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Journey
Interview 2011 - Ältere Interviews mit Journey gibt es hier: 2000 - 2005 - 2006 -
Irgendwie hingen wir mit diesem
Interviewwunsch etwas hinterher. Erst kam kein Termin zustande, dann haben
wir‘s auf die Daten des „Rock The Nation“ Festivals u.a. mit Foreigner und
Kansas im Juni verschoben – und dann fiel ich aus wegen Achillessehnenrisses.
Autsch. Aber wir sind ja flexibel. Die Welt ist ein Dorf, was Kommunikation
betrifft, also konnten wir das Ganze ja nachholen.
Journey gehören zu den größten und
erfolgreichsten Vertretern des klassischem US Melodic Rock. Jahrzehntelang
waren sie so beschäftigt, diesen Status im eigenen Land zu verteidigen, dass
sie den Rest der Welt etwas vergaßen. 2005 waren sie das erste Mal seit 26
Jahren in Deutschland – und erst seit dem kommen sie wieder regelmäßig auf
Stippvisite. Nach den Sommer Open Airs ist schon wieder Nachschlag im Gespräch!
Ralf Koch sprach mit Drummer Deen Castronovo. Der begann das Telefonat mit
einem fröhlichen Guten Morgen!
Guten Morgen, Deen. Es ist 7 Uhr Abends bei
uns hier… aber ihr seid an der Westküste, oder?
Hahahaha, sorry,
Ralf, natürlich.
Kein Problem. Ihr seid also immer noch
unterwegs?
Ja, fast nonstop,
seid wir aus Deutschland zurück sind.
Das Interview sollte eigentlich in Hannover
stattfinden, aber ich kam gerade erst aus dem Krankenhaus wegen eines
Achillessehnenrisses… was mir sehr Leid tat, weil ich Euch gerne gesehen hätte.
Ich hoffe, ihr kommt zurück. Wie war Deutschland?
Oh, wir haben
gerade drüber gesprochen, wir werden wohl nächsten Sommer wieder kommen.
Es ist ja überraschend – ihr habt
jahrzehntelang nicht in Deutschland gespielt, nun scheint ihr endlich Eure Fans
in Europa entdeckt zu haben!
Ja, das ist so
toll. Wir hatten eine fantastische Zeit- und deshalb kommen wir auch wieder.
Lag das am Tourpaket?
Ja, die Bands
waren gut, das Publikum war toll, es passte einfach.
Ihr habt also keine Angst vor Szenegrößen an
Eurer Seite?
Oh nein, absolut
nicht. Wir sind gute Freunde, da gibt es keine Konkurrenz. Und ich bin wirklich
Fan von diesen Bands. Das ist eigentlich wie ein großes Familientreffen.
Und in den Staaten tourt ihr auch im Paket?
Ja, es ist
dasselbe Paket und die Shows sind meist ausverkauft. Es heißt, wir sind die
Top-Tour des Sommers.
Aber ist es nötig, mit mehreren Bands auf
Tour zu gehen?
Es ist doch so,
bei unserem Publikum reden wir nicht nur von 18-25jährigen, die unabhängig sind
und jede Tour auf sich nehmen. Also es doch für alle attraktiver, bei einem
Konzert gleich ein paar mehr Bands zu sehen. Und wir spielen 90 Minuten, nicht
nur 75.
Nun, das ist das Mindeste, was ich von Euch
sehen wollte – ich erinnere mich an 3-Stunden-Tourneen in England…
Ja, das war aber
extrem hart – und das geht natürlich nicht, wenn man mit mehreren Bands auf der
Bühne steht.
Ist es Euer europäisches Label, was Euch nach
Europa zieht?
Das und die Tatsache,
dass „Don’t stop believin‘“ gerade wieder in den Charts war in Europa. Das ist
ein 30 Jahre alter Song und die Fans lieben ihn immer noch. Aber es ist
wirklich eine Schande, dass wir so lange nicht da waren – wir haben eine Menge
wieder gut zu machen (lacht).
Ihr seid glücklicherweise auch wieder sehr
aktiv, was CD-Veröffentlichungen angeht. Ich erinnere mich an Zeiten, in denen
ihr schon gar keine Platten mehr veröffentlichen wolltet, weil es den Aufwand
nicht lohnt, sie aufzunehmen.
Das stimmt, ja.
Das hing mit dem Schock zusammen, dass niemand mehr CDs zu kaufen schien. Aber
so schlimm ist es ja gar nicht. Und wir haben erkannt, dass wir die Ideen und
die Fans haben, warum sollten wir also keine Platten machen? Insbesondere die
Fans in Europa lieben abwechslungsreiche
Platten, sie sind sehr offen. Das ist toll. Außerdem wollten wir uns als Band
immer weiterentwickeln, sagen was wir neues zu sagen haben. Und wenn ich
ehrlich bin, glaube ich, dass wir unsere beste Zeit noch nicht einmal erreicht
haben. Für uns geht es noch weiter, wir lieben die Musik, die wir machen, es
macht Spaß auf der Bühne zu stehen. Es geht uns nicht nur darum, Geld zu verdienen, wir sind eine aktive Band. Für
mich ist es das größte, mit den besten Musikern der Welt auf der Bühne zu
stehen und das zu machen, was wir alle lieben. Und es macht noch viel Spaß, mit
ihnen kreativ zu sein, Musik aufzunehmen und etwas mitzuteilen. Das ist doch,
worum es in der Musik geht. Nicht nur darum, seinen Lebensunterhalt zu
verdienen.
Liegt das auch an eurem neuen Sänger Arnel
Pineda? Wie groß ist sein Verdienst an eurem neuen Aktionismus?
