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Interview 2011 - Ein älteres Interview vom Oktober 2006 findet ihr HIER.
Ein Coveralbum ist nicht gleich Coveralbum – diese generelle Formel gilt umso mehr, wenn ein Album des Akustikduos Friend n Fellow angekündigt wird. Und dementsprechend sind nicht nur die Arrangements auf „Discovered“ genauso abwechslungsreich wie die Liste der ausgewählten Songs, sie sind auch genauso typisch Friend n Fellow wie jedes ihrer selbst komponierten Alben. Warum und wie dieses Album so geworden ist, wie es ist und warum es sowohl ein Jubiläumsalbum als auch ein Abschied ist, erklärte uns Gitarrist Thomas Fellow.
Man kann dich als Fachmann in Sachen akustischer Gitarre bezeichnen – immerhin lehrst du das an der Musikhochschule in Dresden. Wie sieht denn Deine Arbeit da aus? Inwieweit musst du denen noch etwas beibringen?
Oft konzentrieren wir uns auf bestimmte Themenkreise, mit denen sie sich eingehender beschäftigen sollen. Das sind ja Gitarristen, die zum großen Teil schon international konzertieren. Und in erster Linie unterstützt man sie dabei, ihren eigenen Klang zu entwickeln, ihrer Linie zu folgen und die Freiheit zu finden, ihren kreativen Ansätzen nachzugehen.
Geht Dir das auch noch so, dass Du Dir neue Bereiche erarbeiten musst?
Auch das Bewahren erlernter Fähigkeiten kann einen Musiker bisweilen vor größere Herausforderungen stellen, als man vermuten würde. Aber auch darüber hinaus bietet das Instrument viele Möglichkeiten, die man noch nicht annähernd ausgeschöpft hat. Die akustische Gitarre kann ein sehr komplexes Instrument sein!
Eigentlich ist die Gitarre ja gar nicht so schwer.
Ich halte die Gitarre für kein einfaches Instrument. Es gibt einen Grundfundus, über den man schnell in einer gewissen Qualität verfügen kann, aber die Vertiefungen und Verzweigungen sind unerschöpflich.
Was faszinierend ist, weil die Gitarre eigentlich ein Instrument ist, das man relativ schnell lernen kann.
Möglicherweise – aber es bedarf schon eines sehr großen Aufwandes, dieses Instrument wirklich gut zu spielen. Dahinter steckt immer viel Arbeit! Die Anforderungen an den Spieler sind manchmal so komplex, dass man sehr schnell seine Grenzen aufgezeigt bekommen kann. Und es gibt sicher keinen Gitarristen, der ernsthaft von sich behaupten würde, das Instrument und dessen Möglichkeiten auch nur annähernd erschöpft zu haben.
Eine Vielzahl dieser Möglichkeiten – um das mal auf Friend n Fellow zurückzubringen – bringst du ja auch durchaus ein, so viele verschiedene Klangfarben und Stilmittel, wie es allein auf einem Album gibt.
Aus mehreren Gründen. Zunächst suchen wir für jeden Song eine entsprechende Atmosphäre, welche dann die Auswahl bestimmter Klangfarben und Spielansätze mit sich bringt - und da kann man bei der Gitarre ja aus dem Vollen schöpfen. Und darüber hinaus will man ja auch in sein eigenes Spiel neue Akzente einbringen. Wir sind viel zu neugierig und auf der ständigen Suche nach unentdeckten Möglichkeiten, um uns nur an Bewährtem aufzuhalten. Constanzes Stimme hat ausgesprochen viele Facetten und Nuancen - dem versuche ich, mit der Gitarre zu entsprechen.
Das haben viele andere Bands auch noch nicht begriffen, fürchte ich – wenn man deren Akustikalben hört…
Es besteht immer eine gewisse Gefahr, einen gefundenen Weg nicht mehr zu verlassen – besonders, wenn er einmal erfolgreich war.
Das neue Album ist deswegen auch ein „anderer Ansatz“ eines Coveralbums.
