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Sie sind wirklich zurück! Das
heißt, sie sind es schon lange, aber nun zeigen sie, dass sie noch weit mehr
können, als die alten Hits zu präsentieren. Das erste Studioalbum seit 16
Jahren ist genauso zeitgemäß wie klassisch – und mit einer gekonnten Balance
aus Balladen, Midtempo- und Rocksongs absolut typisch Foreigner. Mick Jones hat
mit der Wahl seiner Mitmusiker und vor allem des Sängers Kelly Hansen ein
brillantes Händchen bewiesen und sich nun mit „Can’t slow down“ selbst ein
Denkmals gesetzt. Wobei auch das nur ein Meilenstein einer Reise ist, die noch
lange nicht zu Ende ist! Ich sprach mit Sänger Kelly Hansen.
(Februar 2010)
Ein älteres Interview (November 2007) mit Mick Jones gibt es HIER
Was machst Du in
Florida?
Ich genieße die Morgensonne…
Also noch kein
Stress?
Nein, noch nicht. Die Tour geht’ zwar schon langsam los, aber nicht mehr als
12, 13 Shows pro Monat. Und im März sind wir dann zur Promo in Europa, dann
machen wir wieder ein paar Shows hier und dann spielen wir live in Deutschland
– es geht also immer hin und her im Moment.
Nun, herzlichen
Glückwunsch zum neuen Album – es sieht so aus, als wenn Ihr das Baby wirklich
wieder belebt hättet.
Nun, ich glaube, das Baby war nicht bewusstlos, wir mussten
den Leuten nur erstmal zeigen, dass dieses Line-Up wirklich etwas bewegen kann,
dass alle voll dahinter stehen und dass es noch längst nicht zu Ende ist. Und
das beweisen wir jetzt erst im zweiten Schritt mit diesem neuen Album.
Alle voll dahinter
ist ja auch relativ, es gab ja schon ein paar kleine Wechsel am Schlagzeug und
an den Keyboards. Musste Jason (Bonham) sich entscheiden zwischen Foreigner und
Led Zeppelin?
Nein, es gab verschiedene Faktoren. Als wir diese Band 2005
neu gestartet haben, war noch gar nicht abzusehen, dass es so eine Menge
Tourneen und Arbeit werden würde, das war ein Riesenunternehmen, wir waren
quasi durchgehend auf der Straße. Und Jason ist verheiratet, er hat Kinder in
einem kritischen Alter, da wollte er nicht ganz so viel unterwegs sein, sondern
mehr Zeit mit der Familie verbringen. Dazu kam dann diese Led Zeppelin Reunion,
an der er teilnahm, das kam nur zusätzlich dazu. Aber wir sind nicht böse auf
ihn, wir haben ihn gerade letzten Monat getroffen und wir sind beste Freunde,
also keine Sorge.
Die alten Hits zu
spielen ist eine Sache, ein neues Album aufzunehmen eine andere.
Das stimmt, absolut, aber das ist, was wir mit dieser Band
machen wollten. Es war von vornherein klar, dass wir diese Band auf einen
nächsten Level heben wollten. Natürlich ist es ein Privileg, in einer Band zu
singen, die so viele Hits hat, aber wir wollten auch beweisen, dass dieses
Line-Up zu Ähnlichem in der Lage ist.
Es war also von
vornherein klar, dass Mick ein neues Album aufnehmen wollte?
Gute Frage, ich denke, spätestens innerhalb des ersten
Jahres wurde jedem klar, dass das nur der logische nächste Schritt sein würde.
Wir hatten nur gar keine Zeit, eins aufzunehmen, weil wir so viel unterwegs
waren. Als wir das schließlich beschlossen hatten, dass wir es endlich angehen
würden, war klar, dass wir das alles parallel zu unseren übrigen
Verpflichtungen angehen lassen müssten. Also ein neues Album schreiben, proben
und aufnehmen, während wir auf Tournee in den USA und in Europa waren, daneben
eine Live-DVD filmen, aufzunehmen und abmischen, d.h. durchgehen und wieder und
wieder sichten, alles was dazu gehört, und dann noch 10 klassische
Foreigner-Songs neu aufzunehmen, das war Schwerstarbeit, ich weiß nicht, ob
jemand sich das so vorstellen kann. Man ist auf Tour und es gab nicht eine
einzige Pause, weil wir an den „Days Off“ nach New York oder L.A. fliegen
mussten, um die Songs aufzunehmen – und es war auch eine große Belastung für
die Stimme, nie eine Pause zu haben, das kannst du mir glauben.
