langsam haben wir ja auch
immer mehr Erfolg. Ich meine, es geht mir nicht darum, Millionär zu werden oder
berühmt zu werden, es geht einfach darum, dass man anerkannt haben möchte,
wofür man lebt. Wenn man sein Leben damit verbracht hat, interessante Musik zu
schreiben oder kreative Dinge zu erstellen, dann ist es nur natürlich, dass man
das mit möglichst vielen Leuten teilen möchte, um einfach artistische
Anerkennung zu finden. Ich glaube nicht, dass es viele Künstler gibt, die nicht
so fühlen. Wenn sie meinen, dass sie etwas besonderes geschaffen haben, dann
wollen sie auch, dass das möglichst viele Leute sehen.
Ein Song heißt „4
Chords that made a Million“ – suchst Du die noch immer?
nein, ich habe sie nie gesucht, und werde auch nicht danach
suchen. Auch wenn das vielleicht finanziell sehr erleichternd wäre... aber der
Song ist über eine andere Band. Für mich als Musiker und Produzent ist es so
frustrierend zu sehen, wie sehr manche Bands von Anfang an gehypt werden,
obwohl ihre Musik eigentlich gar nichts besonderes darstellt, ja vielleicht
sogar nichts anderes ist, als eine Kopie der Beatles...
...Oasis
Ja, äh, ok. Ich meinem, das sind doch nur Klischees, die die
spielen! Und die sind nur erfolgreich, weil ihre Musik zu irgendwelchen Trends
gemacht wird. Und ich denke, was wir machen, ist wesentlich gehaltvoller, sehr
viel anspruchsvoller, und gleichzeitig aber nicht weniger kommerziell. Und ich
denke, dass genauso viele Leute uns genauso gerne mögen könnten, wenn nicht
sogar mehr, wenn sie die Chance kriegen würden, uns zu hören. Und „4 Chords..“
ist über diese Frustration über diese Situation – für die Oasis und alle
anderen Band natürlich gar nichts können, sondern viel mehr die Medien, die
Musikindustrie, die uns ignoriert, und diese Band in den Himmel lobt, obwohl
sie wirklich nichts, gar nichts neues macht.
Eine Frage, die ich
mir nicht verkneifen kann: Was bedeutet eigentlich der Bandname?
Das ist noch ein kleines Geheimnis von mir. Nicht einmal
alle Bandmitglieder kenne die Bedeutung dieses Namens. Ich schon, klar, aber
ich warte noch ein bisschen mit der Auflösung. Mal sehen, vielleicht mache ich
daraus mal eine Art Preisausschreiben, oder so...