Es gibt verschiedene Gründe, warum dieses Album so
ausgefallen ist. Zum einen wollten wir zu unserem zwanzigjährigen Jubiläum so
eine Art Retrospektive wagen und zeigen, wo FnF herkommen – unsere ersten
gemeinsamen Schritte bestanden ja aus der Interpretation
von Coversongs. Zum anderen hatten wir extrem gute Reaktionen auf
unser Album „Covered". Und außerdem haben uns viele Fans geschrieben
oder nach den Konzerten angesprochen und Wünsche geäußert, welche Songs wir
mal interpretieren sollten. Und daraus entstand dann die Idee, über
unseren Mail-Verteiler die Leute zu bitten, uns ihre Vorschläge zu
schicken. Daraufhin erhielten wir weit über 400 Zuschriften .
Und die habt ihr alle ausprobiert?
Constanze hatte sich zunächst alle Songs angehört und daraufhin eine erste Auswahl getroffen.
Ihre Zugangsmöglichkeit war also schon die größere Hürde, die die Songs überwinden mussten?
Als Gitarrist kann man sich wohl leichter auf eine Sache `einlassen´, denn es ist schließlich der Sänger, der die `Message´ rüber bringen muss. Wobei es durchaus zwei Songs gab, bei denen ich Constanze überredet habe. Sie mochte diese wohl nicht oder fand sie unpassend - aber ich war überzeugt davon, dass wir eine interessante Variante finden könnten.
Wodurch dieses Album fast genauso aufwändig war, wie ein eigenes Album?
Wenn man das Durchhören der Song als Arbeit bezeichnen würde, vielleicht. Ansonsten haben die Vorbereitung und die Aufnahmen eigentlich weniger lang als sonst gedauert.
Wenn wir ins Studio gehen, haben wir oft lediglich ein paar Grundideen und Skizzen. Für den ersten Song der CD zum Beispiel ("Me and Mrs Jones") entwickelte ich die Perkussion und die Bass-Stimme während der Autofahrt. Um nichts zu vergessen, habe ich dann alles auf Constanzes Mailbox gesungen.
Das heißt, wie lange hat der Aufnahmeprozess gedauert?
Eine gute Woche.
Und das obwohl die Arrangements noch nicht standen?
Naja, manche Songs haben gar keine Arrangements in diesem Sinne. Wir hören uns das Original an, entwickeln einen gewissen Plan, welche Elemente wir verändern oder bewahren und dann fangen wir einfach an, probieren etwas aus und entwickeln unsere Version. Bei „Throw it away“ z.B. haben wir eigentlich nur ganz kurz die Tonart ausprobiert und dann losgelegt – direkt aufgenommen, fertig.
Hörst du die Akkorde, die du dafür brauchst, heraus?
Ja, zunächst schon. Aber auch das, was ich heraushöre ist meist schon subjektiv gefiltert. Ich will den Song ja nicht nachspielen, sondern ich merke mir, was ich an dem Song für das Wesentliche halte. Und dabei kann es durchaus sein, dass ich das Gefühl habe, ziemlich nah am Original zu sein und trotzdem etwas ganz anderes spiele. Das ist eine Art doppelte Metamorphose. Ich spiele das, was ich beim Hören der Songs fühle.
Apropos Gefühl – was verbindet euch denn mit den Songs?
Zunächst ist es spannend, zu sehen, was die Leute von uns hören wollen, mit welchen Klängen sie uns verbinden. In einem Fall erhielten wir z.B. eine Mail, in der stand: „Ich möchte einmal Constanze die Worte sagen hören `Hey babe, take a walk on the wild side´“. Und dadurch, dass wir uns diese Songs zu eigen machen, werden sie ein Teil von uns. Also eine musikalische "Adoption", könnte man sagen.
Kommen solche Mails eher von Männern oder von Frauen?
Diese spezielle kam von einem Mann, aber insgesamt hält sich die Anzahl fast die Waage.
Es gab also viele hundert Wünsche, elf davon habt ihr verwendet, zwei eigene Wünsche noch ergänzt – und die anderen bleiben dann für mögliche nächste Alben?