Du hast so etwas
jedenfalls noch nicht gemacht?
Ich kenne nicht viele, die so etwas schon mal gemacht
hätten.
DVD und Best-of
Rerecorded – das klingt nach einem dieser WAL-Mart Deals?
Ja, das stimmt. Wir wollten einen Partner, der dieses Album
optimal promoten und vermarkten kann, weil es so lange her ist, dass wir ein
neues Album draußen haben. Ganz egal, wie viel wir in den letzten Jahren
gemacht haben, es gibt immer noch so viele, die keine Ahnung haben, dass es
Foreigner wieder gibt. Und ihre Pläne klangen gut und wir sind sehr
erfolgreiche damit gewesen. In den USA ist das Album ja bereits Ende September
erschienen.
Ok, und jetzt habt
Ihr Zeit, die entsprechende Promotion auch hier in Europa zu machen?
Genau, es schien nicht sinnvoll, das hier auch noch in die
Vorweihnachtsphase zu bringen.
Und wer hat das Album
letzten Endes geschrieben, Du und Mick oder die ganze Band?
Nein, das meiste kommt von Mick und mir sowie Marti Frederiksen, ein
bekannter Songwriter und Produzent, der uns zur Seite stand. Die Band war
durchaus beteiligt, aber wir hatten ein kleines Zeitproblem – was auch mit den
Plänen von WAL Markt zu tun hatte. Die hatten uns ihre Möglichkeiten genannt,
und da gab es nicht viel zu verhandeln, also mussten wir uns etwas sputen – und
das wäre mit sechs Leuten noch viel aufwändiger geworden, als es so schon war.
Ihr seit 2005 zusammen gekommen, wie viele
Pausen gab es wirklich seit dem?
Nicht
viele, die längste war glaube ich 6 Wochen oder so. Anfang 2007 hatten wir eine
kleine Pause geplant, um ein neues Album aufzunehmen, aber sobald man eine
Pause einlegt, kommen 1000 andere Dinge, die dringend erledigt werden müssen
und die Dich aufhalten – ganz abgesehen von dem Wunsch, auch mal wieder ein
Privatleben zu haben… es gab auch für die Bands Dinge, die immer liegen
geblieben waren. Ich meine, ich möchte hier keine Rockstar-Träume zerbrechen,
aber es ist nicht so, dass wir immer in den Ferien sind (lacht).
Und in Florida bist Du jetzt zuhause?
Nein,
ich lebe in Los Angeles, wir sind auf Tour.
Was ist aus Deinen anderen Projekten
geworden, die Du vorher hattest?
Ich
habe mit Mick darüber gesprochen, als wir anfingen. Für mich war völlig klar,
dass wenn ich in dieser Band singen würde, es keine anderen Projekte für mich
gäbe, dass ich auch eine Band wollte, die genau diesen Aufwand fährt. Das
brauche ich und habe ach gesagt, dass die Band genau das braucht. Es sollte
keine Wochenend-Band werden. Und Mick war genau derselben Meinung.
Du wolltest also einen Vollzeitjob?
Ich
sehe das nicht als Job, aber wenn Du als Band Erfolg haben willst, dann musst
Du 100% geben, so sehe ich das.
Ich habe mit Mick 2007 gesprochen, als Ihr
die Live-DVD veröffentlicht habt, und ich sagte ihm, wie erstaunt ich sei, dass
Deine Stimme der von Lou Gramm so ähnlich sei, und dass mir das bei Deinen
früheren Bands, wie Hurricane gar nicht so aufgefallen wäre. Er sagte, er wäre
ein Spezialist darin, Stimmen zu entwickeln – kannst Du dem zustimmen?