Weiß du, Steve
Augeri war ein guter Sänger, aber wir kamen nicht wirklich weiter mit ihm. Und
Arnel ist ein fantastischer Sänger und – wie wir auf dem neuen Album
festgestellt haben – auch ein sehr guter Songwriter.
Und habe ich das richtig verstanden, er war
in einer Journey-Coverband vorher?
Nein, er war in
einer Band namens The Zoo, und sie coverten verschiedene Bands – Journey,
Aerosmith, Led Zeppelin, Police – und wir haben ihn auf Youtube gefunden. Wir
haben ihn gesehen und gehört, haben ihn eingeladen, er hat vorgesungen und das
war‘s. Schon war er in der Band.
Du sagtest gerade, dass ihr die beste Zeit
noch nicht einmal erreicht habt. Wo siehst du das neue Album?
Nun, das schöne
an Journey ist, dass wir uns immer weiterentwickelt und verändert haben.
Besonders mit Arnel als Sänger – wir können jede Art von Musik machen und man
kann nie sagen, wohin die Reise geht. Das ist wie bei Rush, die entwickeln sich
auch immer weiter. Und unser neues Album ist ein Schritt in eine neue Richtung.
Eine härtere Richtung zum Beispiel?
Oh ja, ganz
bestimmt. Definitiv mehr gitarrenorientiert, spiritueller, konzeptioneller,
fetziger.
Ist das eine Richtung, in der es weitergehen
könnte?
Wir haben keine Formel für
die Band, mit jedem neuen Album können wir in eine andere Richtung gehen, was
herauskommt ist fein.
Gleichzeitig kann man ja auch feststellen,
dass ihr trotz aller Veränderungen immer eine typischen Sound hattet. Ist das
eine bewusste Entscheidung, oder kommt das einfach?
Journey wir immer
Journey sein. Gegen diesen Trademark-Sound können wir gar nichts machen – und
wollen wir natürlich auch gar nicht (lacht).
Dann gibt es Songs wie „To whom it may concern“
– die beginnen klassisch, und wechseln plötzlich die Richtung. Das ist fast
eine Referenz an Eure Anfangstage, oder?
Das ist z.B. ein
Song von Neal und Arnel, das ist die Energie, die Arnel mit rein bringt. Ich
weiß nicht, ob er dabei an die Vergangenheit von Journey denkt oder eher an die
Zukunft. Vielleicht ein bisschen von beidem.
Könnte es auch sein, dass ein neues Mitglied
eine Band auch leichter daran erinnern kann, wofür die Band eigentlich steht –
und dadurch auch solche klassische Momente reinbringt?
Das ist ein
interessanter Aspekt. Arnel kann alles singen – und ihm ist das Journey-Erbe
wohl bewusst, genauso wie es mir bewusst ist. Wir wissen, wer Journey war, aber
wir haben auch keine Angst, neue Dinge auszuprobieren. Es gibt genügend Bands,
die denken, dass sie an ihrer Erfolgsformel festhalten müssen, um niemanden zu
verschrecken.
Nun, es ist auch nicht so, dass ihr nicht
auch schon solche Sachen gemacht hättet…
Oh ja, da hast du
wohl Recht, man sollte nicht mit Steinen werfen, wenn man im Glashaus sitzt.
Aber trotzdem lieben wir es auch, Experimente zu machen.
Ist dieses Album ein Grund auf Tour gehen zu
können – oder braucht ihr solche Gründe gar nicht?
Nun, natürlich
wollen unsere Fans die alten Hits hören. Und die kriegen sie ja auch. Aber
nicht nur, dass wir es uns selber zeigen wollen, ich denke, es ist auch wichtig
für die Fans zu sehen, wo wir heute stehen. Wir sind noch nicht bereit, unsere
eigene Jukebox zu spielen. Aber es stimmt schon, wir können auch touren, ohne
ein neues Album zu haben. Und das machen wir ja auch. Und wenn es passt, und
wenn wir die Möglichkeit haben, nehmen wir ein neues Album auf – aber
realistisch betrachtet wird das nächste Album nicht vor 2013 erscheinen.
Wir hat sich euer Tourkalender überhaupt verändert?
Was hat sich für euch verändert?
Nun, im Moment
touren wir mehr als jemals zuvor. Normalerweise waren wir in den Sommermonaten
quer durch die Staaten unterwegs – mittlerweile touren wir durch die ganze Welt
– Europa, Asien, Australien, Südamerika. Aber es ist toll. Ich will – und ich
kann gar nicht ruhig sitzen. Je mehr los ist, desto besser. Das ist reisen und
spielen in einem – gibt es etwas Besseres?
Ihr hattet Jeff Scott Solo in der Band – er
hatte Steve ersetzt, als dieser ausfiel. Und ihr habt exzellente Kritiken
bekommen – aber das war keine Option für immer?
Nein. Jeff ist
ein Vollprofi. Er konnte die Klassiker singen und das wollten die Fans hören,
aber er hat der Band nicht den typischen Sound verpasst. Arnel kann nicht nur
exzellent singen und genau den Sound treffen, der Journey immer ausgemacht hat,
er kann ihm sogar noch einen eigenen Stempel aufdrücken. Jeff hat seinen
eigenen Sound – und die Chemie stimmte auch nie so. Arnel passt in die Band, er
ist einer von uns. Jeff war seine eigene Band, er hat uns geholfen, aber das
passte nicht für länger.
Wieso habt ihr eigentlich so viele Probleme
mit Sängern?
Oh, ich hoffe,
jetzt nicht mehr. Es läuft alles bestens – und wenn es nach uns geht, läuft das
auch noch lange so weiter und wir sehen uns nächstes Jahr in Deutschland
wieder!