Wir nehmen nichts davon mit. Dieses Album planen wir als eine Art Abschluss eines Kapitels. Die Tour wird das Konzept noch aufnehmen, wird ein Best-of mit Coversongs und Raritäten, aber für uns steht fest, dass das Album danach eine neue Richtung einschlagen wird. Wie lange das dann auch dauert, aber es wird etwas werden, was man so noch nicht von uns kennt.
Wobei „Best-of“ ja subjektiv ist, denn „Hits“ hattet ihr ja nie.
Stimmt! Kein Hit, keine Casting-Show und auch keine Skandale - und trotzdem 20 Jahre im Musikgeschäft überlebt....was will uns das sagen?
Ein Hit hätte ja auch gewisse Popularitätsvorteile… Und so ein Coveralbum böte ja Möglichkeiten!
Die wir aber nicht anstreben ... Wir sind sehr zufrieden, wie es läuft. Unsere Mixtur spielt sich auf einer ganz anderen Ebene ab. Wir sind Live-Musiker und unsere Songs sind eher darauf ausgelegt, sich ständig neu zu zeigen. Und wir bewahren da gern auch im Studio etwas von dieser Live-Ungeschliffenheit.
Apropos live: Was wird nach über 1000 Konzerten zur Routine?
Nur das Drumherum in den Abläufen. Aber sobald wir auf der Bühne stehen, ist jedes Konzert einzigartig. Wir sind immer noch nervös am Anfang einer Tour und bei manchem Konzert, und die Qualität jedes einzelnen Songs ist jeden Abend anders. Da ist ja kaum etwas wirklich fixiert. Und erst recht gilt dies, wenn man nur zu zweit auf der Bühne steht. Dann nimmt man jedes Gefühl, jede Reaktion des Publikum sofort mit auf und dies fließt in die Musik, in den Klang ein. Zumindest empfinden wir das so. Wir wissen nach jedem Konzert genau, wann wir irgendwo schneller, langsamer oder druckvoller oder zurückhaltender gespielt haben. Wir gehören wohl auch beide nicht zu der Art Mensch, die jeden Abend das gleiche Ergebnis abrufen können - und wollen.
Es gibt also noch Platz für bleibende Erinnerungen an jedes Konzert?
Ja, und es bleibt auch jeden Abend das Gefühl, dass ein bestimmter Song so nie wieder erklingen wird. Es verselbständigt sich sehr viel in solchen Momenten.
Weswegen ihr aber nicht dazu übergeht, jedes Konzert mitzuschneiden?
Nein, das wäre uns viel zu viel Aufwand. Luther Allison hat das gemacht, um mit der Band bestimmte Dinge zu analysieren, aber wir versuchen da eher, intuitiv aus unseren Erfahrungen zu lernen.
Einer der vielen Namen, die ihr gerne anbringt, mit denen ihr gespielt habt – ist das auch ein Namedropping?
Natürlich ist es eine Ehre, Komplimente zu bekommen von Musikern, die man verehrt, deren Musik man liebt und von denen man auch sagen würde, dass sie einzuschätzen können, was sie hören. Wenn z.B. Ray Charles, von dem uns der Veranstalter gesagt hat, dass wir ihn gar nicht zu Gesicht bekommen werden, uns nachher zu sich rufen lässt, weil er mit uns sprechen will, dann ist das etwas Besonderes. Allerdings konnten wir gar nicht mehr zuhören, weil wir vor Ehrfurcht zur Salzsäule erstarrt waren. Ich kann dir kein Wort von dem wiederholen, was er da gesagt hat, weil ich völlig paralysiert war. Und wenn Luther Allison intuitiv sagt, er übergibt jetzt den Staffelstab, anstatt uns nur anzukündigen, dann ist dies eine Sache, die dich in einer bestimmten Phase deiner Entwicklung immens bestärken kann. Und die Namen, die uns da am wichtigsten sind, sind dann auch die, die wir als Musiker schätzen und lieben. Wir haben auch mit anderen Leuten gespielt – bei einem Festival vor Simply Red, z.B., kennt auch jeder, aber um ehrlich zu sein, das ging mir am A… vorbei. Das weiß ich zwar, aber da bleibt nichts.
Ralf Koch