Ich glaube, es gab verschiedene Umstände, die glücklich
zusammen fielen, als Mick auf mich zukam. Ich war an einem Wendepunkt meiner
Karriere. Ich war nicht besonders glücklich mit den Dingen, wie sie bei mir
liefen, und als ich von den Shows hörte, die Mick plante, war ich sofort Feuer
uns Flamme. Ich bin ja nun kein Karaokesänger oder youtube-Entdeckung, ich habe
meine eigene Karriere und Geschichte, und es war klar, dass wir keine bloße
Kopie von dem wollten, was Foreigner einmal waren, nur um die Geschichte
fortzusetzen. Dazu kommt, dass sich meine Stimme verändert hat über die Jahre –
ich meine wenn ich Sachen höre, die ich 1988 gesungen habe, das war ein anderer
Sänger. Meine Stimme ist besser geworden und ich glaube ich hätte zu keinem
Zeitpunkt besser in diese Band gepasst, als 2005. Gleichzeitig stimmt durchaus,
was Mick sagt. Er hat mir erzählt, wie sehr er in die Produktion von Sängern
wie Lou Gramm und Sammy Hagar war, und wie sehr er eine Idealversion einer
Stimme vor Augen hat, die er letzten Endes auch in diese Richtung motivieren
kann, aber ich sage mit voller Überzeugung, dass wir ganz bestimmt keine Kopie
der alten Band sein wollten.
Du musstest Dich also
nie als Sänger besonders verbiegen, um noch mehr nach Foreigner zu klingen?
Nein.
Aber Du musst
zugeben, dass die Ähnlichkeiten frappierend sind!
Ich glaube, wenn Du einen Song mit einer tollen Melodie
singst und Du Dir nicht sagst, ich verhunze jetzt mal diesen Song, indem ich
den etwas anders singe, dann wird der Song automatisch nach dem Original
klingen. Ich hätte die Songs sicherlich ganz anders singen können, aber warum
hätte ich das tun sollen?
Klar, darum sage ich
ja auch, die alten Songs zu spielen und zu singen, ist eine Sache, ein neues
Album aufzunehmen eine andere. Und auch hier gibt es starke Tendenzen…
Ich würde sagen, dass das zu einem großen Teil subjektive
Auffassung ist. Ich könnte zehn verschiedene Leute fragen und würde zehn
verschiedene Meinungen dazu bekommen. Ich bin absolut der Meinung, dass dieses
Album nach mir klingt. Abgesehen davon musst Du bedenken, dass ich das Album
auf Tournee aufgenommen habe, also mittendrin in der typischen
Foreigner-Intonation war. Wenn du dir einen Song wie „Can’t give up on you now“
anhörst, kannst Du den Schaden in der Stimme fast heraushören, aber wir waren
der Meinung, dass das dem Songs sogar ganz gut stehen würde… (lacht).
Ich wollte Dich auch gar nicht beleidigen,
ich finde die Songs ja toll, es war mir nur aufgefallen – und ich fand halt,
dass Du bei Hurricane noch anders geklungen hast.
Ach,
weißt Du, ich habe so viele verschiedene Sachen gesungen, sei es im Background
oder als Leadsänger. Aber hör Dir zum Beispiel das zweite Unruly Child-Album
an, das ist gar nicht so sehr anders. Ich habe jedenfalls nie versucht, wie irgendjemand
anders zu klingen. Tatsache ist, ich schreibe mit Mick Jones und wir firmieren
unter dem Namen Foreigner, da ist es wenig überraschend, dass wir so klingen,
da braucht keiner zu kommen und zu sagen, hey, Du musst jetzt aber wie Lou
Gramm klingen.
Du meinst also, es kommt auf den Song an,
nicht den Sänger?
Ich
würde sagen, es ist eine Kombination von vielen Dingen. Wo spielst, mit wem
spielst Du, etc.
Ist durch Foreigner das Interesse an Deinen
alten Sachen schon gestiegen?
Es
ist schon ein Zufall, dass Capitol gerade den ganzen Backkatalog von Hurricane
neu veröffentlicht hat… obwohl ich das jahrelang versucht hatte, und sie mir
immer sagten, es lohne den Aufwand nicht, diese ganzen rechtlichen Dinge zu
klären. Jetzt gehe ich gerade gegen sie vor, denn sie haben das alles einfach
gemacht, ohne irgendetwas mit mir abzusprechen – und ich habe ja durchaus
Rechte daran. Aber das ist typisch für die Frechheit, die manche Leute besitzen
– die veröffentlichen einfach irgendetwas, bis jemand sagt, es ist verboten.
Dann nehmen sie es wieder aus dem Markt.
Man braucht also gute Anwälte…
Ja,
aber sie machen das auf internationaler Ebene, und ich kann nicht in jedem Land
oder Kontinent einen Anwalt dafür beschäftigen. Spanien? Italien? Oder China?
Da wird’s ohnehin schwierig…
Ja,
diese ganzen Länder, die dieses kommunistische Element haben… da kommst Du gar
nicht ran. Hast Du gelesen, wie viele Downloads es gab am Tag der Veröffentlichung
von „Avatar“? Echt krank!
Es gab früher schon einmal den wenig
erfolgreichen Versuch, Foreigner mit Johnny Edwards zu reformieren – was war
anders dieses Mal mit dir?
Das
Timing, glaube ich. Obwohl es auch hier mal wieder eine Kombination aus vielen
Dingen ist, aber die Zeit war definitiv eine davon. In den 90ern wollten alle
nur Grunge hören und ganz bestimmt keinen Melodic Rock. Dazu kamen die Probleme
mit den Plattenfirmen, denn auch da gab es viele Veränderungen damals. Und
dieses Mal waren einfach so viele Dinge so viel besser aufgestellt.
Wie sehr kanntest Du Dich mit Foreigner aus,
bevor Du ihr Sänger wurdest?
Ich kannte sie sehr gut, ich kam ja im
Prinzip aus der gleichen musikalischen Ecke. Ich hatte ihre Alben.
Eine andere Sache, auf die ich Mick
angesprochen hatte, war, welchen Unterschied eine Ballade machen kann… er
bestand darauf, dass Foreigner immer v.a. eine Rockband waren und dass Lou
Gramm die Band in diese Richtung gedrängt hätte. Würdest Du das neue Album als
reines Rockalbum bezeichnen?
Nun,
erst einmal würde ich nicht sagen, dass Lou alleinverantwortlich war für diese
musikalische Verschiebung. Ich glaube, was die Band wirklich in diese
Balladenrichtung gedrängt hat, war, dass sie zwei Balladen aufeinander folgend
von zwei verschiedenen Alben veröffentlicht haben. Die Plattenfirma wollte den
Erfolg von „Waiting for a Girl like you“ mit „I wanna know what love is“
wiederholen – und dieser Zug hat sie fest in den Köpfen als Balladenband
verankert. Aber wenn man sich den Rest der Alben anhört, dann waren Foreigner
immer schon eine Rockband. Und das zweite Ding ist, dass, als wir dieses Album
aufgenommen haben, ich immer wieder überrascht war, wie sehr Mick und ich einer
Meinung waren. Zum Beispiel darüber, was ein gutes Album ausmacht. Und auch,
wenn wir in Zeiten leben, in denen ein Album nicht mehr viel zählt, weil sich
die Leute eh nur noch einzelne Songs runterladen, denken wir Musiker immer noch
gerne in CD-Dimensionen, und das hieß für uns, dass wir eine gute Balance haben
wollten – inklusive Rocksongs, Balladen und Midtempo-Songs.
Eine Frage noch zu einem
Konzert der letzten Tournee im Sommer: Im Juni solltet Ihr in Oldenburg
spielen, aber es wurde in letzter Sekunde abgesagt – was war passiert?
Ich
hatte zwei Abende vorher zum Ende der Show gemerkt, dass ich echte Probleme
bekam. Ich sang das Konzert zu Ende, aber es war die Hölle. Am Ende mussten sie
mich fast von der Bühne tragen, ich fühlte mich so krank. Und am nächsten
Morgen wachte ich auf und meine Stimme war komplett weg, ich hatte mir
irgendeinen Virus eingefangen. Wir fuhren dann nach Bremen und ich konnte kaum
sprechen für zwei Tage, meine Stimme war einfach weg. Also sagte der Arzt, ich
könnte unmöglich singen. Es tut mir wirklich Leid für alle, die es erst in letzter
Sekunde erfahren haben, aber für mich gab es nur die Alternative, dieses
weitere Konzert zu probieren, und dann die ganze weitere Tour zu gefährden,
oder eben einen Tag Auszeit zu nehmen. Die Stimme ist eben doch zu anfällig für
Probleme dieser Art.